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Heute — 21. Mai 2024Russland

Außenminister: Sri Lanka will BRICS beitreten und sucht Indiens Unterstützung

21. Mai 2024 um 22:22

Im Jahr 2009 hatten Brasilien, Russland, Indien und China, die größten Schwellenländer der Welt, gemeinsam das Bündnis BRIC gegründet. Durch die Aufnahme Südafrikas 2010 wurde es zu BRICS. Anfang Januar dieses Jahres wurden Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) aufgenommen. Einem Bericht des Nachrichtenportals TV BRICS zufolge soll auch Sri Lanka planen, der BRICS-Gruppe beizutreten. Hierbei wird der Außenminister des Inselstaates Ali Sabry wie folgt zitiert:

"Wir freuen uns auf die BRICS-Staaten. Das erste Land, mit dem wir sprechen würden, ist Indien, und wir würden Indien um Unterstützung bitten, damit wir Teil der Gruppe werden können."

Ferner gab der Spitzendiplomat bekannt, dass die sri-lankische Regierung einen Unterausschuss gebildet habe, der sich mit der Angelegenheit befassen werde. Zuvor soll auch Sri Lankas Botschafterin in Russland Janitha Abeywickrema Liyanage die Absicht des Inselstaates bekannt gegeben haben, der BRICS-Gruppe beizutreten.

Sabry fügte hinzu, dass er eine Einladung zur Teilnahme am Außenministertreffen der BRICS-Mitgliedsstaaten in Russland erhalten habe. Er äußerte die Hoffnung, dass die sri-lankische Seite bei der Veranstaltung die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit dem Staatenverbund werde abschätzen können.

Die Zusammenkunft der Außenminister der BRICS-Staaten werde im Sommer 2024 in Nischni Nowgorod im Wolgaraum stattfinden, kündigte der russische Außenminister Sergei Lawrow Mitte Dezember 2023 auf einer Sitzung im Föderationsrat an. Er teilte damals außerdem mit, dass Russland im Rahmen seines BRICS-Vorsitzes etwa 200 Veranstaltungen geplant habe, davon etwa zehn auf Ministerebene. BRICS sei eine der tragenden Säulen der entstehenden multipolaren Weltordnung, stellte Lawrow klar.

Russland hat den Vorsitz in der BRICS-Gruppe am 1. Januar 2024 übernommen. Präsident Wladimir Putin betonte, dass die Arbeit unter dem Motto "Stärkung des Multilateralismus für eine gerechte globale Entwicklung und die Sicherheit" erfolgen werde.

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Medienbericht: Frankreichs Rassemblement National schließt Zusammenarbeit mit AfD aus

21. Mai 2024 um 22:00

Wie die französische Nachrichtenagentur AFP am Dienstag berichtet, hat der Spitzenkandidat der französischen Rechtspopulisten für die Europawahl Jordan Bardella "die Entscheidung getroffen", künftig nicht mehr mit der AfD im Europäischen Parlament "zu sitzen". Die AFP zitiert dabei den Wahlkampfleiter des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) Alexandre Loubet, der einen vorausgegangenen Bericht der Zeitung Libération bestätigt hat.

Spannungen zwischen den beiden Parteien hatte es auch in der Vergangenheit gegeben. So hatte sich die Parteichefin des RN Marine Le Pen scharf über angebliche Pläne von AfD-Kreisen zur "Remigration" von Ausländern aus Deutschland geäußert und ein Ende der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene angedroht.

Grund für die jüngste Verstimmung ist offenbar ein Interview, das der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl Maximilian Krah am Wochenende der italienischen Zeitung La Repubblica gegeben hatte. Darin hatte Krah behauptet, dass es unter SS-Mitgliedern "nicht nur" Kriminelle gegeben hatte.

Wörtlich soll Krah in dem Interview gesagt haben:

"Unter den 900.000 SS-Männern gab es auch viele Bauern: Es gab sicherlich einen hohen Prozentsatz an Kriminellen, aber nicht nur."

Die SS war vom Nürnberger Tribunal nach 1945 als verbrecherische Organisation eingestuft worden. Sie trägt die unmittelbare Verantwortung für die gezielte Vernichtung von Russen, anderen Slawen, Juden und Roma sowie zahlreiche Kriegsverbrechen.

Stellungnahmen aus der AfD gab es bislang weder zu den Äußerungen von Krah noch zu der Demarche aus Frankreich. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, wollen die Parteigremien noch an diesem Mittwoch über dieses Thema beraten.

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Putin und Xi - Der Hybridantrieb der multipolaren Welt

21. Mai 2024 um 21:38

Von Dagmar Henn

Auch wenn das Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping schon einige Tage vorüber ist, eine genauere Bewertung der Ergebnisse hat gerade erst begonnen – allerdings eher nicht im Westen, der mit der Bestätigung seiner eigenen Vorurteile befasst ist. Nur ein kleines Beispiel vorab, aus einem Kommentar im Stern:

"Mit Zugriff auf die Landmasse und die Rohstoffe Russlands hat China die strategische Eindämmung durch die USA aufgebrochen. Beide sind die erklärten Feinde des Westens und damit natürliche Verbündete."

Der erste Satz ist zumindest richtig, wenn auch die Frage umgangen wird, warum die USA China "strategisch eindämmen". Der zweite Satz stellt die Folgen vor die Ursache. Es war der kollektive Westen, der beide Länder zu Feinden erklärt hat und sich seit Jahren mit Strategien befasst, wie man sie zerstören und unterwerfen könne.

Witzigerweise sieht die Frankfurter Rundschau die gleiche Frage genau entgegengesetzt; nicht China bricht die Eindämmung auf, sondern es ist die "letzte Rettungsleine für die russische Wirtschaft". Was beide Redaktionen übersehen, ist, dass für dieses Treffen ein sehr weitreichendes Programm gesetzt wurde, bei dem die geopolitischen Untaten der Vereinigten Staaten samt Anhang nur ein Punkt unter vielen sind.

Es gibt drei Quellen, die das Arbeitsprogramm verraten: eine gemeinsame Pressekonferenz von Xi und Putin am 16. Mai, eine weitere Pressekonferenz von Wladimir Putin mit der russischen Presse am 17. Mai und das entscheidende Dokument, die "Gemeinsame Erklärung zwischen der Volksrepublik China und der Russischen Föderation über die Vertiefung der umfassenden strategischen Partnerschaft zur Koordination einer neuen Ära anlässlich des 75. Jahrestags der Etablierung diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern". Dieser Text scheint bisher tatsächlich nur auf Chinesisch vorzuliegen, man muss sich also mit digitalen Übersetzungen behelfen.

Und es ist ein gewaltiges Paket, das in dieser Erklärung abgearbeitet wird, angefangen mit dem Ziel, die Zusammenarbeit auf allen nur denkbaren Gebieten auszuweiten. Die deutschen Medien reagieren darauf mit der Egozentrik von Kindern: Mehr oder weniger passiert das alles, weil die beiden Großmächte westliche Sanktionen umgehen wollen. Schon die Vorstellung, da gäbe es die Idee eines Ziels, einen langfristigen gemeinsamen Nutzen, scheint undenkbar. Dabei müsste es eigentlich aus der europäischen Erfahrung nachvollziehbar sein.

Eines der gemeinsamen Projekte, die Putin erwähnt, ist ein Teilchenbeschleuniger, der in Dubna bereits gebaut wurde. In Dubna, etwa 120 Kilometer von Moskau entfernt, befindet sich das Vereinigte Institut für Kernforschung, an dem seit dem Ende der 1950er-Jahre bereits zahlreiche chemische Elemente entdeckt wurden. "Die Experimente, die an diesem Teilchenbeschleuniger durchgeführt werden, werden bahnbrechenden Mega-Wissenschaftsprojekten den Weg ebnen, die die Möglichkeiten jedes einzelnen Landes der Welt übersteigen."

Diese Begründung ist vollkommen mit jener identisch, die einst zur Gründung des CERN geführt hat, das 1957 den ersten Teilchenbeschleuniger in Betrieb nahm und heute mit der großen Anlage unter den Alpen sogar in der Populärliteratur berühmt ist. Die Möglichkeiten eines einzelnen Staates würden überschritten – wenn Russland und China jetzt anfangen, ihre Forschungskapazitäten (nicht nur) auf diesem Gebiet zu bündeln, dann heißt das ja nicht notwendigerweise, dass andere Staaten davon ausgeschlossen sind.

Es wundert nicht, dass das in Europa und den Vereinigten Staaten Schauer über den Rücken jagt. Das hat aber mehr mit einem Wirtschaftsmodell zu tun, das zunehmend auf der Bildung von Monopolen bezogen auf jeden noch so kleinen Fortschritt beruht, als mit den Vorstellungen Russlands und Chinas für die Entwicklung der globalen Wissenschaften, die bei Weitem nicht so exklusiv (im Wortsinne von ausschließend) ist wie die des Westens.

"Größere gemeinsame Projekte sind bereits bei der Nichteisenmetallurgie, der chemischen und Holz verarbeitenden Industrie, Biotechnologie, Pharmazeutik, Erkundung des Weltalls und in vielen anderen Bereichen der Hochtechnologie in Arbeit. Russland und China entwickeln gemeinsam internationale Korridore für Transport und Logistik und nutzen dabei das Potenzial der transsibirischen sowie der Baikal-Amur-Eisenbahn, wie auch der Nordostpassage."

Natürlich kann man auch zur Nordostpassage sagen, es gehe dabei darum, die "strategische Eindämmung" Chinas aufzubrechen. Schließlich sind die Möglichkeiten einer US-Kontrolle dieses bisher wenig genutzten Seewegs minimal, da er weitgehend entlang der russischen Küste verläuft. Aber an anderer Stelle wird sichtbar, dass dahinter auch rein ökonomische Motive stehen könnten – auf die Frage nach dem Projekt "Power of Siberia 2" und dessen Umsetzungsstand antwortete Putin nicht klar, was in den westlichen Medien sofort als Krise zwischen den beiden Partnern gewertet wurde – was aber in Wirklichkeit darauf beruhen dürfte, dass angesichts der Tatsache, dass Russland ohnehin in atomare Eisbrecher investiert, die für die Nordostpassage nutzbar sind, und dem Potenzial dieser Strecke noch einmal nachgerechnet werden muss, ob der Transport auf diesem Weg nicht langfristig nützlicher ist als eine klassische Pipeline.

Auch in der Erklärung wird die Nordostpassage als eines der großen Projekte erwähnt, nun mit administrativen Details:

"Die Einrichtung eines chinesisch-russischen Unterausschusses für den arktischen Seeweg innerhalb des Mechanismus des Ausschusses für die regelmäßigen russisch-chinesischen Ministerpräsidententreffen, um eine beidseitig nützliche Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Nutzung der Arktis, dem Schutz des arktischen Ökosystems, die Förderung der Errichtung des arktischen Seewegs als internationaler Transportkorridor zu gewährleisten."

Es ist interessant und lehrreich, bei diesen Projekten auf die Details zu achten. Schließlich erklärte Xi Jinping bei dem gemeinsamen Presseauftritt:

"China und Russland dienen als Rollenmodell, indem sie anderen Wege zeigen, Beziehungen zwischen Staaten in einer neuen Art aufzubauen und als zwei benachbarte größere Mächte zusammenzuarbeiten."

Was geradezu zur Voraussetzung hat, dass bei grenzüberschreitenden Projekten nicht schlicht die Gewinnerzielung im Vordergrund steht, sondern der Nutzen, den zwei souveräne Entitäten davon haben. Die Verwunderung über die Überlegungen zu "Power of Siberia 2" hat auch mit der selbstverständlichen Erwartung westlicher Beobachter zu tun, dass die bekannte Technologie der Pipeline genutzt wird – weil das Ziel die Realisierung maximalen Gewinns aus dem Gasverkauf für das Gasunternehmen ist – während das Ziel, das Russland und China teilen, die Verbindung des Rohstoffhandels mit einem Maximum an Nutzen für die Infrastruktur ist. Das ist es, was "eine Herangehensweise des beidseitigen Gewinns bei der Gestaltung einer neuen Struktur einer Zusammenarbeit zur beidseitigen Wohlfahrt" bedeutet.

Ein kultureller Austausch auf allen Ebenen ist übrigens selbstverständlicher Teil davon, weil Nähe immer Verständnis erfordert – ein Punkt, den man innerhalb der Zwangsstruktur EU schlicht durch die Deklaration ersetzt hat, wir wären doch ohnehin alle "Europäer", als gebe es nichts mehr, dass der Portugiese über den Polen wissen wollen könnte und umgekehrt. Das war noch etwas anders in den Anfangsjahren der EWG, als es noch als wichtig galt, in Deutschland Französisch und in Frankreich Deutsch zu lernen. Spätestens die große Erweiterung nach 1989 ließ davon nichts mehr übrig, und die letzten Reste von Souveränität verschwanden unter einer amerikanisierten Werte-Pampe.

"Chinesische Familien lesen Puschkins und Tolstois Bücher, während die traditionelle chinesische Kultur, die Peking-Oper und Tai-Chi eingeschlossen, bei den Russen sehr populär ist."

Beide sehen diese Beziehungen gewissermaßen als den Motor der BRICS; nicht nur, weil die gemeinsame wirtschaftliche Macht so groß ist, sondern vor allem, weil der Umgang miteinander, der in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt wurde, eine Art Versuchslabor für ein Modell war, das nicht auf Herrschaft und Unterordnung beruht. Noch einmal Xi:

"Wir drücken unsere feste Entschlossenheit aus, im Kontext des russischen Vorsitzes bei BRICS dieses Jahr zusammenzuarbeiten – und wenn China in der zweiten Jahreshälfte die Präsidentschaft der SCO [Shanghai Corporation Organisation] übernimmt – eine umfassende, eng geknüpfte, ergebnisorientierte und hochranginge Partnerschaft zu schmieden, um den Globalen Süden zu vereinigen und ihn zu stärken."

Das ist der Punkt, auf dem die Charakterisierung als "erklärte Feinde des Westens" beruht. Ein gestärkter Globaler Süden, das bedeutet unter anderem höhere Rohstoffpreise. Das zeigen etwa langfristige Daten ihrer Entwicklung, die in der ersten Phase der Dekolonisierung, zu Beginn der 1960er, eine deutliche Steigerung erfahren haben, nur um mit der Stabilisierung des neuen kolonialen Schemas über Weltbank und IWF wieder zu fallen. Sicher, das verändert die Verteilung der Erträge. Aber da die normale Bevölkerung des Westens in den letzten Jahrzehnten ohnehin weniger eine Verbesserung, sondern häufiger eine Verschlechterung des Lebensstandards erfahren hat, könnte es ihr egal sein, wenn die Gewinne beispielsweise der Investmentfirmen fallen.

Es ist eine kleine Minderheit in den westlichen Nationen, die durch eine stabile multipolare Weltordnung tatsächlich verlieren würde. Und es ist mitnichten so, dass die Staaten des Westens dauerhaft ausgeschlossen würden. Putin dazu:

"Du sagtest, dass die Zukunft von Russland und China abhängt, aber das ist nur teilweise wahr. Die Zukunft der Menschheit hängt von der ganzen Menschheit ab […] es gibt absolut keinen Zweifel, dass vor unseren Augen eine neue Welt Gestalt annimmt und multipolar wird. Ich glaube, darüber sind sich alle im Klaren. Es ist wichtig, dass jene, die versuchen, ihr Monopol zu halten, weltweit über alle Fragen zu entscheiden, das realisieren (ich glaube, dass sie das vollständig realisieren). Wenn sie das verstehen, sollten sie alles tun, um diesen natürlichen Prozess zu erleichtern. Ich wiederhole, dieser Prozess sollte friedlich und konfliktfrei sein, und die Meinungen aller Parteien des internationalen Prozesses sollten gänzlich berücksichtigt werden. Alle von uns sollten nach Kompromissen suchen, wenn wir die schwierigen Entscheidungen treffen, die vor uns liegen."

Es wäre politisch möglich, diesen Übergang ohne größere Auseinandersetzungen ablaufen zu lassen, sagte er damit. Aber die Regierungen des Westens sind nicht imstande, im langfristigen Interesse ihrer Länder zu handeln. Sie handeln unmittelbar im Interesse jener sehr begrenzten Gruppe von Konzernen, die durch die entstehende neue Ordnung am meisten zu verlieren haben, weshalb sie sich mit aller Kraft einer Entwicklung widersetzen, die im Grunde nicht mehr aufzuhalten ist. So wird dieser Punkt in der gemeinsamen Erklärung formuliert:

"Die beiden Seiten wiesen darauf hin, dass sich größere Veränderungen in der Welt beschleunigen, der Status und die Stärke der Länder und Regionen des "Globalen Südens" kontinuierlich wächst und sich die Multipolarisierung der Welt beschleunigt. Diese objektiven Faktoren beschleunigen die Umverteilung von Entwicklungspotenzial, Ressourcen, Gelegenheiten etc. in eine Richtung, die für Schwellen- und Entwicklungsländer günstig ist, und fördert die Demokratisierung internationaler Beziehungen und internationale Fairness und Gerechtigkeit der Länder, die an Hegemonie und Machtpolitik festhalten und versuchen, die anerkannte, auf dem Völkerrecht beruhende internationale Ordnung durch eine "regelbasierte Ordnung" zu ersetzen."

Interessant ist hier die Bezeichnung als "objektive Faktoren". Hierin zeigt sich einer der deutlichsten Brüche, wobei China und Russland auf der einen Seite stehen und der Westen auf der anderen. Dabei geht es um den schlichten Punkt, ob die größeren Entwicklungstendenzen ein Gegenstand des Willens sind oder eben nicht. Objektive Faktoren, das sind Einflüsse, die sich durch Willensentscheidungen, gleich mit welchen Mitteln man diese unterfüttert, nicht aufhalten oder gar beseitigen lassen. In dem Moment, in dem man sich auf das Eingeständnis einlässt, dass es derartige objektive Prozesse gibt, findet sich auch eine Grundlage für Kompromisse.

Ein derartiger Kompromiss würde natürlich voraussetzen, die internationalen Gremien wieder funktionsfähig zu machen – hier ausgedrückt von Putin, aber mehrfach in Variationen zu finden:

"Darum fordern unsere Länder eine Erneuerung der globalen wirtschaftlichen Führung, eine Reform und Entpolitisierung multilateraler Einrichtungen, wie der Welthandelsorganisation, G20, dem Asien-Pazifik Forum für wirtschaftliche Zusammenarbeit, und sie an die modernen Realitäten anzupassen."

Ist das jetzt die unerbittliche Kampfansage an den Westen? Nicht wirklich. Der konnte über Jahrzehnte hinweg mit internationalen Institutionen leben, die ihm nicht völlig unterworfen waren. Aber seit ungefähr zehn Jahren werden sie so gut wie alle auf die Position des Westens verpflichtet. Was vorübergehend hilft, im Westen selbst den Eindruck zu untermauern, dass "die ganze Welt" diese teile, aber zu einem enormen Preis – dem Verlust aller niedrigschwelligen, informellen Kontakte.

Nicht umsonst erwähnt die gemeinsame Erklärung Sport, Kultur, Studentenaustausch, Förderung des Tourismus. Die Zusammenarbeit von Behörden und die Tätigkeit der Diplomatie sollten die oberste Spitze sein. Vertrauen aufzubauen, ist ein vielschichtiger und langwieriger Prozess. Es zu zerstören, kann vergleichsweise schnell gehen, wie in den letzten Jahren zu erleben war.

Aber je rigider und hierarchischer die westliche Ordnung wurde, desto geringer ist auch die Erfahrung in all dem, was der Diplomatie vorausgeht. Eine Struktur der Unterordnung benötigt keine Sensibilität. Die Art der zwischenstaatlichen Beziehungen, wie sie sich in der Begegnung Putin – Xi darstellte, setzt aber Wahrnehmung für die Unterschiede und deren Akzeptanz voraus.

Übrigens, relativ verborgen, findet sich in der gemeinsamen Erklärung noch ein Detail: Trotz dessen, dass im Grunde auch in Richtung Westen das Angebot gemacht wird, an der sich ändernden Welt mitzuwirken, vergeben und vergessen sind die westlichen Sünden nicht. Das deutet sich an in einem kurzen Abschnitt zu Afghanistan:

"Die beiden Seiten betonten, dass die Vereinigten Staaten und die NATO, als die Parteien, die für die zwanzigjährige Invasion und Besetzung Afghanistans verantwortlich sind, nicht abermals versuchen sollten, militärische Einrichtungen nach Afghanistan und in die umgebenden Gebiete zu senden. Stattdessen sollten sie die Hauptverantwortung für Afghanistans gegenwärtige Schwierigkeiten bei Wirtschaft und Lebensstandard tragen und die Hauptkosten für den Wiederaufbau Afghanistans übernehmen, und alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um das Einfrieren des afghanischen Nationalvermögens zu beenden."

Das ist ein erstes Anzeichen dafür, dass Russland und China bereits an Plänen für den Zeitpunkt arbeiten, an dem der ganze Konflikt vorüber ist, so oder so.

Mehr zum ThemaRainer Rupp: Russland und China – die wichtigsten Stabilisatoren auf der internationalen Bühne

Reuters: USA drohen deutschen und österreichischen Banken mit Sanktionen

21. Mai 2024 um 21:28

Manager deutscher Banken müssen die Sanktionen gegen Russland besser einhalten und alle Bemühungen zu deren Umgehung unterbinden, mahnte US-Finanzministerin Janet Yellen am Dienstag bei einem Treffen mit Bankern in Frankfurt, wie Reuters berichtet.

Die US-Regierungsvertreterin betonte Berichten zufolge, dass es Russland nicht gestattet werden dürfe, "sensible Güter" zu beschaffen, um seine Militäroperation in der Ukraine zu unterstützen. Yellen warnte, dass Washington nun die Befugnis habe, ausländische Banken mit sekundären Sanktionen zu belegen, wenn der Verdacht bestehe, dass sie russische Transaktionen mit militärischem Bezug unterstützten.

"Ich fordere alle Institutionen hier auf, verstärkte Maßnahmen zur Einhaltung der Vorschriften zu ergreifen und sich verstärkt auf russische Umgehungsversuche zu konzentrieren", sagte Yellen und warnte, dass diejenigen, die dies nicht tun, daran gehindert werden könnten, den US-Dollar zu verwenden.

Reuters berichtet, dass sie den Führungskräften der Banken auch sagte, sie sollten die Einhaltung von Sanktionen in ihren ausländischen Zweigstellen und Tochtergesellschaften überwachen und ausländische Korrespondenzbankkunden dazu auffordern, dies ebenfalls zu tun, insbesondere in Hochrisikoländern.

Yellen deutete an, dass Russland nun "verzweifelt" versuchen werde, kritische Güter aus Deutschland und den USA zu beziehen, und dass diese Länder "wachsam bleiben müssen, um zu verhindern, dass der Kreml seine Rüstungsindustrie beliefern kann und zu diesem Zweck Zugang zu unseren Finanzsystemen erhält".

Anfang dieses Monats hatte Reuters auch berichtet, dass das US-Finanzministerium der Raiffeisen Bank International (RBI) gedroht hatte, dieser wegen ihrer anhaltenden Aktivitäten in Russland den Zugang zum US-Finanzsystem zu verwehren.

Das österreichische Kreditinstitut ist eine der wenigen ausländischen Banken, die ihre Geschäftstätigkeit in Russland trotz der westlichen Sanktionen noch nicht eingestellt haben. In einem Schreiben, das Reuters vorliegt, warnte der stellvertretende US-Finanzminister Wally Adeyemo jedoch, dass die fortgesetzte Präsenz der RBI in Russland die nationale Sicherheit der USA bedrohe, und schlug vor, ihren Zugang zum US-Dollar zu beschränken.

Nach der Warnung kündigte die RBI an, ihr Geschäft in Russland nicht weiter auszubauen, während ein Sprecher des Konzerns erklärte, er habe seine Präsenz in dem Land "erheblich reduziert", um die Risiken der Sanktionen zu mindern.

"Die RBI wird weiterhin an der Dekonsolidierung ihrer russischen Tochtergesellschaft arbeiten", sagte der Sprecher Reuters.

Zudem hat die Europäische Zentralbank alle Banken in der Eurozone unter Druck gesetzt, ihren Rückzug aus Russland zu beschleunigen, da sie sonst mit US-Sanktionen rechnen müssen. Sie hat sie angewiesen, bis zum nächsten Monat einen "Aktionsplan" vorzulegen, in dem sie detailliert darlegen, wie sie ihre Geschäfte in Russland einstellen werden.

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Medwedew: Neutrale Länder müssen Risiken der Teilnahme am Ukraine-Gipfel in der Schweiz verstehen

21. Mai 2024 um 21:15

Neutrale Staaten sollten verstehen, dass die Teilnahme am Friedensgipfel zur Ukraine in der Schweiz bedeutet, die äquidistante Position aufzugeben und auf die Seite Kiews zu wechseln, erklärte der ehemalige Präsident und stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrats Russlands Dmitri Medwedew im sozialen Netzwerk X (früher Twitter). Er schrieb:

"Aus verschiedenen Gründen folgen einige neutrale Länder unbewusst solchen Einladungen, um die Beziehungen zu den Hauptakteuren nicht zu gefährden. Aber sie sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass die Teilnahme an einer solch abscheulichen Veranstaltung, ob sie wollen oder nicht, bedeutet, dass sie eine äquidistante Position aufgeben."

The “conference” on Ukraine in Switzerland is just around the corner. The U.S. and its allies are trying to galvanize the dead “peace formula” by the Kiev psycho who has lost the last shred of legitimacy, by inviting to this pointless gathering as many participants as possible.…

— Dmitry Medvedev (@MedvedevRussiaE) May 21, 2024

Medwedew fügte hinzu, das Ergebnis des Treffens sei gleich null, denn "Friedensgespräche werden nie mit nur einer Seite eines Konflikts geführt". Neutrale Staaten, egal welche guten Absichten sie haben mögen, werden am Ende "nach den von Kiew aufgestellten Regeln spielen", betonte der ehemalige Präsident.

Die Schweiz hatte sich bereit erklärt, Anfang 2024 eine Friedenskonferenz zur Ukraine abzuhalten. Die Teilnehmer der Veranstaltung werden unter anderem die "Friedensformel" des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij diskutieren. Er hatte sie auf dem G20-Gipfel im November 2022 vorgeschlagen. Der ukrainische Plan umfasst zehn Punkte, darunter den Abzug der russischen Truppen.

Der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis behauptete, dass nicht alle Punkte eines solchen Dokuments als Grundlage für Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien dienen könnten. Er argumentierte auch, dass Verhandlungen über eine Lösung in der Ukraine nicht ohne die Beteiligung der russischen Seite stattfinden könnten, "selbst wenn Moskau nicht an der ersten Friedenskonferenz zur Ukraine teilnimmt". "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt" sei die russische Seite nicht zu der Konferenz eingeladen worden, schrieb das Schweizer Außenministerium.

Russland schließt Verhandlungen auf der Grundlage von Selenskijs "Friedensformel" aus. Das russische Außenministerium betonte, dass Moskau die Möglichkeit einer politischen Lösung nicht ausschließe, sie aber nicht zu den Bedingungen Kiews führen werde.

Im April schrieb Bloomberg, es sei bisher nicht bekannt, wie viele Staats- und Regierungschefs an dem Treffen teilnehmen werden. Eingeladen sind Vertreter von mehr als 160 Nationen, vor allem aus dem "Globalen Süden", zu dem Treffen. Die Nachrichtenagentur berichtete, dass die Teilnahme Chinas nach wie vor eine Schlüsselfrage sei, da sie für Bern entscheidend sei, um "die Glaubwürdigkeit" der Initiative zu gewährleisten.

Indiens Premierminister Narendra Modi sagte, sein Land werde an allen anstehenden Friedenskonferenzen teilnehmen, auch am Gipfel zur Ukraine. Er stellte dies klar:

"Der Umfang der Teilnahme wird von der Zeitplanung, der Logistik und parallelen Verpflichtungen abhängen."

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa und Brasiliens Präsident Lula da Silva lehnten ihre Teilnahme am Schweizer Gipfel ab.

Mehr zum ThemaSacharowa: Russland dankt China für Ablehnung der westlichen Friedenskonferenzen

Um "Reichsbürgern Wind aus den Segeln zu nehmen": Ramelow will Volksabstimmung über Grundgesetz

21. Mai 2024 um 20:56

Die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen und der Niedergang der Linken führt bei einigen "Genossen" offenbar zu Verzweiflungstaten. Thüringens derzeitiger Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) forderte in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), das Grundgesetz per Volksabstimmung zu einer deutschen Verfassung zu machen.

Eine solche Aktion solle zum einen "Reichsbürgern" den Wind aus den Segeln nehmen, zum anderen habe der aus Westdeutschland stammende Ramelow eine gewisse "Fremdheit" Ostdeutscher gegenüber dem Grundgesetz wahrgenommen, da der Osten bei den geplanten Veranstaltungen zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes nur am Rande vorkomme:

"Die ganze Erfahrung mit dem Runden Tisch nach der friedlichen Revolution und dem Verfassungsauftrag, den insbesondere die Bürgerrechtler diskutiert haben, fehlt. Und diese Fremdheit habe ich schon gespürt, als es im letzten Jahr den Festakt zum Verfassungskonvent in Herrenchiemsee gegeben hat. Meine Nachbarn in Thüringen konnten damit nichts anfangen, weil es für sie eine andere Welt ist. Um diese Fremdheit zu überwinden, schlage ich vor, das Grundgesetz in einer Volksabstimmung in eine deutsche Verfassung zu verwandeln, so wie es der Artikel 146 des Grundgesetzes vorsieht."

Hintergrund dessen ist, dass das Grundgesetz als Provisorium gedacht war. Nach Artikel 146 sollte es gelten "bis eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist". In Artikel 23 ist jedoch auch geregelt, dass das Grundgesetz für andere Teile Deutschlands übernommen werden kann. Dieser wurde bei der "Einheit", also der Annexion der DDR durch die Bundesrepublik, angewandt.

Ramelow erklärt nun, dass er es damals anders gesehen habe, aber mittlerweile überzeugt ist, dass dieses Vorgehen aufgrund des "Handlungszwangs" richtig war. Sonst "hätten die Bedenkenträger und Skeptiker unter unseren Nachbarn wohl die Oberhand gewonnen".

"Helmut Kohl hat es also richtig gemacht mit seinem 10-Punkte-Plan", sagte Ramelow.

Die Frage nach einer Verfassung nach Artikel 146 sei jedoch weiterhin offen und er spreche sich dafür aus, "weil wir so viele Verschwörungstheoretiker, so viele Reichsbürger und andere Schwurbler haben, die sich auf Artikel 146 beziehen". Diese Leute würden mit der Annahme einer Verfassung "zwar nicht verschwinden", so Ramelow, und weiter:

"Aber wenn wir überzeugt sind, dass dieses Grundgesetz die richtige Verfassung ist, warum haben wir dann Angst, es durch das Volk per Abstimmung bestätigen zu lassen? Dann ist es klar, dass all die Schreihälse nur eine radikale Minderheit sind."

Das Grundgesetz ändern wolle er nicht prinzipiell, da es bereits viele Änderungen am Grundgesetz gegeben habe. Allerdings würde Ramelow Artikel 139 ändern. Dieser lautet: "Die zur 'Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus' erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt." Ramelow sagte, dass die Alliierten damals zu Recht wollten, dass die "Entnazifizierung nicht rückgängig gemacht werden konnte".

Nun könne man den Artikel mit einer Staatszielbestimmung füllen, die dem Sinngehalt der alliierten Gesetze folgt, "antidemokratische und faschistische Tendenzen" – beziehungsweise solche, die Ramelow dafür hält – zu ächten und die Behörden bei ihren Handlungen darauf verpflichtet.

Grund für Ramelows Vorschlag dürfte jedoch weniger die Sorge um die "Demokratie" oder "Reichsbürger" sein, sondern eher die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen: In den letzten Umfragen lag Die Linke in Thüringen mit 16 Prozent auf Platz 3 – hinter AfD und CDU und etwa gleichauf mit "Bündnis Sahra Wagenknecht".

Ramelow, dessen Systemkonformität und westdeutsche Sozialisierung in den vergangenen Jahren immer deutlicher zutage trat und sich auch in den Wahlumfragen widerspiegelte, versucht jetzt offensichtlich, erneut Sympathien bei ostdeutschen Wählern zu gewinnen. Ob ihm dies angesichts seiner neu entdeckten Liebe zur NATO, seiner Forderung nach Waffenlieferungen an die Ukraine und seinem geäußerten Unverständnis über regierungskritische Proteste in Ostdeutschland gelingt, darf allerdings bezweifelt werden.

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Hitzewelle in Mexiko: Affen fallen tot von Bäumen

21. Mai 2024 um 20:42

Wegen einer Hitzewelle mit Temperaturen von mehr als 45 Grad Celsius fallen im Südosten Mexikos zahlreiche Brüllaffen tot oder dehydriert von den Bäumen.

Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador sagte am Montag, er werde das Umweltministerium bitten, Maßnahmen zu ergreifen:

"Wir müssen uns um die Tiere kümmern."

In den Bundesstaaten Tabasco und Chiapas sollen nach Berichten von Umweltschützern bereits fast 80 Affen verendet sein.

Rettungsmannschaften aus Biologen und Tierärzten sind in Tabasco unterwegs, um die Brüllaffen mit Wasser und Nahrung, vor allem Früchten, zu versorgen, teilte der örtliche Zivilschutz mit. Allein in den Gemeinden Cunduacan und Comalcalco seien vier Brüllaffen tot gefunden worden.

Aktivisten baten die Bevölkerung um Obstspenden, um die Affen versorgen zu können. In den sozialen Netzwerken kursierten Videos von Tieren in einer Tierarztpraxis, wo ihnen Wasser aus Spritzen zum Trinken gegeben wurde.

Gründe für das Sterben der Brüllaffen seien neben einem Hitzschlag und drohender Dehydrierung unter anderem auch Waldbrände und die Zerstörung ihres natürlichen Lebensraums, die zu Wasser- und Nahrungsknappheit führen, berichtet die Nachrichtenseite Animal Político unter Berufung auf Umweltexperten.

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Estlands Premierministerin fordert Zerschlagung Russlands

21. Mai 2024 um 20:19

Estlands Premierministerin Kaja Kallas forderte, dass der Krieg zwischen Moskau und Kiew mit der Niederlage und Auflösung der Russischen Föderation enden soll. Kallas äußerte diesen Vorschlag am Samstag während einer Debatte in der estnischen Hauptstadt Tallinn auf einer Veranstaltung zur Unterstützung der Ukraine.

"Eine Niederlage Russlands ist keine schlechte Sache, denn dann könnte sich die Gesellschaft wirklich ändern", sagte die Premierministerin auf der 17. Lennart-Meri-Konferenz. Die Russische Föderation bestehe aus "vielen verschiedenen Nationen", und sie schlug vor, dass diese nach dem Ende des Krieges zwischen Moskau und Kiew getrennte Staaten werden sollten.

"Ich denke, wenn es mehr kleine Nationen gäbe … Es wäre keine schlechte Sache, wenn eine große Macht tatsächlich sehr viel kleiner wird", sagte Kallas.

Die Verfassung der Russischen Föderation beschreibt das Gemeinwesen als einen multinationalen Staat. Laut der Volkszählung 2020/21 spricht die Bevölkerung des Landes 155 verschiedene Sprachen, wobei Russisch die häufigste ist.

Estlands Premierministerin forderte die westlichen Unterstützer der Ukraine zudem dazu auf, sich nicht zu scheuen, die Regierung in Kiew in ihrem Kampf gegen Moskau stärker zu unterstützen.

"Angst hält uns davon ab, die Ukraine zu unterstützen. Die Länder haben unterschiedliche Ängste, sei es Angst vor Atomwaffen, Angst vor Eskalation oder Angst vor Migration. Wir dürfen nicht in die Falle der Angst tappen, denn das ist es, was [Russlands Präsident Wladimir] Putin will", sagte sie.

Kallas zufolge muss der Westen Kiew dabei helfen, "Russland an seine Grenzen zurückzudrängen" und mit Sanktionen Druck auf Moskau auszuüben, "bis die territoriale Integrität der Ukraine wiederhergestellt ist". Sie forderte außerdem, dass Reparationen gezahlt werden und die Führung des Landes für den Konflikt zur Verantwortung gezogen wird.

Die Premierministerin erklärte auch, dass die Ukraine Mitglied der EU und der NATO werden müsse, um einen "stabilen Frieden" in Europa zu erreichen.

Im Februar hatte Russland einen Haftbefehl gegen Kallas wegen ihrer Kampagne zur Zerstörung sowjetischer Denkmäler des Zweiten Weltkriegs in ganz Estland erlassen.

Die Behörden in Moskau haben wiederholt erklärt, dass Russland aufgrund der mangelnden Bereitschaft sowohl Kiews als auch des Westens, eine diplomatische Lösung der Krise anzustreben, seine Militäroperation fortsetzen wird, bis alle seine Ziele erreicht sind. Dies schließt die Gewährleistung der Sicherheit der russischsprachigen Bevölkerung der Ukraine, die Entmilitarisierung und Entnazifizierung des Landes und die Sicherstellung ein, dass das Land niemals Mitglied der NATO wird.

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Nach Raisis Tod: USA befürchteten Gefahr eines dritten Weltkriegs

21. Mai 2024 um 19:42

In den ersten Stunden nach dem Absturz des Hubschraubers mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi an Bord haben Beamte der US-Regierung die Such- und Rettungsaktion und die Reaktion Teherans mit Sorge beobachtet, wie die Zeitung Politico berichtet.

Nach Angaben dreier hochrangiger Beamter fragte sich die US-Regierung, wie der Absturz die Lage im Nahen Osten verändern und wen Iran für den Absturz verantwortlich machen könnte. Einige hätten angedeutet, dass Teheran die USA und Israel für den Absturz verantwortlich machen würde – insbesondere, dass Washington und Tel Aviv den Hubschrauber manipuliert haben könnten. Wie ein Gesprächspartner berichtet habe, sei die Frage, "ob der dritte Weltkrieg tatsächlich so beginne", eine Weile lang nicht zu abwegig erschienen.

Allerdings, so Politico, deuteten die ersten Erkenntnisse nicht darauf hin, dass etwas anderes als schlechtes Wetter zu dem Absturz geführt haben könnte. Am Vortag hatte Chuck Schumer, der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, behauptet, die Geheimdiensterkenntnisse zeigten, dass es "keine Beweise für ein falsches Spiel" gebe. Er erklärte:

"Es herrschte sehr schlechtes, nebliges Wetter im Nordwesten Irans, wo der Hubschrauber abstürzte. Es sieht also nach einem Unfall aus, aber der Fall wird noch untersucht."

Alireza Sanei, Irans Botschafter in Weißrussland, erklärte ebenfalls, dass der Hubschrauberabsturz durch schlechtes Wetter verursacht worden sein könnte. Er wies darauf hin, dass eine Sonderkommission die genauen Ursachen des Unfalls ermitteln sowie die Wetterbedingungen und die technischen Bedingungen des Fluges untersuchen werde.

Dennoch befürchte die Regierung unter Joe Biden, dass Teheran "hypothetische Anschuldigungen erheben könnte", die zu einer Eskalation der Beziehungen zu Israel führen würden, so Politico weiter.

Pentagonchef Lloyd Austin betonte auf einer Pressekonferenz am Montag, dass "die USA in keiner Weise an dieser Katastrophe beteiligt waren". Weiter behauptete man im Weißen Haus, dass "keine anderen Nationen mit dem Vorfall etwas zu tun hatten". Matthew Miller, der Sprecher des US-Außenministeriums, ist der Ansicht, dass die iranische Regierung "die Verantwortung für den Flug des 45 Jahre alten Hubschraubers bei schlechten Wetterbedingungen trägt".

Die Nachrichtenagentur Associated Press wies darauf hin, dass die iranische Luftflotte größtenteils noch aus der Zeit vor der Islamischen Revolution von 1979 stammt und internationale Sanktionen die Beschaffung von Ersatzteilen für Flugzeuge erschwert haben.

Raisi war mit seinem Außenminister Hossein Amir-Abdollahian, dem Gouverneur von Ost-Aserbaidschan Malek Rahmati und weiteren Insassen in einem US-amerikanischen Hubschrauber vom Typ Bell 212 unterwegs. Vor etwa 50 Jahren wurde der Helikopter für die US-Streitkräfte entwickelt. Die Unglücksmaschine wurde in Iran modifiziert und konnte bis zu 15 Personen einschließlich Piloten befördern.

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Lada per Mausklick: Russen können Autos jetzt online bestellen

21. Mai 2024 um 19:21

Autos der russischen Marke Lada sind ab sofort auf dem Online-Marktplatz Wildberries – ein Pendant zu Amazon – zu finden. Das Projekt steht derzeit den Einwohnern der Region Wolgograd zur Verfügung, berichtet der Pressedienst der Plattform.

Tatjana Bakaltschuk, Geschäftsführerin von Wildberries, stellte fest, dass sich ein neuer Verbrauchertrend abzeichnet: Immer mehr Kunden seien bereit, ein Auto online zu bestellen.

"Wildberries will diesen Trend anführen. Heute geben wir gemeinsam mit der Awtowas Gruppe den Start des Lada-Verkaufs über Wildberries bekannt. Ich freue mich, dass auch führende Automobilhersteller an die Entwicklung des Vertriebs über Marktplätze glauben und bereit sind, in diese Richtung zu investieren."

Der Kunde unterschreibt einen Kaufvertrag, bevor er das Auto erhält. Für die Fahrzeuge gilt die offizielle Händlergarantie. Das bestellte Fahrzeug wird an einen vereinbarten Ort geliefert, an dem die Auslieferung möglich ist, berichten russische Medien.

Wildberries hatte Mitte April die Einführung der neuen Kategorie "Fahrzeuge" auf dem Marktplatz angekündigt. Nach Angaben des Unternehmens haben die Kunden im ersten Monat insgesamt elf Autos und ein Motorrad gekauft. Die Kategorie umfasst mehrere Automarken, Motorräder und Fahrräder. "Wildberries plant, die neue Kategorie weiter auszubauen – wir werden auch Quads, Schneemobile und andere Fahrzeuge anbieten", so die Pressestelle.

Nach Angaben des Autoherstellers Awtowas, dessen Fahrzeuge unter der Marke Lada verkauft werden, ist der Online-Verkauf derzeit eine der wichtigsten Entwicklungsrichtungen des Unternehmens.

Der Verkauf von Lada-Fahrzeugen hat in Russland nach Anfaben von Awtowas im April einen Unternehmensrekord seit 2012 aufgestellt und die Marke von 45.551 PKW erreicht – ein Anstieg von rund 65 Prozent im Vergleich zum April 2023.

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"Rollator-Putsch" und Reuß-Prozess: Es stinkt stark nach Farce

21. Mai 2024 um 18:54

Von Anton Gentzen

Man muss schon über 100 Jahre im Geschichtsbuch zurückblättern, um auf den letzten und wohl auch einzigen tatsächlich ausgeführten Putschversuch in der deutschen Geschichte zu stoßen. Vom 13. bis zum 17. März 1920 führten die Generäle Walther von Lüttwitz und Erich Ludendorff einen solchen an, während ausgerechnet der Namensgeber Wolfgang Kapp mit seiner "Nationalen Vereinigung" in dem ganzen Geschehen nur eine Nebenrolle spielte.

Kurzfassung: 100 Stunden lang versuchte das über die Demütigung des Vertrags von Versaille und den damit verbundenen massiven Personalabbau bei der Reichswehr und den Freikorps frustrierte Militär die amtierende republikanische Regierung zu stürzen. Eine von Auflösung bedrohte Marinebrigade verweigerte den Befehl, hohe Generäle schlossen sich ihr an und marschierten auf Berlin. Die Verschwörergruppe, der Kapp und Ludendorff angehörten, hielt sich bereit, die neue Regierung zu stellen. 

Das Vorhaben scheiterte an einem von den Arbeiterparteien ausgerufenen Generalstreik, dem sich sogar Beamte anschlossen, sowie an der Neubildung einer "Roten Armee" im Ruhrgebiet und der Drohung mit einer Neuauflage der 1919 erwürgten sozialistischen Revolution. Die Putschisten schraken vor dem drohenden Bürgerkrieg zurück und brachen den Umsturzversuch ab. 

Auch das hat schon einen leichten Touch des Absurden: Beide Seiten, rechts wie links, hatten reale militärische Schlagkraft. Keine von ihnen verfolgte ihr jeweiliges Vorhaben über die bloße Machtdemonstration hinaus. Man kann es Verantwortungsbewusstsein nennen. Ein berühmter Russe mit dem Decknamen Lenin würde spotten: "Die Bahnsteigkarten waren ausverkauft". 

104 Jahre später will uns die Generalbundesanswaltschaft allen Ernstes weis machen, dass eine Gruppe von 27 oder 28 betagten Männern und Frauen, darunter – ohne geht es in unseren Zeiten nicht – eine Russin, einen Putsch plante. Die Verspottung des Ganzen als "Rollator-Putsch" und "Graue Armee Fraktion" beschreibt es perfekt. Keine einzige Brigade, kein einziges Regiment, ja nicht einmal einen Zug befehligten die "Verschwörer". Womit es der erste Putsch in der Weltgeschichte wäre, der ohne aktives Militär auskommen wollte. Ludendorff schlägt sich im Jenseits auf die Stirn, Oberst Papadopoulos rotiert im Grab und Augusto Pinochet lacht sich nur deshalb nicht zu Tode, weil er schon tot ist...

Die Informationen aus dem Ermittlungsverfahren gegen Heinrich XIII. Prinz Reuß und seine "Mitverschwörer", das mehr als zwei Jahre lang lief, sind spärlich. Wir wissen bis heute nicht, was die Bundesanwaltschaft tatsächlich gegen die 27 Angeklagten in der Hand hat. Der deutsche Investigativjournalismus ist offenbar mit dem Ausspähen der AfD zu beschäftigt, als dass er den Ermittlern auf die Finger schauen würde. Und das, was die Bundesanwaltschaft selbst verlautbaren lässt, erscheint bei genauerem Hinsehen als offensichtlich an den Haaren herbeigezogen. 

Da heißt es in der Pressemitteilung der Behörde vom 12. Dezember vergangenen Jahres, die aus Anlass der Anklageerhebung herausgegeben wurde, beispielsweise: 

"Zugleich setzte die Vereinigung verstärkt auf den Aufbau bundesweiter, flächendeckend operierender bewaffneter Kräfte. (...) Während die „Allianz“ dann einen ersten Angriff auf die obersten staatlichen Institutionen ausführen sollte, wollte die Vereinigung anschließend in Eigeninitiative die Beseitigung der verbliebenen Institutionen und Amtsträger auf Landes-, Kreis- und kommunaler Ebene übernehmen."

Ach wirklich? "Bundesweite, flächendeckend operierende bewaffnete Kräfte", die in allen deutschen Ländern, Kreisen und Kommunen die "verbliebenen Institutionen" beseitigen würden? Warum haben wir dann Anklagen "nur" gegen 27 Rentner und Pensionäre? Wo sind die aktiven Offiziere der Bundeswehr, der Bundespolizei und der Landespolizeien, die sich mitverschworen haben und für das "bundesweite, flächendeckende" in Hunderten von Landkreisen und Kommunen gesorgt hätten?

Welche konkreten Verbände hätten die "Verschwörer" denn in Bewegung gesetzt, so wie seinerzeit Kapp und Ludendorff? Muss man davon ausgehen, dass der Umsturz immer noch droht, weil die Tausenden Putschisten in allen Teilen Deutschlands immer noch aktiv sind? Oder lügt die Bundesanwaltschaft den Gerichten und uns die Taschen voll? 

Bei der erwähnten "Allianz" handelt es sich übrigens um eine imaginäre Weltverschwörung, die nichts anderes zu tun hat, als Deutschlands Souveränität wiederherzustellen. Klar doch. 

"Ab Sommer 2021 traf die Gruppierung für den Umsturz und die anschließende Absicherung der Macht zahlreiche konkrete Vorbereitungen."

Welche? Wurden bundesweit Waffenlager ausgehoben, mit denen sich die Verschwörer bewaffnet hätten?

Natürlich darf auch Russland nicht fehlen, wenn es um böse Machenschaften geht: 

"Darüber hinaus wurde er im Juni 2022 im russischen Generalkonsulat in Leipzig vorstellig. Wie die Russische Föderation auf das Anliegen reagiert hat, ließ sich bislang nicht aufklären."

Ich kann sagen wie: Herzlich gelacht hat die "Russische Föderation" über die neueste Anekdote. Wenn es überhaupt stimmt, dass der Prinz da beim traditionellen Empfang zum russischen Nationalfeiertag mehr gemacht hat als alkoholische Getränke zu konsumieren. Nicht ausgeschlossen leider, dass noch etwas im Sinne des russophoben Zeitgeistes konstruiert und nachgeschoben wird.  

Wo die Pressemitteilung der Bundesanwaltschaft konkret wird, offenbart sich ein putsch-technisches Trauerspiel: 

"Die Vereinigung verfügte über finanzielle Mittel in Höhe von etwa 500.000 Euro. Sie hatte Zugriff auf ein massives Waffenarsenal, bestehend aus insgesamt rund 380 Schusswaffen, beinahe 350 Hieb- und Stichwaffen und fast 500 weiteren Waffen- sowie mindestens 148.000 Munitionsteilen. Vereinigungsmitglieder schafften zudem eine Vielzahl sonstiger militärischer Ausrüstung an, darunter ballistische Helme, schusssichere Westen, Nachtsichtgeräte und Handfesseln."

380 Schusswaffen reichen, um die Macht in Deutschland zu übernehmen? Und zwar "bundesweit und flächendeckend"? Wenn es so leicht geht, dann steht der Weltrevolution nun wirklich nichts außer der zwischenzeitlich erfolgten Abschaffung von Bahnsteigkarten im Wege. 

Und: wenn ein Arsenal aus 380 Waffen "massiv" ist, was ist dann jede Waffenkammer jeder Bundeswehrkompanie? "Gigantisch"?

Es spricht viel dafür, dass der Ermittler- und Justizapparat hier bestenfalls mit Spinnereien, mit theoretischen Planspielen von Wichtigtuern beschäftigt wird. Grob gesagt: mit Gedankenverbrechen, die in einer Realität gewordenen Antiutopie aus der Feder von George Orwell, nicht aber in einem Rechtsstaat strafbar sind. Bestenfalls kann man davon reden, dass es da abstruse Hirngespinste der heutigen Angeklagten gegeben hat, dass aber reale Putschvorbereitungen in die Phase des Strafbaren getreten sind, ist abwegig. Mit derselben Berechtigung kann man jeden alkoholisierten Stammtisch verhaften, der je nach Gesinnung Ministerposten in der "künftigen Reichsregierung" oder im "Rat der revolutionären Volkskommissare" unter sich aufgeteilt hat.   

Ich weiß nur nicht, was peinlicher wäre: Wenn es die "Planungen" der "Rollator-Putschisten" in dieser Form tatsächlich gegeben hätte oder wenn – und danach sieht es im Moment eher aus – gleich drei oberste Ländergerichte mit hohem und kostspieligen Aufwand über Gedankenverbrechen einer Phantastengruppe prozessieren.

So oder so: Wir erleben eine Farce. Es ist nur deshalb nicht zum Lachen, weil die Untersuchungshaft, in der 27 Menschen darben, überaus real ist. 

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Vertraute von Donald Trump auf Geheimtreffen mit Netanjahu

21. Mai 2024 um 18:27

Drei Mitglieder der ehemaligen Regierung von US-Präsident Donald Trump haben sich am Montag mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens getroffen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine Quelle mit direkter Kenntnis der Angelegenheit.

Demnach gehörten der Delegation auf US-Seite Trumps ehemaliger nationaler Sicherheitsberater Robert O’Brien, der ehemalige US-Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten John Rakolta und der scheidende US-Botschafter in der Schweiz Ed McMullen an.

Die Reiseroute und die Ziele der Reise wurden nicht bekannt gegeben.

Laut der ungenannten Quelle der Zeitung war eines der Hauptziele der Reise, die komplexe innenpolitische Situation in Israel besser zu verstehen. Netanjahus Koalition ist intern gespalten und viele Israelis werfen seiner Regierung vor, den Hamas-Anschlag vom 7. Oktober nicht verhindert zu haben, so der Gesprächspartner der Nachrichtenagentur weiter.

Am Vortag hatte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, einen Antrag auf Haftbefehle gegen Netanjahu und den Hamas-Führer Jahia Sinwar angekündigt.

Auch gegen den israelischen Verteidigungsminister Joaw Galant und zwei hochrangige Hamas-Führer – den Kommandeur der Al-Qassam-Brigaden, Mohammed Diab Ibrahim al-Masri, und den politischen Führer der Gruppe, Ismail Hanija – wurden Haftbefehle beantragt.

Mehr zum ThemaUS-Kongress droht Internationalem Strafgerichtshof mit Sanktionen

Britische Zeitung: Generäle verheimlichen Informationen vor Selenskij

21. Mai 2024 um 18:05

Wladimir Selenskij soll glauben, dass seine Generäle ihm die Wahrheit über den Verlauf der Kämpfe mit Russland vorenthalten, und sie deswegen lautstark beschimpfen. Dies geht aus einem Bericht der Wochenzeitung The Economist hervor.

Hintergrund des Konflikts zwischen Selenskij und seinen Militärführern sei die laufende russische Offensive im ukrainischen Gebiet Charkow, bei der Russlands Streitkräfte erhebliche Geländegewinne erzielen konnten. Der Zeitung zufolge sind die in der Region eingesetzten ukrainischen Truppen darüber wütend und entwickeln diverse Theorien über die Ursachen des eigenen Misserfolgs.

Unter anderem sollen einige ukrainische Militärs den USA und seinen Verbündeten vorwerfen, nicht rechtzeitig und unzureichend Militärhilfe zu leisten, während andere "Inkompetenz oder gar Verrat" wittern. Es gebe "Verschwörungstheorien", wonach Charkow im Rahmen eines Friedensabkommens an Russland abgetreten werden könnte.

Denis Jaroslawski, ein Offizier der ukrainischen Spezialkräfte, hatte zuvor in diesem Monat durch seine Posts in sozialen Medien die Öffentlichkeit auf den mangelhaften Zustand der ukrainischen Verteidigungslinien im Gebiet Charkow gemacht. Nach seinen Angaben fehlten Befestigungsanlagen und Minenfelder an den für sie vorgesehenen Orten, was Russlands Offensive begünstigt habe. Gegenüber dem Economist behauptete Jaroslawski, dass der ukrainische Staatschef von seinen Beratern mit falschen Erfolgsmeldungen vertröstet werde:

"Selenskij wird in einem warmen Bad gehalten."

Ein weiterer ukrainischer Regierungsbeamter, der anonym bleiben wollte, vermutete im Gespräch mit der Zeitung, Selenskij spüre, dass ihm die Wahrheit vorenthalten werde. Der Beamte sagte:

"Deswegen brüllt er seine Generäle an."

Meldungen über Selenskijs angespanntes Verhältnis zu seiner Militärführung hatten auch in der Vergangenheit in ukrainischen und westlichen Medien kursiert. Laut einem umfangreichen Artikel, der im US-amerikanischen Time Magazine am 1. November 2023 erschienen war, ist ein militärischer Sieg über Russland für Selenskij zu einer beinahe wahnhaften Obsession geworden. Dies habe dem ukrainischen Staatschef Konflikte mit Militärs bereitet, die sich weigerten, seine Befehle zu befolgen.

Zahlreiche weitere Berichte thematisierten einen vermuteten Konflikt zwischen Selenskij und General Waleri Saluschny, der als militärischer Oberbefehlshaber unter anderem während der gescheiterten ukrainischen Sommeroffensive im Jahr 2023 gedient hatte. Im Februar 2024 wurde Saluschny von seinem Posten abgesetzt und durch Alexander Syrski ersetzt.

Am 20. Mai berichtete der Pressedienst des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, dass Selenskijs Zustimmungswerte unter der ukrainischen Bevölkerung 17 Prozent erreicht haben und weiterhin sinken. Die Behörde erklärte weiter:

"Selbst unter den Angehörigen der Streitkräfte der Ukraine, die ununterbrochen ideologisch bearbeitet werden, übersteigt Selenskijs Popularität nicht 20 Prozent."

Vor dem Hintergrund des Ablaufs seiner legalen Amtszeit am 20. Mai befürchte der ukrainische Staatschef einen Verlust seiner Legitimität und betreibe umfassende "Säuberungskampagnen" in der ukrainischen Regierung und Militärführung, heißt es in der Meldung des SWR weiter.

Mehr zum Thema Der letzte Tag von Selenskijs Präsidentschaft: Wie geht es weiter?

Joe Biden gibt zu Protokoll: "Es gibt keinen Völkermord in Gaza"

21. Mai 2024 um 17:43

Der amtierende US-Präsident sprach im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung im Rosengarten am Weißen Haus in Washington, die mit dem "Monat des jüdisch-amerikanischen Erbes" (Jewish American Heritage Month) in Verbindung stand. US-Medien berichten, dass man in Washington, D.C. den Antrag des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH, in den USA: ICC) zur Veranlassung von Haftbefehlen gegen Personen aus Israel und von der Hamas scharf verurteilt.

Biden versicherte am Montag der jüdischen Wählerschaft, dass die US-Regierung "fest an der Seite Israels steht". Er verurteilte dabei die Erklärung des Internationalen Strafgerichtshofs, dass sich Israels Regierungschef Netanjahu wegen Kriegsverbrechen im Gazastreifen schuldig gemacht hätte. Der voraussichtliche wiederum als Top-Kandidat von der Demokratischen Partei für eine erneute US-Präsidentschaft zu nominierende Biden wird mit den Worten zitiert:

"Was hier geschieht, ist kein Völkermord. Wir weisen das zurück."

Biden vermied es laut dem US-Magazin Politico dabei, die regelmäßig vom israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu wiederholten Pläne zu erwähnen oder zu kritisieren, wie etwa eine groß angelegte Invasion in Rafah. Stattdessen habe Biden mehrfach lediglich erklärt, dass seine Administration "Israel weiterhin unterstützen" werde. So teilte er den Anwesenden wörtlich unter anderem mit:

"Ich werde immer dafür sorgen, dass Israel alles hat, was es braucht, um sich gegen die Hamas und alle ihre Feinde zu verteidigen. Wir stehen an der Seite Israels, um [Hamas-Führer Yahya] Sinwar und den Rest der Schlächter der Hamas zu beseitigen. Wir wollen, dass die Hamas besiegt wird. Wir werden mit Israel zusammenarbeiten, um das zu erreichen."

Der Chefankläger Karim Khan am IStGH hatte am 20. Mai den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und den Verteidigungsminister Joaw Galant sowie die Hamas-Führer Yahya Sinwar, Ismail Haniyya und Mohammed Diab Ibrahim Masri wegen "Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" im Gazastreifen und in Israel angeklagt. Der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Abgeordnete Mike Johnson von der Republikanischen Partei, bezeichnete den Schritt des IStGH als "schändlich" und "gesetzlos". 

US-Kongress will Maßnahmen gegen Gerichtshof ergreifen 

Johnson erklärte laut US-Medien zu Wochenbeginn, "wenn die Biden-Administration nicht dagegen vorgeht, könnte der IStGH eine nie dagewesene Befugnis zur Ausstellung von Haftbefehlen gegen amerikanische Politiker, Diplomaten und Militärangehörige erhalten". Es läge daher am Weißen Haus nun "alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um eine solche Abscheulichkeit zu verhindern".

Michael McCaul, ein texanischer Republikaner, der den Vorsitz im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Repräsentantenhauses innehat, erklärte am Montag gegenüber dem US-Medium Axios, dass "bereits ein Gesetzentwurf zur Sanktionierung des Gerichtshofs ausgearbeitet wird". Dieses Gesetz beinhalte die Möglichkeit, "... 'alle notwendigen und angemessenen Mittel' zur Verteidigung von Amerikanern – oder Verbündeten – zu erlauben, die vom IStGH gesucht werden". 

Im Januar wies der auf dem Römischen Statut von 1998 beruhende IStGH in Den Haag, ein multinationales Strafgericht außerhalb der UNO, Israel in einem Zwischenurteil an, Maßnahmen zu ergreifen, um einen Völkermord zu verhindern und die humanitären Bedingungen für die Bevölkerung im Gazastreifen zu verbessern. In der Ende letzten Jahres von Südafrika eingereichten Klage wird Israel vorgeworfen, systematische Kriegsverbrechen in dieser palästinensischen Region zu begehen.

Irland kündigte im März an, die Klage aus Pretoria zu unterstützen, und bezeichnete Israels Vorgehen im Gazastreifen als "eklatante Verletzung des humanitären Völkerrechts in großem Ausmaß". Letzte Woche forderte auch Ägypten das Nachbarland Israel auf, "seinen Verpflichtungen als Besatzungsmacht nachzukommen".

Kongressabgeordnete beider großen Parteien der USA warfen zuletzt der Biden-Regierung vor, sich nicht eindeutig genug auf der Seite Israels zu positionieren, dies auch in Bezug auf die fortdauernden und eskalierenden propalästinensischen Stimmungen an US-Universitäten. Biden und sein Team haben dabei versucht, der Kritik entgegenzuwirken, indem sie darauf hinwiesen, dass sie nach wie vor Waffenlieferungen nach Israel zulassen, selbst wenn die israelischen Streitkräfte eine groß angelegte Invasion in die Stadt Rafah am südlichen Ende des Gazastreifens starten. Diese US-Waffenlieferungen würde jedoch auch weiterhin keine "besonders zerstörerischen 2.000-Pfund-Bomben enthalten". 

Biden erklärte daher am Montag in seiner Rede nachdrücklich, dass er Israel weiterhin bei der "Verteidigung" gegen die Hamas unterstützen werde. Beamte des Weißen Hauses wiesen letzte Woche auch darauf hin, dass Biden wiederholt die Allianz zwischen den USA und Israel bekräftigt hat, obwohl er sich gegen eine Invasion in Rafah aussprach. Die US-Regierung informierte erst kürzlich den US-Kongress über einen weiteren großen Waffenverkauf an Israel, legte der Politico-Artikel dar.

Laut Informationen von Axios hätte Netanjahu noch vor der Anklageverkündung den US-Präsidenten aufgefordert "zu intervenieren", um den IStGH daran zu hindern, Khans Antrag für Haftbefehle zu genehmigen. Der US-Außenminister Antony Blinken betonte laut US-Medien, dass der IStGH "in dieser Angelegenheit keine Zuständigkeit" habe und stellte "die Legitimität und Glaubwürdigkeit dieser Untersuchung" infrage.

Obwohl die USA Anfang der 2000er Jahre zu den Initiatoren des IStGH gehörten, der nach dem Vorbild der von Washington unterstützten Kriegsverbrechertribunale für Jugoslawien und Ruanda geschaffen wurde, hat der US-Kongress das Römische Statut von 1998 niemals offiziell ratifiziert. Dieser Internationale Strafgerichtshof ist durchaus für das Westjordanland und den Gazastreifen zuständig, weil die Palästinensische Autonomiebehörde ihn dagegen im Jahr 2015 anerkannt hat.

Die US-Gesellschaft diskutiert in der Causa kontrovers über die Tatsache, dass die Ehefrau der Hollywood-Legende George Clooney, die Menschenrechtsanwältin Amal Clooney, zu den Rechtsexpertinnen gehörte, die dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) empfohlen haben, Haftbefehle unter anderem gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu zu beantragen. 

So informiert Amal Clooney in einer aktuellen Erklärung, dass sie "vor mehr als vier Monaten" seitens des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs im Rahmen der Tätigkeit für die "Clooney Foundation for Justice" angefragt wurde, "ihn bei der Bewertung von Beweisen für mutmaßliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Israel und Gaza zu unterstützen".

Das Ehepaar Clooney hatte gemeinsam die Menschenrechtsorganisation "Clooney Foundation for Justice" gegründet. George Clooney wurde zuvor im Jahr 2010 in der US-Denkfabrik "Council on Foreign Relations (CFR)" zum Mitglied auf Lebenszeit berufen.

Mehr zum Thema - "Blutanklage" und "Zusammenbruch des Gerichtssystems" – Israel kritisiert mögliche IStGH-Haftbefehle

Besuch in Kiew: Baerbocks Wille zum totalen Krieg

21. Mai 2024 um 17:17

Von Gert Ewen Ungar

Außenministerin Annalena Baerbock ist zu einem Besuch in Kiew eingetroffen. Für ihre Unterstützung wurde ihr von Wladimir Selenskij ein Orden verliehen. Das ist zynisch, denn Baerbocks "Unterstützung" beschränkt sich darauf, den Krieg zu verlängern.

Auf der Website des Auswärtigen Amts ist zum Besuch ein Beitrag erschienen, der deutlich macht, dass Baerbock ihre Strategie, Desinformation und offensichtliche Lügen zur Ursache des Konflikts zu verbreiten, weiter aufrechterhalten wird. Deutlich machte sie damit auch, dass Deutschland weiterhin kein Interesse an einer Lösung des Konfliktes hat und bereit ist, die Ukraine einen hohen Preis zahlen zu lassen. 

“Putin wollte die Ukraine in seinem imperialen Wahn an sich reißen”, behauptet die deutsche Außenministerin in ihrem Statement wahrheitswidrig.

Fakt ist: Russland verfolgt keine imperialistischen Interessen. Russlands Präsident agiert absolut rational und berechenbar. Es geht ihm um die Sicherheit seines Landes und den Schutz der Souveränität Russlands. Das Wahnhafte und geradezu Irre verkörpert dagegen die deutsche Außenministerin, die auf eine immer weitergehende Eskalation setzt, ausschließlich eine militärische Lösung des Konflikts befürwortet und Diplomatie ablehnt.

Der Sieg über Russland muss errungen werden, ist das wahnhafte Ziel baerbockscher Politik. Sie verweigert sich in diesem Zusammenhang schlicht ihrem Arbeitsauftrag: mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow spricht Baerbock einfach nicht. 

Baerbock betreibt Desinformation 

Der Konflikt zwischen Russland und dem Westen über den Status der Ukraine hat eine lange Vorgeschichte, die von Baerbock schlicht geleugnet wird. Sie erzählt die Mär von einer Sehnsucht nach Demokratie in der ukrainischen Bevölkerung. Dabei hat der Ukraine-Konflikt mit Demokratie-Sehnsüchten nachweislich nichts zu tun. Es geht um reine Machtinteressen.

Die Geschichte des Konflikts beginnt spätestens 2008 mit der auf dem NATO-Gipfel in Bukarest ausgesprochenen Einladung an die Ukraine und Georgien zum Beitritt. Russland sieht durch einen NATO-Beitritt der Ukraine aus guten Gründen seine Sicherheitsinteressen bedroht. Man könnte den Konflikt sofort beenden, indem man diese Sicherheitsinteressen berücksichtigt und sich um einen Ausgleich bemüht.

Aber gerade die deutsche Außenministerin signalisiert immer wieder, dass sie auf den Beitritt des Landes zum Militärbündnis besteht und für sie keine anderen Lösungen infrage kommen. Sie hält damit an der Ursache des Konfliktes fest. Deutschland leistet keinen Beitrag zu seiner Lösung - im Gegenteil. Deutschland tut alles für die Verlängerung des Krieges. Für Baerbocks Kompromisslosigkeit und ihren Wunsch nach Dominanz, nicht aber für die Demokratie und westliche Werte sterben jeden Tag hunderte ukrainische Soldaten. Gleichzeitig tarnt Baerbock ihre böse Tat als gute Absicht. Man helfe nur, ist ihre Botschaft. 

Baerbock bereit zum totalen Krieg mit Russland

Dabei liegen ganz konkrete alternative Vorschläge zu einem NATO-Beitritt auf dem Tisch. China unterstützt mit zahlreichen anderen Ländern beispielsweise den Ansatz, der Ukraine im Fall eines Verzichts auf einen NATO-Beitritt Sicherheitsgarantien durch eine breit aufgestellte Staaten-Allianz zuzusichern.

Baerbock bleibt jedoch weiter auf Kriegskurs und setzt auf einen Sieg der Ukraine über Russland. "Unsere Unterstützung ist verwurzelt in der tiefen Überzeugung, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen wird", zitiert sie dazu das Auswärtige Amt auf seiner Seite. Imperialistisch ist an dem Wunsch alles, realistisch ist an ihm allerdings gar nichts. Nicht Putin ist wahnsinnig, Baerbock ist es. 

Auch die Lieferung von F-16 Kampfjets, die Selenskij fordert, wird an der Misere der Ukraine nichts ändern. Wie schon durch die Lieferung von Kampfpanzern und Marschflugkörpern wird der Krieg dadurch nur in die Länge gezogen sowie die Zahl der Opfer erhöht - vor allem auf ukrainischer Seite. 

Russland verfügt über die Möglichkeit, jeden weiteren Eskalationsschritt des Westens mitzugehen und ist in der Lage, den Krieg in der jetzigen Intensität noch über Jahre aufrecht zu erhalten. Aus diesem Grund bedeuten die Bekenntnisse Baerbocks zur weiteren militärischen Unterstützung der Ukraine unter Ausschluss einer russische Sicherheitsinteressen berücksichtigenden Verhandlungslösung nichts anderes als die Bereitschaft Baerbocks, die komplette Zerstörung der Ukraine und die Auslöschung einer Generation ukrainischer Männer voranzutreiben. Mit ihrem Insistieren auf einen militärischen Sieg ist Baerbock verantwortlich für hunderttausendfachen Tod. 

Die EU ist nicht Europa

Die Ukrainer und Ukrainerinnen kämpfen "mit Mut und Hoffnung für einen festen Platz ihres Landes als Teil Europas", steht in aller Absurdität auf der Seite des Auswärtigen Amtes. Als hätte die Ukraine einst einen anderen geographischen Raum besetzt. Gleichzeitig wird an dieser Absurdität deutlich, wie sich die Außenministerin einer Lösung des Konflikts verweigert. Sie setzt - wie viele andere Politiker in der EU und in Deutschland auch - EU und Europa gleich. 

Nun ist die EU schlicht und ergreifend nicht Europa. Das größte Land Europas ist nach wie vor Russland; mit Moskau, London und Sankt Petersburg liegen die größten Städte des europäischen Kontinents alle außerhalb der EU. 

Der Konflikt wurzelt aber eben in jenem Dominanzanspruch, der sich in der Gleichsetzung von EU und Europa ausdrückt. Daran wird deutlich, nicht Putin verfolgt eine imperiale Politik, die EU und Politiker wie Baerbock tun es. 

Hätte Baerbock ein Interesse an Frieden und würde ihr das Wohl der Ukraine tatsächlich etwas bedeuten, würde sie Europa nicht auf die EU reduzieren, sondern die Interessen aller Länder in Europa in den Blick nehmen. Die Gleichsetzung von EU und Europa impliziert aber, dass die Politik Europas in Brüssel gemacht wird. Das aber ist in der Realität schlicht nicht der Fall.

Der Imperialismus der Annalena Baerbock

In diesem Anspruch drückt sich jedoch der imperialistische Geist nicht nur Baerbocks, sondern gleich einer ganzen Politiker-Generation aus. Die Missachtung der Sicherheitsinteressen Russland und der Glaube, Russland habe seine staatliche Souveränität den Expansionswünschen von EU und NATO unterzuordnen, ist zentraler Treiber des Konflikts. Baerbocks Bekenntnisse, an diesen Expansionswünschen, die auf Kosten der Sicherheit Russlands gehen, bedingungslos festhalten zu wollen, verankern die Ursache des Konflikt dauerhaft in Europa und schließen seine Lösung aus. Die Unfähigkeit zum Frieden ist der Politik Baerbocks inhärent. 

Baerbock denkt ausschließlich in den Kategorien von Sieg und Niederlage. Die sich daraus zwingend ergebende Ablehnung von Diplomatie, der Eskalationswille und ihre Zerstörungswut machen Baerbock zur Last für den europäischen Kontinent als Ganzes. Dass es erneut eine Deutsche ist, die zum totalen Krieg nicht nur bereit ist, sondern ihn aktiv einfordert, wird für Deutschland und die Deutschen absehbar zu einer schweren Bürde. 

Mehr zum Thema – Annalena Baerbock: Schnurstracks Richtung Außenlinie!

"Genug ist genug" - Australischer Premier fordert Freilassung von Julian Assange

21. Mai 2024 um 17:00

Der australische Regierungschef Anthony Albanese hat ein Ende der Inhaftierung des WikiLeaks-Gründers Julian Assange gefordert. Mit einer weiteren Inhaftierung sei nichts gewonnen, sagte Albanese heute und forderte ein Ende der Verfolgung des Australiers. Es werde weiterhin daran gearbeitet, das zu erreichen, sagte Albanese weiter. "Genug ist genug", fügte er hinzu.

Assange wird in den USA beschuldigt, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA veröffentlicht zu haben. Die Papiere enthielten brisante Informationen über Kriege vor allem in Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen durch US-Militärangehörige.

Im Falle einer Verurteilung in den USA drohen dem Australier bis zu 175 Jahre Haft.

Die Entscheidung des Londoner High Court von gestern, die Assange eine Berufungsmöglichkeit einräumt, wurde von seinen Unterstützerinnen und Unterstützern mit Jubel aufgenommen. Damit ist eine unmittelbare Überstellung des 52-Jährigen an die USA vorerst abgewendet.

Mehr zum ThemaAssange gewinnt vor Oberstem Gericht – neue Berufung gegen den Auslieferungsbeschluss zugelassen

Diebstahl gebilligt: EU gibt Zinsen eingefrorener russischer Vermögen ukrainischen Streitkräften

21. Mai 2024 um 16:42

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben am Dienstag einen Plan zur Verwendung der Gewinne aus den eingefrorenen Vermögenswerten der russischen Zentralbank gebilligt, teilte Tschechiens Außenminister Jan Lipavský im sozialen Netzwerk X mit:

"Wir haben in der EU zugestimmt, die Einnahmen aus den eingefrorenen Guthaben der russischen Zentralbank für die Ukraine zu verwenden. Bis zu drei Milliarden Euro allein in diesem Jahr, 90 Prozent davon für das ukrainische Militär. Russland muss für seine Kriegsschäden aufkommen."

Der Großteil der gesperrten Vermögenswerte der Zentralbank Russlands wird bei der größten europäischen Clearinggesellschaft, der Euroclear Bank in Brüssel verwahrt, die ihrerseits unter der Aufsicht durch das belgische Finanzministerium steht. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg werde die Ukraine die seit dem 15. Februar akkumulierten Zinserträge erhalten. Laut den Finanzergebnissen von Euroclear für das erste Quartal erbrachten die eingefrorenen russischen Vermögenswerte im Wert von etwa 159 Milliarden Euro seit diesem Datum einen Gewinn von 557 Millionen Euro. Die eingefrorenen russischen Finanzmittel sollen jährlich etwa fünf Milliarden Euro erbringen, heißt es bei Bloomberg. Die Ukraine werde die Finanzhilfen jeweils zweimal im Jahr ausbezahlt bekommen.

Nach Beginn der militärischen Sonderoperation Russlands blockierten westliche Länder russische Vermögenswerte im Ausland, einschließlich der Reserven der Zentralbank und der Vermögen russischer Geschäftsleute. Im März 2022 erklärte der russische Finanzminister Anton Siluanow, dass Russland der Zugang zu seinen Devisenreserven im Wert von rund 300 Milliarden US-Dollar (276 Milliarden Euro) vorenthalten werde.

Die USA und die EU erörtern seitdem aktiv die Möglichkeiten, russische Vermögenswerte zur Unterstützung des Regimes in Kiew einzusetzen. Im April unterzeichnete der amtierende US-Präsident Joe Biden ein Gesetz über die Beschlagnahmung eingefrorener russischer Vermögen. Anfang Mai einigten sich die Ständigen Vertreter der Mitgliedsländer der EU vorläufig auf die Verwendung von Erträgen aus russischen Vermögenswerten zur Unterstützung der Ukraine.

Mehr zum Thema - Russisches Gericht beschlagnahmt Vermögen der Deutschen Bank im Wert von 238,6 Millionen Euro

Bundesregierung befeuert NATO-Krieg – mehr Milliarden für die Ukraine

21. Mai 2024 um 16:25

Von Uli Gellermann

Aus den üblichen üblen Medien ist der zentrale Grund für den Ukraine-Krieg nicht zu erfahren. Sie hatten sich schon zur Zeit des Corona-Regimes an einen Einheitskurs gewöhnt: Viel mehr als "Inzidenz! Inzidenz!" brachten sie nicht in die Öffentlichkeit. Nach dem angeblich tödlichen Virus als bestimmendes Thema ist der noch tödlichere Russe an der Reihe: "Putin! Putin! Böse! Böse!", so lautet der deutsche Medien-Einheiz-Chor in diesen Tagen.

Impfen macht frei

Damit dem deutschen Konsumenten nicht auffiel, dass es sich bei der Corona-Panik-Kampagne wesentlich um ein gigantisches Impfgeschäft handelte, wurden die Kritiker dieses schädlichen Deals als "rechts" ausgesondert. Die deutsche Nazi-Vergangenheit ließ sich prima für die Regierungs-Ideologie instrumentalisieren: Wenn die Opposition als rechts gebrandmarkt ist, dann ist ihr Widersprechen ein Verbrechen, denn nur Impfen macht frei und Freiheit ist ja wohl das Ziel der deutschen Regierung, oder?

Links galt als schick

Noch vor der Brandmarkung allen Widerspruchs als "rechts" war es den diversen Regierungskoalitionen gelungen, sich selbst als "links" zu erklären. Denn "links" galt seit 1968 als jung, schick und modern. Dass die SPD seit der Bewilligung der Kriegskredite anno 1914 nicht mehr links war und ist, spielte bei den parlamentarischen Inszenierungen keine Rolle: Das bürgerliche Demokratie-Spiel braucht verteilte Rollen, also hatte es links und rechts zu geben.

Irgendwie ein bisschen links

Auch die Grünen hatten sich links lackiert, sogar die offen sozial-reaktionären Parteien wie CDU und FDP wollten irgendwie ein bisschen "links" sein. Denn ganz sicher war man ja antifaschistisch; und wenn man gegen die deutsche Nazi-Vergangenheit war, dann war man eben eigentlich auch "links", also progressiv, also modern, also jung und dynamisch.

Links-rechts-Marketing

Um eine gutes "Links-rechts-Marketing" überzeugend zu verkaufen, musste es natürlich eine bedrohliche Rechte geben – nur vor einem düsteren rechten Hintergrund konnten die selbst-erklärten Linken wirklich echt links glänzen. Die alte NPD war als Drohung nicht so richtig überzeugend. Sie gammelte als Traditionsposten am äußerst rechten Rand und taugte nur noch als Gespenst. Es musste eine neue Rechte her.

Selbst ernannte "Antifa"

Wenn also neben dem parlamentarischen Einerlei eine neue, außerparlamentarische Kraft auftauchte, die das Spiel nicht mehr mitmachen wollte, schien der kürzeste Weg zur Ausschaltung der Konkurrenz die Nazi-Diffamierung zu sein. Folgerichtig tauchte am Rand der Demonstrationen für Demokratie eine selbst ernannte "Antifa" auf. Eine Gruppierung von krakeelenden Jüngelchen, die nie mehr als politisches Stammeln über die Lippen brachten, aber gewaltbereit und drohend die Aktionen der außerparlamentarischen Opposition begleiteten.

Neue Opposition bringt Durchblick

Die anfänglich auf das Corona-Thema fixierte außerparlamentarische Opposition begann – durch ideologische und polizeiliche Repression belehrt – der Regierung und ihren Medien auch in anderen Fragen zu misstrauen. Als Russland von der NATO eingekreist seiner Umklammerung durch den Krieg in der Ukraine entkommen wollte, durchschaute die neue Opposition das mediale Märchen von der friedlichen NATO und den aggressiven Russen sehr schnell. Wer gestern noch gegen die Corona-Repressionen in Aktion war, bildet heute den Kern einer neuen Friedensbewegung.

AfD: Opposition?

Noch während die AfD im Bundestag oppositionelle Reden gegen das Corona-Regime hielt, war in ihrem Programm ein Bekenntnis zur NATO zu lesen und ihr Ehrenvorsitzender Alexander Gauland stellte sich während des Palästinakrieges auf die Seite Israels:

"Wenn wir uns an die Seite Israels stellen, verteidigen wir auch unsere Art zu leben."

Schließlich hat sich die vermeintliche Opposition auch der Mainstream-Formulierung vom völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands angeschlossen. Auch weil die AfD ihren Oppositionsauftritt seit Jahren mit Treueschwüren gegenüber dem Werte-Westen garniert, erreicht sie in einer passend indoktrinierten Bevölkerung hohe Umfragewerte. Sie ist eine starke Wahl-Konkurrenz zum etablierten Parteien-System; schon deshalb muss sie bekämpft werden. Und nichts erscheint wirksamer als der Nazi-Vorwurf.

Rechts sind die Freunde der NATO

Als "rechts" sind die Freunde jener NATO einzuordnen, die in einer Reihe von Kriegen den imperialen Anspruch der USA untermauern. Obwohl in der Demokratiebewegung gern auf die Einordnung in links und rechts verzichtet wird, hilft eben diese politische Einschätzung der Klarheit über den Kurs der Bewegung, über ihre Freunde und Feinde. Denn immer noch stehen wir, ausgehend von der Einkreisung Russlands, vor einem großen Krieg, der die Welt verheeren wird, wenn er nicht von einer weltweiten Bewegung verhindert wird. Die Geschichte, nicht zuletzt die deutsche, ist eindeutig: Von rechts werden Waffen geliefert, von rechts wird der Kriegskurs gesteuert.

Die Haltet-den-Dieb-Methode

Wer heute Milliarden für den Ukraine-Krieg ausgeben will, der braucht die Diffamierung Andersdenkender als Nazis für den ideologischen Selbstschutz. Nach der Haltet-den-Dieb-Methode wird vom NATO-Krieg mit der Behauptung einer rechten Gefahr abgelenkt. Wenn in diesen Tagen Scholz und Macron in einer gemeinsamen Erklärung behaupten, "Georgiens europäischer Pfad ist vorgezeichnet", dann geht es ihnen um die russische Südflanke. Denn "europäisch" heißt EU und EU bedeutet NATO. Und NATO bedeutet Krieg.

Uli Gellermann ist Filmemacher und Journalist. Seine Erfahrungen mit den öffentlich-rechtlichen Sendern begründen seine Medienkritik. Er ist Betreiber der Internetseite www.rationalgalerie.de.

Der Beitrag wurde zuerst am 19. Mai 2024 auf www.rationalgalerie.de veröffentlicht.

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USA bieten Georgien Unterstützung bei "Abwehr einer russischen Aggression" an

21. Mai 2024 um 16:00

Die US-Behörden werden Georgien wirtschaftliche und sicherheitspolitische Unterstützung gewähren, wenn Tiflis auf "antidemokratische Schritte" und antiwestliche Rhetorik verzichtet und sich an seine Verpflichtung zur Einhaltung der Menschenrechte hält. Dies berichtete Politico unter Berufung auf einen Gesetzentwurf des Republikaners Joe Wilson (South Carolina).

Das Dokument soll diese Woche in den Kongress eingebracht werden. Der Entwurf sieht militärische Unterstützungsmaßnahmen für Georgien vor, darunter die Bereitstellung von Sicherheits- und Verteidigungskapazitäten, die "ideal für die Abwehr einer russischen Aggression geeignet sind."

Dem Entwurf zufolge werden die USA mit Georgien Verhandlungen über Handelspräferenzen sowie über eine Visa-Liberalisierung für die Bürger des Landes aufnehmen. Damit das Unterstützungsprogramm in Kraft treten könne, müssten die Vereinigten Staaten sicherstellen, dass Georgien "signifikante und nachhaltige Fortschritte bei der Stärkung der Demokratie" gemacht habe, was durch faire und freie Wahlen und ein "ausgewogenes Wahlumfeld" belegt werde.

Wie die Zeitung weiter mitteilt, sieht derselbe Gesetzentwurf die Verhängung von Sanktionen gegen Abgeordnete der Regierungspartei Georgischer Traum und andere Politiker vor, die für die Verabschiedung des Gesetzes über ausländische Agenten verantwortlich sind. Trotz der Massenproteste seit April hat das georgische Parlament das Dokument in drei Lesungen angenommen. Präsidentin Salome Surabischwili legte ihr Veto gegen das Gesetz ein, doch Premierminister Irakli Kobachidse kündigte an, sich über das Veto hinwegsetzen zu wollen. Der stellvertretende US-Außenminister James O'Brien sprach auch von möglichen Sanktionen gegen georgische Politiker, was Kobachidse als "nicht ernst gemeintes Gerede" bezeichnete.

Die georgische Opposition tituliert das Gesetz als russisches Projekt und behauptet, die Initiative ziele auf den zivilen Sektor ab und beraube das Land der Aussicht auf eine EU-Integration. Die Behörden beharren ihrerseits darauf, das Ziel des Projektes bestehe darin, die Transparenz der vom Ausland finanzierten Nichtregierungsorganisationen und Medien zu gewährleisten.

Westliche Staaten stehen dem Gesetz kritisch gegenüber. Der EU-Beamte Peter Stano sagte, die Annahme des Entwurfs würde Georgiens Bestrebungen, dem Staatenbund beizutreten, behindern - Tiflis erhielt im Dezember 2023 den EU-Kandidatenstatus.

Die gleiche Meinung wird in den USA vertreten. Laut der Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, ist der Gesetzestext im "Kreml-Stil" verfasst und widerspricht demokratischen Werten, weshalb die USA die Beziehungen zu Georgien überdenken müssten - obwohl das Gesetz eine fast vollständige Kopie einer ähnlichen US-amerikanischen Richtlinie ist, die 1938 verabschiedet wurde. 

Der Kreml hat Unterstellungen zurückgewiesen, dass es sich bei der Initiative um ein "russisches Projekt" handele.

Mehr zum Thema - Dem Westen ist Souveränität zuwider: EU und Deutschland fördern Staatsstreich in Georgien

Schweiz: "Fight Putin Volunteers" – Ukraine-Propaganda mit Sprachtest als politischem Werkzeug

21. Mai 2024 um 15:38

von Szene isch Züri

Mit großem Respekt und Neugier begann ich einen von der Neuen Zürcher Zeitung NZZ lancierten Sprachtest, der die Unterschiede zwischen Ukrainisch und Russisch prüfen sollte. Der Test sollte beweisen, dass die beiden zwar verwandte, aber dennoch komplett verschiedene Sprachen sind.

Erwartungsvoll dachte ich: "Aha, ein Sprachtest!" Doch weit gefehlt. Der Test war offensichtlich für den durchschnittlichen Schweizer konzipiert, der vermutlich kaum den Unterschied zwischen Slowakisch und Kasachisch erkennt. Die NZZ-Redaktion nutzt diese Gelegenheit, um ihre Botschaft "die Ukraine war nie Russisch" zu verbreiten.

Doch lassen Sie uns den Test machen:

Printscreen: NZZ

NZZ fragt: Was sind die Unterschiede zwischen Ukrainisch und Russisch? 


Welches ist das wichtigste Exportprodukt des Landes? Mais, Sonnenblumenöl, Weizen?

NZZ

Die Frage hat nichts mit Sprachkenntnissen zu tun, sondern mit der Agrargeschichte der UdSSR.

Meines Erachtens ist es Mais. Dank Nikita Chruschtschow und seiner Schwäche für Mais wurde er in der Sowjetunion als "Mais-Mann" (russ.: kukurusnik) verspottet. Das bringt mir noch die Erinnerungen aus meiner sowjetischen Jugend zurück; mein erster Flug in einem Kukurusnik-Flugzeug war laut, unbequem und nochmals laut. Also, will die NZZ hier etwas Linguistisches fragen? Sieht nicht so aus. Ok, nächste Frage.

NZZ

Welche Aussage über die Borschtsch-Suppe ist falsch?

Wenn Sie denken, dass die NZZ hier nach dem Ursprung der Borschtsch-Suppe fragt, ob sie russisch oder ukrainisch ist, liegen Sie falsch. Es wird nach den Zutaten gefragt, was immer noch nichts mit der Sprache zu tun hat. 

Ach, wie ich die Zeit vermisse, als die Russen und Ukrainer sich darum stritten, wer zuerst Borschtsch gekocht hat. Übrigens, der beste Borschtsch kommt aus der Region Krasnodar. Aber darüber erzähle ich euch ein anderes Mal.

Also, wie sehr ähneln sich Ukrainisch und Russisch? Nächste Frage:

NZZ

Im Abwehrkampf der Ukrainer haben sogenannte FPV-Drohnen große Bedeutung erlangt. Wofür steht diese Abkürzung?

Moment mal, was will die NZZ mit diesem Anti-Russland-Quiz auf Englisch erreichen? Es hat doch nichts mit den Nuancen der beiden Sprachen zu tun, und jetzt kommt die NZZ mit "Fight Putin Volunteers" (Bekämpft Pro-Putin-Freiwillige!). Das ist doch reine Kriegspropaganda...

NZZ

Ukrainisch und Russisch sind miteinander verwandte ostslawische Sprachen. Welches der folgenden Sprachpaare ist punkto Wortschatz am weitesten voneinander entfernt?

Die NZZ behauptet, die richtige Antwort sei Russisch und Ukrainisch.

Wenn man neu Kiew und Kyjiw, Wolodymyr oder Wladimir, Dytyna oder Detina zusammenzählt, dann könnte man dem zustimmen.

Tatsächlich habe ich mich vor Lachen kaum halten können, besonders an diesem tristen, verregneten Morgen. Deutsche verstehen besser Niederländisch, als Ukrainer Russisch verstehen? Diese Behauptung ist ja der Gipfel. Bravo, NZZ! Super recherchiert.

Hat die NZZ da den Wortschatz eines Westukrainers herangezogen, oder vielleicht den eines aus Kiew oder Odessa stammenden? Die Minderheit in der Westukraine spricht ja bekanntlich ihre eigene Variante der ukrainischen Sprache, die selbst für Ukrainer aus Dnipro oder Dnjepr (schau mal ein neues Wort!) schwer zu verstehen ist.

Telegram

Aber eben, woher soll die NZZ-Redaktion Ahnung vom ukrainischen Wortschatz haben, wenn die Ukrainer selbst fast täglich neue Wörter erfinden?

Ein gutes Beispiel dafür ist das Wort "Hubschrauber". Die Ukrainer sind sich selbst nicht einmal einig, wie sie es nennen sollen, und erfinden einfach neue Wörter aus Verzweiflung, um sich künstlich von den russischen Wurzeln zu distanzieren. Die NZZ hat diese Studie abgeschrieben. Eigentlich peinlich.

Apropos, wenn wir schon dabei sind, sollten wir nicht vergessen, dass alle ukrainischen Flüchtlinge natürlich nur Russisch sprechen, um sich besser zurechtzufinden.

Da hat die NZZ sich ja mal richtig schön blamiert mit diesem "Ukrainisch–Russisch Test" – ein Hoch auf die Schweizer Medien und ihre tiefsinnige Recherche!

Mehr zum Thema ‒ "Die Schweizer sind reich, aber auch unheilbar dumm" ‒ Eine Ukrainerin über ihren Alltag in Zürich 

Angebliche Verschwörung zum Staatsumsturz: Prozess gegen Prinz Reuß beginnt in Frankfurt

21. Mai 2024 um 15:09

Am Dienstag begann vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit einstündiger Verzögerung der Prozess gegen Heinrich XIII. Prinz Reuß und acht seiner mutmaßlichen Mitstreiter. Die Bundesanwaltschaft wirft den Angeklagten in diesem und in weiteren parallel stattfindenden Prozessen, sich für einen Staatsumsturz verschworen zu haben: Bildung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung heißt es im Juristendeutsch.

Die Verteidiger des Hauptangeklagten Prinz Reuß haben in einer Verhandlungspause die Vorwürfe gegen ihren Mandanten zurückgewiesen. Rechtsanwalt Roman von Alvensleben wird vom Focus wie folgt zitiert:

"Er ist kein Anführer, kein Rädelsführer, und er ist auch nicht Mitglied einer terroristischen Vereinigung."

Zunächst ging es im Gerichtssaal um die Klärung formaler Fragen. Am Nachmittag wurde der Prozess mit der Verlesung der Anklageschrift fortgesetzt. Ob sich die Angeklagten zu den Vorwürfen äußern werden, blieb vorerst offen.

Insgesamt wurde Anklage gegen 27 Männer und Frauen erhoben, die der Gruppe um Prinz Reuß angehört haben sollen. Aus Gründen der "Prozessökonomie" wurde das Verfahren in drei Prozesse vor unterschiedlichen Oberlandesgerichten aufgeteilt. Der Teilprozess vor dem OLG Stuttgart gegen den sogenannten "militärischen Arm" der "Verschwörer" läuft seit Ende April. Der dritte Teilprozess vor dem OLG München soll am 18. Juni starten.

Mehr zum Thema"Reichsbürger-Prozess" beginnt in Stuttgart

Nach US-Verbot für Uranimporte aus Russland: IAEA-Chef Grossi stellt Ausnahmen in Aussicht

21. Mai 2024 um 14:46

US-Präsident Joe Biden hat jüngst das Gesetz unterzeichnet, das ein Importverbot für Uranprodukte aus Russland vorsieht. Zuvor hatte sich der US-Senat einstimmig für das Verbot ausgesprochen. Rafael Grossi, der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), wurde in einem Interview mit der Nachrichtenagentur RIA Nowosti darauf angesprochen. Russland sei bekanntlich einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Lieferant von angereichertem Uran und Brennstoff, sagte Grossi. Und weiter:

"Und soweit ich weiß, wird dieses Gesetz sehr viele Ausnahmen enthalten, sodass seine anfänglichen Auswirkungen möglicherweise recht begrenzt sein würden. Wir müssen sehen, ob es zu dessen Umsetzung kommt, aber im Moment ist das nicht der Fall."

Es sei noch zu früh, um zu beurteilen, ob die US-Entscheidung zu Chaos auf dem globalen Atomenergiemarkt führen werde, sagte Grossi weiter. Allerdings schloss er Ausfälle bei der Uranversorgung der Kernkraftwerke weltweit nicht aus. Dies sei davon abhängig, wie weit das US-Verbot angewendet werde. Hierbei führte der IAEA-Chef aus:

"Derzeit ist es praktisch sehr schwierig, die von Russland bereitgestellten Kapazitäten an Brennstoff und angereichertem Uran zu ersetzen."

In dieser Hinsicht zeigte sich Grossi zuversichtlich, dass ein entsprechendes Potenzial in Zukunft entstehen werde.

Laut Grossi hätten die USA seine Behörde nicht darüber informiert, dass sie das Importverbot für eingereichertes Uran aus Russland verhängen wollten. Es handle sich um eine souveräne Entscheidung, meinte er.

Bis zum Inkrafttreten des Verbots gilt laut Medienberichten eine Übergangsfrist von 90 Tagen. Der Regierung sei jedoch erlaubt, Ausnahmen für Fälle zu erklären, in denen ohne Lieferungen aus Russland die Abschaltung von Reaktoren droht. Außerdem sollen rund 2,7 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung von US-Uranverarbeitungsunternehmen bereitgestellt worden sein.

Mehr zum Thema - Russland: "Der Westen hat Mitschuld an ukrainischen Drohnenangriffen auf AKW Saporoschje eingeräumt"

Medien: Klaus Schwab tritt vom Vorsitz des WEF zurück

21. Mai 2024 um 14:25

Der Gründer und geschäftsführende Vorsitzende des Weltwirtschaftsforums (WEF), Klaus Schwab, wird von seinem Posten in der Organisation zurücktreten. Das berichtet das US-Medium Semafor.

Demnach verkündete der Deutsche seine Pläne in einer Mail an die Mitarbeiter des WEF. Eine mit der Organisation verbundene Person gab die Information an das Medium weiter.

Demnach wird Schwab als geschäftsführender Vorsitzender zurücktreten und in die Position des nicht geschäftsführenden Vorsitzenden wechseln. Diese Änderung müsse allerdings noch von der Schweizer Regierung genehmigt werden. Vor dem Jahrestreffen des WEF im Jahr 2025 soll der Umbau in der Führung der Organisation beendet sein.

Einen Nachfolger hat der 86-Jährige noch nicht benannt. Er erklärte aber, dass der Vorstand der Gruppe im vergangenen Jahr "unter der Führung von Präsident Børge Brende die volle Führungsverantwortung übernommen hat".

Brende ist ein norwegischer Politiker der konservativen Partei Høyre. Er war Außenminister seines Landes, bis er 2017 zum WEF wechselte.

Das Weltwirtschaftsforum hat auf eine Anfrage des US-Mediums noch nicht reagiert.

Schwab gründete 1971 die Stiftung "European Management Conference", die 1987 in Weltwirtschaftsforum (WEF) umbenannt wurde. Auf den jährlichen Treffen des WEF in Davos, auf dem ursprünglich "moderne Managementkonzepte" diskutiert werden sollten, versammeln sich die wirtschaftlichen und politischen Eliten vor allem des Westens.

Das WEF und sein Gründer gelten in der internationalen Politik als sehr einflussreich – nicht nur wegen ihrer regelmäßigen Veranstaltungen und Initiativen, sondern ebenso aufgrund der diversen Programme für Führungskräfte, an denen auch zahlreiche prominente deutsche Politiker teilnahmen.

Mitglieder des WEF sind etwa 1.000 Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens fünf Milliarden US-Dollar, unter ihnen zahlreiche Branchenführer. Unter den "strategischen Partnern" des Forums sind unter anderem BlackRock, die Gates-Stiftung, Goldman Sachs, Google, Bank of America, BP, Credit Suisse, Deutsche Bank, Deutsche Post DHL, Facebook, Johnson & Johnson, Mastercard, PayPal, SAP, Saudi Aramco und Siemens.

Mehr zum Thema"Unsere gemeinsame globale Zukunft" – Schwab über Chinas Rolle im Weltwandel

Russland will Adoptionen in Länder verbieten, in denen Geschlechtsumwandlung legal ist

21. Mai 2024 um 14:06

Ein Gesetzentwurf, der die Adoption russischer Waisenkinder durch Bürger aus Ländern verbietet, in denen Geschlechtsumwandlungen legal sind, befindet sich in der Endphase der Ausarbeitung. Dies teilte der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für Sicherheit und Korruptionsbekämpfung Wassili Piskarjow am Montag mit. Seinen Angaben zufolge wurde der Entwurf bereits von allen zuständigen Stellen ausgearbeitet und werde dem Parlament vorgelegt.

Piskarjow argumentierte, der Gesetzesentwurf sei eine Fortsetzung der Arbeit zur Bekämpfung des "negativen Einflusses des Westens auf russische Kinder". Der Politiker wies darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Länder, in denen Geschlechtsumwandlungen erlaubt seien, NATO-Mitglieder seien.

Die Initiative wurde im Juli 2023 von der Kommission für Familie, Mutterschaft und Kinderschutz vorgeschlagen. Piskarjow hält das Vorhaben für gerechtfertigt, da nicht garantiert werden könne, dass ein adoptiertes Kind nicht in einer gleichgeschlechtlichen Familie lande, wenn sich ein Elternteil für eine Geschlechtsumwandlung entscheide.

Laut dem Portal Equaldex sind Geschlechtsumwandlungen derzeit in 67 Ländern der Welt legal. In 35 dieser Länder ist jedoch ein chirurgischer Eingriff erforderlich, um den Geschlechtseintrag im Pass zu ändern. Dies ist beispielsweise im russlandfreundlichen China, in Iran, in Tadschikistan, in der Türkei, in Vietnam und in Syrien der Fall. Weitere 16 Länder verlangen für den Eingriff eine medizinische Diagnose. Dazu gehören unter anderem Weißrussland, Usbekistan und Serbien.

Im Juli 2023 hatte Präsident Wladimir Putin ein Gesetz unterzeichnet, das Geschlechtsumwandlungen in Russland verbietet. Seit 2014 dürfen ausländische homosexuelle Paare und Personen aus Ländern, in denen die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt ist, keine russischen Waisenkinder adoptieren. US-Bürger dürfen seit 2012 keine Kinder aus Russland adoptieren.

Im August 2022 wurde ein Gesetzentwurf in die Staatsduma eingebracht, der die Adoption durch Familien aus "unfreundlichen" Ländern verbieten sollte. In der Begründung hieß es, die Abgabe von Kindern an solche Staaten sei "ein Schlag für die Zukunft der Nation", da der "kollektive Westen" traditionelle Werte zerstöre. Die Initiative wurde jedoch abgelehnt.

Nach den jüngsten Statistiken, die im März 2023 von der russischen Beauftragten für Kinderrechte Marija Lwowa-Belowa veröffentlicht wurden, ist die Zahl der aus Russland ins Ausland adoptierten Kinder im Jahr 2022 auf einige Dutzend gesunken. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 hatten Ausländer rund 2.600 russische Waisenkinder adoptiert.

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US-Kongress droht Internationalem Strafgerichtshof mit Sanktionen

21. Mai 2024 um 13:48

Die Fraktion der Republikaner im US-Repräsentantenhaus arbeitet Berichten zufolge an Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH ), nachdem dessen Chefankläger Karim Khan einen Haftbefehl unter anderem gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den Hamas-Führer Yahya Sinwar beantragt hat.

Mike Johnson, ein Abgeordneter der Republikaner im US-Bundesstaat Louisiana und Sprecher des Repräsentantenhauses, bezeichnete das Vorgehen des IStGH als "schändlich" und "gesetzlos". In einer Rede am 20. Mai warnte er vor einer angeblichen Gefahr für US-Politiker und -Militärs, die seiner Ansicht nach von dem Gerichtshof ausgehe:

"Sollte Bidens Administration nicht widersprechen, könnte der IStGH eine beispiellose Macht schaffen und erlangen, um Strafbefehle gegen amerikanische Spitzenpolitiker, amerikanische Diplomaten und amerikanisches Militärpersonal auszustellen."

Das Weiße Haus solle "jedes verfügbare Mittel nutzen, um eine solche Scheußlichkeit zu verhindern", so Johnson weiter. Der Sprecher warnte:

"Der Kongress erwägt alle Optionen, darunter Sanktionen, um den IStGH zu bestrafen und sicherzustellen, dass seine Leitung die Konsequenzen erlebt, falls sie weitermachen sollten."

Michael McCaul, ein Abgeordneter der Republikaner im US-Bundesstaat Texas und Vorsitzender des Ausschusses für Äußeres im US-Repräsentantenhaus, erklärte gegenüber dem Nachrichtenportal Axios, dass sich ein Gesetzentwurf über die Sanktionierung des IStGH bereits in Arbeit befinde. Das Dokument basiere auf einem bereits im Februar 2023 vorgebrachten Vorschlag des republikanischen Senators Tom Cotton.

Im vergangenen Monat hatte Cotton in einem Brief an Khan mit Sanktionen gedroht und gewarnt, dass die USA "alle notwendigen und angebrachten" gesetzlichen Mittel nutzen würden, um eigene Bürger und Verbündete vor einer Verfolgung durch den IStGH zu schützen.

Mehrere Demokraten schlossen sich der Kritik am Gerichtshof an. Zwei demokratische Abgeordnete, Mark Pocan aus Wisconsin und Ilhan Omar aus Minnesota, begrüßten dagegen den Beschluss des IStGH. Omar forderte, dem Gerichtshof zu ermöglichen, "seine Arbeit unabhängig und ohne Einmischung zu leisten" und bezeichnete Khans Anschuldigungen gegen Netanjahu als beträchtlich.

Israels Regierungschef Netanjahu hatte sich laut Angaben von Axios bereits an den US-Präsidenten Joe Biden mit der Bitte gewandt, einzugreifen, um den IStGH von einer Bewilligung von Khans Antrag abzubringen. Biden bezeichnete Khans Vorgehen als empörend und behauptete, dass dieser Israel und die Hamas gleichsetze. US-Außenminister Antony Blinken behauptete, dass der IStGH für die Angelegenheit nicht zuständig sei und stellte die "Legitimität und die Glaubwürdigkeit der Untersuchung" in Frage.

Die USA haben das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, auf dessen Grundlage die Organisation arbeitet, nicht ratifiziert. Israel zog seine Ratifizierung des Statuts im Jahr 2002 zurück.

Am 20. Mai hat der Chefankläger des IStGH Haftbefehl gegen Netanjahu und den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant beantragt. Auf seiner Webseite teilte Khan mit, dass es ausreichend Hinweise für die Annahme gebe, dass Netanjahu und Gallant für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf dem Gebiet Palästinas, insbesondere im Gaza-Streifen, verantwortlich sind. Den beiden wird unter anderem der Einsatz von Hunger als Waffe, vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten, das absichtliche Erzeugen von Mangel und grausame Behandlung von Menschen vorgeworfen. Ebenfalls zur Haft ausgeschrieben wurden der Hamas-Chef Yahya Sinwar und zwei weitere führende Mitglieder der Bewegung.

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Bericht: Brüssel will offizielle Verhandlungen über Ukraine-Beitritt im Juni aufnehmen

21. Mai 2024 um 13:04

Die Europäische Union dräng darauf, bereits im kommenden Monat formelle Verhandlungen über den Ukraine-Beitritt aufzunehmen, schreibt die Zeitschrift Politico unter Bezugnahme auf eine mit der Angelegenheit vertraute Person am Dienstag. Diplomaten der EU und Kiews arbeiteten intensiv daran, Ungarns Regierung davon zu überzeugen, die Aufnahme von Gesprächen zu billigen. Fünf Diplomaten, die anonym bleiben wollten, hätten erklärt, das Ziel sei es, die formellen Verhandlungen bereits am 25. Juni zu beginnen.

Auf dem EU-Gipfel im Dezember beschlossen die EU-Staaten, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen. Das formale rechtliche Verfahren zum Start der Gespräche wurde jedoch wegen des Widerstands der ungarischen Regierung aufgeschoben. Den Diplomaten zufolge führten Brüssel und Kiew intensive Verhandlungen mit Budapest, um seine Besorgnis über die ungarischen Minderheiten in der Ukraine anzusprechen.

Im Jahr 2017 ist in der Ukraine ein Bildungsgesetz in Kraft getreten, das den Unterricht in den Sprachen der nationalen Minderheiten erheblich einschränkt. Laut Ungarns Außenminister Péter Szijjártó leben 150.000 ethnische Ungarn in der Ukraine. Seit September 2023 seien 99 Schulen der ungarischen Minderheit in ukrainische Schulen mit eingeschränktem Unterricht in ungarischer Sprache umgewandelt worden.

Nach den Gesprächen im April zwischen Andrei Jermak, dem Leiter des ukrainischen Präsidialamts, und Szijjártó sollen beide Seiten eine "positive Dynamik" festgestellt haben. Einem Diplomaten zufolge hätte Kiew auf eine von Budapest vorgelegte Liste geantwortet und warte nun auf eine Rückmeldung Ungarns.

Nachdem alle Staats- und Regierungschefs der EU die Entscheidung zum Ukraine-Beitritt unterstützt haben, wird der nächste Schritt die Aufnahme formeller Verhandlungen im Rahmen einer Regierungskonferenz mit der Ukraine sein. Dies würde den Beginn der Beitrittsverhandlungen bedeuten, so Politico.

Davor müssen sich die EU-Staaten aber auf einen sogenannten Verhandlungsrahmen einigen. Dieser legt die Leitlinien und Prinzipien für die Gespräche mit einem Beitrittskandidaten fest. Die 27 Mitglieder haben über dieses Dokument seit März verhandelt, als die Europäische Kommission einen Entwurf erstellt hatte. Bislang seien die Verhandlungen auf technischer Ebene gut verlaufen, so zwei der Diplomaten. Man erwarte, dass den EU-Botschaftern in den kommenden Wochen ein neuer Entwurf übermittelt werde, damit sie die heikelsten Fragen klären könnten.

Kiew und die Befürworter eines EU-Beitritts der Ukraine fordern, dass die Regierungskonferenz zwischen Brüssel und Kiew noch vor der Übernahme der rotierenden EU-Ratspräsidentschaft durch Ungarn am 1. Juli stattfinden soll. In den vergangenen zwei Jahren stellte die ungarische Regierung das größte Hindernis für den Beitrittsprozess dar. Dort hatte man mehrfach damit gedroht, Entscheidungen über EU-Finanzmittel für Kiew sowie über Beitrittsverhandlungen und Sanktionen gegen Russland zu blockieren. Bevor Budapest dem Verhandlungsrahmen zustimmt, verlangt es mehr Garantien für die Verbesserung des rechtlichen Schutzes der ungarischen Minderheit in der Ukraine.

Belgien, das den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft innehat, hat nun den 25. Juni für die Regierungskonferenz festgelegt, nur wenige Tage bevor Budapest den Vorsitz übernimmt. Aber "wie immer ist es unmöglich vorherzusagen, was Ungarn tun wird, bis wir es von Orbán selbst hören", sagte einer der Diplomaten. Ein Sprecher der Ständigen Vertretung Ungarns bei der EU erklärte, sein Land konzentriere sich auf den Verhandlungsrahmen. "Der erste Schritt ist, in dieser Frage einen Konsens zu finden. Es ist verfrüht, vorher über ein Datum der Regierungskonferenz zu sprechen."

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Turbulenzen: Maschine sackt 1,8 km ab – ein Toter und Verletze auf Flug von London nach Singapur

21. Mai 2024 um 12:38

Auf dem Flug von London nach Singapur kam es nach Angaben der Fluglinie Singapore Airlines zu einem schweren Zwischenfall, vermutlich durch Turbulenzen. Das Passagierflugzeug sackte plötzlich stark ab, ergeben auch Aufzeichnungen von Flightradar24. Die Fluglinie meldete inzwischen den Tod eines Passagiers, dreißig weitere Personen seien verletzt worden. 

Die Maschine, eine Boeing 777, wurde daher nach Thailand umgeleitet und ist bereits in Bangkok gelandet. An Board waren 211 Passagiere und 18 Crew-Mitglieder. In den sozialen Netzwerken wird inzwischen eine Aufnahme der Unglücksmaschine auf dem Flughafen Bangkok-Suvarnabhumi gezeigt. Krankenwagen stehen in unmittelbarer Nähe. Ein Team, bestehend aus medizinischen Experten, kümmert sich um Verletzte. 

Unterdessen sprach die Flugline den Angehörigen des Verstorbenen ihr Beileid aus. Man arbeite mit den lokalen thailändischen Behörden zusammen, um alle notwendige Hilfe bereitzustellen, hieß es weiter. 

Der Flug mit der Nummer SQ321 war am Montagabend vom Londoner Flughafen Heathrow in Richtung Singapur gestartet. Schwere Turbulenzen zwangen die Crew zu einer Landung in Thailand. 

Das ist ein weiteres Unglück mit einem Passagierflugzeug des US-amerikanischen Herstellers Boeing. Der Hersteller kommt auch wegen umfassender Produktionsmängel nicht aus den Schlagzeilen. Erst Anfang des Monats musste eine Boeing-Maschine des Logistikkonzern FedEx auf dem Rumpf landen, weil das Fahrwerk nicht ordnungsgemäß ausfuhr. Zuvor gab es Zwischenfälle unter anderem mit einer während des Fluges abgerissenen Tür sowie mit dem Aufreißen eines Loches in einer Bordwand. 2018 und 2019 kam es mit Boeing Maschinen der Serie 737 MAX 8 zu zwei Abstürzen, bei denen alle Insassen ums Leben kamen. 

Inzwischen erschüttert ein weiterer Skandal den Konzern. Mehrere Whistleblower, die über massive Mängel in der Produktion berichtet hatten, sind unerwartet verstorben. 

Mehr zum Thema – USA: Zweiter Boeing-Whistleblower gestorben

Neoliberaler Angriff auf Arbeitsrechte: FDP, Union und Wirtschaft fordern Ende des Achtstundentags

21. Mai 2024 um 12:20

Von Susan Bonath

Fast ein Jahrhundert blutige Streiks und Proteste lagen hinter der deutschen Arbeiterklasse, als die Weimarer Regierung im Jahr 1918 den Achtstundentag als regulären Arbeitstag zum ersten Mal in Deutschland gesetzlich verankerte. Nun aber greift die FDP dieses beim neoliberalen Establishment verhasste und längst zulasten der Lohnabhängigen mit allerlei Schlupflöchern ausgehöhlte Arbeitsrecht erneut an. Ein "fossiles Dogma" sei diese Regelung, ätzte ihr Fraktionsvize. Und die Unionsparteien wie auch Wirtschaftsverbände sehen das ähnlich. 

Ackern bis zum Umfallen mit der FDP

Die Bundesregierung solle "die Tageshöchstarbeitszeiten abschaffen" und stattdessen "eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festschreiben", forderte Lukas Köhler als einer der Stellvertretenden FDP-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag in einem am Sonnabend veröffentlichen Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). 

Abgesehen von einigen Ausnahmeregeln dürfen Lohnabhängige derzeit maximal 48 Stunden pro Woche zur Arbeit herangezogen werden. Man könne "darüber nachdenken", auch diese Vorschrift "zu lockern". Schließlich will er auch noch die vorgeschriebenen Ruhe- und Pausenzeiten angreifen: "Wir wollen da keine starren Vorschriften mehr machen", sagte der FDP-Mann und argumentierte: 

"Der Acht-Stunden-Tag ist ein fossiles Dogma aus einer Zeit, in der die Sorge vor Ausbeutung massiv war."

Laut Köhler hätten sich die Zeiten geändert und das Gesetz sei ein Relikt "aus einer Welt, in der es kein Homeoffice gab". Die Gefahr, dass Unternehmen solche Lockerungen ausnutzen und die Ausbeutung verschärfen könnten, sieht er nicht. Dafür bedient er sich des in Westdeutschland seit über 70 Jahren gepredigten Mythos der angeblichen "Sozialpartnerschaft" zwischen Kapital und Lohnabhängigen: Es gebe heute "so wenig Arbeitskräfte, dass sie in vielen Branchen mitbestimmen" könnten, behauptet er. 

Die Beschäftigten zehn Stunden lang durcharbeiten zu lassen, wäre danach kein Problem mehr. Bekanntlich endet die vielbeschworene Demokratie hinter den Werktoren und Bürotüren. Hier gibt der Chef den Ton an, gebunden ist er lediglich an das Gesetz. Was dieses zulässt, kann er durchsetzen. Spielen Beschäftigte nicht mit, droht ihnen der Jobverlust. Also rechtlos ackern bis zum Umfallen für die Unternehmen? 

"Flexibler schuften" mit der Union 

Der FDP-Mann leugnet – einmal wieder – nicht nur konsequent die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Kapital und Lohnabhängigen. Er verklärt seine Forderungen gar überdies als einen angeblichen Vorteil für die Beschäftigten: Es sei doch besser, betonte Köhler, flexibler arbeiten zu dürfen. Dann bekomme man viel leichter Beruf und Familie unter einen Hut. Köhler tut gerade so, als hätte dieses Problem die meisten Unternehmen jemals interessiert. 

Mit seinen Wünschen steht Köhler aber nicht mehr alleine da. Erst kürzlich hatte die Unionsfraktion aus CDU und CSU ganz Ähnliches mit fast gleichlautender Begründung im Deutschen Bundestag beantragt: Mittels einer Gesetzesnovelle will auch sie die Arbeitszeiten "flexibler" gestalten. 

"Flexibel" ist ein gern benutzter Euphemismus, um Arbeitsrechte zu schleifen. Wer sich als Lohnabhängiger verdingen muss, um leben zu können, muss heutzutage sehr "flexibel" sein. Wer wegen Kindern, Haushalt, familiärer Probleme oder der eigenen Gesundheit nicht rund um die Uhr für den "Job" bereit steht, gilt in Arbeitsagenturen und Jobcentern als "schwer vermittelbar" und in der Propaganda schnell als "faul". Unflexibel sind nach neoliberaler Doktrin nur die Versager. 

Entrechtung mit Schröders Agenda 2010 

Derlei Angriffe auf Arbeitsrechte sind nicht neu. Den größten Coup in diese Richtung konnte wohl Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für sich verbuchen. Seine im Jahr 2003 mit den Stimmen der mitregierenden "Grünen" sowie mit der "Opposition" der Unionsparteien und der FDP beschlossene und dann auch schrittweise eingeführte Agenda 2010 ermöglichte die Leiharbeit im großen Stil. Sie machte überdies Erwerbslose nach kurzer Zeit zu Sozialhilfebeziehern, denen Jobcenter beim geringsten Ungehorsam das Existenzminimum kürzen oder sogar gänzlich streichen konnten. 

Damit entmachtete die herrschende Politik ganz bewusst die ohnehin schon sehr regierungskonformen Gewerkschaften unter dem Dach des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) weiter. Und diese Politik verschärfte den unmittelbaren Druck auf die lohnabhängig Beschäftigten enorm, auch miserable Arbeitsbedingungen klaglos hinzunehmen. Wer wollte schon in der Hartz-IV-Mühle landen und seinen hart erarbeiteten, wenn auch bescheidenen Wohlstand aufgeben?

Schon damals – vor gut 20 Jahren – jubelten die Wirtschaftsverbände wie auch das neoliberale Establishment über Schröders gigantischen Sozialabbau. Der deutsche Niedriglohnsektor boomte, die Erwerbslosigkeit pendelte sich – anhaltend bis heute – auf eine Größe von rund vier Millionen "erwerbsfähige Hilfesuchende" plus knapp eine Million Arbeitslosengeld-I-Bezieher ein. Viele Gemeinden und Städte ließen fortan diverse Aufgaben wie Grünanlagenpflege oder Winterdienst von Ein-Euro-Jobbern erledigen. 

"Leider alternativlos": Kampagnen der Wirtschaftslobby 

Doch all das reichte der Wirtschaftslobby und ihren politischen Fürsprechern offensichtlich nie. Unter dem Label "flexiblere Arbeitszeiten" starteten sie in steter Regelmäßigkeit immer neue Kampagnen. So trommelten zum Beispiel die bayerischen Wirtschaftsverbände im Mai 2017 für "eine neue Regelung, die eine weniger starre Einteilung der Wochenarbeitszeit erlaubt".

Nur wenig später schloss sich dem der sogenannte "Rat der Wirtschaftsweisen" – ein Euphemismus der ganz besonderen Art – an: Der Achtstundentag gehöre entsorgt, und allgemein sollten die Arbeitszeiten stark gelockert werden, propagierte das Gremium mit dem De-facto-Status von "Markt-Heiligen".

Dies erfordere schließlich "die digitalisierte Welt", begründeten die "Wirtschaftsweisen" ihren Wunsch. Firmen könnten leider nur bestehen, wenn sie "agil" seien und jederzeit "schnell ihre Teams zusammenrufen" könnten. Wohl unfreiwillig machte der Bericht von n-tv vom November 2017 sehr deutlich, worum es wirklich geht: 

"Der Arbeitnehmerschutz in Deutschland habe sich zwar bewährt, er sei aber in Teilen nicht mehr für die digitalisierte Welt geeignet."

So lautet die Ansage der Wirtschaftslobby an die Lohnabhängigen: Tut uns leid, aber der technologische Fortschritt erfordert es nun mal, eure grundlegenden Schutzrechte wieder einzustampfen. Wenn ihr nicht stets auf Abruf bereitsteht, gehen wir alle pleite und ihr verliert eure Jobs, so lautet die ungeschminkte Drohung. 

Das erinnert stark an die Kämpfe im 19. Jahrhundert für eine Abschaffung der Kinderarbeit. Schon damals argumentierten die Kapitalisten ähnlich: Ohne Kinderarbeit gehen wir alle pleite und ihr verhungert. Auch Merkels Floskel "alternativlos" lässt grüßen. 

Langer Kampf um den Achtstundentag 

Der Kampf um den Achtstundentag geht bis in die 1830er Jahre zurück. Zuerst trat die Gewerkschaftsbewegung in Großbritannien dafür ein und forderte zudem das Verbot der Kinderarbeit. Der Widerstand schwappte bald auf andere Länder über. Große Streiks Mitte des 19. Jahrhunderts führten in Neuseeland und Australien zu begrenzten Erfolgen. 

In Deutschland schrieb die SPD die Forderung 1869 in ihr "Eisenacher Programm". Sie berief sich dabei sogar noch auf Karl Marx und Friedrich Engels. Im Reichstag jedoch plädierte sie bereits – opportunistisch wie man die SPD auch heute kennt – dann doch nur für einen Zehn-Stunden-Arbeitstag. Eine weitgehende Arbeitszeitbegrenzung auf acht Stunden täglich wurde in Deutschland erst nach dem Sturz des Kaiserreichs im Jahr 1918 Realität. 

Heute propagiert die SPD bekanntlich den "Burgfrieden" zwischen Kapital und Arbeit. Sozialpartnerschaft heißt ihre Floskel, angelehnt an das in den 1950er Jahren konzipierte Versprechen von "sozialer Marktwirtschaft". Dieses entpuppt sich gerade als Trugschluss: Wo Rechte nicht erkämpft werden, gehen sie verloren.

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Moskau: USA wollen Weltraum in Arena für militärische Auseinandersetzung verwandeln

21. Mai 2024 um 11:53

Am Montag hat der UN-Sicherheitsrat den von Russland vorgestellten Resolutionsentwurf zur Verhinderung eines Wettrüstens im kosmischen Raum abgelehnt. Medienberichten zufolge erhielt das Dokument nicht die erforderlichen neun von 15 Stimmen.

Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, gab hierzu eine Stellungnahe ab, die auf der Webseite der Behörde am Dienstag veröffentlicht wurde.

Die Ergebnisse der Abstimmung über den Textentwurf, den Russland unter Mitautorschaft Chinas dem UN-Sicherheitsrat zur Prüfung vorgelegt habe, seien enttäuschend, stellte die Sprecherin fest. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten lehnten eine konstruktive und umfassende Initiative ab, trotz aller Schritte, die Moskau und Peking unternommen hätten, um auch ihre Vorschläge zu dem Thema zu berücksichtigen. Hierbei führte Sacharowa aus:

"Damit demonstrierten sie einmal mehr die wahren Prioritäten im Bereich des Weltraums, die nicht darauf abzielen, den Kosmos von Waffen jeglicher Art freizuhalten, sondern darauf, Waffen im All zu platzieren und es in eine Arena militärischer Konfrontation zu verwandeln."

Laut der Sprecherin basierte der russische Resolutionsentwurf auf den klaren und von der UN-Generalversammlung genehmigten Vorsätzen.

Eine Annahme der Resolution hätte es dem Weltsicherheitsrat ermöglicht, der Weltgemeinschaft ein starkes und eindeutiges Signal über seine feste Absicht zu senden, den Weltraum vom Wettrüsten auszuschließen. Außerdem hätte man anhand des Textes den Weg für die Entwicklung eines geeigneten internationalen rechtsverbindlichen Regelwerks ebnen können.

"Leider wurde jedoch eine weitere Gelegenheit zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum aufgrund der Schuld der USA und ihrer Verbündeten verpasst."

Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja erklärte vor der Abstimmung über die russische Initiative, dass deren Ergebnisse zeigen würden, ob der der Westen den Wunsch habe, "Hände für die beschleunigte Militarisierung des Weltraums frei zu behalten".

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Internet-Störung in Deutschland - Telekom, O2, 1&1, Postbank betroffen

21. Mai 2024 um 11:32

Tausende Nutzer von Telekom, 1&1, O2 und der Postbank haben am Dienstagmorgen Probleme gemeldet. Allein von Kunden der Telekom sollen bei dem Portal allestoerungen.de bereits über 3.200 Störungsmeldungen eingegangen sein. 

Bei 1&1, Telekom und O2 sind vor allem Festnetz- und Internetdienste betroffen. Postbank-Kunden melden Probleme sowohl beim Log-in als auch beim Online-Banking.

Aufgrund eines technischen Problems kann es aktuell zu Beeinträchtigung bei Login von #MagentaTV über alle Devices (1st Generation) kommen. An der Störungsbeseitigung wird mit Hochdruck gearbeitet. pic.twitter.com/Fdgzf8dSjz

— Telekom hilft (@Telekom_hilft) May 21, 2024

Die Telekom bestätigt auf der Plattform X, dass es derzeit technische Probleme mit Magenta TV gibt. In einem Folgetweet erklärte der frühere Monopolist, dass die Probleme nicht nur das Fernsehen betreffen:

"Zusätzlich kann auch der Log-in bei der MeinMagenta APP fehlschlagen (MMA) als auch die Prepaid-Guthaben-Aufladung. Auch kann es aktuell zu Problemen bei der Registrierung von IP-Telefonie kommen. An der Störungsbeseitigung wird mit Hochdruck gearbeitet."

Ein Sprecher des deutschen Ablegers der Telefónica, dem die Marke O2 gehört, machte die Telekom für die Störungen verantwortlich:

"Aufgrund einer Störung bei unserem technischen Vordienstleister Deutsche Telekom, dessen Infrastruktur wir teilweise für unsere Festnetzprodukte (Glasfaser, VDSL) nutzen, kann es derzeit auch bei einem Teil der o2-Festnetz-Kunden zu Einschränkungen kommen."

Das O2-Mobilfunknetz sei von den Störungen nicht betroffen.

Mehr zum Thema - Massiver Internetausfall in Russland

Im Unterschied zu Deutschland: Paris stellt sich hinter IStGH-Haftbefehle

21. Mai 2024 um 11:17

Chefankläger Karim Khan hat beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsident Netanjahu, Verteidigungsminister Galant und drei führende Hamas-Mitglieder beantragt. Die EU ist über diese Entscheidung gespalten. Frankreich unterstützt den IStGH, meldet die Nachrichtenagentur Reuters.

"Frankreich unterstützt den Internationalen Strafgerichtshof, seine Unabhängigkeit und den Kampf gegen Straflosigkeit mit aller Kraft", zitiert Reuters Frankreichs Außenminister Stéphane Séjourné.

Es sei nun Sache des Gerichts, die von Chefankläger Khan vorgelegten Beweise zu prüfen und zu entscheiden, ob Haftbefehle ausgestellt werden, fügte er hinzu. 

Damit droht eine Spaltung des westlichen Bündnisses und der EU. US-Präsident Joe Biden bezeichnete die Entscheidung des Strafverfolgers, Antrag auf Haftbefehl zu stellen, als "empörend". Er nannte den Schritt "illegal". Frankreich positioniert sich zu den USA nun diametral. 

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell teilte in einer Nachricht auf X lediglich mit, dass man die Entscheidung zur Kenntnis genommen habe.

I take note of the decision of the ICC Prosecutor to apply for warrants of arrest before Pre-Trial Chamber I of the International Criminal Court (ICC) against Yahya Sinwar, Mohammed Deif, Ismail Haniyeh, Benjamin Netanyahu and Yoav Gallant. 1/2

— Josep Borrell Fontelles (@JosepBorrellF) May 20, 2024

Die deutsche Außenministerin bleibt bei ihrer einseitigen Positionierung und der Unterstützung Israels. Auf der Seite des Auswärtigen Amtes heißt es dazu:

"Durch die gleichzeitige Beantragung der Haftbefehle gegen die Hamas-Führer auf der einen und die beiden israelischen Amtsträger auf der anderen Seite ist der unzutreffende Eindruck einer Gleichsetzung entstanden."

Die Hamas sei verantwortlich für ein "barbarisches Massaker" am 7. Oktober 2022, dagegen habe "die israelische Regierung (…) das Recht und die Pflicht, ihre Bevölkerung davor zu schützen und dagegen zu verteidigen."

Für den Fall, dass der IStGH einen Haftbefehl gegen Netanjahu ausstellt, droht vor allem der EU aufgrund der unterschiedlichen Positionen eine Zerreißprobe. Als der IStGH einen Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin ausstellte, hat sich Außenministerin Baerbock unmittelbar hinter die Entscheidung des IStGH gestellt. Justizminister Marco Buschmann hatte zugesichert, dass Deutschland Putin  ausliefern würde. 

Mehr zum Thema – Hamas beschuldigt IStGH, das Opfer dem Henker gleichzustellen

Globaler Süden hat Selenskijs "Friedensformel" einen Strich durch die Rechnung gemacht

21. Mai 2024 um 10:46

Von Jewgeni Posdnjakow

Weltweit kündigen immer mehr Länder ihre Nichtteilnahme an der Konferenz zum Ukraine-Konflikt in der Schweiz an. Von russischer Regierungsseite ist wiederholt auf die Sinnlosigkeit dieser Veranstaltung hingewiesen worden. Es ist bereits bekannt, dass das pro-ukrainische Treffen in der Schweiz von den meisten BRICS-Ländern und den führenden Mächten des Globalen Südens ignoriert werden wird. Warum aber ist Selenskijs "Friedensformel" weltweit gescheitert und was bedeutet das für den Westen?

Russland hat wiederholt auf die völlige Sinnlosigkeit des Ukraine-Gipfels in der Schweiz hingewiesen. Der russische Außenminister Sergei Lawrow sagte dies auf der 32. Versammlung des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik (CFDP). Seiner Meinung nach betreiben die Organisatoren der Veranstaltung "eklatanten Unsinn", und sie sind sich dessen bewusst.

"Es geht also nicht darum, Frieden zu erreichen, sondern nur darum, möglichst viele Länder gegen Russland aufzubringen und dann zu versuchen, auf dieser Basis weitere materielle Schritte zu unternehmen, die uns feindlich gesinnt sind", sagte er. Die zunehmenden Waffenlieferungen des Westens an die ukrainischen Streitkräfte seien ein Zeichen dafür, dass die westlichen Länder nicht zu einem ernsthaften Gespräch bereit seien, fügte Lawrow hinzu.

"Sie haben sich für eine Klärung der Beziehungen auf dem Schlachtfeld entschieden, wir sind dazu bereit, und zwar immer", versicherte der Diplomat. Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow kritisierte die Schweizer Konferenz. Es mache keinen Sinn, über die Beilegung der aktuellen Krise ohne Moskaus Beteiligung zu diskutieren, sagte er.

"Höchstwahrscheinlich wird es sich um leere Scholastik handeln, ohne Aussicht auf ein greifbares Ergebnis", betonte er. Gleichzeitig stellte der Kremlsprecher fest, dass auch die Teilnahme Chinas den Gesamtverlauf der geplanten Veranstaltung nicht retten könne. Seiner Meinung nach könnte die Position Pekings die Konferenz nur geringfügig veredeln.

Selbst Wladimir Putin sagte während seines Besuchs in China, dass es im Grunde unmöglich sei, einen Ausweg aus der derzeitigen Situation in der Ukraine zu finden. "Sie haben den Verstand verloren", erklärte er und bezog sich dabei auf die Versuche des Westens, Moskau in dieser Frage Bedingungen zu stellen. Außerdem erinnerte der Präsident daran, dass die Konfliktparteien eine Grundlage für den Beginn eines Verhandlungsprozesses hätten.

Seiner Meinung nach könnten einige Vereinbarungen, die die Ukraine und Moskau in Istanbul getroffen hätten, als ebendiese Grundlage dienen. Er wies darauf hin, dass die Auszüge aus den 2022 getroffenen Vereinbarungen, die Vertreter des Büros von Selenskij unterzeichnet hätten, äußerst beeindruckend seien. Die derzeitige, vom Westen unterstützte Initiative basiere dagegen nur auf "Wünschen", nicht aber auf der realen Situation.

Zugleich wirft die Friedenskonferenz in der Schweiz auch viele Fragen vonseiten der Staaten des Globalen Südens auf. So teilte der offizielle Vertreter des südafrikanischen Präsidenten, Vincent Magwenya, gegenüber TASS mit, dass Präsident Cyril Ramaphosa nicht plane, an der Veranstaltung, die am 15. und 16. Juni stattfinden soll, teilzunehmen. Als Grund für diese Entscheidung nannte der Vertreter des südafrikanischen Staatsoberhauptes "verfassungsrechtliche Prozesse", die im Land nach der Präsidentschaftswahl stattfinden müssten.

Auch der brasilianische Staatschef Lula da Silva teilte mit, dass er nicht an der Friedenskonferenz teilnehmen wolle. Nach Angaben der Regionalabteilung des CNN-Senders sieht der Staatschef des südamerikanischen Landes keinen Sinn in seiner persönlichen Anwesenheit bei einer Veranstaltung, an der nicht beide Konfliktparteien teilnehmen werden. Es wird betont, dass Brasilien immer auf die Bedeutung des Dialogs zwischen Russland und der Ukraine bestanden habe, aber das Land sei sich eines Erfolgs dieser konkreten Initiative nicht sicher.

Indien hat seine endgültige Entscheidung über die Konferenzteilnahme noch nicht bekannt gegeben, berichtete die TASS in einer anderen Meldung. Dennoch bekräftigte ein Vertreter des Außenministeriums des Landes die Bereitschaft Neu-Delhis, alle Bemühungen zu unterstützen, die zur Beilegung des Konflikts beitragen.

Die Ukraine-Konferenz in der Schweiz wird voraussichtlich ignoriert werden von Algerien, Venezuela, Ghana, Ägypten, Israel, Indonesien, Iran, Kamerun, Malaysia, Nigeria, Saudi-Arabien, Senegal, Syrien, Äthiopien, und gleichfalls von einigen Ländern Mittel- und Südamerikas.

Eine ganze Reihe von Experten stellt fest, dass die Schweizer Konferenz nicht auf einen Waffenstillstand abzielt, sondern auf die Durchsetzung der westlichen Hegemonie. Die Alternativlosigkeit, mit der Selenskijs Formel vorgeschlagen werde, lasse eigentlich keine Chance, im Rahmen der Veranstaltung einen wirksamen Konsens zu erreichen.

"Den Ländern des Globalen Südens und insbesondere den BRICS-Staaten fehlt auf der Schweizer Konferenz das Wichtigste: die Möglichkeit von Friedensgesprächen zwischen Russland und der Ukraine. Mit Hilfe dieser Veranstaltung wollen die westlichen Staaten Moskau jegliche internationale Unterstützung entziehen und zu seiner völligen Isolierung beitragen", sagte der deutsche Politologe Alexander Rahr.

"Die USA und die EU leugnen nach wie vor die Möglichkeit einer Einigung über die Gebietsverluste der Ukraine zur Lösung des Konflikts. Sie glauben ernsthaft, dass man die Situation noch auf dem Schlachtfeld ändern kann. Die BRICS-Staaten hingegen vertreten den gegenteiligen Standpunkt. Ihre Diplomatie hat sogar eigene Ansätze zur Überwindung der aktuellen Konfrontation entwickelt", stellt er fest.

"Die Länder des Globalen Südens sind sich inzwischen darüber im Klaren, dass sie auf der Friedenskonferenz in der Schweiz starkem Druck seitens der Westmächte ausgesetzt sein werden. Sie werden wahrscheinlich dazu überredet werden, Selenskijs Formel zu unterstützen, die de facto eine Kapitulation Russlands bedeutet. Zur großen Enttäuschung der USA und der EU werden die BRICS-Länder solchen Konditionen nicht zustimmen", unterstreicht der Experte.

"Somit ist um die Schweizer Initiative eine weitere Kontroverse entbrannt: ist unsere Welt multipolar oder unipolar?"

"Es geht um die Frage, ob die westlichen Staaten mit dem Globalen Süden gleichberechtigt kommunizieren müssen. Bislang sind Washington und Brüssel im Vertrauen auf die eigene Überlegenheit dazu nicht bereit", betont Rahr.

In der Weigerung der Spitzenpolitiker des Globalen Südens, an der Schweizer Friedenskonferenz teilzunehmen, spiegele sich ein diplomatisches Versagen Berns wider, das die Interessen des gesamten kollektiven Westens vertrete, so Wadim Truchatschow, außerordentlicher Professor der Abteilung für ausländische Regionalstudien und Außenpolitik an der Russischen Staatlichen Universität für Geisteswissenschaften.

"Die Schweiz hat aufgrund ihrer gut ausgebauten Institutionen der finanziellen Zusammenarbeit recht gute Beziehungen zu den BRICS-Ländern. Ich denke, das ist genau das, was beabsichtigt war: Der neutralste Staat in Europa mit einer traditionellen Diplomatie wird sicherlich in der Lage sein, so vielschichtige Subjekte wie Indien, China, Brasilien und Südafrika für die Partnerschaft zu gewinnen", sagt er.

"Allerdings scheiterte die Veranstaltung schon an der Gestaltung. Die Konferenz hat nichts mit der friedlichen Beilegung des Konflikts zu tun. Der Westen hat versucht, die Problematik der russischen Situation zu verdeutlichen, um zu zeigen, dass Moskau sich in völliger Isolation befindet. Sie hatten vor, absolut jeden einzuladen – sogar den Iran", unterstreicht der Experte.

"So hat die Konferenz einen klaren ideologischen Subtext bekommen. Eine Aura der 'Verbeugung' vor Washington und Brüssel hat sich um sie herum gebildet."

Mit der Weigerung, in der Schweiz anwesend zu sein, wird bestätigt, dass der Globale Süden seine eigene Souveränität nicht gegen das Wohlergehen von Selenskijs Büro eintauschen wird", ist sich Truchatschow sicher.

Die westlichen Staaten versuchen, ein Massenpublikum zu generieren, das angeblich als Beweis für die Richtigkeit der Position der USA und der EU dienen soll, erklärt der russische Senator Konstantin Dolgow. "Diese ganze Veranstaltung dient nur einem Zweck: der ganzen Welt zu zeigen, dass die Hegemonie Washingtons immer noch solide und stark ist. Aber wie wir sehen können, wollen die meisten Länder der Welt dem nicht zustimmen", betont er.

"Immer mehr internationale Akteure beginnen zu begreifen, dass sie in ein gefährliches Spiel hineingezogen werden sollen, und die Teilnahme [an der Konferenz] läuft ihren Interessen völlig zuwider. Die Veranstaltung in der Schweiz könnte sich als eine weitere Bestätigung für die Schwächung des westlichen Hegemonismus erweisen. Anstatt vergeblich zu versuchen, ihre Führungsrolle zu behalten, sollten die Vereinigten Staaten und die Europäische Union versuchen, sich an die neue Realität anzupassen", meint Dolgow.

"Die wiederholte Weigerung, an dieser Friedenskonferenz teilzunehmen, zeigt außerdem, dass die Länder des Globalen Südens Selenskijs Formel tatsächlich vereiteln. Niemand, außer den USA und der EU, nimmt diese Initiative auch nur annähernd ernst. Die Hoffnung, die Situation ohne Berücksichtigung der Interessen Russlands zu lösen, ist somit zum Scheitern verurteilt", argumentiert der Senator.

"Reale Friedensbemühungen dürfen die Entwicklung der Frontsituation nicht außer Acht lassen. Man darf die Tatsache nicht ignorieren, dass vier neue Regionen Teil der Russischen Föderation geworden sind. All dies muss umfassend berücksichtigt werden. Diejenigen Länder, die eine unabhängige Außenpolitik für sich beanspruchen, verstehen das sehr gut", fasst Dolgow zusammen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 19. Mai 2024 zuerst bei der Zeitung Wsgljad erschienen.

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Causa Schleuserbande: NRW-Innenminister Reul gibt nach Spenden auch Treffen mit Bandenchef zu

21. Mai 2024 um 10:19

Mitte Mai berichteten verschiedene Medien über die Existenz eines von einem deutschen Rechtsanwalt geleiteten Schleuserrings in Nordrhein-Westfalen. Die Bande habe professionell "hunderten reichen Chinesen" Aufenthaltstitel, Meldeadressen, Scheinfirmen, Scheingehaltsabrechnungen und auch deutsche Staatsbürgerschaften vermittelt. Kopf der kriminellen Vereinigung ist dabei der Rechtsanwalt Claus Brockhaus, ein aktives CDU-Mitglied in Nordrhein-Westfalen. Der Mann sitzt aktuell in Untersuchungshaft. Die diesbezüglichen Ermittlungen ergaben dabei mehrere Spenden an den CDU-Wahlkreis von Herbert Reul. Der Minister räumte nun "nach Überprüfung seines Termin-Kalenders" bis zu acht Treffen mit dem Anwalt ein.

Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtete am 14. Mai darüber, dass NRW-Innenminister Herbert Reul von "Spenden eines mutmaßlichen Schleuserchefs profitierte". Im Rahmen themenbezogener Anfragen bestätigte Reul der Zeitung, dass eine "27.970-Euro-Spende für seinen Landtagswahlkampf verwendet wurde". Reul erklärte schriftlich, dass der inhaftierte Anwalt im Jahr 2022 "auf mich zugekommen ist". Weiter erläuterte Reul, "er wollte sich mit mir treffen, weil er die Partei und mich im Landtagswahlkampf unterstützen wollte", so der NRW-Innenminister. Nach Eigenaussage des beschuldigten Anwalts seien von 2020 bis 2023 Spenden in Höhe von knapp 53.000 Euro an die CDU geflossen. Der WDR fasst ergänzend zusammen:

"Knapp 30.000 Euro, die direkt an den Kreisverband von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) adressiert waren, sollten explizit der Unterstützung seiner politischen Arbeit dienen: 9.990 Euro von dem Frechener Rechtsanwalt Claus Brockhaus, außerdem je 9.990 Euro von zwei Firmen, in denen Brockhaus Geschäftsführer war."

In einem Folgeartikel zitiert der Kölner Stadt-Anzeiger nun Reul mit der Erklärung, dass der Minister seine Termine überprüfen ließ, "um der Zeitung am 17. Mai über mehrere Zusammenkünfte zu berichten". Neben einem ersten Kontakt im Februar 2022, kam es laut Reul-Angaben zu weiteren Aufeinandertreffen, bei Veranstaltungen "mit Wirtschaftsvertretern und Honoratioren, bei denen es um das Thema innere Sicherheit gegangen sei". Zudem fand am "29. September 2022 ein Gespräch im Innenministerium zu parteipolitischen Themen statt".

Gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger legte der Minister Wert auf die Feststellung, dass es "damals keinen Grund gegeben habe, an der Seriosität des Rechtsanwaltes zu zweifeln". Am Freitag war das Thema und die Erklärungen des Ministers Bestandteil einer "Aktuellen Stunde" im Deutschen Bundestag. Da mittlerweile auch bekannt wurde, dass die SPD in Solingen ebenfalls knapp 20.000 Euro Parteispenden "vom Vater eines der mutmaßlichen Hauptakteure der Schleuserbande erhielt", reagierte laut Bundestagsprotokoll die Abgeordnete Peggy Schierenbeck von der SPD, auf die für den Antrag verantwortliche AfD, mit der Feststellung:

"Schierenbeck warf der AfD vor, dieses 'ohne Frage wichtige Thema' zu nutzen, um Hass und Hetze zu betreiben." 

Der für die Fraktion CDU/CSU vortragende Abgeordnete Alexander Throm präsentierte sich laut Protokoll mit folgender Betrachtung zum Schleuser-Thema der "Aktuellen Stunde":

"Er nutze die Aktuelle Stunde gern, um die 'Woche der Schmerzen und Nackenschläge' für die AfD zu verlängern. Am Montag habe das Oberlandesgericht Münster bestätigt, das die Partei ein rechtsextremer Verdachtsfall sei. Am Tag danach habe es das Urteil 'gegen ihren Oberanführer Höcke' wegen der 'Verwendung der Sprache von Nazis' gegeben."

Mittlerweile hat sich der zweite mutmaßliche Kopf der Schleuserbande laut Kölner Stadt-Anzeiger "am Dienstag der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft gestellt". Bei seiner Einreise sei der 46-jährige Kölner Anwalt am Düsseldorfer Flughafen festgenommen worden, bestätigte Behördensprecher Julius Sterzel der Zeitung. Seither sitzt der Jurist in Untersuchungshaft. Der bereits inhaftierte Jurist Brockhaus begann demnach im Jahr 2015 "seinen Geschäftspartnern aus dem Oman und China durch gefälschte Unterlagen Aufenthaltstitel zu verschaffen". 

Der in der Causa involvierte CDU-Politiker Reul soll nun unter anderem dem nordrhein-westfälischen Landtag erklären, warum die bis dato drei bekannten Überweisungen an seinen Rheinisch-Bergischen Kreis "in Tranchen von je 9.990 Euro erfolgten, sodass sie nicht der Meldepflicht unterlagen".

Reul und sein Wahlkreis gerieten in den Fokus der Ermittlungen, über den Skandal um eine Schleuserbande, der mutmaßlich mehrere SPD- und CDU-Politiker aus Nordrhein-Westfalen angehören. Die ermittelnden Behörden hatten in diesem Zusammenhang bereits Anfang Mai mehrere Politiker festgenommen, darunter den früheren langjährigen CDU-Landrat Werner Stump sowie den ehemaligen SPD-Kreisgeschäftsführer Jens Bröker. 

Der WDR berichtete Anfang Mai in diesem Zusammenhang, dass die in der Causa Reul beteiligten Juristen Brockhaus und Dähnert dabei gemeinsam "eine insgesamt 38-köpfige Bande angeführt haben, die Sonderregelungen für ausländische Fachkräfte ausgenutzt haben soll, um mindestens 147 wohlhabende Ausländer nach Deutschland zu schleusen".

Inklusive später nachgeholter Familienmitglieder "könnten dadurch laut Ermittlern 350 zumeist chinesische Staatsangehörige illegal nach Deutschland gelangt sein". Die kriminelle Organisation soll laut bisherigen Erkenntnissen "insgesamt neun Millionen Euro von den zumeist chinesische Staatsangehörigen" erhalten haben.

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Deutsche müssen Traum vom Eigenheim aufgeben

21. Mai 2024 um 09:30

Immer mehr Deutsche geben ihren Traum vom Eigenheim auf. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts Allensbach im Auftrag des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB), über die in der FAZ berichtet wird.

Demnach würden drei Viertel der Deutschen zwar immer noch gern im eigenen Haus oder in einer eigenen Wohnung zu leben, aber nur noch etwa jeder Zweite (53 Prozent) glaubt, dass sich der Kauf eines Eigenheims lohnt. Vor 13 Jahren, im Jahr 2011, lag dieser Wert noch bei 74 Prozent.

Die Hauptgründe dafür sind die gestiegenen Baukosten und die höheren Kreditzinsen. Die Baukosten in deutschen Großstädten sind in den vergangenen vier Jahren laut einer Berechnung der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE//eV) um 42 Prozent auf nun 4.318 Euro je Quadratmeter Wohnfläche gestiegen.

Die Bauwirtschaft macht dafür gestiegene Materialkosten und immer neue Vorgaben zur Sicherheit und Energieeffizienz verantwortlich. Hinzu kommen die gestiegenen Grundstückspreise. Auch die effektiven Kosten für Immobilienkredite haben sich in den vergangenen Jahren drastisch erhöht.

Das hat allerdings nicht nur für Immobilienkäufer Konsequenzen, sondern auch für Mieter. Selbst in mittelgroßen Städten hat laut Umfrage nur noch eine Minderheit von etwa 20 Prozent keine Probleme damit, bezahlbaren Wohnraum zu finden. In der Auswertung heißt es:

"Der starke Rückgang im Wohnungsbau und eine zunehmende Verknappung an bezahlbarem Wohnraum machen das Thema zu einem der drängendsten innenpolitischen und sozialen Themen des Landes."

Die Allensbach-Umfrage, für die im April mehr als 1.000 Deutsche befragt wurden, erfasst auch Probleme außerhalb des Immobiliensektors. Zwei Drittel der Befragten halten den Zustand von Straßen, Schienen und Brücken im Land für kritisch. Im Jahr 2011 waren dagegen noch 59 Prozent davon überzeugt, dass die Verkehrsinfrastruktur insgesamt in einem überwiegend guten Zustand sei.

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"Solidaritätsbesuch": Baerbock reist unangekündigt nach Kiew

21. Mai 2024 um 08:46

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ist vor dem Hintergrund der schwierigen militärischen Lage der Ukraine im Konflikt mit Russland zu einem Solidaritätsbesuch nach Kiew gereist. Die Grünen-Politikerin traf am Dienstagmorgen per Bahn zu einem aus Sicherheitsgründen nicht angekündigten Besuch in Kiew ein.

Baerbock rief zur weiteren Unterstützung der ukrainischen Regierung auf. Sonst würden – nach der Logik der Ministerin – die Russen weiter nach Westen vorrücken:

"Wir müssen jetzt alle Kräfte bündeln, damit die Ukraine bestehen kann ... und damit Putins Truppen nicht bald vor unseren eigenen Grenzen stehen."

Bei der von ihr gemeinsam mit Bundesminister der Verteidigung Boris Pistorius gestarteten "globalen Initiative für mehr Flugabwehr" sei fast eine Milliarde Euro für die zusätzliche Unterstützung der ukrainischen Luftverteidigungskräfte zusammengekommen:

"Und wir arbeiten intensiv daran, dass das noch mehr wird. ... Wir drehen jeden Stein mehrfach um und sind selbst mit einer zusätzlichen Patriot-Einheit vorangegangen."

Baerbocks Besuch in Kiew erfolgt einen Tag nach dem Ende des Mandats für Wladimir Selenskij als ukrainischer Präsident am gestrigen Montag. Aufgrund des Kriegszustandes wurden von ihm in der Ukraine in diesem Jahr keine Präsidentschaftswahlen angesetzt.

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Die Welt bewegt sich am Abgrund und befindet sich in einer Eskalationsfalle

21. Mai 2024 um 08:00

Von Wladimir Awatkow

Informationen über den Tod des Präsidenten der Islamischen Republik Iran, Ebrahim Raisi, des Außenministers Hossein Amir-Abdollahian, des Imams von Täbris, Mohammad Ali Ale-Hashem, und des Gouverneurs der iranischen Provinz Ost-Aserbaidschan, in der sich der Hubschrauberabsturz ereignete, Malek Rahmati, wurden offiziell bestätigt.

Ebrahim Raisi traf am Sonntagnachmittag mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew zusammen. Nach den offiziellen Veranstaltungen bestieg Raisi seinen amerikanischen Hubschrauber vom Typ Bell 212 und flog mit der Delegation zurück nach Iran. Etwa eine halbe Stunde später tauchten Nachrichten über die harte Landung des Hubschraubers in den Bergen auf. Am Morgen gaben die iranischen Medien offiziell den Tod der Delegation bekannt.

Die Situation sieht nach einem geplanten Ablenkungsmanöver aus. Vor allem vor dem Hintergrund des Attentats auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico, dem Putschversuch im Kongo und Gerüchten über einen Putschversuch gegen Recep Tayyip Erdoğan.

Zuvor hatten türkische Medien über ein angebliches Komplott gegen Präsident Erdoğan berichtet. In der Nacht vom 15. auf den 16. Mai hielt der türkische Staatschef eine Dringlichkeitssitzung mit den Leitern des Geheimdienstes und des Justizministeriums ab und berief am nächsten Tag den Leiter des Innenministeriums ein. Dies erinnert an den Putschversuch von 2016, nach dem die Türkei ihre Kontrolle über die Armee verstärkte und härter gegen Illoyale vorging. Interessant ist das Zusammentreffen dieser Ereignisse mit der Diskussion über eine neue Verfassung, die die Macht des Präsidenten weiter stärken könnte.

Irgendjemand in der Welt setzt eindeutig auf Eskalation und globale Konflikte. Die Spannungen im Nahen Osten und im Südkaukasus nehmen zu. Der Versuch, den türkischen Präsidenten aus dem Weg zu räumen, unterstreicht dies nur noch mehr. Die westlichen Mächte, insbesondere die USA, sind weder an einer unabhängigen und starken Türkei noch an einem stabilen Iran interessiert. Es ist offensichtlich, dass der Westen die Lage in der Region weiter zuspitzen will.

Eines der strategischen Interessen der USA besteht darin, einen regulären Transit durch den Südkaukasus zu verhindern, der ihren geopolitischen Zielen zuwiderläuft. Die Verschärfung alter Konflikte zwischen der Türkei und Iran zum Beispiel passt ebenfalls in diese Strategie.

Der Tod hochrangiger iranischer Persönlichkeiten kann als Hebel zur weiteren Destabilisierung der Region eingesetzt werden.

Eine unabhängige Politik von Ländern, die nicht unter der Kontrolle der USA stehen, entspricht nicht in den Plänen Washingtons.

Solche Aktionen können jedoch auch das Gegenteil bewirken, indem sie zur Einigung der Staaten in der Region beitragen. Die Staats- und Regierungschefs Russlands, Pakistans, der Türkei, Iraks und Indiens haben bereits ihr Beileid zum Tod des iranischen Staatschefs und der weiteren Politiker bekundet.

Wie auch andere Länder schickte Russland am Abend des 19. Mai Hilfe zum Absturzort: zwei Flugzeuge und ein Rettungsteam des Katastrophenschutzministeriums. Präsident Wladimir Putin und der iranische Botschafter in Moskau, Kazem Jalali, trafen sich im Zusammenhang mit der Katastrophe zu einem Gespräch.

Besondere Aufmerksamkeit sollte den internen Prozessen Irans gewidmet werden. Der Tod von Raisi stärkt die Position von Mojtaba Chamenei, dem Sohn von Irans oberstem Führer Ali Chamenei, und macht ihn zum wichtigsten Kandidaten für die Nachfolge seines Vaters. Raisi war Mojtabas Konkurrent, und Russland hat ihn aktiv unterstützt, wobei es die Komplexität der iranischen Politik vielleicht nicht ganz verstanden hat.

Bei dem Absturz kamen nicht nur hochrangige Politiker, sondern auch klare Befürworter der russisch-iranischen Zusammenarbeit ums Leben.

Der Tod eines Präsidenten ist für das iranische System, wie für jedes andere auch, ein schwieriges und belastendes Ereignis. Die Regierung muss umstrukturiert und Neuwahlen müssen organisiert werden, aber ohne Einfluss von außen besteht keine Gefahr eines Zusammenbruchs des Systems, da der Präsident nach dem geistlichen Führer die zweitwichtigste Person im Land darstellt.

Das größte Risiko für Iran ist die mögliche Reaktion der zum Protest bereiten Massen, die den Tod des Präsidenten als Signal zum Handeln verstehen könnten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die politischen Auswirkungen des Todes des konservativen Führers der Islamischen Republik den russisch-iranischen Beziehungen, die sich in den letzten Jahren verstärkt haben, keinen schweren Schlag versetzen.

Die Welt befindet sich in einer Eskalationsfalle. Das Wandern am Abgrund ist zur Norm geworden.

Wladimir Awatkow ist ein russischer Politikwissenschaftler, Turkologe, Leiter der Abteilung für den Mittleren und Post-Sowjetischen Osten am Institut für Nationale Forschung der Russischen Akademie der Wissenschaften.

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Russlands UN-Vertreter: Westen hat keine Superwaffe, um Wende im Ukraine-Konflikt herbeizuführen

21. Mai 2024 um 08:00

Der Westen verfügt nicht über eine Waffe, die die Lage an der Front zugunsten der Ukraine verändern könnte. Diese Meinung brachte der ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebensja, auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates am 20. Mai zum Ausdruck:

"Es ist für Militärexperten offensichtlich, dass es keine solche Superwaffe gibt, die der Westen der Ukraine übergeben kann und die die äußerst negativen Trends auf dem Schlachtfeld für die Streitkräfte der Ukraine umzukehren vermag."

In diesem Zusammenhang erinnerte der ständige Vertreter Russlands daran, wie der Westen vor kurzem auf die Übergabe von ATACMS-Langstreckenraketen aus den Vereinigten Staaten an Kiew gesetzt hatte. Nebensja wies darauf hin, dass diese derzeit zu Dutzenden von Russlands fortschrittlichem Luftabwehrsystem zerstört werden, ebenso wie die deutschen Leopard-Panzer und die US-amerikanischen Abrams. Der Diplomat weiter:

"Das gleiche Schicksal wird die berüchtigten F-16 ereilen, sobald sie an das Kiewer Regime geliefert werden."

Zuvor, am 6. Mai, hatte der russische Botschafter in den Vereinigten Staaten, Anatoli Antonow, erklärt, dass die Forderungen von US-Kongressabgeordneten nach einer Intensivierung der Lieferungen und der Entsendung von Truppen in die Ukraine nichts an der Lage im ukrainischen Konfliktgebiet ändern würden. Er merkte auch an, dass die Äußerungen von Regierungsvertretern mit dem erfolgreichen Vorrücken der russischen Truppen auf ukrainisches Territorium immer wütender und aggressiver würden. Am 24. April hatte der offizielle Vertreter des Kremls, Dmitri Peskow, ebenfalls erklärt, dass die Hilfe für Kiew die Dynamik an der Front nicht verändern werde. Ihm zufolge sei die Situation eindeutig.

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Helsinki will Grenze zu Russland teilweise wieder öffnen

21. Mai 2024 um 07:30

Die finnischen Behörden wollen die Migrationsregelungen verschärfen. Die von der Regierungskoalition vorgeschlagene Initiative würde den Grenzbeamten gestatten, Migranten und Asylbewerber, die aus Russland einzureisen versuchen, ohne Bearbeitung ihres Asylantrags abzuschieben. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll diese Woche dem Parlament vorgelegt werden.

Sollte Helsinki das Migrationsgesetz verabschieden, könnte Finnland seine Grenze zu Russland teilweise wieder öffnen, teilte Premierminister Petteri Orpo am Sonntag im Interview mit dem finnischen Rundfunk Yle Radio Suomi mit. "Ich hoffe, dass sich, wenn wir das Ausnahmegesetz hoffentlich so schnell wie möglich verabschieden, nach der Beratung und Diskussion die Möglichkeit ergeben könnte, den Grenzverkehr zu öffnen." Allerdings sei klar, dass man nicht schnell mit einer großangelegten Öffnung beginnen könnte, fügte Orpo hinzu.

Die finnischen Behörden argumentierten, dass das Gesetz notwendig sei, weil wieder mehr Migranten ankommen könnten, wenn das wärmere Wetter das Reisen erleichtert. "In Russland warten in der Nähe der finnischen Grenzen immer noch Tausende Menschen auf die Möglichkeit, die finnische Grenze zu erreichen", betonte Orpo. Soll eine Grenzstation geöffnet werden, würden diese Menschen mit Sicherheit dorthin kommen.

Finnland, das im vergangenen Jahr der NATO beigetreten war, schloss Ende November seine östliche Landesgrenze. Die finnischen Behörden fassten den Beschluss, nachdem mehr als 1.300 Asylbewerber – vor allem aus Afrika und dem Nahen Osten – innerhalb von vier Monaten die Grenze von Russland aus überquert hatten. In diesem Jahr hätten weniger als 40 Migranten die russische Grenze durch die Wildnis überquert, seit Finnland seine Landübergänge geschlossen hatte, sagte Orpo unter Berufung auf Daten des Grenzschutzes. Lediglich ein Grenzpunkt bleibt für den Güterverkehr geöffnet. Russland und Finnland haben eine mehr als 1.340 Kilometer lange Grenze.

Die neue Regelung würde den Grenzbehörden genehmigen, Asylbewerber aus Russland mit oder ohne Gewaltanwendung zurückzuschicken. Menschenrechtsaktivisten übten bereits Kritik an dem Gesetzentwurf. Die finnischen Behörden räumten ein, dass die Ausweisung von Migranten nach Russland ohne Bearbeitung ihrer Asylanträge gegen die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen verstoßen würde. Sie erklären jedoch, dass die Maßnahme nur vorübergehend sein werde.

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Krisen- und Insolvenzticker – Gesamtmetall-Präsident beklagt "beginnende Deindustrialisierung"

21. Mai 2024 um 07:14
Preview Die deutsche Wirtschaft kriselt. Unter dem Druck dramatisch steigender Energiekosten und anderer ungünstiger Rahmenbedingungen sind seit 2022 tausende Unternehmen insolvent gegangen. Wir fassen in diesem Ticker die wichtigsten Entwicklungen und Neuigkeiten zusammen.

Trotz Warnung der USA: Warum die Raiffeisenbank vorerst in Russland bleibt

21. Mai 2024 um 07:00

Von Olga Samofalowa

Eines der größten Kreditinstitute in Russland, eine Tochtergesellschaft der österreichischen Raiffeisenbank, bleibt weiterhin im Lande tätig. Die USA haben wiederholt die Bank zum Verlassen Russlands aufgefordert, und doch kommt es seit zwei Jahren nicht zu echten Restriktionen gegen die Bank. Auch die EZB ist mit dieser Geschäftstätigkeit in Russland nicht einverstanden, hat es aber ebenfalls nicht eilig, die österreichische Bank tatsächlich aus Russland zu vertreiben.

Trotz der westlichen Sanktionen und des Rückzugs vieler westlicher Unternehmen aus Russland haben es generell ausländische Banken nicht eilig, Russland zu verlassen. Nur die Société Générale schaffte es, Russland vollständig zu verlassen, indem sie ihre Tochtergesellschaft Rosbank im April 2022, unmittelbar nach Beginn der militärischen Sonderoperation in der Ukraine, verkaufte.

Zwar stellte die Citigroup im vergangenen Jahr ihre Bankdienstleistungen ein, verfügt jedoch noch immer über Aktiva in Höhe von etwa 7 Milliarden US-Dollar bei der russischen Zentralbank. Auch andere Tochtergesellschaften ausländischer Banken sind weiterhin in Russland tätig. Die italienische UniCredit zum Beispiel sagt, sie könne ihren Rückzug aus Russland nicht beschleunigen. Die Deutsche Bank entließ wohl im vergangenen Jahr Mitarbeiter in Russland, was sie aber nicht daran hinderte, 2023 größeren Gewinn zu erwirtschaften als im Jahr zuvor.

Ein eindrucksvolles Beispiel dafür, warum die Banken trotz des Drucks im Westens ihren Rückzug aus Russland hinauszögern, ist die Raiffeisenbank, die größte der ausländischen Banken. Diese Bank nahm im Jahr 1996 ihre Geschäftstätigkeit in Russland auf und war Ende 2022 nach der Sberbank die zweitgrößte Bank in Russland.

Die USA haben wiederholt die Forderungen an die Raiffeisenbank erhoben, wenn sie sich nicht aus Russland zurückzieht. Der jüngste derartige Fall wurde erst diese Woche bekannt. Die Raiffeisen Bank International erhielt vom stellvertretenden Leiter des US-Finanzministeriums Adewale Adeyemo eine schriftliche Warnung, dass ihr der Zugang zum US-Finanzsystem aufgrund ihrer Geschäfte mit Russland eingeschränkt werden könnte, teilten anonyme Quellen Reuters mit.

Das US-Finanzministerium ist auch mit den Plänen der russischen Tochtergesellschaft der Bank unzufrieden, in diesem Jahr für 1,5 Milliarden US-Dollar den russischen Anteil am österreichischen Bauunternehmen Strabag zu erwerben. Anschließend soll die russische Raiffeisenbank den Anteil in Form von Dividenden an ihre österreichische Holdinggesellschaft übertragen, vorbehaltlich der Zustimmung der russischen Staatsorgane. Auf diese Weise wird die Bank einen Teil ihrer Mittel aus Russland abziehen. Nach Ansicht der Bank werde diese Transaktion dazu beitragen, das Russland-Engagement der RBI zu reduzieren.

Es ist kein Zufall, dass die Raiffeisenbank keine Eile hat, Russland zu verlassen. Die Bank besitzt ein so schönes Stück vom Kuchen in Russland, dass es sehr schwer fällt, das einfach liegen zu lassen oder für fast umsonst zu verkaufen.

"In den letzten drei Jahren hat die österreichische Bankengruppe Raiffeisen Bank International mit ihrem russischen Geschäftsbereich mehr Gewinn erzielt als mit allen anderen Filialen weltweit", berichtete die britische Zeitung Financial Times.

In diesem Jahr werden die russischen und die belarussischen Geschäftsbereiche der Raiffeisen Gruppe zusammen weitere 1,2 Milliarden Euro Nettoertrag einbringen, was 69 Prozent des gesamten Nettogewinns der Gruppe ausmachen wird. Im Vergleich dazu würden die wirtschaftlichen Aktivitäten der anderen RBI-Filialen insgesamt nur 500 Millionen Nettogewinn bringen, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Analysten des Finanzkonzerns Citigroup.

Im Jahr 2022 betrug der RBI-Nettogewinn in Russland 2,05 Milliarden Euro, im Jahr 2023 immer noch 1,3 Milliarden Euro. Im Jahr 2022 war die Raiffeisenbank nach der Sberbank die zweitprofitabelste Bank in Russland. Auf diese Bank entfallen etwa zu einem Viertel alle Überweisungen in Euro.

Das bedeutet, diese Bank ist für das russische Bankensystem und die russische Wirtschaft systemrelevant. Das Vertrauen in die Bank darf durch nichts untergraben werden, dessen Erhalt ist vielmehr eine wichtige Aufgabe für die Stabilität des gesamten Bankensektors, und zwar gänzlich unabhängig davon, wem die Bank gehört.

Meri Walischwili, Dozentin am Lehrstuhl für Staats- und Kommunalfinanzen an der Plechanow-Universität der Russischen Wirtschaft, meint: "Die Raiffeisenbank ist in der von der russischen Zentralbank erstellten Liste der systemrelevanten russischen Banken aufgeführt. Die Bank verfügt über eine starke Marktposition, eine hohe Geschäftseffizienz und eine hohe Bewertung der Qualität ihrer Vermögenswerte. Daher ist das Management dieser Bank nicht bestrebt, die EZB-Anforderungen zu erfüllen, um nämlich den Wert der Aktiva und des Unternehmens als Ganzes für einen weiteren Verkauf zu bewahren."

Automobilfabriken etwa können schnell aufgegeben werden – die Produktionsstätten werden dennoch neue chinesische oder russische Eigentümer finden. Auch die Handelseinrichtungen für Kleidung, Möbeln und Fastfood, deren Eigentümer geflohen sind, finden problemlos neue Vermieter. Aber es ist unmöglich, die zweitprofitabelste Bank einfach ohne Konsequenzen aus dem System entfernen. Und es liegt auch im Interesse Russlands, dabei vorsichtig zu handeln und keine harten Schnitte zu wagen.

Aber warum gehen dann die USA nicht härter gegen die Raiffeisenbank, sondern beschränken sich auf nichtssagende Drohbriefe, statt zu handeln? Wahrscheinlich würde ein Schlag der USA gegen die österreichische Bank der Europäischen Union nicht gefallen, die bereits in den vergangenen Jahren ihre eigenen Banken vor dem Bankrott retten musste, um nicht in eine schwere Finanzkrise zu stürzen. Ähnliche Probleme traten ja auch in den Vereinigten Staaten selbst auf.

Angesichts der Verflechtungen zwischen den Banken und deren Geschäften untereinander ist es unmöglich, das ganze Ausmaß der Folgen im Voraus abzuschätzen, wenn eine große Bank auf dem Markt in Konkurs geht. Die US-Amerikaner befürchten vermutlich, wenn sie die Bank eigenhändig erdrosseln, könnte eine Finanzkrise in der EU ausbrechen, die sowohl an den US-Banken als auch am gesamten globalen Finanzsystem nicht spurlos vorbeigehen würde.

Das ist der Grund, weshalb die USA vorsichtig mit den Banken umgehen, die weiterhin in Russland tätig sind. Es lohnt sich für sie nicht, mit der EU zu streiten, und sie wollen sich nicht leichtfertig bloßstellen.

Auch die Forderung der EZB selbst, Raiffeisen solle den russischen Markt verlassen, steht bisher nur auf dem Papier. Im März wurde bekannt, was die EZB genau will: sie fordert keinen sofortigen Rückzug, sondern will einen Aktionsplan für die Abwicklung der Bankaktivitäten in Russland sehen. Dabei könnte es sich um den Verkauf einer russischen Tochtergesellschaft oder einfach um die Schließung russischer Niederlassungen handeln. Doch selbst in zwei Jahren rechnet die EZB nicht mit einem vollständigen Rückzug der Bank aus Russland.

Der Chef der österreichischen Raiffeisen Bank International (RBI) Johann Strobl sicherte zu, die Raiffeisenbank werde – wie von der EZB gefordert – bereits im dritten Quartal 2024, also noch in diesem Sommer damit beginnen, ihr Russlandgeschäft zu reduzieren. Die Gruppe erstelle jetzt einen Plan, was getan werden muss, und dann werde diese Entscheidung anhand der finanziellen Ergebnisse der Gruppes Konzerns beurteilt. Das Reduzieren des Geschäfts in Russland bedeutet laut dem RBI-Chef einen fast vollständigen Stopp der Kreditvergabe, obwohl die Bank wahrscheinlich weiterhin Zahlungen für alte Kredite akzeptieren wird.

Die Raiffeisenbank ist fast die einzige Bank, über die Euro-Transaktionen abgewickelt werden können, zum Beispiel Überweisungen nach Europa und generell internationale Transaktionen. Wenn sie Russland verlässt, muss man neue Finanzsysteme schaffen, für die man höchstwahrscheinlich mehr bezahlen muss. Es wird jedoch Interessenten geben, die bereit sind, beispielsweise in Kasachstan oder Kirgisistan an die Stelle der Raiffeisenbank in Russland zu treten.

Allerdings ist der Verkauf einer ausländischen Bank in Russland ohne Genehmigung durch den russischen Präsidenten nicht möglich. Dies könnte einen Kompromiss für alle Beteiligten in Aussicht stellen. Meri Walischwili bemerkte dazu: "Ursprünglich wurde die Option eines Vermögensaustausches in Betracht gezogen, nämlich die Übertragung von Vermögenswerten auf die Sberbank unter Anrechnung der in Europa eingefrorenen Vermögenswerte. Allerdings tendiert die Raiffeisen Bank International derzeit aber zu einer Entflechtung ihres Russland-Geschäfts, zu dem eine Bank sowie Versicherungen und Verwaltungsgesellschaften gehören. Auf jeden Fall hat die RBI Zeit zum Nachdenken und kann eine weitere Pause einlegen, da der Anforderungsentwurf der EZB eine Reduktion der Kreditvergabe und des Zahlungsverkehrs lediglich um 65 Prozent bis 2026 vorsieht.".

Nach eigenen Angaben arbeitet die Gruppe an einem Verkauf oder einer Abspaltung der russischen Tochterbank, aber für beide Optionen sind zahlreiche Genehmigungen verschiedener russischer und europäischer Behörden sowie der Zentralbanken dieser Länder erforderlich. Das heißt, dieser Prozess hängt keineswegs von der Bank allein ab. Die Raiffeisenbank erklärte, dass sie ihr Geschäft in Russland nicht so schnell abbauen werde, um den Wert des Vermögens dort zu bewahren, um ihn verkaufen zu können. In den vergangenen zwei Jahren gab es bereits Kaufangebote von vielen russischen und ausländischen Partnern, die nicht den Sanktionen unterliegen.

Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen in der Zeitung Wsgljad am 19. Mai 2024.

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Gestern — 20. Mai 2024Russland

Mileis Affront gegen Frau von spanischem Premierminister sorgt für diplomatische Krise

20. Mai 2024 um 22:04

Der argentinische Präsident Javier Milei ist für seine geharnischten Äußerungen bekannt. Nun rief Spanien seine Botschafterin in Argentinien, María Jesús Alonso, zurück, nachdem Milei die Ehefrau des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez, Begoña Gómez, der Korruption bezichtigt hatte. Der spanische Außenminister José Manuel Albares präzisierte, dass die Botschafterin zu Konsultationen auf unbestimmte Zeit abberufen worden sei.

Albares bezeichnete die Verbalattacken des argentinischen Staatschefs als inakzeptabel und beispiellos. Madrid verlange eine öffentliche Entschuldigung, so der Minister. Der Diplomat warnte, sollte sich Milei nicht entschuldigen, werde die spanische Regierung "alle Maßnahmen ergreifen, die sie für angemessen hält, um unsere Souveränität zu verteidigen". Albares fügte hinzu, er habe zudem den argentinischen Botschafter in Madrid persönlich einbestellt. Er unterstrich:

"Ein ausländisches Staatsoberhaupt kommt nicht in ein Land, um dessen Institutionen zu beleidigen."

Nach Angaben einiger lokaler Medien erwägt Madrid sogar den Abbruch der Beziehungen.

Am 19. Mai hatte Milei in einer Rede bei der von der rechtsextremen Partei Vox organisierten Veranstaltung "Europa Viva 24" in Madrid, erklärt, sozialistische Politik führe zu "Sklaverei oder Tod", soziale Gerechtigkeit sei "immer ungerecht". Anschließend warf der Politiker dem spanischen Premierminister und seiner Frau Korruption vor:

"Wenn er eine korrupte Frau hat, wird er auch selbst korrupt."

Einen Monat zuvor hatte ein spanisches Gericht ein Ermittlungsverfahren gegen Gómez wegen des Verdachts auf Vorteilsnahme und Korruption im Geschäft eingeleitet. Die Klage wurde von dem Syndikat "Saubere Hände" eingereicht, das einräumte, dass die Anschuldigungen auf Presseveröffentlichungen beruhten. Die Madrider Provinzstaatsanwaltschaft beantragte bereits die Einstellung der Ermittlungen. Nach Angaben der Zeitung El Confidencial geht es in dem Fall um die Beziehungen von Gómez zu mehreren Privatunternehmen, die von der Regierung Gelder und öffentliche Aufträge erhalten hatten.

Nachdem die Ermittlungen gegen seine Frau aufgenommen wurden, sagte Sánchez seine öffentlichen Veranstaltungen ab, um zu überlegen, ob er im Amt bleiben wolle. Ende April verkündete der Premierminister, er werde sein Amt nicht aufgeben. "Ich habe beschlossen, wenn möglich, mit größerem Elan an der Spitze der spanischen Regierung weiterzuarbeiten", so der Politiker.  

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Russland reagiert auf US-Nuklearwaffentest

20. Mai 2024 um 21:41

Moskau werde keine Atomwaffentests durchführen, solange Washington darauf verzichte, sagte der stellvertretende russische Außenminister Sergei Rjabkow am Montag.

Rjabkows Erklärung erfolgte nach der Ankündigung der USA in der vergangenen Woche, dass sie in der PULSE-Anlage (Principal Underground Laboratory for Subcritical Experimentation – Unterirdisches Hauptlabor für subkritische Experimente) in Nevada ein erfolgreiches subkritisches Nuklearexperiment durchgeführt hätten. Nach Angaben der Nationalen Behörde für nukleare Sicherheit (National Nuclear Security Administration) ermöglichen die Versuche die Sammlung "wesentlicher Daten" über Atomsprengköpfe "ohne den Einsatz von Kernsprengstofftests".

"Wir schauen uns genau an, was auf dem amerikanischen Atomtestgelände vor sich geht. Natürlich registrieren und überwachen wir alle öffentlichen Signale, die von der US-Regierung in diesem Bereich ausgehen", sagte der stellvertretende Außenminister.

Russland gehe davon aus, dass solche unterkritischen Experimente "als Teil der Prüfung der Leistungsfähigkeit der relevanten Komponenten und Systeme des US-Atomwaffenarsenals" durchgeführt werden, fügte der Diplomat hinzu.

Washington hatte zuvor erklärt, dass subkritische Experimente nicht durch den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) verboten seien, der Nukleartestexplosionen in jeder Umgebung verbietet. Sowohl die USA als auch Russland haben den Vertrag 1996 unterzeichnet, ihn aber nicht ratifiziert.

"Unsere Haltung bleibt unverändert: Solange die USA keine tatsächlichen Atomtests durchführen, wird Russland ebenfalls an dieser Position festhalten", erklärte Rjabkow. Er betonte allerdings auch, dass aus Washington "Signale" kämen, die auf eine mögliche Weiterentwicklung amerikanischer Atomwaffen hindeuteten, "und zwar nicht nur bei den Trägersystemen, sondern auch bei den Sprengköpfen selbst". Moskau nehme diese Informationen "ernst" und berücksichtige sie bei der Planung weiterer Maßnahmen.

Anfang dieses Monats kündigte Russland Pläne an, die Fähigkeit seines Militärs zum Einsatz taktischer Atomwaffen "in naher Zukunft" zu testen. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurden die Übungen von Präsident Wladimir Putin als Reaktion auf die anhaltende "Machtpolitik" der USA und ihrer Verbündeten gegenüber Moskau angeordnet.

In der Erklärung des Ministeriums heißt es, der Westen bekenne offen seine Unterstützung für "terroristische Akte" der Ukraine gegen Russland und trage "direkt" zu solchen Angriffen bei. Kiew werde von seinen ausländischen Unterstützern mit immer leistungsfähigeren Waffen beliefert, heißt es in der Mitteilung weiter, wobei die Lieferung von ATACMS-Raketen aus US-amerikanischer Produktion hervorgehoben wird, da diese in der Lage seien, "Ziele tief im russischen Hoheitsgebiet zu treffen."

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Grüne wollen 2026 ins russische Parlament einziehen

20. Mai 2024 um 21:25

Die Grüne Partei beabsichtigt, nach den Wahlen 2026 eine parlamentarische Partei zu werden, so der Pressedienst der Organisation.

"Wir haben die feste Absicht, im Jahr 2026 eine parlamentarische Partei zu werden. Wir beginnen den Weg zu diesem Ziel bereits heute. Wir sind zuversichtlich, dass die Zeit für die Grünen in Russland gekommen ist, einen bedeutenden Platz in der politischen Landschaft einzunehmen", zitiert der Pressedienst den Parteivorsitzenden Andrei Nagibin.

Dem Politiker zufolge haben die Grünen im Jahr 2021 die Forderung der Öffentlichkeit nach einem Wechsel an der Parteispitze und einem offeneren Parteikurs gehört und arbeiten nun weiter in diese Richtung.

Man stehe "an der Spitze der außerparlamentarischen Parteien Russlands" und nehme "aktiv an den Prozessen zur Verbesserung des politischen Systems und des gesetzlichen Rahmens" teil, lobt der Vorsitzende seine Organisation und ihre Mitglieder. Experten der Partei würden sich effektiv an der "Entwicklung und Bewertung von Gesetzesinitiativen, an der Diskussion der wichtigsten Entscheidungen im Bereich der Ökologie sowohl auf föderaler als auch auf regionaler Ebene" beteiligen, zitiert der Pressedienst die Worte Nagibins.

Bei den nächsten Wahlen wollen die Grünen eine "innovative Technologie" ausprobieren: Die Partei wird Kandidaten für parteiinterne Vorwahlen über einen Chatbot rekrutieren.

Die "Russische Ökologische Grüne Partei" wurde 1993 vom Leiter der Staatlichen Sanitätsaufsicht Beljajew und dem damaligen Minister für Umwelt und natürliche Ressourcen Danilow-Daniljan gegründet. Eine Zeit lang trug sie den Beinamen "Zeder". Nach zwischenzeitlicher Löschung aus dem Parteienregister wurde sie 2012 neu registriert. Erfolg bei Wahlen auf Bundesebene hatte sie bislang nie und blieb russlandweit unter einem Prozent der Wählerstimmen. Dann und wann konnte sie bei kommunalen Wahlen einzelne Abgeordnete in Stadt- und Bezirksräte entsenden. 

Wie in Deutschland muss auch in Russland eine Partei mindestens fünf Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen, um in die Staatsduma einzuziehen.

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Eskalation im Handelskrieg: China droht mit Ausweitung von Gegenmaßnahmen gegen EU-Beschränkungen

20. Mai 2024 um 21:11

Die EU-Kommission droht China mit Strafzöllen. China verzerre durch Subventionen den Wettbewerb, ist das Argument. Dadurch könnten E-Autos, aber auch Stahl besonders günstig angeboten werden. Das zerstöre die heimische Industrie und führe zu Deindustrialisierung in der EU, glaubt man in Brüssel. 

Die USA haben bereits Strafzölle eingeführt, im Kern aus den gleichen Gründen, die auch die EU-Kommission anführt. 

Im Gegenzug hat China bereits am vergangenen Sonntag eine Anti-Dumping-Untersuchung zu einer Chemikalie angekündigt, die im Fahrzeugbau Verwendung findet. Copolymerisiertes Paraformaldehyd aus der EU, den USA, Japan und Taiwan soll demnach mit Zöllen belegt werden. Der Schritt gilt als Warnschuss, denn die bezogene Menge dieses Produkts ist vergleichsweise klein. 

Allerdings könnten weitere Schritte folgen. So weist das Handelsblatt auf einen regierungsnahen Kanal auf einer chinesischen Social-Media-Plattform hin. Dort wird darüber spekuliert, dass die Liste sanktionierter Produkte aus der EU und dem Westen zugeordneten Ländern deutlich ausgeweitet werden könnte. Vor allem die EU steht im Fokus. Das mag seine Ursache darin haben, dass die wenig kultursensible EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Chinas Präsidenten Xi Jinping bei seinem Besuch in Frankreich offen gedroht hatte. 

"Wenn Europa so weitermacht, könnte China gezwungen sein, eine Reihe von Vergeltungsmaßnahmen zu treffen", hieß es nun in einem der Beiträge auf der Plattform. Die Rede ist von Sanktionen im Agrarsektor unter Einschluss von Molkereiprodukten und Wein, aber auch von Flugzeugteilen. Bedeutung erhält das Posting dadurch, dass die chinesische Handelskammer in der EU auf den Beitrag verwiesen hat. 

China umgeht die Strafzölle auf E-Fahrzeuge durch eine Verlagerung der Produktion. So plant der chinesische E-Auto-Produzent BYD seine Fahrzeuge für den US-Markt in Mexiko herzustellen. Bis Ende des Jahres soll dort eine Produktionskapazität von 140.000 Fahrzeugen pro Jahr entstehen, teilte die US-Vertreterin von BYD in der vergangenen Woche mit. Für den europäischen Markt ist ein Werk in Ungarn geplant. Die Eröffnung wird für 2026 erwartet.

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Hamas beschuldigt IStGH, das Opfer dem Henker gleichzustellen

20. Mai 2024 um 20:52

Die palästinensische Bewegung Hamas hat den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) aufgerufen, Haftbefehle nicht nur gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joaw Galant, sondern auch gegen alle Mitglieder der israelischen Führung und die Soldaten der Verteidigungsstreitkräfte zu erlassen. In einer Erklärung betonte die islamistische Organisation, dass der IStGH sich mit seiner Entscheidung in Bezug auf Netanjahu und Galant um sieben Monate verspätet habe, während "die israelische Besatzung" tausende Verbrechen gegen palästinensische Zivilisten, darunter Kinder, Frauen, Ärzte und Journalisten, begangen sowie privates und öffentliches Eigentum, Moscheen, Kirchen und Krankenhäuser zerstört habe.

Der Gerichtshof hätte gemäß den entsprechenden Artikeln des Römischen Statuts die Haft für diejenigen Beamten, Befehlshaber oder Personen beantragen sollen, die diese Verbrechen befohlen, angestiftet, begangen, unterstützt und gefördert oder keine Maßnahmen zu ihrer Verhinderung ergriffen hätten.

Weiter äußerte die Hamas, sie verurteile die Versuche des IStGH, "das Opfer mit dem Henker" gleichzusetzen. Die Ausschreibung einer Reihe "von palästinensischen Widerstandsführern" zur Fahndung sei ein Verstoß gegen die internationalen Übereinkommen und Resolutionen, die allen Völkern der Welt das Recht auf Widerstand gegen Besatzung in jeder Form, einschließlich des bewaffneten Kampfes, einräumten. Abschließend forderte die Hamas von dem Gerichtshof, die Haftbefehle gegen die drei Anführer der Organisation aufzuheben.

Die Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant beantragte der Chefankläger des IStGH, Karim Khan. Außer den zwei Israelis sollen auch drei Hamas-Anführer zur Verhaftung ausgeschrieben werden, und zwar Yahya Sinwar, der Chef der Islamischen Widerstandsbewegung Hamas, sowie Mohammed Diab Ibrahim Masri und Ismail Haniyya.

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Medwedew: Selenskij ist legitimes Ziel für Russland

20. Mai 2024 um 20:43

Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew hat Wladimir Selenskij als ein "legitimes Ziel" für Russland bezeichnet. Medwedew zufolge ändere der Verlust der Legitimität von Selenskijs Präsidentschaft nichts. Der russische Politiker argumentierte wie folgt:

"Er steht an der Spitze eines politischen Regimes, das Russland feindlich gesinnt ist und sich mit uns im Krieg befindet. Und die Anführer von Ländern, die Krieg führen, werden immer als legitimes militärisches Ziel betrachtet."

Laut Medwedew sei Selenskij für Moskau zudem ein Kriegsverbrecher. Seiner Meinung nach sollte der ukrainische Präsident "gefasst und vor Gericht gestellt werden", und wenn dies nicht möglich sei, "sollten die für Terroristen geltenden Regeln angewandt werden".

Doch selbst wenn Russland Selenskij für einen illegitimen Präsidenten halte, hindere dies nicht daran, Gespräche mit ihm zu führen und einen "Akt der Kapitulation" zu unterzeichnen, so Medwedew. Dabei zog er Parallelen zu Alfred Jodl und Wilhelm Keitel, die für Nazi-Deutschland einen solchen Akt unterschrieben hatten.

Wladimir Putin merkte bereits an, dass die Frage der Legitimität für Moskau "natürlich eine Rolle spielt", weil "wir in einem so wichtigen Bereich Dokumente mit legitimen Behörden unterzeichnen müssen". Die Frage nach der Legitimität des amtierenden Präsidenten sollte von den politischen und rechtlichen Systemen der Ukraine selbst beantwortet werden, ist Putin sicher. Der Kreml wies auch Äußerungen westlicher Journalisten und Kiews zurück, wonach Moskau die Absicht hege, Selenskij zu töten.

Nach der ukrainischen Verfassung sollten die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine im März 2024 stattfinden. Allerdings wird davon ausgegangen, dass es rechtlich unmöglich ist, die Wahlen unter dem Kriegszustand abzuhalten, der im Februar 2022 über das Land verhängt und wiederholt verlängert wurde.

Ruslan Bortnik, der Direktor des Ukrainischen Instituts für Politik, erläuterte, dass der Artikel 19 des ukrainischen Gesetzes "Über die rechtliche Regelung des Kriegsrechts" die Durchführung von Präsidentschafts-, Werchowna-Rada- und Kommunalwahlen während eines solchen Zeitraums ausdrücklich untersage. Nach der Verfassung sollten die Funktionen des Staatsoberhauptes nach Ablauf der fünfjährigen Amtszeit und bis zur Wahl eines neuen Präsidenten vom Parlamentssprecher wahrgenommen werden.

Zugleich wies der Sprecher der Werchowna Rada, Ruslan Stefantschuk, am 25. Februar 2024 darauf hin, dass "die Befugnisse des amtierenden Präsidenten mit dem Amtsantritt des neu gewählten Staatsoberhauptes erlöschen", sodass Selenskij "seine Aufgaben weiterhin wahrnehmen wird".

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Estnische Premierministerin: Tod von NATO-Ausbildern in Ukraine führt nicht zu Krieg mit Russland

20. Mai 2024 um 20:25

Die NATO-Mitgliedsstaaten sollten nicht befürchten, dass die Entsendung von Militärausbildern und deren Tod zu einem Konflikt zwischen der Allianz und Russland führen könnte, sagte die estnische Premierministerin Kaja Kallas der Financial Times. Sie wies darauf hin, dass "es Länder gibt, die bereits Soldaten vor Ort ausbilden" und dies "auf eigenes Risiko" tun.

Sie behauptete, ein Angriff auf Ausbildungspersonal würde den Artikel fünf des NATO-Vertrags über kollektive Verteidigung nicht auslösen. Kallas sagte:

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass, wenn jemand da draußen verletzt wird, diejenigen, die ihre Leute geschickt haben, sagen werden: 'Das ist Artikel fünf. Lasst uns Russland bombardieren.' So funktioniert das nicht. Es ist kein Automatismus. Diese Bedenken sind also unbegründet."

Sie betonte, dass die Behörden durch die Entsendung von Hilfskräften in die Ukraine sich dessen bewusst sind, dass die Feindseligkeiten in dem Land andauern und die entsandten Militärangehörigen einem Risiko ausgesetzt sind.

Was die Entsendung von Truppen in die Ukraine angeht, so stellte Kallas klar, dass ein solcher Schritt in Estland der Zustimmung des Parlaments bedürfe. Sie fügte hinzu:

"Dies ist eine offene, öffentliche Diskussion, aber ich denke, wir sollten im Moment nichts ausschließen."

Die Diskussionen über die Entsendung von NATO-Truppen in die Ukraine intensivierten sich, nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron Ende Februar ein solches Szenario nicht mehr ausgeschlossen hatte. Die Mehrheit der Mitgliedsstaaten des Bündnisses und seine Führung behaupteten, es gebe keine derartigen Pläne. Zugleich schlossen auch einige weitere Länder, insbesondere Finnland, Polen und die baltischen Staaten, ein solches Szenario langfristig nicht aus.

Vor diesem Hintergrund berichteten die Massenmedien, dass westliche Militärs bereits als Ausbilder in der Ukraine tätig seien, und auch die russischen Behörden sprachen davon.

Macron nannte zwei Bedingungen für die Entsendung von NATO-Truppen in die Ukraine: einen verteidigungspolitischen Durchbruch und die Bitte Kiews. Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij schloss im März die Notwendigkeit der Präsenz ausländischer Truppen in der Ukraine aus. Anfang Mai räumte der ukrainische Ministerpräsident Denis Schmygal jedoch ein, dass die Zeit für den Einsatz westlicher Streitkräfte gekommen sein könnte.

Experten sind der Ansicht, dass die NATO-Truppen einige Aufgaben in der Ukraine übernehmen könnten, etwa die Bewachung der Grenzen zu Weißrussland und der Schwarzmeerküste sowie die Logistik oder die Führung der Luftverteidigung, um das ukrainische Militär für die Teilnahme an den Kämpfen zu entlasten.

Die New York Times schrieb am 16. Mai, die NATO stehe kurz vor der Entscheidung, Militärpersonal in die Ukraine zu entsenden, um ukrainische Soldaten früher auszubilden (derzeit werden sie im Ausland ausgebildet), da die russischen Truppen vorrücken. In den vergangenen zehn Tagen haben sie mehr als ein Dutzend Siedlungen im Gebiet Charkow unter ihre Kontrolle gebracht. Moskau führt dies auf die Schaffung einer "Sanitätszone" aufgrund des Beschusses von russischem Territorium, insbesondere Belgorod, zurück.

Der Kreml erklärte, dass die Präsenz von NATO-Militär in der Ukraine unweigerlich zu einem Konflikt mit Russland führen würde. Anfang Mai sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow, dass das Eingreifen der Allianz in den Konflikt eine "große Gefahr" darstelle.

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Iranische Medien: Technische Mängel Ursache für Absturz von Raisi

20. Mai 2024 um 20:09

Die Ursache für den Absturz eines Hubschraubers des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi war eine technische Störung, berichtet die Nachrichtenagentur IRNA am Montagabend.

"Raisi hat am Sonntag (19. Mai 2024) bei einem Hubschrauberabsturz, der durch eine technische Störung des Hubschraubers verursacht wurde, den Märtyrertod auf sich genommen", heißt es in der Meldung.

Der Hubschrauber mit dem iranischen Staatspräsidenten Ebrahim Raisi, dem Außenminister Hossein Amir.Abdollahian und weiteren Beamten an Bord stürzte am 19. Mai im Nordwesten des Landes in der Region Verzegan ab. Am Morgen des 20. Mai bestätigte der Vizepräsident der Islamischen Republik, Mohsen Mansouri, Berichte über den Tod des Staatsoberhaupts und seiner Delegation.

Die Politiker waren auf dem Rückweg von einem Besuch in Aserbaidschan, wo Raisi und sein Amtskollege Ilham Alijew an der Einweihung des Wasserkraftprojekts Giz Galasi und der Inbetriebnahme des Wasserkraftprojekts chudaferin am Grenzfluss Aras teilnahmen.

Am 21. Mai findet in Täbris eine Abschiedszeremonie statt, nach der der Leichnam des Präsidenten nach Mashhad, seiner Heimatstadt, überführt wird. Der erste iranische Vizepräsident Mohammad Mochber wird seine Aufgaben für 50 Tage bis zu Neuwahlen übernehmen.

Mehr zum Thema - Und wenn es kein Unfall war? Was der Tod von Raisi bedeuten könnte

Leugnung des Genozids und Realitätsverweigerung: Propagandashow bei Maybrit Illner

20. Mai 2024 um 19:45

Von Tom J. Wellbrock

Stellvertretend für das allgemeine gesellschaftliche Klima in Deutschland sei die Talkshow von Maybrit Illner vom 16. Mai 2024 genannt. Sie trug den Titel "Protest gegen Israel – was unterscheidet Kritik von Hass?" und brachte es fertig, über die gesamte Dauer nicht ein einziges Mal konkret Israels Massenmord zu nennen. Allgemeinplätze wie "Natürlich darf man Israels Politik kritisieren" oder "Israels Kritiker sind der Meinung", es seien im Gazastreifen zu viele Zivilisten ums Leben gekommen, waren das höchste der Gefühle.

Der Rest war menschenverachtende Propaganda. Immer wieder kam die Sprache auf den 7. Oktober 2023, mit dem alles, was Israel seitdem angerichtet hat, gerechtfertigt wurde. Eine der Krönungen der Sendung war die völlig verblüffte Maybrit Illner, die es als "absurd" und "verrückt" bezeichnete, dass der Internationale Gerichtshof ein Verfahren gegen Israel wegen Völkermord und gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord eröffnet hatte. Dazu Illner gegenüber Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen:

"Das mag vielen Menschen hier im Land absurd erscheinen, aber es gibt eine wachsende Zahl von Regierungen von Ländern, die das genauso denken."

Schon in diesem Satz und der leicht grinsenden und etwas debil anmutenden Art des Vortragens Illners wird deutlich, welch grenzenlose Arroganz im Medienkopf der Moderatorin Platz hat. Zu der gesellt sich durch die Antwort Reuls schlichter Größenwahn, gepaart mit einer schon als infantil zu bezeichnenden Dummheit:

"Das mag sein, aber ich denke ja nicht, wie andere Länder, sondern ich denke so, wie ich denken will."

Illner wies noch kurz darauf hin, dass es sich hier immerhin um den Internationalen Gerichtshof handele (zwei weitere Gäste betonten aus dem Hintergrund, dass Deutschland aber ja freigesprochen wurde), doch Reul zeigte sich unbeeindruckt:

"Für mich ist das nicht akzeptabel, und ich versteh' es nicht, das Ergebnis ist ok. Aber das andere kann ich nicht verstehen."

Reul versteht ganz offensichtlich auch nicht, dass es für das Verfahren völlig unerheblich ist, was er akzeptabel findet oder auch nicht, man versteht als Zuhörer aber dafür sehr wohl die Grundhaltung des Politikers, der über sich und seiner Meinung offenbar keine Instanz sieht, der er sich beugen müsste.

Sein nächster Satz hat zwar nichts mehr mit dem Internationalen Gerichtshof zu tun, er sei aber dennoch hier genannt, weil er zum Geist passt, von dem Reul beseelt ist. Plötzlich fing er von "den jungen Leuten in Deutschland" an und kam zu einem geradezu verstörenden Urteil. Über sie sagte Reul, es gebe eine "emotionale, dogmatische, ideologische Haltung, so eine 'Von-oben-herab-Haltung', das sind die Bösen, das sind die Schlimmen und das sind die Guten. Ich halt' das für dramatisch, und die Intoleranz ist gefährlich."

Der Mann ist ein Künstler! Er beschreibt exakt die Haltung, mit der er und die politisch Mächtigen das Land überziehen und bringt es fertig, aus denen, die darunter leiden müssen, die zu machen, die diese Entwicklung zu verantworten haben. Mehr Täter-Opfer-Umkehr geht nicht. Doch genau dieses Prinzip findet breitflächig Anwendung, und es ist die unerträgliche Wiederholung dieser Lüge, die sie im orwellschen Sinne wahr werden lässt.

Kritik oder Hass?

Man muss sich nur kurz in der deutschen Medienlandschaft umhören und den politisch Verantwortlichen lauschen, um zum Schluss zu kommen, dass aus deutscher Perspektive 40.000 tote Zivilisten im Gazastreifen notwendige Begleiterscheinungen im Kampf gegen den "Terror der Hamas" darstellen. Ahmad Mansour, israelisch-deutscher Psychologe und Autor arabisch-palästinensischer Herkunft, brachte die Rechtfertigung des israelischen Massenmordes auf zynische Weise auf den Punkt, als er bei Illner sagte:

"Was die Europäer und der Westen nicht sagen, ist, wie Israel diesen Krieg überhaupt gewinnen kann, wie Israel die Geiseln befreien kann, und ich mach' mir große Sorgen, wenn Hamas dann als Sieger aus diesem Krieg rauskommt. Was das für Europa und auch für Israels Zukunft hat. Und ich glaube, dass wir auch vergessen, das ist keine konventionelle Kriegsführung, Israel kämpft gegen eine Terrororganisation, die unter der Erde ist, die die eigene Bevölkerung terrorisiert. Und deshalb glaube ich, dass diese Frage nicht so einfach zu beantworten ist, das ist eine sehr komplexe Sache."

Mansour meinte die Kritik an Israel und deren Plänen, die Angriffe auf Rafah auszuweiten. Zuvor hatte handzahm und israelhörig Omid Nouripour, Parteivorsitzender der Grünen, angedeutet, dass es vielleicht ein "Fehler" sein könnte, die Menschen in Rafah anzugreifen, weil die ja irgendwie nicht so genau wissen, wohin sie denn noch gehen sollen. Nach Mansours Erwiderung war Nouripour dann aber wieder voll und ganz auf Linie. Und die Zuschauer haben gelernt, dass man Zivilisten töten darf, wenn es innerhalb eines nicht konventionellen Krieges gegen den Terror passiert.

Ein kurzer Blick zurück

Im Juni 2015 strahlte der WDR einen Beitrag aus, der dem Auftrag eines öffentlich-rechtlichen Senders noch gerecht wurde. Er trug den Titel "Kosovokrieg: Die Lügen der NATO (1999)", und der Name war Programm. Der WDR machte auf die Verwendung von Streumunition durch die NATO aufmerksam und entlarvte die Dementis der NATO als Lüge.

Der WDR machte auch den Einsatz von Splitterbomben im Irak-Krieg bekannt und zitierte einen US-General mit den Worten:

"Man muss das Kriegsgebiet von nicht explodierten Bomben räumen, wenn man es wieder betreten will. Was diese Splitterbomben wirklich anrichten: Sie bringen die ganze Volkswirtschaft zum Erliegen. Sie können im ganzen Land keine Infrastruktur mehr aufbauen. Es wird eine enorme Herausforderung sein, das Kosovo wieder aufzubauen."

Und der WDR kommentierte:

"Wer Splitterbomben einsetzt, weiß also ganz genau, was er macht und rechnet ganz bewusst damit, dass Unbeteiligte sterben."

Und die Gegenwart

Die damalige Berichterstattung konnte die Gräueltaten auch damals nicht verhindern. Doch sie ließ den Blick auf die Grausamkeiten zu und trug so vermutlich dazu bei, dass es nicht noch schlimmer kam, als es ohnehin schon war. Und selbst wenn dies spekulativ ist, lässt sich doch festhalten, dass eine kritische mediale Begleitung solcher Ereignisse unverzichtbar ist, um ein Bewusstsein für die unfassbaren Kriegsverbrechen zu schaffen, die geschehen.

Davon sind wir heute weit entfernt. Man hat sich für Israel den Begriff "Selbstverteidigung" zurechtgelegt, der missbraucht wird, um staatlichen Terror zu rechtfertigen. Man sinniert in Talkshows darüber, ob das Morden Israels ein Genozid ist oder nicht und beginnt die Diskussion damit an der falschen Stelle.

Ausgangspunkt aller politischen und medialen Diskussionen müsste der Tod der Zivilisten sein, man kann es Massenmord nennen, um nicht in unsinnige theoretische Völkerrechtsdebatten einzusteigen. Auch der unsägliche Vorwurf des Antisemitismus dient lediglich dazu, Israels Massenmord zu verschleiern und "Baustellen" aufzumachen, die das Morden ausblenden.

Es ist wirklich bezeichnend, dass die Toten vom Gazastreifen in der gesamten Talkshow von Maybrit Illner nicht oder kaum angesprochen wurden. Damit kamen auch die Emotionen der betroffenen Palästinenser nicht zur Sprache, die naturgemäß auch Reaktionen erzeugen. Über diese Reaktionen wurde jedoch in der Form gesprochen, dass sie erstens unangemessen und zweitens antisemitisch seien. Während nahezu ein ganzes Volk zerstört wird, wird über abstrakte Vernichtungsfantasien einiger Palästinenser schwadroniert, die weit von einer faktischen Bedrohung Israels entfernt sind.

Es sind diese Erzählungen und Auslassungen, es sind diese Lügen und Behauptungen, die ein unvollständiges Bild der Ereignisse im Gazastreifen produzieren. Und genau das ist ihr Ziel, sie machen aus grausamen Morden eine defensive Notwendigkeit, die jede weitere Grausamkeit rechtfertigt und unterstützt. Somit erhält Israel einen Freifahrtschein, um weitermachen zu können, immer mehr Menschen sinn- und skrupellos umbringen zu können. Das rückgratlose Gestammel eines Omid Nouripour ändert daran ebenso wenig wie die Reiselust einer deutschen Außenministerin ohne diplomatische Grundfertigkeiten und politische Einflussmöglichkeiten.

Das deutsche politische Personal eignet sich hervorragend, um dem faschistischen israelischen System alle Mittel an die Hand zu geben, damit die genozidale faschistische Politik des Massenmordes fortgeführt werden kann. Für die öffentliche Unterstützung sorgen willfährige Medien ohne Gewissen und journalistischer Überzeugung, die mit ausreichend Dummheit ausgestattet sind, um Zusammenhänge nicht aufzeigen zu können und es dementsprechend auch nicht tun.

Maybrit Illner findet den Vorwurf des Völkermordes "absurd" und "verrückt", und damit bringt sie eindrucksvoll zum Ausdruck, dass sie nichts, aber auch gar nichts verstanden hat. Und sie repräsentiert eine ganze Generation von Politikern und Journalisten, die nicht begreifen können und nicht begreifen wollen, dass sie der Sargnagel demokratischer und humanistischer Errungenschaften sind.

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.

Mehr zum Thema - Bin Salman und US-Sicherheitsberater kommen zusammen: Sicherheitspakt mit Saudis steht vor Abschluss

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Blutanklage" und "Zusammenbruch des Gerichtssystems" – Israel kritisiert mögliche IStGH-Haftbefehle

20. Mai 2024 um 19:25

Der Antrag des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) auf Ausstellung von Haftbefehlen für Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joaw Galant sowie für drei Hamas-Anführer hat für scharfe Kritik aus Tel-Aviv gesorgt. Laut der Zeitung Times of Israel kritisierte das Büro von Netanjahu, dass der Hauptankläger Karim Khan "eine unbegründete Blutanklage gegen Israel" erhoben habe. Er habe damit "eine rote Linie in seinen juristischen Bestrebungen gegen den einzigen jüdischen Staat und die einzige Demokratie im Nahen Osten" überschritten. Der Schritt des IStGH werde jedoch Israel nicht daran hindern, sich zu verteidigen und alle Ziele im Rahmen des Krieges zu erreichen.

Der Außenminister Israels Katz bezeichnete laut der Times of Israel die potenziellen Haftbefehle als "hemmungslosen direkten Angriff" gegen die Opfer des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober und die Geiseln, die immer noch in Gaza festgehalten würden. Katz habe sein Ministerium sofort angewiesen, eine spezielle "Kommandozentrale" einzurichten, um gegen die Entscheidung vorzugehen. Sie ziele in erster Linie darauf ab, Israel die Hände zu binden und ihm das Recht auf Selbstverteidigung zu verweigern.

Jitzchak Herzog, der Staatspräsident Israels, schrieb seinerseits auf X (ehemals Twitter), dass die Forderung eines Haftbefehls äußerst empörend sei. Sie zeige die steigende Gefahr des Zusammenbruchs des internationalen Gerichtssystems. Mit dem Schritt werde eine einseitige Politik demonstriert, die Terroristen auf der ganzen Welt ermutigen und die Grundlagen des Gerichtshofs verletzen würde.

Die Anführer der Hamas seien gewaltsame Diktatoren, die sich des Massenmords, der Massenvergewaltigung und der Massenentführung von Männern, Frauen, Kindern und Babys schuldig gemacht haben. Die demokratisch gewählte Regierung Israels strebe hingegen danach, ihr Volk im Einklang mit den Normen des internationalen Rechts zu schützen. Jeder Versuch, eine Parallele zwischen den Terroristen und der Regierung Israels zu ziehen, sei empörend und könnte von niemandem akzeptiert werden. Herzog betonte abschließend:

"Wir werden nicht vergessen, wer diesen Krieg begonnen hat, wer unschuldige Bürger und Familien vergewaltigt, abgeschlachtet, verbrannt, brutal behandelt und entführt hat. Wir werden unsere Gefangenen nicht vergessen, deren sichere Rückkehr die Hauptpriorität für die internationale Gemeinschaft sein muss. Wir erwarten von allen Führern der freien Welt, diesen Schritt sofort zu verurteilen und entschlossen abzulehnen."

In einer Erklärung wies Khan am Montag darauf hin, dass es genug Hinweise für die Annahme gebe, dass Netanjahu und Galant die Verantwortung für die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf dem Gebiet Palästinas, insbesondere im Gazastreifen tragen. Ebenfalls zur Haft ausgeschrieben sind die Hamas-Angehörigen Yahya Sinwar, der Chef der islamischen Widerstandsbewegung, Mohammed Diab Ibrahim Masri sowie Ismail Haniye. Ihnen wird unter anderem Mord, Geiselnahme, Vergewaltigung und Folter vorgeworfen. 

Mehr zum Thema – Spanien verweigert Schiffen mit Waffen für Israel das Anlegen

Kirby: Bidens Teilnahme an Selenskijs Friedenskonferenz nicht geplant

20. Mai 2024 um 19:10

Eine von der Schweiz veranstaltete Konferenz zum Ukraine-Konflikt, die für den kommenden Monat geplant ist, steht nicht auf dem Terminkalender von US-Präsident Joe Biden, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses John Kirby während einer Pressekonferenz am Freitag. Kirby wörtlich:

"Ich habe nichts auf seinem Terminplan, was in dieser Hinsicht zu erwähnen wäre."

Mehr als 160 Länder sind zur Teilnahme an dem Gipfel eingeladen, der am 15. und 16. Juni im Bürgenstock Resort bei Luzern stattfinden soll. Russland ist jedoch nicht darunter.

"Der Ukraine-Gipfel in der Schweiz ist ohne die Beteiligung von Russlands Präsident Wladimir Putin, US-Präsident Joe Biden, Chinas Staatschefs Xi Jinping und Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak nutzlos." Dies erklärte Roman Kowalenko, der Vorsitzende des Exekutivkomitees der internationalen Bewegung Die andere Ukraine, am Freitag:

"Selenskij ist ein überfälliger Präsident. Es wäre besser, wenn er nicht käme, denn die Teilnahme eines überfälligen Präsidenten an einer solchen Veranstaltung senkt automatisch sein Ansehen. Deshalb sollten dort die Präsidenten Russlands, Chinas und der USA sowie der britische Premierminister anwesend sein – jene Menschen, die diesen Konflikt beeinflussen und von denen er abhängt."

Putin bekräftigte am Freitag vor Journalisten, dass Russland zu Verhandlungen bereit sei. Er betonte, dass Moskau ständig Vorwürfe gemacht würden, aber nicht gebeten worden sei, an der Konferenz teilzunehmen. Dabei sei eine Einigung mit der ukrainischen Seite zur Lösung des Konflikts bereits erzielt worden.

"Wir haben die Grundlage für den Verhandlungsprozess: Das, worauf wir uns in Istanbul geeinigt haben, und das, was der Leiter der ukrainischen Delegation in einem Auszug aus diesem umfangreichen Dokument tatsächlich unterzeichnet und paraphiert hat." 

"Als Ergebnis wurde ein endgültiges Dokument erstellt, das als Grundlage für den Frieden dienen könnte."

Die Zeitung Die Welt zitierte dieses Dokument unter der Überschrift:

"Das geheime Dokument, das den Ukraine-Krieg hätte beenden können."

Laut Putin habe die Ukraine dennoch beschlossen, den Krieg fortzusetzen. Der ehemalige Premierminister des Vereinigten Königreichs Boris Johnson sei nach Kiew gereist und habe gesagt, es solle nichts mit Russland unterschrieben werden und dass es besser wäre, einfach weiter zu kämpfen. 

Dies habe laut Putin der ehemalige ukrainische Unterhändler und Fraktionsvorsitzende der Präsidentenpartei David Arachamija in einem Interview mit dem Fernsehsender 1+1. berichtet. Arachamija habe darauf hingewisen, dass die Ukraine aufgrund fehlender Sicherheitsgarantien gezögert habe.

Um der Ukraine einen neutralen Status zu verleihen, sei es Arachamijas Meinung nach notwendig, Änderungen an der Verfassung des Landes vorzunehmen und auch die Pläne der Ukraine für einen NATO-Beitritt zu ändern.

In dem Istanbuler Abkommen wurden auch die endgültigen Bedingungen für die von Russland geforderte Abtretung ukrainischer Gebiete festgelegt.

Aktuell beinhaltet Selenskijs sogenannter "Friedensplan" den vollständigen Rückzug der russischen Truppen aus allen Gebieten, die Zahlung von Reparationen und die Einrichtung eines Tribunals für Kriegsverbrechen. Moskau weist den Vorschlag wiederholt als unrealistisch zurück und bezeichnet ihn als ein Indiz dafür, dass Kiew nicht bereit sei, eine diplomatische Lösung anzustreben.

Ferner wies Putin darauf hin, dass die geplante Konferenz ein Versuch sei, Russland Bedingungen zur Beendigung des Konflikts aufzuerlegen und erklärte den Sinn der Veranstaltung aus seiner Sicht:

"So viele Länder wie möglich zu versammeln, um dann zu erklären, dass mit allen eine Einigung erzielt wurde, und es dann Russland vorzulegen — als bereits beschlossene Sache, als Ultimatum. Eine solche Entwicklung wird es nicht geben."

Zuvor hatte Moskau erklärt, dass die Schweiz ungeeignet sei, bei der Vermittlung des Friedens zu helfen, und bezeichnete das Land als "offen feindselig", da es die EU-Sanktionen gegen Russland mittrage. Dies könne ein Beleg dafür sein, dass sich die Interessen der Schweiz mit denen Washingtons und seiner Verbündeten in Bezug auf Moskau anglichen.

Anfang dieser Woche erklärte die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd, dass bereits Delegationen aus mehr als 60 Ländern ihre Teilnahme am Gipfel zugesagt hätten. Amherd, die sich im Januar auf Betreiben von Selenskij bereit erklärt hatte, den Gipfel auszurichten, fügte hinzu, die Schweiz wolle China und einige Länder des globalen Südens zur Teilnahme bewegen.

Die Vertreter dieser Länder bestehen jedoch darauf, dass die Friedensbedingungen mit der Russischen Föderation abgestimmt werden müssen. Daher haben Brasilien und Südafrika auf Ebene der Staats- und Regierungschefs beschlossen, ihre Teilnahme abzusagen. Ablehnung kommt auch aus China. Xi Jinping sagte, dass er nur eine Friedenskonferenz zur Ukraine unterstützen werde, der sowohl Kiew als auch Moskau zustimmten. Auch die Position Indiens zu der Veranstaltung ist weiter unklar. Laut Beobachtern stellen diese Abläufe den Sinn der Veranstaltung in Frage.

Es wird erwartet, dass die Schweizer Ukraine-Konferenz von Algerien, Venezuela, Ghana, Ägypten, Israel, Indonesien, Iran, Kamerun, Malaysia, Nigeria, Saudi-Arabien, Senegal, Syrien, Äthiopien und weiteren Ländern in Zentral- und Südamerika ignoriert wird, berichtet die Nachrichtenagentur Wsgljad.

Der russische Politiker Oleg Zarjow sieht den Sinn der Konferenz eher in der Möglichkeit, das Image der Teilnehmer zu verbessern, insbesondere das von Selenskij. Dies sei laut Zarjow jedoch ein zweischneidiges Schwert, denn Selenskij werde damit ein härterer Verhandlungsrahmen auferlegt – im Namen der globalen Mehrheit würden Auflagen auch für Kiew festgelegt.

Laut Zarjow spielten die Konferenzteilnehmer im Vorfeld dieselbe Rolle, die Johnson nach den Istanbuler Verhandlungen gespielt habe. Nach der Bürgenstock-Konferenz werde es für die Ukraine noch schwieriger, unter realistischen Bedingungen einen Frieden zu erreichen. Und das, obwohl es in der Ukraine bereits jetzt ernsthafte Hindernisse für eine umfassende Einigung gebe.

Mehr zum Thema - Lawrow zum Schweizer "Friedensgipfel": "Eine Parodie von Verhandlungen"

Der letzte Tag von Selenskijs Präsidentschaft: Wie geht es weiter?

20. Mai 2024 um 18:48

Am Montag ist der letzte Tag der Amtszeit von Wladimir Selenskij, dessen Amtseinführung am 20. Mai 2019 in Kiew stattfand. Gemäß der Verfassung der Ukraine laufen diese Befugnisse in der Nacht zum 21. Mai aus. Der Präsident kann jedoch nach Ablauf der Frist weiterhin seine Pflichten erfüllen, bis der neu gewählte Staatschef sein Amt antritt. Dafür müssen jedoch Wahlen stattgefunden haben und ein neuer Präsident gewählt worden sein.

Die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine sollten am 31. März 2024 stattfinden, doch aufgrund des von Selenskij verhängten und mehrfach verlängerten Kriegsrechts wurde die Wahl abgesagt. Am 9. Mai verlängerte Selenskij das Kriegsrecht um weitere 90 Tage. Die nächsten möglichen Wahlen werden daher frühestens sechs Monate nach der Aufhebung des Kriegsrechts stattfinden können. Diese Entscheidung wurde Ende vergangenen Jahres von den Abgeordneten der Werchowna Rada getroffen.

Selenskij selbst sagte:

"Es is absolut verantwortungslos, inmitten eines Konflikts leichtfertig das Thema Wahlen in die Gesellschaft einzubringen. Es ist jetzt die Zeit des Kampfes, von dem das Schicksal des Staates und des Volkes abhängt. Ich glaube, dass Wahlen jetzt nicht an der Zeit sind."

Russlands Präsident Wladimir Putin betonte, dass die Frage der Legitimität Selenskijs in erster Linie von den politischen und rechtlichen Systemen der Ukraine beantwortet werden müsse. Diese Bewertung sollte natürlich vor allem vom Verfassungsgericht der Ukraine vorgenommen werden:

"Aber für uns ist das natürlich von Bedeutung, denn wenn es um die Unterzeichnung irgendwelcher Dokumente geht, müssen wir diese in einem so schicksalhaften Bereich natürlich mit legitimen Behörden unterzeichnen. Das ist eine offensichtliche Tatsache. Aber ich wiederhole noch einmal, diese Frage müssen die politischen und rechtlichen Systeme der Ukraine selbst beantworten."

Laut dem Kiewer Politologen Alexei Netschaew entstand das Problem aufgrund der Unzulänglichkeiten der ukrainischen Verfassung, die von Politikern "mehrmals mit den Füßen getreten" wurde. Auch Selenskij machte hier keine Ausnahme. Um nicht zum Usurpator der Macht zu werden, hätte er seine Befugnisse an den Parlamentssprecher Ruslan Stefantschuk übertragen können, was aber durch die Parlamentskrise verhindert wurde. 

Außerdem hätte Selenskij beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Klärung seiner Befugnisse stellen können, was er jedoch wegen der hohen Wahrscheinlichkeit einer negativen Antwort nicht getan habe, so der Experte: 

"Wenn Selenskij sich der absoluten Unterstützung der Rada sicher gewesen wäre, hätte er seine Befugnisse durch das Parlament erweitern können, indem er die notwendigen Änderungen an der Verfassung vorgenommen hätte, oder das Wahlgesetz ändern können, sodass er auch unter Kriegsrecht wiedergewählt werden könnte."

Es sei nicht ausgeschlossen, dass am 20. Mai möglicherweise ernsthafte Veränderungen und personelle Umstrukturierungen in der ukrainischen Regierung stattfinden werden. Derzeit wechsle Selenskij die Richter aus und rekrutiere Leute, die ihm gegenüber loyal seien, anstelle der bisherigen, und "reboote" die Regierung, um Posten von unabhängigen Beamten an Personen aus seinem inneren Kreis zu übergeben. Westliche Unterstützer bestehen auf der Abhaltung von Wahlen. Die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, Tiny Kox, betont:

"Die Ukraine muss freie und faire Wahlen organisieren, denn das ist Ihre Verpflichtung gemäß der Charta des Europarats. Und natürlich werden Sie das tun, denn ohne Wahlen ist Demokratie unmöglich. Wenn Sie es nicht tun, werden Sie sich selbst die Frage stellen: Wofür kämpfen wir in unserem Krieg gegen Russland?"

Kiew ignoriert jedoch diese Forderungen, aber dies könnte negative Folgen für Selenskij haben. Auch Moskau vertritt eine klare Position: Wenn keine Wahlen stattfinden, werde der Präsident der Ukraine kein vollwertiger Teilnehmer an den Verhandlungen sein, falls diese beginnen. Der ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebensja, machte ebenfalls während einer Sitzung des Sicherheitsrates darauf aufmerksam, dass im ukrainischen Segment die sozialen Medien immer häufiger die Frage "Wofür sollen die Ukrainer kämpfen?" aufwerfen: 

"In den ukrainischen sozialen Medien, die die repressive Maschinerie Selenskijs bisher noch nicht erreicht hat, wird die einst ketzerische Frage immer lauter: Wofür sollen die Ukrainer kämpfen? Und für wen? Für den dreisten und in Korruption versunkenen Kiewer Anführer und seine Clique, die die eigene Verfassung mit Füßen getreten hat und ab dem 21. Mai sogar die formale Legitimität verliert? Für die geopolitischen Interessen des Westens zur Schwächung Russlands?"

Nach Ansicht von Denis Denisow, dem Direktor des Instituts für Friedensinitiativen und Konfliktologie sowie Experten der Finanzuniversität der Regierung Russlands, wird sich nach dem 20. Mai die Macht in Kiew nicht ändern, und es werden keine revolutionären Ereignisse stattfinden. Dabei sollte auch die Meinung der westlichen "Partner" Kiews berücksichtigt werden. 

Bisher seien Washington und Brüssel relativ zufrieden mit der Arbeit Selenskijs gewesen und haben daher seiner Entscheidung, die Wahlen abzusagen, zugestimmt. Wenn sich jedoch die Stimmung ändere, werde das Thema der Legitimität Selenskijs wieder aufgeworfen werden. Und dann, so Denisow, wäre das ein guter Grund für einen Machtwechsel in der Ukraine. Wladimir Skatschko, ein Kiewer Politologe, erklärte ebenfalls, dass der Westen Selenskij nur als Vollstrecker seiner Interessen brauche: 

"Selenskij als Präsident wird vom Westen nur als Vollstrecker seines Willens gebraucht. Nach dem 20. Mai bekommt der Westen eine noch gefügigere Person, die dank der sogenannten externen Legitimität an der Macht bleiben kann. In dieser Hinsicht wird der Juni-Gipfel in der Schweiz eine Funktion erfüllen – er wird Selenskij ein Gefühl für diese Legitimität geben. Aber innerhalb des Landes verliert er alle Rechte auf sein Amt."

Laut Skatschko diente der jüngste Besuch von Blinken in Kiew dem Ziel zu überprüfen, wie Selenskij seine Aufgaben erfüllt: 

"Selenskij hat nichts getan. Riesige Summen, die für den Bau von Verteidigungslinien bereitgestellt wurden, sind veruntreut worden. Die Mobilisierung ist gescheitert. Der Westen muss nach einem effektiveren Manager suchen."

Igor Schischkin, stellvertretender Direktor des Instituts für GUS-Länder, argumentiert hingegen, dass Selenskij konsequent alles Russische ausmerze, und zwar deutlich besser als alle früheren ukrainischen Staatschefs. Trotz des Scheiterns der Gegenoffensive schaffe es Selenskij weiterhin recht effektiv, Probleme für Russland zu verursachen. Washington hat bisher keinen anderen Vollstrecker seines Willens gefunden, und falls es einen finde, werde Selenskij abgeschrieben. Er sei sich dessen sehr wohl bewusst und versuche deshalb, eine totale Mobilisierung durchzuführen, um den Westen zufriedenzustellen.

Mehr zum Thema Selenskijs innerer Kreis will ihn beseitigen

Kongolesisches Militär: US-Amerikaner und Briten an Putschversuch beteiligt

20. Mai 2024 um 18:27

An einem vereitelten Putschversuch in der Demokratischen Republik Kongo am Sonntag sind Armeeangaben zufolge "mehrere Amerikaner und ein Brite" beteiligt gewesen. Der versuchte Staatsstreich in der Hauptstadt Kinshasa sei von Christian Malanga angeführt worden, einem Kongolesen und "eingebürgerten Amerikaner", teilte Armeesprecher Sylvain Ekenge am Sonntagabend mit. Malanga sei von den Sicherheitskräften "definitiv" getötet worden, fügte der General hinzu, wie die Zeit am Sonntag berichtete.

Ekenge zufolge setzte sich die Gruppe der Angreifer aus "mehreren Nationalitäten" zusammen. Er sagte: "Wir haben auch einen eingebürgerten Briten, die Nummer zwei der Gruppe". Auch Malangas Sohn, Marcel Malanga, sei dabei gewesen. Etwa vierzig Angreifer seien verhaftet und vier – darunter Christian Malanga – getötet worden, erklärte der Armeesprecher.

Die Gruppe hätte "versucht, die Institutionen anzugreifen", sagte Ekenge. Seinen Angaben zufolge wollte sie zunächst die Wohnsitze von Ministerpräsidentin Judith Suminwa und Verteidigungsminister Jean-Pierre Bemba überfallen. Demnach konnten sie deren Häuser jedoch nicht ausfindig machen – und überfielen daraufhin den Wohnsitz von Wirtschaftsminister Vital Kamerhe im Stadtteil Gombe. Das Gebäude wiederum befindet sich nicht weit vom Palast der Nation, dem Amtssitz von Staatschef Félix Tshisekedi.

Kamerhe und seine Familie wurden bei dem Angriff nicht verletzt, aber zwei Polizisten, die sie beschützt hatten, wurden getötet, wie eine dem Minister nahestehende Quelle mitteilte.

Zuvor hatte der Armeesprecher gesagt, "der Versuch eines Staatsstreichs" sei von Verteidigungs- und Sicherheitskräften "im Keim erstickt worden". Alle Beteiligten seien "außer Gefecht gesetzt worden, sodass sie keinen Schaden mehr anrichten könnten – ihr Anführer eingeschlossen". Die Bürger rief Ekenge auf, "ihren Beschäftigungen frei und ruhig nachzugehen".

Die US-Botschafterin in der Demokratischen Republik Kongo, Lucy Tamlyn, äußerte sich "sehr besorgt angesichts der Berichte über amerikanische Staatsbürger, die angeblich in den versuchten Staatsstreich gegen die kongolesischen Behörden verwickelt waren". Die Botschaft kooperiere mit den Behörden, versicherte Tamlyn im Onlinedienst X.

Je suis choquée par les événements de ce matin et très préoccupée par les rapports faisant état de citoyens américains prétendument impliqués. Soyez assurés que nous coopérerons avec les autorités de la RDC dans toute la mesure du possible alors qu’elles enquêtent sur ces actes…

— Ambassadeur Lucy Tamlyn (@USAmbDRC) May 19, 2024

Am Freitag traf Präsident Tshisekedi mit Parlamentariern und Führern der Regierungskoalition der Heiligen Union der Nation zusammen, um zu versuchen, die Krise in seiner Partei zu lösen, die die Nationalversammlung dominiert. Er sagte, dass er andernfalls nicht zögern werde, die Nationalversammlung aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Der Hintergrund des Putschversuches bleibt unklar – wegen seiner Bodenschätze ist die DR Kongo ein von innen wie außen stark umkämpftes Land.

Mehr zum ThemaFake News über Staatsstreich in der Republik Kongo: War es eine westliche Psy-Op?

Häme, Hass und Desinformation: Pressespiegel zum Tod von Irans Präsident Raisi

20. Mai 2024 um 18:10

Über die Toten nur Gutes ist eine Regel des Anstandes. Dass sich die Medien des deutschen Mainstreams von jeglichem Anstand mit großem Erfolg befreit haben, ist keine neue Erkenntnis. Schon bei anderen Gelegenheiten hauten sie kräftig unter die Gürtellinie. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Berichterstattung zu den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen. 

Anlässlich des Todes von Irans Präsident Ebrahim Raisi gibt die deutsche Presse erneut den Rüpel. Ganz tief in die psychischen Abgründe des deutschen Journalismus lässt ein Beitrag der Bild-Zeitung blicken. Dort werden alle Register der Diffamierung und Propaganda gezogen. Iran wird demnach von einem "Mullah-Regime" regiert, behauptet die Bild

"Er hatte – wie alle Spitzenfunktionäre des Regimes – Blut an den Händen: 1988 war er als stellvertretender Generalstaatsanwalt an Massenhinrichtungen beteiligt. Dabei wurde eine vierstellige Zahl von politischen Gefangenen ermordet”, diffamiert Bild den Toten. 

"Er war der 'Schlächter von Teheran'", ist ein weiterer, pietätloser Beitrag in der Bild überschrieben. 

"Einer der wichtigsten Terror-Unterstützer der Welt, ist tot", ist dort zu lesen und man bekommt zudem mitgeteilt, dass nicht etwa die USA und der Kollektive Westen, sondern Iran für den Terror in der Welt verantwortlich sei.

Einem genaueren Hinblicken hält das natürlich nicht stand. Iran dient der Stabilität in der Region und verhinderte bisher sehr erfolgreich eine Eskalation des Nahost-Konflikts hin zum Flächenbrand. Israel strebt das offensichtlich an.

Der vom Springer-Verlag geschasste Julian Reichelt präsentiert in einem Tweet seine charakterlichen Defizite. Er gibt vor, im Namen des deutschen Volkes zu sprechen, und übermittelt dessen Glückwunsch "zu diesem gelungenen Hubschrauberflug". 

Auch im Namen des deutschen Volkes möchte ich meine Glückwünsche zu diesem gelungenen Hubschrauberflug ausdrücken. pic.twitter.com/1HEeumV1YG

— Julian Reichelt (@jreichelt) May 19, 2024

Reichelt wurden als Chefredakteur unter anderem sexuelle Übergriffe auf Mitarbeiterinnen und Drogenkonsum vorgeworfen. Gehen musste er offiziell wegen "Fehlern in der Amts- und Personalführung". 

Auch der Tagesspiegel kann seine Freude über den Tod Raisis kaum verbergen und berichtet unter der Überschrift "Freuen uns aus tiefstem Herzen" über eine Demonstration von rund 50 Demonstranten vor der iranischen Botschaft in Berlin. 

"Vor der iranischen Botschaft haben sich um die 50 Menschen versammelt. Die Demonstranten haben Trommeln, schwenken iranische Fahnen und schreien 'Nieder mit Khomenei' sowie 'Nieder mit dem Mullah-Regime'."

Zur besseren Einordnung: In Deutschland leben nach Schätzungen des Statistischen Bundesamt 304.000 Menschen mit iranischem Migrationshintergrund. 

Auch die ARD-Tagesschau bedient das Narrativ vom grausamen Unterdrücker, greift dabei aber vorsichtshalber zum rechtssicheren Konjunktiv.

"Der Großteil der iranischen Bevölkerung, der seiner Wahl zum Präsidenten vor drei Jahren ohnehin ferngeblieben war, wird dem 63-Jährigen wohl keine Träne nachweinen. Dafür klebte an seinen Händen zu viel Blut."

Bei der Tagesschau bleibt – wie bei der Bild und anderen Erzeugnissen des deutschen Qualitätsjournalismus – das Blut, das an den Händen westlicher Führer, an denen Obamas, Blairs Joschka Fischers und Angela Merkels klebt, regelmäßig unerwähnt. 

Auch das ZDF weiß den Tod Raisis zu Propagandazwecken zu nutzen. So behauptet der Sender, Raisi habe Iran international isoliert. Dabei ist das Gegenteil richtig. Iran ist 2022 der Shanghai Cooperation Organisation als Vollmitglied beigetreten. Zum ersten Januar wurde das Land Mitglied der BRICS. Von Isolation kann keine Rede sein. Und vermutlich liegt hier auch der Grund für all den Hass begründet. 

Iran arbeitet gemeinsam mit den Ländern des Globalen Südens an der Ablösung der westlichen Hegemonie. Die "regelbasierte Ordnung" erlebt der größere Teil der Welt als ungerecht und grausam. Der Westen diktiert dem Rest der Welt seine Regeln und legt sie willkürlich aus. Gerade Iran leidet seit Jahrzehnten unter dem westlichen Sanktionsregime. Mit einer völkerrechtlichen Vereinbarung, in der das Land auf ein eigenes Atomprogramm verzichtet, wurden Iran Lockerungen der Sanktionen zugesagt. Daran hat sich der Westen und auch Deutschland nie gehalten. 

Auch das ZDF greift in seiner Verunglimpfung vorsichtshalber zum rechtssicheren Konjunktiv für seine Diffamierungskampagne gegenüber einem Toten:

"Ihm wurde nachgesagt, dass er in seiner früheren Funktion als Staatsanwalt für zahlreiche Verhaftungen und Hinrichtungen politischer Dissidenten verantwortlich gewesen sei."

Was man inzwischen allerdings genau weiß, ist, dass Wolfgang Schäuble in Griechenland ein Desaster angerichtet und der EU mit seinem Sparwahn massiv geschadet hat. Als die griechische Presse anlässlich des Todes von Schäuble in Jubel ausbrach, da gab man sich in Deutschland pikiert. "Griechen-Presse verhöhnt toten Schäuble", titelte damals die Bild-Zeitung. Doppelstandards sind eine Spezialität deutscher Politik und deutscher Medien, Anstand ist es nicht. Auch Außenministerin Baerbock und Bundeskanzler Scholz verbleiben diesbezüglich in ihren charakterlichen Grenzen. Sie haben es bisher nicht geschafft, öffentlich zu kondolieren. 

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Sacharowa: "Friedensformel" wird Kiew weiter in die Sackgasse treiben

20. Mai 2024 um 17:47

Keine sogenannte Friedensformel des Präsidenten der Ukraine Wladimir Selenskij oder auf deren Grundlage organisierte internationale Versammlungen werden dem Regime in Kiew helfen. Dies erklärte am Montag die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. In einem Beitrag auf Telegram kommentierte die Diplomatin Aussagen des Sekretärs des Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Alexander Litwinenko, wonach der Konflikt mit Russland mit Verhandlungen beendet werden solle. Dabei würde Kiew auf die eigene Friedensformel setzen.

Sacharowa stellte fest, dass Kiew mit dieser "alchemistischen Formel" entweder sich selbst oder das ukrainische Volk täuschen möchte. Dies werde der Ukraine aber nicht helfen. Im Ergebnis würde das Kiewer Regime noch weiter in die Sackgasse getrieben, in der es sich schon jetzt befinde.

Verhandlungen seien keine zum Scheitern verdammte Tournee in die Schweiz, sondern eine sorgfältige Arbeit, der Verantwortung, die Anerkennung der Tatsachen und der Respekt für das internationale Recht zugrunde lägen, schrieb Sacharowa weiter. Hierbei müsse man sich mit Entschlossenheit und Freiheit für die Interessen des eigenen Landes, nicht für fremde Interessen oder die eigene Geldtasche einsetzen.

Eine Friedenskonferenz für die Ukraine findet am 15. und 16. Juni auf dem Schweizer Bürgenstock statt. Delegationen aus mehr als 120 Ländern werden zu dem Treffen erwartet. Russland erhielt jedoch keine Einladung. Die russische Botschaft in Bern erklärte, dass Moskau zu der Konferenz jedenfalls nicht kommen würde, da sie zur Unterstützung der ukrainischen Friedensformel organisiert worden war, die die Interessen der russischen Seite nicht berücksichtigt. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte mehrmals, dass ein Friedensprozess im Ukraine-Konflikt ohne die Teilnahme Russlands sinnlos sei.

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"Verleugnung der Realität" – darum unterzeichnet Italien nicht die Pro-LGBTQ-Erklärung der EU

20. Mai 2024 um 17:27

Italiens Ministerin für Familie, Geburten und Chancengleichheit Eugenia Roccella hat erklärt, warum ihr Land nicht die EU-Erklärung zur Förderung von LGBTQ-Gemeinschaften unterzeichnet hat, die unter dem belgischen Ratsvorsitz den EU-Mitgliedsstaaten vorgelegt worden war. Anlass für diese Ad-hoc-Erklärung war der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie, der seit 2005 alljährlich am 17. Mai, also in diesem Jahr am vergangenen Freitag begangen wurde.

In einem Interview in der Sonntagsausgabe von Il Messaggero legte Roccella die Position der italienischen Regierung dar und erklärte, das Dokument sei "sehr unausgewogen". 

"Jeder kann wählen, wen er lieben oder mit wem er eine sexuelle Beziehung haben möchte. Aber die in dem Dokument befürwortete Freiheit, 'zu sein, wer man sein will', ist ein ideologischer Zwang und eine Verleugnung der Realität, weil die Realität des Körpers und der sexuellen Zugehörigkeit letztlich nicht verändert werden kann."

Laut Roccella, die derselben Partei Fratelli d'Italia wie die Ministerpräsidentin Giorgia Meloni angehört, sollte der "Gender-Binarismus", wonach es Frauen und Männer gebe, "weiterhin gelten". "Wir wollen die Anthropologie bewahren, auf der die Elternschaft und die Kontinuität der Menschheit beruhen, denn wenn man Männer und Frauen abschafft, ändert sich auch die Elternschaft, und man sollte sich nicht wundern, wenn keine Kinder mehr gezeugt werden", fügte sie hinzu.

Die Ministerin betonte, dass die italienische Regierung zwar die Eingliederung von Menschen unterstütze, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen, und sich gleichfalls auch gegen jede Transphobie wende, dass diese Regierung jedoch Bestrebungen ablehne, das grundlegende menschliche Paradigma verändern zu wollen.

Den Verfechtern der LGBTQ-Ideologie wirft sie vor, "nicht nur die Biologie zu leugnen, sondern auch den Körper, der auf dem Geschlechtsunterschied zwischen Mann und Frau beruht".

An dieser Haltung der in verschiedenen Medien als "postfaschistisch" klassifizierten Regierungspartei Fratelli d'Italia übte ausgerechnet die Enkelin des "Duce" Alessandra Mussolini öffentlich Kritik. Die 61-Jährige, die für die Forza Italia im EU-Parlament sitzt, monierte an dem Kabinett, dem auch ihre eigene Partei angehört: 

"Die italienische Regierung schafft eine Atmosphäre der Feindseligkeit, die vielleicht nicht den Erwachsenen schadet, aber vielen jungen Menschen, die sich in einer schwierigen Situation befinden, auch in einer schwierigen Familiensituation. Ich hoffe sehr, dass sich die Regierung das noch einmal überlegt und die Erklärung unterzeichnet."

Neben Italien hatten sich auch acht osteuropäische Länder geweigert, diese EU-Erklärung zu unterzeichnen – nämlich Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Kroatien, Litauen, Lettland, Tschechien und die Slowakei.

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Rada-Abgeordneter: Stromkapazität ukrainischer Wärmekraftwerke nur noch bei 10 Prozent

20. Mai 2024 um 17:08

Ukrainische Wärmekraftwerke haben rund 90 Prozent ihrer Stromerzeugungskapazitäten wegen russischer Raketenangriffe verloren. Dies berichtete am Montag ein Abgeordneter des ukrainischen Parlaments, Alexei Kutscherenko, im Interview mit dem YouTube-Kanal Vyschka. Aus dem Gespräch mit Stromerzeugern habe Kutscherenko nach eigenen Angaben erfahren, dass es sich um den Verlust von rund 8.000 Megawatt Strom handele. Von dieser Gesamtkapazität sollen derzeit nur 800 Megawatt produziert werden.

Dem Abgeordneten zufolge würden die Beschränkungen der Stromversorgung fortgeführt, nicht nur im Sommer, sondern auch im kommenden Winter, da die Wiederinbetriebnahme der beschädigten Wärmekraftwerke nicht so schnelle erfolgen könne. Erhöhte Stromimporte würden der Ukraine nicht dabei helfen können, ein Defizit zu vermeiden.

Im Frühling 2024 hatte die Behörden der ukrainischen Regionen mehrmals Angriffe auf Objekte der energetischen Infrastruktur gemeldet. Schäden wurden unter anderem am größten Wasserkraftwerk Dnjepr und am Wärmekraftwerk Tripolje, dem leistungsstärksten der Region Kiew, verzeichnet. Am Montag führte der Netzbetreiber Ukrenergo landesweite Stromabschaltungen ein.

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte die Angriffe als Vergeltungsmaßnahmen für ukrainische Attacken auf Ölraffinerien in Russland. Präsident Wladimir Putin betonte im April, dass die Angriffe Auswirkungen auf die Rüstungsindustrie der Ukraine haben und damit ein Beitrag zur Entmilitarisierung des Landes geleistet werde.

Mehr zum Thema – Putin: Angriffe auf ukrainische Energieobjekte sind Vergeltung und dienen der Entmilitarisierung

Wagenknecht auf BSW-Landesparteitag: Haben die "wahrscheinlich schlechteste Regierung" aller Zeiten

20. Mai 2024 um 16:20

Am Sonnabend traf sich der Landesverband Sachsen des BSW gleich zu zwei Parteitagen. Zuerst wurde am Vormittag das Programm für die Landtagswahl verabschiedet, am Nachmittag folgte die Aufstellung der Liste. Und dazwischen ließ sich die Bundesvorsitzende noch im schicken Dresdner Stadtteil Laubegast blicken.

Sahra Wagenknecht lobte zunächst die Delegierten, weil die ihr Programm für die Landtagswahl so rasch verabschiedet hatten, dass man eine Dreiviertelstunde vor dem Zeitplan lag. Das kenne sie sonst eher andersherum, sagte Wagenknecht laut der Frankfurter Rundschau und zollte auch sonst jede Menge Lob für das organisatorische Vorankommen ihrer Partei, denn man habe sich ja erst im Januar auf den Weg gemacht, sei nun aber schon richtig weit gekommen.

Drei Landesverbände – in Sachsen, Thüringen und im Saarland, mit dem in Brandenburg bald vier – hat das BSW bislang gegründet und zudem eine Liste zur Europawahl aufgestellt. In Dresden wurde nun der erste Listenparteitag des BSW durchgeführt. Wagenknecht sagte zum auserwählten Personal:

"Wir haben eine hervorragende Mischung aus Menschen, die schon politische Erfahrung haben und vielen, die das erste Mal in der Politik sind."

Dann betonte sie, das Bündnis Sahra Wagenknecht sei die einzige Friedenspartei, die für eine "vernünftige" Wirtschafts- und Klimapolitik steht und sich aber auch getraut, die Grenzen der Migration anzusprechen. Wagenknecht will wieder die "normalen Menschen" in diesem Land fördern, die sich nicht mehr wahrgenommen und vertreten fühlen.

Viele hätten ihr im vergangenen Jahr geschrieben, dass sie nicht mehr wissen, welche Partei sie wählen sollten, sagte Wagenknecht. Sie schlussfolgere daraus: "Es war absolut richtig, dass wir das Bündnis Sahra Wagenknecht gegründet haben." Die Reaktionen auf die BSW-Veranstaltungen zur Europawahl in Hamburg, Hannover, Schwerin und Rostock seien gigantisch gewesen und sie prognostizierte:

"Auch Sachsen wird nach der Landtagswahl ein anderes und besseres Land sein als vorher."

Bereits im Vorfeld hat sie ihre Partei für eine mögliche Regierungskoalition in "Elbflorenz" ins Spiel gebracht und dafür beispielsweise auch eine Koalition mit der CDU von Michael Kretschmer nicht ausgeschlossen. Außerdem müsse ein Corona-Untersuchungsausschuss eingesetzt werden. Doch es gehe natürlich immer auch um Bundespolitik, erklärt Wagenknecht einmal mehr mit der Feststellung, dass die Bundesrepublik derzeit die "wahrscheinlich schlechteste Regierung" ihrer Geschichte hat. 

Diese "Ampel" schaffe es nicht nur nicht, die Probleme des Landes zu lösen, sondern bereite dem Land sogar zusätzliche: "So eine Regierung treibt Menschen in die Wut." Jetzt aber könnten alle Kritiker endlich gegen die herrschende Regierung protestieren, ohne eine Partei zu wählen, in der es Neonazis und Rechtsextreme gebe. Eine "griechische Lösung" – nämlich eine Koalition mit der AfD – sei daher kategorisch ausgeschlossen.

Wagenknechts Kernthese sei aber eine andere: Die Politiker dieser "Ampel" in Berlin kennen die Probleme auf dem Land nicht, davon profitiere auch die AfD. Sie verwies als Beispiel auf die Parteichefin Ricarda Lang von Bündnis 90/Die Grünen, "die der Meinung ist, ein Rentner bekommt 2.000 Euro Rente im Monat" und auf Robert Habeck, der wirklich glaube, "alle in Deutschland leben so wie seine Freunde in der hippen Großstadt".

Die SPD dagegen habe nun mal wieder "ihren sozialem Monat" eingeleitet. "Man ist jetzt also für 15 Euro Mindestlohn", lästert Wagenknecht, indem sie erklärt: Zwei Wochen vorher habe das BSW einen Antrag für einen Mindeststundenlohn von 14 Euro eingebracht, den alle anderen Parteien abgelehnt hätten. Daher müsse man nun selbst seine Hausaufgaben machen:

"Wir müssen am 9. Juni schon stark werden, damit dieses Land sich sozialer, vernünftiger und friedlicher aufstellt."

Die BSW-Landesvorsitzende Sabine Zimmermann hatte mit Blick auf die Landtagswahl am 1. September bereits am Vormittag selbstbewusst erklärt, die Regierung Kretschmer müsse sich warm anziehen. In Bezug auf eine mögliche Koalition mit der CDU betonte die mit 94 Prozent unangefochten zur Landesvorsitzenden Gewählte weitsichtig:

"Leider sei nun mal der Bundes-CDU nicht zu trauen, heißt es beim BSW daher."

Auch wenn der Ministerpräsident Kretschmer hier in Sachsen die Friedenstaube spielt, wissen wir doch alle, dass der Falke Merz in Berlin letztlich die Strippen zieht und den Taurus liefern will", sagte Zimmermann dazu in ihrer Rede. Am Ende wurde ein knapp 50 Seiten umfassendes Wahlprogramm ohne jegliche Diskussion beschlossen.

Änderungsanträge hatte es zuvor lediglich von einem Delegierten hinsichtlich der Schulpolitik gegeben. Ein Montessori-Lehrer aus Chemnitz hatte sich gegen die Passage gewandt, in der eine "Rückbesinnung auf pädagogische Tugenden" und "die Notengebung als verbindliches Leistungskriterium" gefordert wurde. Das entspreche mindestens für die Grundschule nicht mehr dem aktuellen Stand der Forschung, machte er geltend und hatte insgesamt acht Änderungsanträge eingereicht. Diese wurden aufgrund des Zeitrahmens an den Landesvorstand weitergereicht.

Auf der Kandidatenliste für den 1. September stehen neben erfahrenen ehemaligen Mitgliedern der Partei Die Linke aus Sachsen auch einige Neulinge in der politischen Sphäre: Zimmermanns Ko-Vorsitzender Jörg Scheibe, der mit 92 Prozent auf den Platz 2 in der Liste gewählt wurde, führt ein Unternehmen und unterrichtet an der Studienakademie Glauchau. Auf dem Listenplatz 3 steht mit Doreen Voigt eine Mitarbeiterin eines Wohlfahrtsverbandes. Es folgt mit Ronny Kupke der Personalratschef einer Krankenkasse. Mit dieser Mischung sollte ein zweistelliges Ergebnis durchaus möglich sein.

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Russischer Geheimdienst: Westen besorgt über sinkende Zustimmungswerte der ukrainischen Führung

20. Mai 2024 um 15:59

Laut Angaben des russischen Auslandsgeheimdienstes sind westliche Behörden über den "katastrophalen Rückgang der Zustimmungswerte für die ukrainische Führung" besorgt. Die Unterstützung für Wladimir Selenskij sei demnach auf 17 Prozent gesunken. In den ukrainischen Streitkräften liege seine Popularität nicht über 20 Prozent.

Zudem vertrauen nach Angaben des Geheimdienstes mehr als 70 Prozent der Bevölkerung den ukrainischen Massenmedien nicht, rund 90 Prozent der Ukrainer würden das Land gerne verlassen.

Die Behörde beruft sich auf "geschlossene soziologische Umfragen" in den USA und Europa und verweist auf "groß angelegte Säuberungen" in der ukrainischen Armee sowie auf Umbesetzungen in der Regierung. Selenskij fühle sich angreifbar und versuche, "unzuverlässige Personen" vor Amtsende loszuwerden, so die Behörde. Zudem sei eine Kampagne gestartet worden, um die ukrainischen Bürger mit "unvermeidlichen Massenrepressionen" einzuschüchtern, sollte Kiew den Krieg verlieren.

Demnach empfehlen die USA und ihre Verbündeten Selenskij, "weiterhin eine Atmosphäre der Angst unter der Zivilbevölkerung zu schaffen und die Ziele der russischen Militäroperation grob zu verzerren".

"Wie die gesamte Geschichte der Menschheit zeigt, sind Versuche, sich durch Lügen und Einschüchterung an der Macht zu halten, noch nie von Erfolg gekrönt gewesen. Das wird auch in der Ukraine der Fall sein", heißt es in der Erklärung des russischen Auslandsgeheimdienstes.

Am 20. Mai endet die Amtszeit von Wladimir Selenskij als gewählter Präsident. Die neuen Präsidentschaftswahlen sollten am 31. März 2024 stattfinden, die Amtseinführung des Staatsoberhauptes hätte dann im Mai erfolgen sollen. Die ukrainischen Behörden sagten die Wahlen jedoch unter Berufung auf das Kriegsrecht und die Mobilmachung ab.

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Und wenn es kein Unfall war? Was der Tod von Raisi bedeuten könnte

20. Mai 2024 um 15:25

Von Dagmar Henn

Der Hubschrauberabsturz, bei dem der iranische Präsident Ebrahim Raisi sowie die gesamte Delegation ums Leben kam, die nach Aserbaidschan gereist war, führt unvermeidlich zu Spekulationen. Schließlich fand erst vor wenigen Tagen der Mordanschlag auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico statt, an diesem Wochenende zudem ein Putschversuch in der Demokratischen Republik Kongo, die israelische Regierung setzt ihren Krieg im Gazastreifen fort und mit dem Ablaufen der Amtszeit des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij ist noch ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor hinzugekommen. Unter diesen Voraussetzungen kehren sich die Wahrnehmungen um – die Annahme eines Anschlags wird geradezu zur Regel.

Es ist natürlich möglich, dass es sich um einen Unfall handelte. Es war ein Hubschrauber US-amerikanischer Produktion, für den aufgrund der Sanktionen Ersatzteile schwer zu beschaffen sein dürften. Das Wetter in dem gebirgigen Gebiet war ausgesprochen schlecht; erste Videos von der Suche zeigen im Grunde nur eine einzige Nebelwand; dazu kamen wohl noch Regen und schwierige thermische Verhältnisse, auf einer Flugstrecke, die von Aserbaidschan bis Teheran überwiegend über Gelände verläuft, das mindestens 1700 Meter über dem Meeresspiegel liegt.

Die extrem schlechte Sicht könnte auch erklären, warum die beiden Begleithubschrauber den Vorfall erst nicht bemerkten – es gab schlicht keinen Sichtkontakt. Allerdings gibt es natürlich dennoch einige Fragen: Beispielsweise, warum die Delegation, die in Aserbaidschan zur Eröffnung eines Staudamms gekommen war, der ein gemeinsames iranisch-aserbaidschanisches Projekt ist, nicht auf die drei Hubschrauber aufgeteilt wurde. Oder auch (und die Frage wird sicher auftauchen), warum zentrale Personen der iranischen Regierung überhaupt noch in US-Hubschraubern unterwegs und nicht längst aus Sicherheitsgründen (sowohl technischer wie politischer) auf russische Fabrikate umgestiegen sind.

Allerdings ist nicht anzunehmen, dass iranische Hubschrauberpiloten von schlechtem Wetter im Gebirge überrascht werden, schließlich besteht das Territorium des Iran, von schmalen Küstenstreifen am Persischen Golf und am Kaspischen Meer aus Gebirge und Wüste, wobei das Gebirge den Löwenanteil stellt. Es ist kaum möglich, von einer iranischen Stadt zu einer anderen zu fliegen, ohne ein Gebirge zu überqueren. Und sollten die Maschinen technisch unsicher gewesen sein, kann man davon ausgehen, dass die abgestürzte von den drei beteiligten die sicherste war. Sprich, unter rein technischen Gesichtspunkten hätte die Wahrscheinlichkeit, dass einer der beiden anderen Hubschrauber abstürzt, zumindest höher gelegen.

Nun gibt es (neben der allgemeinen geopolitischen Spannung) auch Gründe, die im Zielland der Reise liegen, die zu anderen Annahmen führen können. Aserbaidschan ist für Iran kein ganz einfaches Territorium. So sehr auch durch die Wendung Armeniens gen Westen das ganze Gefüge im Kaukasus gerade im Umbruch ist – Armenien war dort lange Zeit der engste Verbündete Russlands. Baku hat beste Beziehungen nach Israel, auch wenn die Zusammensetzung der Bevölkerung durch ethnische Nähe zur Türkei und zu Iran sowie der schiitischen Mehrheit eigentlich anderes erwarten ließe. Gehen diese Beziehungen weit genug, dass israelische Agenten ungehindert agieren und einen Anschlag auf Raisis Hubschrauber durchführen könnten?

Es ist schwer zu bestreiten, dass sowohl die Neokons, die die US-Außenpolitik kontrollieren, als auch die israelische Regierung keinerlei Hemmungen haben, die politische Führung des Iran unmittelbar anzugreifen. Ein Punkt, der durch die teilweise sehr offen zur Schau getragene Freude über das Unglück noch einmal unterstrichen wird. Und Reaktionen wie jene des Ex-Grünen-Abgeordneten Volker Beck, jetzt Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der sich schon darüber empörte, dass die EU Satellitendaten für die Suche nach der Absturzstelle zur Verfügung stellte, und der inzwischen selbst gegen die Beileidsbekundung durch Charles Michel protestiert, tragen noch dazu bei, diesen Eindruck zu verstärken.

Ungünstigerweise sind die möglichen Folgen nicht allein mit den objektiven Tatsachen verbunden, sondern Wahrnehmungen spielen eine ebenso große Rolle. Um es noch einmal ins Gedächtnis zu rufen: Am 1. April waren bei einem israelischen Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus mehrere hochrangige iranische Militärs getötet worden. Zwei Wochen später erwiderte Iran mit einem – nach Vorwarnung – durchgeführten Angriff mit Drohnen, Lenkraketen und einigen wenigen ballistischen Raketen. Was danach von israelischer Seite erfolgte, ist unklar.

Pepe Escobar berichtete damals, ihm sei zugetragen worden, dass eine israelische F-35, die mittels der Zündung eines nuklearen Sprengsatzes über einen elektromagnetischen Impuls die iranische Energieversorgung und Kommunikation lahmlegen sollte, beim Verlassen des jordanischen Luftraums von einem russischen Flugzeug abgeschossen worden sei.

Wohlgemerkt, es gab sehr viele Zweifel an dieser Geschichte, aber es blieb eigenartig, dass keine nennenswerte israelische Reaktion zu verzeichnen war. Am 9. Mai jedenfalls erklärte Iran, falls Israel iranische Nuklearanlagen angreife, müsse das Land seine Nukleardoktrin ändern. Was allerdings nicht binnen kurzer Zeit erfolgen kann, weil die Grundlage eine Fatwa ist, die Atomwaffen für haram, "unrein", erklärt und damit grundsätzlich untersagt.

Die Art und Weise, wie Iran auf den israelischen Angriff in Damaskus reagiert hatte, belegt, dass die iranische Führung kein Interesse an einer direkten Konfrontation mit Israel oder gar den Vereinigten Staaten hat. Warum auch, erweist sich doch die Strategie der Nadelstiche, mit der insbesondere die Verbündeten im Jemen auf den israelischen Genozid reagiert haben, als ausgesprochen wirkungsvoll.

Der Gegenangriff auf Israel war eine reine Demonstration, auch wenn die dadurch bei der Gegenseite ausgelösten Kosten beträchtlich waren; wie die Antwort vor Jahren auf die Ermordung von General Qassem Soleimani durch die USA war er schon so lange zuvor bekannt gegeben, dass der Verlust von Menschenleben so weit wie möglich ausgeschlossen war. Man kann davon ausgehen, dass sich an diesem Interesse nichts ändert, auch wenn sich erweisen sollte, dass es sich um einen Anschlag handelte.

Anders sieht es aber damit aus, ob dieses Interesse seitens der Regierung auch politisch durchsetzbar ist – vor allem im eigenen Land. Dabei dürfte der Angriff Anfang April nach wie vor eine Rolle spielen, eben weil die iranische Reaktion zwar klug und erfolgreich war, aber auch jenen schwer zu vermitteln, die Vergeltung erwarten. Die Bedingungen des Absturzes sind nun einmal so, dass es nicht nur in Iran, sondern im ganzen Globalen Süden weitaus mühsamer sein dürfte, die Menschen von einem Unfall zu überzeugen als von einem Anschlag, auch wenn eine akribische Untersuchung diesen bestätigen würde. Was den Handlungsspielraum einer durch die Verluste angeschlagenen Regierung weiter einschränkt.

Im Gegensatz zu den Erwartungen des Westens, die schon wieder einmal auf Regimechange gerichtet sind, dürfte die tatsächliche Reaktion in die Gegenrichtung gehen. Schon allein, weil in der normalen Reaktion ein derartiges Ereignis selbst dann als Angriff auf die Souveränität des eigenen Landes gesehen wird, wenn man nur begrenzt hinter der betroffenen Regierung steht. Nein, das politische Problem wird eher sein, dass große Teile der Bevölkerung auf jeden Fall in diesem Absturz einen Angriff sehen werden, auf den sie eine angemessene Antwort erwarten. Ein Problem, das paradoxerweise noch größer wird, wenn es sich in Wirklichkeit um einen technisch bedingten Unfall handelte.

Wird sich bei der Entwicklung im Zusammenhang mit BRICS irgendetwas ändern? Kaum. Das jüngst unterzeichnete iranisch-indische Verkehrsprojekt knüpft über das Kaspische Meer an Russland an, nicht quer durch den Kaukasus, was auch Sinn macht, nicht nur, weil alle Transitstaaten eingebunden werden müssten, die Verhältnisse dort aber instabil sind, sondern auch schlicht, weil eine belastbare Verkehrsverbindung durch das Gebirge deutlich teurer und aufwendiger ist.

Auch auf die finanziellen Planungen, die Abkopplung vom US-Dollar betreffend, sind keine Auswirkungen zu befürchten. Die diplomatischen Fähigkeiten könnten vorübergehend unter dem Verlust leiden; aber solange kein grundsätzlicher politischer Bruch zu erwarten ist, und das ist er nicht, ist das zwar ein großer, aber ein verkraftbarer Verlust.

Allerdings stellt sich tatsächlich die Frage, ob derartige Vorfälle als Ausdruck westlicher Panik häufiger werden könnten. Schließlich kann man bei dem Projekt Ukraine eigentlich nur noch auf das Ende warten, während das israelische Vorgehen zur Entvölkerung des Gazastreifens zu zunehmender internationaler Isolation führt. Die Schwächung der europäischen Verbündeten, um den Hegemon zu stützen, macht den gesamten Westen auch nicht stärker, und alle Versuche, die "regelbasierte Weltordnung" auszuweiten oder auch nur aufrechtzuerhalten, scheitern mittlerweile. Abseits der Propaganda ist eigentlich unübersehbar, dass militärisch nichts zu retten ist.

Nachdem aber nach wie vor keine Strategien dafür existieren, wie man mit einer eigenen Niederlage umgehen könnte, und wie eine Integration in die entstehende neue Ordnung möglich sei, ist erratisches Verbreiten von Chaos mit allen Mitteln die einzige Alternative, die zur nuklearen Option noch bleibt. Was, sollte sich das in näherer Zukunft bestätigen, ein weiteres Paradoxon schafft – dass selbst eine verstärkte Neigung zu Mordanschlägen und Terror seitens des Westens noch ein Signal der Hoffnung ist, weil sie bestätigt, dass zumindest genug Restverstand übrig ist, nicht zur "Götterdämmerung" zu greifen.

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Wundermittel gegen Alkohol? - ETH Zürich entwickelt Gel zur Reduzierung negativer Folgen

20. Mai 2024 um 14:34

Die ETH Zürich hat ein innovatives Gel entwickelt, das nicht nur den Konsum von Alkohol für den Körper unschädlich macht, sondern auch seine berauschende Wirkung deutlich reduziert. Laut einer kürzlich in Nature Nanotechnology veröffentlichten Studie konnte das Gel den Blutalkoholspiegel bei Mäusen um bis zu fünfzig Prozent senken.

Für die Forscher stellt diese Technologie eine vielversprechende Lösung im weltweiten Kampf gegen Alkoholmissbrauch dar. Studienleiter Raffaele Mezzenga von der ETH Zürich erläuterte, dass ihr Gel den Alkoholabbau im Magen-Darm-Trakt ermöglicht, noch bevor er in den Blutkreislauf gelangt.

Dadurch wird die Bildung des giftigen Zwischenprodukts Acetaldehyd verhindert, das für die Schädigung der Leber verantwortlich ist.

Die Forscher sehen verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für ihr Gel. Es könnte besonders interessant für Menschen sein, die Alkohol konsumieren, aber gleichzeitig ihre Gesundheit schonen wollen und nicht an der berauschenden Wirkung interessiert sind.

Das Gel könnte beispielsweise dazu beitragen, nach dem Konsum von Alkohol sicher Auto fahren zu können, behauptet der Schweizer Fernsehsender SRF.

"Wir haben in Tierversuchen nachgewiesen, dass die Verwendung unseres Gels in Kombination mit Alkohol bei Mäusen ein Verhalten verursacht, das dem von nüchternen Mäusen ähnelt."

Mezzenga betonte jedoch, dass ihr Gel keinesfalls als Freibrief für übermäßigen Alkoholkonsum angesehen werden sollte. Übermäßiger Alkoholkonsum führt jedes Jahr zu mehreren Millionen Todesfällen weltweit. Das Ziel des Gels sei vielmehr, die mit Alkoholkonsum verbundenen Risiken zu minimieren.

Vor der Zulassung für den Einsatz beim Menschen sind jedoch noch weitere klinische Tests erforderlich. Die Forscher haben aber bereits ein Patent für ihr Gel beantragt und planen, demnächst mit klinischen Studien zu beginnen.

Alkoholabbau im Körper mit und ohne neues Gel. Grafik: ETH ZürichETH Zürich

Die Resonanz auf diese Nachricht folgte prompt. Leser des TagesAnzeigers fragten beispielsweise: "Ist es nicht das Ziel vieler Trinker, dass der Alkohol letztendlich ins Blut gelangt?" Und weiter: "Ich verstehe den Zweck dieses Gels nicht ganz. Viele Menschen trinken Alkohol gerade wegen seiner berauschenden Wirkung." Ein Leser verwies auf ein Sprichwort aus dem Ruhrgebiet: "Halb besoffen ist herausgeschmissenes Geld."

Einige Leser zeigten sich irritiert über den Nutzen des Gels: "Alkohol trinken ist für viele ein sozialer Akt. Man genießt in Gesellschaft, weil Wein zum festlichen Essen einfach dazugehört. Es schmeckt auch, aber die berauschende Wirkung ist nicht zwangsläufig das Hauptziel." Ein anderer Leser drückte seine Skepsis aus: "Tolle Erfindung, aber eigentlich absurd. Man verwendet das Gel, um letztendlich noch mehr trinken zu können."

Dennoch gab es Leser, die das Gel interessant fanden. Ein Kommentator schrieb: "Wenn ich ausgehe, würde ich gerne einen Aperitif, ein Glas Wein und zum Abschluss vielleicht noch einen Cognac oder Ähnliches genießen. Es schmeckt mir einfach bei diesen Gelegenheiten. Aus gesundheitlicher Sicht wäre das sicherlich grenzwertig. Für das Autofahren wäre die Grenze definitiv überschritten. Daher würde mich dieses Gel in solchen Situationen durchaus interessieren."

Teilnehmer einer Qualifikationsrunde des Khinkali-Wettbewerbs machen sich bereit, Khinkali in einem Café in Moskau, Russland, zu essen.Sputnik

Die Frage, ob den Schweizern die Entwicklung eines Wundermittels gegen Alkohol gelingt, bleibt offen. Denn wer wäre tatsächlich die Zielgruppe? Alles erfordert ein gewisses Maß, und es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und, wie die Russen sagen, während des Konsums "einen Snack zu sich zu nehmen", um die Wirkung zu mildern oder zu begleiten.

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Assange gewinnt vor Oberstem Gericht – neue Berufung gegen den Auslieferungsbeschluss zugelassen

20. Mai 2024 um 15:00

Geradezu in letzter Minute wurde eine Auslieferung von Julian Assange an die Vereinigten Staaten abgewendet. Das Oberste Gericht Großbritanniens entschied, dass eine weitere Berufung gegen die Entscheidung, ihn an die Vereinigten Staaten auszuliefern, zulässig sei.

Vor dem Gerichtshof hatten sich Dutzende seiner Unterstützer versammelt, um auf die Entscheidung zu warten. Assange, der nach wie vor im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh inhaftiert ist, drohen im Falle der Auslieferung bis zu 175 Jahre Haft, weil er in den USA wegen Spionage angeklagt ist. Seine Tat war allerdings reine journalistische Tätigkeit; nicht einmal die USA werfen ihm vor, die Dokumente, die er veröffentlichte, selbst beschafft zu haben.

Während der Verhandlung hatten zwei der Richter signalisiert, eine weitere Berufung wäre denkbar, wenn nicht bestimmte Zusicherungen durch die USA erfolgten – dass er sich auf die Rechte des ersten Verfassungszusatzes der USA berufen kann, in dem die Redefreiheit garantiert wird, dass er nicht wegen seiner Nationalität Vorurteilen jeglicher Art ausgesetzt wird, und dass die Todesstrafe ausgeschlossen ist.

Der Kronanwalt der britischen Regierung hatte darauf bestanden, dass das Verhalten Assanges durch den ersten Verfassungszusatz "schlicht nicht geschützt" sei. Die Vertreter der USA in diesem Verfahren betonten vor allem, die nicht überarbeitete Veröffentlichung klassifizierter Dokumente habe Quellen, die für die USA tätig sind, in Gefahr gebracht.

Das größte Aufsehen erregte Wikileaks, die von Assange gegründete Plattform zur Veröffentlichung geleakter Dokumente, allerdings mit zwei ganz anderen Fällen: der Veröffentlichung eines Videos von einem US-Kriegsverbrechen im Irak und der Veröffentlichung von Dokumenten über den Ablauf der Vorwahlen bei den US-Demokraten, bei denen durch Manipulationen ein Sieg von Hillary Clinton gesichert wurde.

Bereits nach der Veröffentlichung des Videos, das die Ermordung anderer Journalisten zeigte, begann die juristische Verfolgung von Assange – anfänglich über einen konstruierten Vorwurf der Vergewaltigung in Schweden, der vor allem dazu dienen sollte, den USA die Möglichkeit zu geben, seine Auslieferung zu verlangen. Assange suchte Zuflucht in der Botschaft Ecuadors in London, wo er sieben Jahre verharren musste.

Als in Ecuador eine US-freundliche Regierung an die Macht kam, musste er 2019 sein Londoner Asyl verlassen und wurde sofort festgenommen und unter Vorwürfen, gegen das Aufenthaltsrecht verstoßen zu haben, inhaftiert.

Die Haftbedingungen in Belmarsh, das einst errichtet wurde, um Gefangene der IRA unterzubringen, sind besonders harsch; mehrmals schon war während der Haft das Leben des mittlerweile 52-Jährigen in Gefahr.

Vergangenen Monat wurde gemeldet, dass US-Präsident Joe Biden überlege, die Anklagen gegen Assange fallen und ihn in sein Heimatland Australien zurückkehren zu lassen. Der aktuelle Premierminister Anthony Albanese hatte das begrüßt; über lange Zeit hinweg hatte sich Australien für Assange nur sehr zögerlich eingesetzt. Während der Regierungszeit von Donald Trump hatten viele darauf gehofft, dass Trump das Verfahren beenden oder Assange begnadigen würde.

Für viele seiner Unterstützer ist Assange ein Held. Seine Plattform ermöglichte es, Kriegsverbrechen, die ansonsten verschwiegen worden wären, bekannt zu machen und so zumindest die Möglichkeit zu schaffen, sie zu ahnden, sowie vielfach Entwicklungen aufzudecken, die sich gegen die Rechte der Bürger richteten. Aber für die meisten Regierungen des Westens ist es, meinen Assanges Unterstützer, krimineller, derartige Verbrechen aufzudecken, als sie zu begehen.

Mit dem heutigen Richterspruch ist eines der längsten Gerichtsverfahren um die Pressefreiheit noch lange nicht am Ende, aber zumindest ist sichergestellt, dass Assange nicht schon in den nächsten Tagen in die USA gebracht wird. Als letztes Mittel hatten seine Anwälte einen Antrag auf einstweilige Verfügung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorbereitet.

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Internationaler Strafgerichtshof beantragt Haftbefehle gegen Netanjahu und Hamas-Anführer

20. Mai 2024 um 13:40

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) mit Sitz in Den Haag einen Haftbefehl für sowohl Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als auch für Hamas-Anführer Yahya Sinwar beantragt. 

Auf der Website des IStGH teilt Chefankläger Karim Khan mit, es gebe genug Hinweise für die Annahme, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der israselische Verteidigungsminister Yoav Gallant die Verantwortung für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf dem Gebiet Palästinas, insbesondere im Gaza-Streifens tragen. 

Vorgeworfen wird Netanjahu und Gallant unter anderem der Einsatz von Hunger als Waffe, vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten, das absichtliche Erzeugen von Mangel und grausame Behandlung von Menschen. 

Ebenfalls zur Verhaftung ausgeschrieben werden Yahya Sinwar, Chef der Islamischen Wiederstandsbewegung Hamas, Mohammed Diab Ibrahim Masri sowie Ismail Haniyya, alle Mitglieder der Hamas. Ihnen wird unter anderem Mord, Geiselnahme, Vergewaltigung und Folter vorgeworfen. 

In Bezug auf Israel teilt der Chefankläger mit, die von seinem Büro gesammelten Beweise würden zeigen, dass Israel der Zivilbevölkerung in Gaza absichtlich und systematisch lebensnotwendige Güter vorenthält. 

Das Ermittlungsbüro gehe davon aus, Israel den Plan hat, Hunger Mangel als Kriegswaffe gegen die Zivilbevölkerung als Mittel einzusetzen. Ziel sei dabei, die Hamas auszulöschen, die Freilassung von Geiseln zu erreichen und die Zivilbevölkerung von Gaza kollektiv zu bestrafen.

Khan betont, Israel habe das Recht seine Bürger gegen Angriffe zu verteidigen. Dennoch sei das Land verpflichtet, das humanitäre Völkerrecht zu beachten. 

Den Haftbefehl gegen Vertreter der Hamas begründet der Chefankläger damit, sie seien verantwortlich für den Tod von hunderten Zivilisten. Die Hamas sei mit äußerster Brutalität vorgegangen. Zudem habe das Ermittlungsbüro Beweise dafür gesammetl, dass die von der Hamas genommenen Geiseln unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten wurden. Dabei sei es auch zur Anwendung von sexueller Gewalt gekommen. 

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Nach Raisis Tod: Vizepräsident Mochber übernimmt vorläufig Amtsgeschäfte

20. Mai 2024 um 13:25

Irans Staatschef Ebrahim Raisi ist am Sonntag bei einem Hubschrauberunfall ums Leben gekommen. Laut der Verfassung des Landes steht nach dem Tod des Präsidenten der Erste Vizepräsident vorübergehend an der Spitze der Regierung.

Ajatollah Ali Chamenei, Irans Oberster Führer, hat am Montag den 68-jährigen ersten Vizepräsidenten Mohammed Mochber mit den Amtsgeschäften des Präsidenten beauftragt, berichtet der TV-Sender Al Jazeera. "Gemäß Artikel 131 der Verfassung ist Mochber mit der Leitung der Exekutive betraut", erklärte Chamenei in einer Kondolenzbotschaft. Er fügte hinzu, dass Mochber verpflichtet sei, gemeinsam mit den Chefs der Legislative und Judikative die Präsidentschaftswahlen innerhalb von 50 Tagen vorzubereiten.

Mochber, der die neue Position in den kommenden zwei Monaten übernehmen soll, ist ein ehemaliger Offizier der Islamischen Revolutionsgarde. Er gilt wie Raisi als dem Obersten Führer Ali Chamenei nahestehend, der in allen Staatsangelegenheiten das letzte Wort hat. Mochber ist seit 2021 im Amt, als Raisi zum Präsidenten gewählt wurde. Im Jahr 2010 nahm die EU ihn in die Liste von Personen und Organisationen auf, gegen die sie Sanktionen wegen angeblicher Beteiligung an "Handlungen im Bereich von nuklearen oder ballistischen Raketenaktivitäten" verhängte. Zwei Jahre später wurden die Sanktionen aufgehoben.

Mochber war 14 Jahre lang Leiter des Investmentfonds Setad, der im Jahr 1989 auf Anordnung von Ajatollah Ruhollah Khomeini, dem Gründer der Islamischen Republik, geschaffen wurde. Der Fonds beschäftigte sich mit dem Verkauf und der Verwaltung von Immobilien, die in den chaotischen Jahren nach der Islamischen Revolution von 1979 von den Eigentümern aufgegeben worden waren. In den vergangenen Jahren hat sich Setad zu einer der mächtigsten Organisationen in Iran entwickelt. Im Jahr 2013 sanktionierte das US-Finanzministerium den Fonds und 37 von ihm beaufsichtigte Unternehmen.

Der Präsident der Islamischen Republik steht an der Spitze der Exekutive des Landes und wird alle vier Jahre gewählt. Er kontrolliert die Regierung und kann abhängig von seinem politischen Hintergrund großen Einfluss auf die Staatspolitik und die Wirtschaft ausüben. Im Unterschied zum Posten eines Präsidenten ist der Oberste Führer Irans für alle wichtigen Entscheidungen verantwortlich, die den Staat betreffen. Der Oberste Führer ist auch Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber. Diese Position wurde nach der Islamischen Revolution von 1979 geschaffen. Chamenei ist seit 1989 das politische und religiöse Oberhaupt des Iran. 

Am Sonntag ist ein US-Hubschrauber vom Typ Bell 212 mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi an Bord nahe der iranisch-aserbaidschanischen Grenze abgestürzt. Außenminister Hossein Amir-Abdollahian und weitere iranische Beamte waren an Bord. Am Montagmorgen meldete der iranische Rote Halbmond, dass Such- und Rettungsteams den abgestürzten Hubschrauber gefunden hätten und dass alle Passagiere und die Besatzung ums Leben gekommen seien. 

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Eine stille Revolution: Dank der Konfrontation mit dem Westen findet Russland zum eigenen Wein

20. Mai 2024 um 13:04

Es ist erstaunlich, aber in Russland, das schon vor der Revolution des 20. Jahrhunderts sehr guten Wein produziert hatte, gab es bis vor Kurzem keine Rechtsvorschriften, die den Weinbau und den Verkauf von Wein genau geregelt hätten. Alles, was mit anderen Getränken zu tun gehabt hatte, hatte sich in den Gesetzen wiedergefunden, aber Wein war außen vor geblieben.

Dieser Mangel wurde erst vor ein paar Jahren behoben. Konkret im Jahr 2020, als das Gesetz über den Weinbau und die Weinbereitung verabschiedet wurde, das eine Reihe von Branchenkonzepten und Regeln für russische Erzeuger festlegt. Nun hat Russland neun Weinbauzonen gesetzlich festgelegt, in denen eine Gebietseinteilung vorgenommen wurde. So sind beispielsweise die Krim, Dagestan, Ossetien und die Untere Wolgaregion als eigene Weinbaugebiete eingestuft worden. Das Wirtschaftsportal RBK erklärt:

"Im Jahr 2021 entstand in Russland eine Selbstregulierungsorganisation, der Verband der Winzer und Weinbauern Russlands, dem inzwischen mehr als 80 Prozent der Betriebe angehören. Die föderale Gesetzgebung hat ihr eine Reihe von Aufgaben übertragen, darunter die Genehmigung zusätzlicher Weinqualitätsstandards und die Kontrolle der Einhaltung dieser Standards. (...) Zudem erhalten die Winzer neuartige föderale Sondermarken 'Wein Russlands', die bestätigen, dass der Wein zu 100 Prozent aus Trauben hergestellt wurde, die auf dem Territorium des Landes gewachsen sind. Die Verschärfung der gesetzlichen Regelung der Herkunftsgarantien für Wein erhöhte die Wettbewerbsfähigkeit der russischen Weine."

Seit die neuen Gesetze in Kraft getreten sind, hat die Weinindustrie einen großen Sprung nach vorn gemacht. Die Rebfläche hat zugenommen – im Jahr 2022 wurden beispielsweise 43 Prozent mehr Weinberge angelegt als in den Vorjahren. Damit steht Russland nach Indien an zweiter Stelle auf der Welt, was das Wachstum der Weinanbaufläche angeht. Die Erträge sind ebenfalls sprunghaft angestiegen. RBK schreibt:

"Die Traubenernte in Russland ist in den letzten Jahren allmählich gestiegen. Der Rekord wurde im Jahr 2022 erreicht, als 890.000 Tonnen geerntet wurden – 18 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Insgesamt stieg die Ernte zwischen den Jahren 2018 und 2022 um 42 Prozent, wobei die Krim (+ 49 Prozent), Kuban (+ 39 Prozent) und Stawropolje (+ 31 Prozent) den Anstieg unter den Traubenanbaugebieten anführten. Gleichzeitig stieg in Tschetschenien, das zu keiner Weinbauzone gehört, die Bruttoernte von Tafeltrauben im Zeitraum 2018 bis 2022 um das Zwölffache auf drei Prozent der gesamtrussischen Ernte an."

Es gibt auch neue, bekannte Wein- und Schaumweinmarken, die bereits an Popularität gewonnen haben. Zum Beispiel Chateau Tamagne – diese Marke hat sich in Russland bereits zu einem der Favoriten entwickelt und ist in den Supermärkten sehr rasch vergriffen. In den Weinbergen, in denen dieser Wein angebaut wird, kommen die Touristen in Scharen zu Führungen und Weinproben. 

Natürlich haben auch die westlichen Sanktionen zur Entwicklung des russischen Weinbaus beigetragen. Zum einen wurde deutlich, dass es notwendig ist, westliche Weine durch eigene zu ersetzen, und zum anderen gab das Verschwinden einiger Anbieter vom Markt grünes Licht für russische Marken.

Wenn man einen Russen fragt, wie alt die Geschichte des russischen Weinbaus ist, wird er wahrscheinlich sagen: "15 bis 20 Jahre." Aber Weinprofis erzählen einem, dass der Weinbau in Russland viele Jahrhunderte alt ist. Anders als in Europa führte die turbulente Geschichte Russlands mit ihren endlosen Eroberungen von außen und Kriegen, Veränderungen der Gesellschaftsordnung und ähnlichem jedoch dazu, dass die Tradition immer wieder unterbrochen wurde.

Völker, Epochen und Staaten lösten einander ab. Man erinnerte sich an den Wein oder vergaß ihn. Und dann begannen neue Generationen von Winzern wieder von vorne. Iwan Lasarew, Präsident des Ural-Sibirischen Sommelierverbandes, erzählt in einem Interview mit dem Fachportal Kontur Market:

"Oft haben wir alles bei null angefangen. Wir kennen die Zeiten von Gorbatschows Prohibitionsgesetz oder des Ersten Weltkriegs, als die Herstellung und der Verkauf von Alkohol in Russland verboten waren. Die Frage, wie viele Jahre die Geschichte des russischen Weinbaus zurückreicht, ist also eher rhetorisch. Und jeder hat seine eigene Antwort darauf, wann genau wir begonnen haben, unseren Wein immer wieder neu zu erfinden und zu überdenken.

Die ununterbrochene Geschichte des russischen Weinbaus kann ab dem Jahr 1613 gezählt werden, als in Astrachan, auf der Schildkröteninsel, die ersten Weinberge angelegt wurden. Unser berühmter Winzer Lew Sergejewitsch Golizyn scherzte gerne über dieses Thema, wenn er gefragt wurde: 'Wieso entwickelt sich der russische Weinbau so langsam?' Er antwortete: 'Wir haben also auf der Schildkröteninsel angefangen und machen so im Schildkrötentempo weiter.'"

Viele der Rebsorten, die vor der Revolution in Russland angebaut worden waren, stammen aus der alten Vergangenheit der Weinbauregionen. So hatte es im 19. Jahrhundert im zaristischen Russland auf der Krim mehr als 110 autochthone Rebsorten gegeben, deren Abstammung praktisch bis ins antike Griechenland hatte zurückverfolgt werden können, betonen Weinexperten.

In den letzten Jahren hat sich der russische Weinbau jedoch keineswegs im "Schildkrötentempo" entwickelt – Lew Golizyn wäre mit der aktuellen Weinstatistik zufrieden gewesen. So ist die Nachfrage nach russischen Weinen im Jahr 2024 um fast 50 Prozent gestiegen, die Beliebtheit heimischer Schaumweine hat zugenommen, ihr Absatz ist um 76 Prozent gestiegen. Eine große Rolle spielten dabei auch die protektionistischen Maßnahmen, die zugunsten des heimischen Weins eingeführt wurden. So wurden die Steuern auf importierten Wein aus den sogenannten "unfreundlichen" Ländern erhöht, wodurch billiger Importwein aus den Regalen verschwand und russischem Wein Platz machte.

Auch russische Investoren fühlen sich von der Weinbranche angezogen – es ist für sie eine attraktive Perspektive geworden, in russische Weinberge zu investieren. So wird in diesem Jahr ein neues Wachstum in der Branche erwartet. "Der Anteil russischer Weine in den Verkaufsregalen wird im Jahr 2024 60 Prozent erreichen", stellt RBK unter Berufung auf eine Studie der Nationalen Ratingagentur fest und fügt hinzu: "Die Schutzmaßnahmen der russischen Regierung werden dazu beitragen."

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Größter Diebstahl der Geschichte bahnt sich an: USA wollen 50 Milliarden an Kiew transferieren

20. Mai 2024 um 12:36

Einem Bericht der britischen Zeitung Financial Times zufolge versuchen die Vereinigten Staaten, die G7-Staaten dazu zu bringen, der Ukraine zusätzliche Finanzhilfen zukommen zu lassen. Wie es heißt, sollen zu dem Zweck Gewinne aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten als Kreditgarantien verwendet werden. Die US-Regierung rechne damit, den Plan umzusetzen, bevor Ex-Präsident Donald Trump möglicherweise ins Weiße Haus zurückkehre, teilt die Zeitung unter Bezugnahme auf westliche Beamte mit. 

Mehrere G7-Staaten lehnten dieses Vorhaben ab, hätten jedoch auf Druck Washingtons begonnen, ihre Position zu ändern, heißt es im Bericht. Die US-Initiative werde voraussichtlich beim G7-Gipfel im Juni diskutiert werden. Falls der Plan der US-Regierung die Unterstützung der G7 finde, werde Kiew etwa 50 Milliarden US-Dollar erhalten.

Ein hochrangiger Beamter im US-Finanzministerium erklärte gegenüber der Financial Times, dass jede Entscheidung grundsätzlich eine politische Entscheidung sei, die von den Staats- und Regierungschefs der G7 im kommenden Monat getroffen werde. Das Ziel sei es demzufolge, einen Konsens zwischen den Finanzministern zu erzielen, damit diese dann den Staats- und Regierungschefs ihre Empfehlungen vorlegten.

Nach dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine haben die EU und die G7-Staaten russische Devisenreserven in Höhe von rund 300 Milliarden Euro eingefroren.

Moskau bezeichnet die Maßnahme wiederholt als illegal und fordert die Freigabe der Gelder. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte, dass das Vorgehen des Westens einem Diebstahl gleichkomme und "niemandem jemals etwas Gutes gebracht hat, vor allem denen nicht, die sich in dieser anrüchigen Sache engagieren."

Kremlsprecher Dmitri Peskow warnte, dass Russland über eine Liste von Vermögenswerten anderer Länder verfüge, die als Gegenmaßnahme beschlagnahmt werden könnten, wenn eingefrorene Reserven der Zentralbank Russlands konfisziert würden.

Die Pläne westlicher Regierungen, eingefrorene Reserven der russischen Zentralbank entweder direkt zu konfiszieren oder die hieraus erzielten Gewinne zu verwenden, könnten das globale Währungssystem untergraben, warnte kürzlich der Internationale Wahrungsfond (IWF). Für den Fonds sei es wichtig, dass alle Maßnahmen auf einer ausreichenden Rechtsgrundlage beruhten und das Funktionieren des internationalen Währungssystems nicht untergrüben, erklärte die IWF-Sprecherin Julie Kozack bei einer Pressekonferenz.

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Ölraffinerie im Süden Russlands bei Drohnenangriff beschädigt

20. Mai 2024 um 12:02

Das Gelände der Ölraffinerie Slawjansk im Gebiet Krasnodar ist durch den Absturz von Drohnen am 19. Mai beschädigt worden. Dies gab Eduard Trudnew bekannt, der Direktor für integrierte Sicherheit der Unternehmensgruppe Slawjansk ECO:

"Es gibt Schäden. Ihr Ausmaß und ihre Größe werden festgestellt."

Trudnew fügte hinzu, dass Spezialisten Schwachstellen in der Verteidigungsfähigkeit des Unternehmens ausgemacht hätten:

"Es gibt Lücken in der Verteidigungsfähigkeit, wir haben sie erkannt und werden daran arbeiten. Das ist die Hauptaufgabe."

Ein ungenannter Vertreter des Unternehmens gab gegenüber der Nachrichtenagentur RIA Nowosti an, dass mindestens eine Anlage beschädigt worden sei. Die Agentur zitierte den Gesprächspartner mit den Worten:

"Alle Drohnen waren mit Submunitionen in Form von Stahlkugeln gefüllt, die Streuung war großflächig. Eine der Anlagen ist beschädigt. Mindestens. Das Ausmaß des Schadens ist noch nicht vollständig bekannt."

In der Nacht zum 19. Mai meldete das operative Hauptquartier des Gebiets Krasnodar den Absturz einer Drohne auf dem Gelände der Raffinerie und fügte hinzu, dass es keine Brände, Schäden oder Verletzte gegeben habe. Am Morgen teilte die Verwaltung der Stadt Slawjansk am Kuban, wo sich die Anlage befindet, mit, dass sechs Drohnen auf das Territorium des Betriebs gestürzt seien, wobei es laut vorläufigen Angaben keine Verletzten oder Schäden gegeben habe.

Später offenbarte Trudnew, dass es auf dem Gelände der Raffinerie sichtbare Schäden gegeben habe und dass mit der Schadensbewertung nach Abschluss der Ermittlungsmaßnahmen begonnen werde. Ihm zufolge hätten die abgestürzten Drohnen Submunitionen getragen. Die Raffinerie setzte den Betrieb aus.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Anlage von Drohnen angegriffen wird. Auch in der Nacht zum 17. März versuchten mehrere Drohnen, die Einrichtung anzugreifen. Die Fluggeräte wurden neutralisiert, nach dem Absturz einer Drohne brach aber ein Feuer aus. Darüber hinaus verstarb eine Person an einem Herzinfarkt.

Auch am 27. April stellte die Raffinerie den Betrieb ein, nachdem über Nacht ein "versuchter Großangriff" von Drohnen auf die Infrastruktur und die Raffinerien von Krasnodar verzeichnet worden war. Bei dem Anschlag auf die Raffinerie Slawjansk wurde eine Separationsanlage beschädigt und es kam zu einem Feuer, das zügig gelöscht werden konnte. Laut Trudnew hätten damals zehn Drohnen die Raffinerie attackiert.

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"Schockierende Informationen": Fico-Attentäter war vielleicht doch kein Einzeltäter

20. Mai 2024 um 11:31

Der Mann, der am Mittwoch den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico lebensgefährlich verletzt hat, ist möglicherweise doch kein Einzeltäter. Es gebe dafür Indizien, sagte Innenminister Matúš Šutaj-Eštok am Sonntag vor Journalisten in Bratislava, wie die Zeit berichtet. Er betonte:

"Wir haben ein Ermittlerteam zusammengestellt, das auch mit der Version arbeiten wird, dass es sich nicht um einen einsamen Wolf handelte."

"Die Situation erweist sich als noch schlimmer, als wir es erwartet haben", sagte auch Verteidigungsminister Robert Kalinák. Möglicherweise habe eine andere Partei "zugunsten des Täters gehandelt". Details nannte Kalinák nicht. Die Behörden hatten zuvor von einem Einzeltäter gesprochen. Kalinák ergänzte, dass es Hinweise gibt, wonach der Attentatsversuch "in einem größeren Kreis besprochen" worden sei. Und weiter:

"All das sind schockierende Informationen und für viele von uns wäre es viel einfacher, wenn wir nur von einer Person sprechen könnten."

Eins der Indizien sei, dass der vollständige Inhaltsverlauf der Facebook-Seite des Täters zwei Stunden nach seiner Festnahme gelöscht worden sei, sagte Šutaj-Eštok. Der Mann sei zu diesem Zeitpunkt in den Händen der Polizei gewesen und habe selbst keinen Zugang zu der Seite gehabt. Auch dessen Frau habe in diesem Augenblick nicht darauf zugreifen können, sagte der Innenminister. Wer hat also die Löschung durchgeführt?

Šutaj-Eštok richtete eine Warnung an "alle Tastaturhelden", die das Attentat auf den 59 Jahre alten Regierungschef im Internet guthießen oder weitere Hassbotschaften und Gewaltaufrufe verbreiteten. Die Polizei werde schonungslos gegen alle solche Hetzer vorgehen, sie finden und für ihre Bestrafung sorgen.

Der Zustand von Fico war am Sonntag laut Kalinák vier Tage nach dem Attentat weiterhin ernst. Der 59-Jährige habe aber eine positive Prognose bekommen, sagte Kalinák vor dem Krankenhaus in der Stadt Banská Bystrica, in dem der Ministerpräsident behandelt wird. "Das Schlimmste von dem, was wir befürchtet hatten, ist vorbei, zumindest für den Moment."

Der stellvertretende Direktor des Krankenhauses, Milan Urbani, sagte zu Reportern, es werde davon ausgegangen, "dass sich der Patient derzeit nicht in einem lebensbedrohlichen Zustand befindet". Die Genesung werde allerdings viel Zeit in Anspruch nehmen. "Wir glauben fest daran, dass alles eine gute Richtung nehmen wird."

Fico war am vergangenen Mittwoch vor einem Kulturzentrum in der Stadt Handlová in die Bauchgegend geschossen worden. Er selbst hatte im April bei Facebook seine Einschätzung geteilt, dass die steigenden Spannungen zu einem Politikermord führen könnten. Fico warf in dem Post den Medien vor, die Spannungen zu schüren. Er hatte sich in jüngster Zeit verstärkt gegen den WHO-Pandemievertrag sowie weitere Ukraine-Hilfen ausgesprochen.

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Putin und Lawrow: Raisi war ein wahrer Freund Russlands

20. Mai 2024 um 10:55

Der russische Präsident hat dem obersten iranischen Führer Ali Khamenei sein Beileid zum Hubschrauberabsturz des iranischen Präsidenten ausgesprochen. Putin bezeichnete Raisi als "wahren Freund Russlands", der sich sehr für die Entwicklung der Beziehungen zwischen beiden Ländern eingesetzt habe. Er wünschte dem gesamten iranischen Volk Mut und betonte, dass er Raisi bei mehreren Gelegenheiten getroffen habe und ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren werde. Auf der Webseite des Kremls heißt es:

"Er wurde zu Recht von seinen Landsleuten hoch geschätzt und genoss im Ausland großes Ansehen. Als wahrer Freund Russlands leistete er einen unschätzbaren persönlichen Beitrag zur Entwicklung der gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Ländern und unternahm große Anstrengungen, um sie auf die Ebene einer strategischen Partnerschaft zu heben."

Am Sonntagabend traf sich Putin mit dem iranischen Botschafter in Moskau, berichtet die Nachrichtenagentur Irna unter Bezugnahme auf den Diplomaten. Laut seinen Angaben zeigt sich der russische Staatschef während des Treffens besorgt bezüglich des Unglücks und erklärte, Russland sei bereit, Iran jede notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.

Auch der russische Außenminister Lawrow kondolierte. Sein iranischer Amtskollege Hossein Amir-Abdollahian und Präsident Raisi seien wahre und zuverlässige Freunde Russlands gewesen. Raisi habe eine unschätzbare Rolle bei der Stärkung der vertrauensvollen Partnerschaft zwischen Moskau und Teheran gespielt.

"Wir werden diese herausragenden politischen Persönlichkeiten immer als wahre Patrioten der Islamischen Republik in Erinnerung behalten, die die Interessen ihres Staates entschlossen verteidigt und ihr Leben im selbstlosen Dienst für das Vaterland gegeben haben."

Raisi war am Sonntag bei einem Hubschrauberabsturz im Nordwesten Irans an der Grenze zu Aserbaidschan ums Leben gekommen. Er war gemeinsam mit dem Außenminister auf dem Rückflug von einem Treffen mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew, als der Hubschrauber verschwand. Der Hubschrauber sei bei schlechter Sicht über bergigem Gelände unterwegs gewesen, als er abstürzte, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Bis zu den Neuwahlen übernimmt der iranische Vizepräsident Mohammed Mochber die Regierungsgeschäfte.

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Estland lässt die Inquisition wieder aufleben

20. Mai 2024 um 10:26

Von Michail Rostowski

Wir leben eigentlich im 21. Jahrhundert. Warum eigentlich? Weil offensichtlich nicht alle Staaten in ihm angekommen sind. Einige leben ungefähr im 16. Jahrhundert, mit seinen Religionskriegen, der Verfolgung von "Ketzern", der Inquisition und anderen Reizen einer scheinbar längst vergangenen Zeit. Und nein, ich spreche nicht von den Ländern, die im "aufgeklärten Europa" gewöhnlich als "rückständig" bezeichnet werden. Ich spreche von genau diesem "aufgeklärten" Europa – einem Land namens Estland.

Der estnische Rundfunk ERR berichtete neulich über die jüngsten Initiativen des Innenministers der Republik Lauri Läänemets, eines Sozialdemokraten:

"Läänemets erwartet von den Vertretern der estnisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats in Estland, dass sie die Aktivitäten des Patriarchen Kirill als Häresie anerkennen und ihre Beziehungen zu Moskau abbrechen."

Sie sagen, das könne gar nicht sein, der Ausspruch müsse erfunden oder entstellt sein? Nichts dergleichen. Es erzählt der Chef des estnischen Innenministeriums selbst stolz, wie er die Vertreter der estnisch-orthodoxen Kirche unter Druck gesetzt hat:

"Wir haben noch einmal die Sicherheitsprobleme erklärt, die Estland nicht passen. Wir haben erklärt, welches Ergebnis Estland erwartet. Wir haben auch den Vertretern der Moskauer Kirche zugehört. (...) Wir haben auch über die verschiedenen Entscheidungen der orthodoxen Kirche auf der Welt und die in der Kirche geltenden Regeln gesprochen. Es gibt einen Kanon, der besagt, dass die Gemeinden im Falle von Häresie oder Irrlehre (der Kirchenoberen – d. Red.) eigenständige Schritte unternehmen können und ihre früheren Gelübde nicht einhalten müssen."

Nachdem ich diese erstaunlichen Aussagen gelesen hatte, beschloss ich, vor dem Schlafengehen die estnische Verfassung zu lesen. Und wissen Sie, es gibt viele interessante Dinge in diesem Dokument. Nehmen Sie zum Beispiel Artikel 40:

"Jeder hat Gewissens-, Religions- und Gedankenfreiheit. Die Zugehörigkeit zu Kirchen und Religionsgemeinschaften ist frei. Es darf keine Staatskirche geben."

Und hier ist Artikel 41:

"Jeder hat das Recht, seiner Meinung und Überzeugung treu zu bleiben. Niemand darf gezwungen werden, sie zu ändern. (...) Niemand darf wegen seiner Überzeugungen rechtlich zur Verantwortung gezogen werden."

Ich frage mich, ob der estnische Innenminister die Verfassung seines Landes kennt. Theoretisch, wenn er lesen kann, müsste er. Warum habe ich einen so seltsamen Vorbehalt gemacht – wenn er lesen kann? Der Punkt ist, dass die Vertreter der politischen Kreise Estlands große Probleme mit der Alphabetisierung haben – nicht nur mit der politischen Alphabetisierung, sondern auch mit der Alphabetisierung im wahrsten Sinne des Wortes.

Ein Artikel auf dem estnischen Portal Delfi über eine "wissenschaftliche Debatte" von lokalen und eingeladenen "wissenschaftlichen Koryphäen" trägt den Titel "Russland und der Imperialismus – Entwicklungsszenarien". Im Artikel wird über den Redebeitrag von Borislaw Berjosa berichtet – einem ehemaligen Abgeordneten der Obersten Rada der Ukraine und ehemaligen Leiter der Informationsabteilung des Rechten Sektors*:

"Er glaubt, dass die Idee des Imperialismus in der russischen Version die Idee einer klassischen Metropolie ist. Und in diesem Fall ist die Haltung gegenüber anderen Staaten die Haltung einer Metropolie gegenüber Kolonien."

Eine Metropolie ist der Zuständigkeitsbezirk eines Bischofs, ein Territorium oder eine Stadt, die von einem Metropoliten geleitet wird. Und was der pensionierte (oder wahrscheinlich noch gar nicht pensionierte) Extremist des Rechten Sektors meinte, ist eine Metropole: der Kolonialstaat im Verhältnis zu seinen Kolonien, von ihm abhängigen Ländern.

Ich muss zugeben, dass die "estnischen Literaten" den Fehler recht schnell korrigiert haben. Als ich das Zitat noch einmal überprüfte, war die Begriffsverwirrung bereits behoben. Aber das machte den estnischen "wissenschaftlichen" Disput nicht weniger wild und mittelalterlich.

Es genügt zu sagen, dass die Teilnehmer dieser Aktion ernsthaft darüber diskutierten, ob ethnische Russen ein gewisses "Gen des Imperialismus" haben oder nicht.

Und hier ist ein weiterer "charmanter" Artikel auf derselben Website. Die Rubrik "Aus der Redaktion". Überschrift: "Die Ukraine und Estland haben Anspruch auf Geld vom russischen Aggressor". Das Schlüsselfragment:

"Es wäre vernünftig, wenn neben der Ukraine auch die Länder entschädigt werden würden, denen durch die Konfrontation mit Russland und die Unterstützung der Ukraine noch immer enorme Kosten entstehen, darunter Estland, das eine große Zahl ukrainischer Flüchtlinge aufgenommen hat und sein letztes Hemd gibt, um die sich mutig verteidigende Ukraine über Wasser zu halten."

Erkennen Sie jetzt die Tiefe der estnischen politischen Verwilderung? Das Geld anderer Leute zu nehmen, sei richtig, meint man. Stehlen sei richtig. Ihr eigenes Grundgesetz zu verletzen – richtig. Es ist sei auch richtig, die Inquisition wieder aufleben zu lassen (falls es jemand vergessen hat, so hieß die Einrichtung, die im mittelalterlichen Europa Ketzer und Häresien bekämpfte). In einem solchen "Wunderstaat" scheinen die oben zitierten Aussagen des Innenministers nichts Außergewöhnliches zu sein. Sie werden als Norm wahrgenommen.

Ein Fragment aus meinem Lieblingsbuch meiner Kindheit – dem Roman der Gebrüder Strugazki "Es ist schwer, ein Gott zu sein":

"'Ich habe nicht versucht, mit Intelligenz zu beeindrucken', erwiderte Pater Keane mit Würde, 'das Einzige, was ich wollte, war, zum Nutzen des Staates zu eilen. Wir brauchen keine klugen Leute. Wir brauchen die Gläubigen. (...) Das Wesentliche sind die Grundregeln des neuen Staates. Sie sind einfach, es sind nur drei: der blinde Glaube an die Unfehlbarkeit der Gesetze, der unbedingte Gehorsam ihnen gegenüber sowie die sorgfältige Überwachung eines jeden durch jeden!'"

Das Buch handelt von dem fiktiven Land Arkanar auf einem fiktiven Planeten. Aber wie ähnlich ist es doch dem realen Land Estland!

* Der Rechte Sektor ist eine ukrainische Vereinigung radikaler nationalistischer Organisationen, die in Russland als extremistisch eingestuft und verboten wurde (Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Russlands vom 17.11.2014).

Übersetzt aus dem Russischen

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USA und Niger einigen sich auf Datum für Abzug der US-Truppen

20. Mai 2024 um 09:38

Die US-Truppen werden bis "spätestens" 15. September dieses Jahres aus Niger abgezogen sein, zitiert AFP aus der gemeinsamen Erklärung beider Länder. Der Abzugsprozess habe bereits begonnen.

Die Entscheidung fiel nach Gesprächen in Nigers Hauptstadt Niamey in dieser Woche. Das Land bezeichnete die Präsenz der US-Truppen auf seinem Territorium als illegal und die Entscheidung zum Abzug als einen "Wendepunkt in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern".

Die Washington Post (WP) stellte fest, dass sich zwei US-Basen (eine davon für Drohnen, deren Bau 100 Millionen US-Dollar gekostet hat) und ein Korps von 1.000 militärischen und zivilen Mitarbeitern auf Nigers Territorium befinden.

Die Entscheidung der USA, ihre Truppen aus Niger abzuziehen, wurde vor einem Monat bereits durch Quellen von WP, CBS, Reuters und der New York Times bekannt. Das US-Verteidigungsministerium im Pentagon und das US-Außenministerium bestätigten die Pläne.

Der Entscheidung vorausgegangen war allerdings die Kündigung eines Militärabkommens mit den USA aus dem Jahr 2012 durch die nigrische Militärregierung, die im vergangenen Juli nach dem Sturz von Präsident Mohamed Bazoum die Macht im Land übernommen hatte und den früheren Befehlshaber der Präsidentengarde Brigadegeneral Abdourahamane Tiani zum Staatsoberhaupt ernannt hatte.

Nach dem Staatsstreich in Niger entschloss sich auch Frankreich zum Abzug seiner Truppen, die etwa 1.400 Mann umfassten. Im Oktober 2023 verließen die ersten französischen Militärs das Land. Französische Soldaten hatten sich seit 2013 in Niger aufgehalten und an Operationen gegen Tuareg-Rebellen im Norden des Landes und islamistische Terrorgruppen teilgenommen.

Im Mai wurde unlängst bekannt, dass russische Militärangehörige auf dem 101. Luftwaffenstützpunkt der nigrischen Streitkräfte stationiert sind, auf dem auch US-Truppen stationiert sind. Aus dem Pentagon wurde mitgeteilt, dass "die Russen in einem separaten Gebäude untergebracht sind und keinen Zugang zu den US-Streitkräften oder der Ausrüstung haben".

Bloomberg berichtete im Januar, dass Russlands "Afrika-Korps" auf dem Kontinent die bisherige militärische Präsenz durch die Missionen der Wagner-Gruppe von Jewgeni Prigoschin ersetzen soll. Bloomberg zählte unter den Ländern, in die das Militär entsandt werden könnte, auch Niger auf.

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Studie: Welche Länder sind am stärksten durch Sanktionen gefährdet?

20. Mai 2024 um 08:44

Die Volkswirtschaften der USA, Russlands und Chinas könnten eine vollständige Handelsblockade mit relativ geringem Schaden überstehen, während Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich stark betroffen wären. Das berichtete die russische Nachrichtenagentur Wedomosti diese Woche unter Berufung auf eine Studie des chinesisch-russischen Labors für die Abschätzung der Folgen von Handelskriegen zwischen Ländern.

In der Anfang 2024 im "National Supercomputing Center" Chinas durchgeführten Untersuchung wurde die Widerstandsfähigkeit von 19 globalen Volkswirtschaften gegenüber groß angelegten Wirtschaftssanktionen anhand mathematischer Modelle getestet. Die Analysten bewerteten die direkten Verluste des Bruttoinlandsprodukts (BIP), die jedes Land erleiden würde, wenn es mit einer vollständigen Handelsblockade ohne die Möglichkeit von Paralleleinfuhren konfrontiert würde.

Die Studie ergab, dass die Wirtschaft aller Länder unter dem vorgeschlagenen Szenario zwar schrumpfen würde, einige jedoch stärker betroffen wären als andere. Russland würde zu den drei widerstandsfähigsten Ländern gehören, da seine Wirtschaft um nicht mehr als 3,5 Prozent schrumpfen würde. In China würde das BIP um 3,1 Prozent schrumpfen, während die USA einen Rückgang von 2,3 Prozent zu verzeichnen hätten.

Die deutsche Wirtschaft wäre bei einem Abbruch der Handelsbeziehungen mit einem Minus von 8,1 Prozent am stärksten betroffen. Auch Südkorea (-7,9 Prozent), Mexiko (-7,2 Prozent), Frankreich (-7 Prozent), die Türkei (-6,6 Prozent), Italien (-6 Prozent) und das Vereinigte Königreich (-5,7 Prozent) müssten erhebliche Einbußen hinnehmen.

Der Studie zufolge würden die Volkswirtschaften Australiens, Indonesiens und Japans zudem um 3,7–3,8 Prozent schrumpfen und wären damit weniger anfällig für Handelssanktionen als Indien, Brasilien und Kanada, deren BIP um 4 Prozent, 4,2 Prozent bzw. 5,5 Prozent zurückgehen würde.

Die Analysten brachten das vergleichsweise gute Abschneiden der amerikanischen, chinesischen und russischen Volkswirtschaften im Stresstest mit dem bedingten Composite Index of National Capability in Verbindung und erklärten, dass diese Länder über größere natürliche Ressourcen sowie über ein größeres menschliches, wissenschaftliches und militärisches Potenzial verfügen als andere.

Stanislaw Muraschow, Chefvolkswirt der Raiffeisenbank Russland, kommentierte die Ergebnisse mit dem Hinweis, dass die am wenigsten betroffenen Länder am besten auf wirtschaftliche Einschränkungen vorbereitet seien.

"Der Gewinner ist derjenige, der sich generell auf die Beschränkungen vorbereitet hat, indem er seine Produktion lokalisiert hat, oder derjenige, der in der Lage ist, zum Beispiel auf einige importierte Komponenten, Teile, Rohstoffe und Ausrüstung zu verzichten. Nach der Studie zu urteilen, wird die mögliche These bestätigt, dass Europa stärker vom Weltmarkt abhängig ist als China, die USA und Russland", sagte er gegenüber der Tageszeitung Kommersant.

Die russische Wirtschaft, die aufgrund des Ukraine-Konflikts bereits einer Vielzahl internationaler Wirtschaftssanktionen unterliegt, schrumpfte 2022 zunächst um 1,2 Prozent, verzeichnete aber im vergangenen Jahr ein Wachstum von 3,6 Prozent, wie aus offiziellen Statistiken hervorgeht. Im ersten Quartal 2024 stieg das BIP des Landes nach vorläufigen Schätzungen vom Freitag um weitere 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Internationale Währungsfonds erklärte im vergangenen Monat, er erwarte, dass die russische Wirtschaft in diesem Jahr um 3,2 Prozent wachsen werde. Mit dieser Prognose liegt das Land vor einer Reihe großer westlicher Volkswirtschaften, darunter die USA (2,7 Prozent), Großbritannien (0,5 Prozent), Frankreich (0,7 Prozent) und Deutschland (0,2 Prozent).

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Russland auf dem Schlachtfeld besiegen? – EU-Vertreter machen Rolle rückwärts

20. Mai 2024 um 08:00

Von Dmitri Bawyrin

Europa begann am Montag, den 13. Mai, seine Geschichte umzuschreiben, als der außenpolitische Sprecher der EU, Peter Stano, es als "Desinformation und Verzerrung der Realität" bezeichnete, dass die EU Russland auf dem Schlachtfeld besiegen wolle. Ihm zufolge wolle Russland den Sieg auf dem Schlachtfeld, während die EU "eine Organisation ist, die auf einer Philosophie des Friedens basiert".

Wie es in einem europäischen Buch zu einem ähnlichen Thema heißt: "Krieg ist Frieden" und "Ozeanien war schon immer im Krieg mit Ostasien".

Der Slowake Peter Stano verhält sich zu Josep Borrell so wie Maria Sacharowa zu Sergej Lawrow. Das heißt, Stanos Chef und Leiter der europäischen Diplomatie schrieb am 9. April 2022 auf seinem offiziellen (in Russland gesperrten) X-Account, dass "der Krieg auf dem Schlachtfeld gewonnen werden muss", und nun behauptet sein Untergebener, dass dies nie geschehen sei, obwohl er schon damals mit Borrell zusammengearbeitet hat.

Fahren wir fort, uns zu erinnern. Zwei Tage später, am 11. April, bekräftigte Borrell vor einem Treffen mit den EU-Außenministern in Luxemburg, bei dem es um militärische Maßnahmen zur Unterstützung Kiews ging, seinen Standpunkt und gab vor, so etwas wie Captain Obvious zu sein. "Kriege werden auf dem Schlachtfeld gewonnen oder verloren", sagte der Diplomat vor Reportern.

In der Folge tauchte diese Formel mit dem "Schlachtfeld" immer wieder in den Reden der Polen, der Balten und einiger anderer Europäer auf, aber es war Borrell, der sich als erster hoher Vertreter der EU für eine militärische Lösung der russischen Frage aussprach. Außerdem wurde seine Erklärung genau zu dem Zeitpunkt abgegeben, als Moskau und Kiew über ihre Vertreter (einschließlich der Außenminister) in Istanbul die Parameter eines Friedensabkommens erörterten und dieses sogar paraphierten.

Der offiziellen Version zufolge rief der britische Premierminister Boris Johnson danach in Kiew an und sagte: "Lasst uns kämpfen", und Borrell stellte vor der ganzen Welt ungefähr dieselbe These auf.

Auch wenn Stano eine Amnesie vortäuscht, war Borrells "Falken"-Initiative immer noch da, sie rüttelte auf und wurde von vielen in Erinnerung behalten. Drei Monate später, als die Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew bereits gescheitert waren, erwähnte der russische Präsident Wladimir Putin sie ebenfalls.

"Heute hören wir, dass sie uns auf dem Schlachtfeld besiegen wollen", sagte der russische Staatschef bei einem Treffen mit der Führung der Staatsduma. – "Was soll ich hier noch sagen: sollen sie es doch versuchen".

Und sie haben es versucht, und die Ergebnisse sind bekannt. Die sogenannte Frühjahr-Sommer-Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte im Jahr 2023, auf die der Westen und Borrell persönlich große Hoffnungen gesetzt hatten, ist nicht nur völlig gescheitert, sondern auch nahtlos in eine Offensive der russischen Streitkräfte übergegangen, bei der die Ukrainer fast täglich irgendeine Siedlung verlassen, manchmal auch mehrere auf einmal.

"Russland rückt nicht nur an einem Ort langsam vor, sondern an vier Orten gleichzeitig, und zwar entlang der gesamten Frontlinie", berichtet der Kolumnist Nick Paton Walsh für CNN, wo es in den vergangenen zwei Jahren nicht üblich war, den "Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld" anzuzweifeln. Nach Walshs Beobachtung hat sich jedoch in den letzten drei Tagen sogar die Rhetorik der ukrainischen Behörden geändert, die zuvor in ihren Siegesmeldungen stabil war.

Ungefähr zur gleichen Zeit wurde die Zusammensetzung der neuen russischen Regierung festgelegt. Und Sergej Lawrow, der gerade in seinem Amt bestätigt wurde, wiederholte in seiner Rede vor dem Föderationsrat die These des Präsidenten: "Wenn der Westen auf dem Schlachtfeld kämpfen will, dann bitte sehr. Peter Stano, der versuchte, die Geschichte umzuschreiben, reagierte bereits auf die Äußerung Lawrows, der übrigens den Namen Borrells erwähnte, allerdings in einem anderen Zusammenhang. Das reichte aber für eine Hysterie mit hilflosen Dementis in Brüssel: Die Katze weiß, wessen Fleisch sie gefressen hat.

Über die Gründe für dieses Verhalten können Sie sich nicht nur bei CNN informieren, sondern buchstäblich bei allen großen Medien in Europa in diesen Tagen. Als Beispiel sei hier die französische Le Monde zitiert:

"Ein Zusammenbruch der Ukraine ist jederzeit möglich, und wir müssen darauf vorbereitet sein".

Borrells Behörde bereitet sich darauf vor, so gut sie kann. Sie versucht so zu tun, als habe man Russland nicht den "Fehdehandschuh" ins Gesicht geworfen, um nicht mit den ukrainischen Streitkräften die militärische Niederlage zu teilen. Europa, so heißt es, habe immer den Frieden gewollt, sich kein Sekündchen lang im Krieg befunden und könne daher den Krieg gar nicht verlieren.

Das ist ein billiges Getue für die Armen, aber die führenden Politiker des Westens haben ihren Ruf aufs Spiel gesetzt, also haben sie sich entschlossen, die allgemein bekannte Realität zu leugnen, in der Hoffnung, dass man es einfach leid sein wird, zu ihnen wie gegen eine Wand zu reden.

Ein weiterer großer Freund Kiews und einer der wichtigsten Manager westlicher Lieferungen an die ukrainischen Streitkräfte, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, erklärte im vergangenen November sogar, dass die Ukrainer bereits "große Siege auf dem Schlachtfeld" errungen hätten. Sehr zu Stoltenbergs Missfallen beschlossen die Journalisten, ihn zu fragen, welche Siege er im Sinn habe, aber der Generalsekretär hatte nichts hinzuzufügen.

Außerdem ist die gesamte Konferenz in der Schweiz ein einziger Versuch, die Realität zu leugnen. Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij wird dort erneut seinen "Friedensplan" vortragen, der in Wirklichkeit eine Kapitulationsforderung an Russland ist und sich trotz der Niederlage der ukrainischen Streitkräfte im Jahr 2023 und der Flucht aus ihren Stellungen im Jahr 2024 um kein Jota verändert hat (d. h. sich nicht der Realität angenähert hat).

Egal, wie sehr der Strick auch gedreht wird, das Ende ist unvermeidlich. Die Aufgabe für Borrell und Stoltenberg (und wahrscheinlich auch für US-Präsident Joe Biden) besteht darin, den Herbst irgendwie unbeschadet zu überstehen und sich in die Gesellschaft der Enkel zurückzuziehen, die sie nicht mit unangenehmen Fragen wie "Wie kommt es, dass du, Großvater, geglaubt hast, dass Russland auf dem Schlachtfeld besiegt werden kann? Warst du so schlecht?" behelligen werden.

Mit Selenskij verhält es sich schwieriger, aber auch für ihn scheinen Friedensgespräche mit Russland nicht infrage zu kommen. Nach dem 20. Mai verliert er seine volle Legitimität, was jegliche Vereinbarungen mit ihm zweifelhaft macht – neue ukrainische Behörden können sie dann rückwirkend annullieren.

Er muss sich entscheiden zwischen seiner Rente und dem "Schlachtfeld", auf dem für Kiew die Dinge besonders schlecht stehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Russland Friedensgespräche aufgibt – für Russland ist die Welt auf dem "Schlachtfeld" nicht mit Brettern vernagelt. Aber dies werden Verhandlungen mit einer neuen Führung der Ukraine unter einer neuen Führung der EU und der USA sein, falls sich eine solche herauskristallisiert und diese aufhört, die Realität zu verleugnen. Dann ist es gut, dass das Versagen von Biden, Borrell, Selenskij, Stoltenberg und anderen scheidenden Naturen nicht ihr persönliches Versagen ist.

Das ist auch der Grund, warum der Vertreter der Europäischen Kommission (die einen Borrell auf jeden Fall überleben wird) unbeholfen behauptet, Ozeanien habe sich nie im Krieg mit Eurasien befunden. Das wird bis zu einem gewissen Grad beim heimischen Publikum funktionieren – die Europäer haben gezeigt, dass sie leicht auf Mythen hereinfallen, einschließlich des Mythos vom "Sieg über Russland auf dem Schlachtfeld". Aber bei Russland selbst wird es nicht funktionieren. Es weiß, wer sein Feind ist, und es ist an ihm zu entscheiden, was es als "Schlachtfeld" betrachtet.

Russland ist nicht nachtragend. Aber es wurde wütend, und es hat ein gutes Gedächtnis.

Übersetzt aus dem Russischen und zuerst in der Zeitung Wsgljad erschienen am 14. Mai 2024.

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Mangel als Dauerzustand: Wohnungspolitik steckt in der Sackgasse

20. Mai 2024 um 07:00

Von Dagmar Henn

Die Wohnungsfrage ist nicht nur in Deutschland, sondern in ganz EU-Europa ein zentrales Problem. Das hat jüngst sogar der britische Guardian aufgegriffen, auf Grundlage einer Veröffentlichung von Eurostat, "Housing in Europe". Das Problem ist jedenfalls kein rein deutsches, und es hat massive Auswirkungen auf die Gesellschaft:

"In vielen Städten der EU beträgt die Wartezeit für eine Sozialwohnung zehn Jahre und mehr; Paare in Ländern wie den Niederlanden, wo etwa 400.000 Wohnungen fehlen, verschieben größere Lebensentscheidungen wie die Gründung einer Familie, oder sind gezwungen, nach einer Trennung weiter zusammen zu leben."

Das Alter, in dem zumindest die Hälfte der jüngeren Generation einen eigenen Haushalt gegründet hat, ist zwischen 2007 und 2019 von 26 auf 28 Jahre gestiegen. Nicht, weil der Wunsch nach Unabhängigkeit geschwunden wäre, sondern weil sich diese Unabhängigkeit nicht mehr finanzieren lässt.

Dabei betrifft dies nicht nur Mieter. Da die Kosten für Wohneigentum ebenfalls massiv gestiegen sind, steigt auch in den Ländern, in denen ein kleinerer Teil der Bevölkerung zur Miete lebt, das Alter, ab dem Eigentum erworben werden kann, immer weiter an und liegt inzwischen beispielsweise in Irland vier Jahre höher als noch 2010, bei mittlerweile 39 Jahren. Insgesamt steigt in der gesamten EU der Anteil der Mieter, auch wenn noch durchschnittlich 69,1 Prozent ihre Wohnung besitzen.

Deutschland hat den höchsten Mieteranteil in der gesamten EU und ist das einzige EU-Land, in dem es mit 53,5 Prozent mehr Mieter als Eigentümer gibt. Auch der Anteil der Menschen, die in einem Haus und nicht in einer Wohnung wohnen, ist in Deutschland hoch (62,7 Prozent) und wird nur noch von Spanien mit 65,6 Prozent übertroffen, wobei dort der Anteil der Eigentümer mit 76,6 Prozent wesentlich höher ausfällt als in Deutschland.

Beim Blick auf die Wohnformen fällt noch etwas auf, auch wenn die Zahlen vergleichsweise gering sind – es gibt neben den Varianten Wohnung oder Haus noch die Variante "Andere" in der europäischen Statistik. Das sind etwa Hausboote oder Campingwagen, also Formen, die zunehmen, wenn echte Wohnungen schwer zu finden sind. Dabei gibt es einen Spitzenreiter, die Niederlande mit 2,4 Prozent, aber darauf folgen dann Litauen mit 1,5 und Zypern und Deutschland mit einem Prozent. In Litauen dürfte das die Folge der Preissteigerungen bei Wohnungen sein, die dort seit 2015 insgesamt 95,1 Prozent betragen. In den Niederlanden fehlen noch einmal deutlich mehr Wohnungen als in Deutschland.

Man kann übrigens bei Eurostat noch etwas Anderes beobachten. Es gibt auch eine Darstellung über die Zahl der im Bauwesen tätigen Unternehmen je Region, zusammen mit der Zahl der Beschäftigten. Wenn man diese Zahlen zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern vergleicht, fällt auf, dass die Zahl der kleinen Unternehmen deutlich geringer sein muss. In Oberbayern, einer der Regionen mit den höchsten Beschäftigtenzahlen, kommen 154.074 Beschäftigte auf 26.019 Unternehmen, das sind im Schnitt fast sechs Beschäftigte pro Firma.

In der Provence, die in Frankreich eine der Regionen mit den meisten Beschäftigten ist, sind es mit 152.228 Personen etwa gleich viele Menschen, die in diesem Sektor arbeiten; sie verteilen sich aber auf 64.825 Unternehmen, es sind also weniger als drei pro Firma. Ähnlich ist das mit der Lombardei in Italien: 274.998 Beschäftigte verteilen sich auf 104.311 Unternehmen. Das sind eher Zahlen, die etwas über die Sozialstruktur der Länder aussagen, aber auch das spielt mit hinein; die deutliche Abnahme kleiner Selbstständiger in Deutschland und die geringe Quote an Wohneigentum sind miteinander verbunden.

Wenn man sich jetzt wirklich wundern will, muss man betrachten, wie hoch der Anteil des BIP ist, der in Wohnungsbau fließt. Da liegt nämlich europaweit Deutschland mit einem Anteil von 7,3 Prozent an der Spitze, gleich nach Zypern mit 8,6 Prozent. Das ist deutlich mehr als der EU-Durchschnitt von 6 Prozent, und dennoch hat sich in der Wohnungsfrage in den vergangenen Jahren nichts zum Besseren entwickelt. Das Problem liegt jedenfalls nicht in der Menge des Geldes, das dafür aufgewandt wird, sondern eher darin, wohin dieses Geld fließt.

Ein paar Daten über Mieten und Löhne

Es ist in Deutschland längst nicht mehr allgemein bekannt, dass über viele Jahrzehnte hinweg Wohnen nicht über einen Wohnungsmarkt geregelt wurde. Von 1914 bis 1960 gab es auch in der westlichen Republik eine gesetzliche Mietobergrenze. Der große Schub des Wohnungsbaus nach Kriegsende fand also unter ganz anderen Bedingungen als heute statt. Die Mietobergrenze verschwand nicht auf einen Schlag – in Gebieten besonders hohen Bedarfs blieb sie noch erhalten, in den "schwarzen Kreisen"; in der Münchner Innenstadt beispielsweise endete sie 1975, in Westberlin erst 1988.

Interessant ist die Bestimmung, die den "schwarzen Kreisen" zugrunde lag. Die "Wohnraumbewirtschaftung" sollte nämlich nur "in den kreisfreien Städten und Landkreisen aufgehoben werden, in denen die Zahl der Wohnparteien die Zahl der vorhandenen Normalwohnungen am 31. Dezember 1959 um weniger als 3 vom Hundert überschritten hat". Anders gesagt, selbst jene Politiker, die damals die Mietobergrenze beseitigten, hielten sie dennoch für zweckmäßig, wenn die Zahl der Haushalte die Zahl der vorhandenen Wohnungen um drei Prozent überstieg.

Nun, die Zahl der fehlenden Wohnungen in Deutschland wird derzeit auf 800.000 geschätzt, wobei diese Zahl auch weit höher liegen könnte. Die Organisation, die derartige Schätzungen herausgibt, die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, hatte schon weit höhere Zahlen genannt, aber irgendwann in den letzten Jahren massiv nach unten korrigiert, ohne dass die Zahl der Wohnungslosen entsprechend ab oder die Zahl der Wohnungen entsprechend zugenommen hatte. Jedenfalls, da sich diese 800.000 fehlenden Wohnungen nicht gleichmäßig über das ganze Land verteilen, sondern insbesondere in den großen Städten konzentrieren, bei einer Gesamtzahl von 43,4 Millionen Wohnungen (2022) diese 3 Prozent bundesweit bei 1,3 Millionen lägen, kann davon ausgegangen werden, dass der ungedeckte Wohnungsbedarf in den deutschen Großstädten mit Sicherheit über den damals erwähnten 3 Prozent liegt.

Im Jahr 1988 schaffte dann die Regierung Kohl mit dem "Gesetz zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen Wohnungsmarkt" die Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau ab, was die Zahl neu gebauter Sozialwohnungen einbrechen ließ. Seit damals fiel ihre Zahl von vier Millionen auf weniger als eine Million. Die Begründung: Es sei billiger, die einzelnen Mieten zu subventionieren, über Wohngeld, als die Wohnungen selbst. Eine Rechnung, die vielleicht kurzfristig aufgeht, langfristig aber nicht, weil der Faktor der Bodenpreise zu stark wird.

Wirklich interessant wird es, wenn man nun betrachtet, wie viel die Menschen früher für ihre Mieten ausgegeben haben. Es gibt eine Studie des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2000 mit dem Titel "50 Jahre Wohnen in Deutschland", die eine Grundlage für die Zahlen liefert, die man braucht, um die Entwicklung über diesen langen Zeitraum aufzuschlüsseln. Zumindest die Mietbelastungsquoten lassen sich damit vergleichen. Und die Zahl aus dem Jahr 1960 ist erschütternd. 52,6 Prozent der Mieter zahlten weniger als 10 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Miete, weitere 28 Prozent zahlten zwischen 10 und 15 Prozent, 11 Prozent zahlten 15 bis 20 Prozent, und nur 8,4 Prozent der Mieter zahlten mehr als 20 Prozent. Noch fünf Jahre später, als erstmals ein Durchschnitt über alle Miethaushalte berechnet wurde, lag dieser bei 10,5 Prozent.

Dieser Anteil stieg aber immer weiter, und lag 1998 bezogen auf das Gebiet der alten Bundesrepublik im Durchschnitt schon bei 24,5 Prozent. Mieten in Höhe von weniger als 10 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens gab es nur noch für 2,5 Prozent der Mieter, aber bereits 19 Prozent mussten 40 Prozent und mehr ihres Einkommens für die Miete aufwenden. Der aktuelle Durchschnittswert liegt bei 27,8 Prozent.

Wohlgemerkt, das ist der bundesweite Durchschnitt, in dem auch Gegenden in den östlichen Bundesländern enthalten sind, in denen die Mieten weit günstiger und Wohnungen ohne Probleme zu finden sind. 30 Prozent des Nettoeinkommens als Miete gelten allgemein als die Grenze, ab der es problematisch wird, weil das tatsächlich verfügbare Einkommen schnell nicht mehr genügt, um die sonstigen Bedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung etc. abzudecken. Sie sind die Schwelle, die Banken in der Regel anwenden, wenn es darum geht, ob Kredite für Wohnungseigentum auch abbezahlt werden können. Der bundesweite Durchschnitt liegt also gefährlich nahe an dieser Grenze, was bezogen auf die möglichen Lösungen des Wohnungsproblems bedeutet, es gibt keinen Spielraum für weitere Steigerungen der Mieten.

Und die Löhne? Man könnte ja meinen, diese Erhöhungen würden durch Lohnsteigerungen aufgefangen. Auch da ist es nicht ganz einfach, entsprechende Zahlen zu erhalten, schon allein, weil die Mietbelastungsquoten sich auf das Haushaltsnettoeinkommen beziehen.

Die Quote ist deshalb spannend, weil sich damit die ganzen Probleme mit der Inflationsberechnung nicht stellen. Aber das Gegenstück dazu wäre dann eine Angabe der Entwicklung des realen Nettolohnes.

Immerhin, von 1991 bis 2015 lässt sie sich finden, in einer alten Veröffentlichung der Bundesregierung, und das Ergebnis ist einigermaßen erschütternd. "Die realen Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer bewegten sich unter Schwankungen von 1991 bis 2015 preisbereinigt zwischen 19.800 Euro und rund 20.300 Euro." Das bedeutet, in einem Zeitraum von 25 Jahren betrug der reale Zuwachs der Lohneinkommen gerade einmal 2,5 Prozent. Der durchschnittliche Mietanteil stieg in dieser Zeit von 21,1 auf 25,2 Prozent, das ist ein Anstieg um 19 Prozent. In diesem Zeitraum wurde also der gesamte ohnehin geringe Zuwachs bei den realen Nettoeinkommen von den Mietsteigerungen gleich mehrfach aufgefressen, weshalb die nächste Kategorie, das verfügbare Einkommen, tatsächlich gesunken ist.

Zwischen 2015 und 2023 findet sich, wenn man den Wert von 2015 anhand der statistischen Entwicklung der Reallöhne fortschreibt, eine Steigerung um ganze 13 Euro im Verlauf von acht Jahren. Die Mietbelastung aber stieg von 25,2 auf die bereits erwähnten 27,8 Prozent, also um weitere 10 Prozent. Insgesamt ist der Mietanteil von 1991 bis 2023 um mehr als 30 Prozent gestiegen; Geld, das den Haushalten für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung steht. Verglichen mit 1960 hat sich der Anteil der Miete verdreifacht.

Nachdem wir hier von mehr als der Hälfte der deutschen Bevölkerung reden, sind das ungeheure Summen, die aus dem Budget der Normalbevölkerung heraus und in die Taschen der Vermieter hinein gewandert sind (und deren Banken). Dass der Lebensstandard in der Breite seit Jahrzehnten stagniert, wenn nicht gar sinkt, hat sehr viel mit dieser Entwicklung zu tun. Und daran hängt ein ganzer Rattenschwanz an Folgen, von einem komatösen Binnenmarkt bis hin zur Geburtenrate. Volkswirtschaftlich ist das nicht mehr nur schädlich, sondern geradezu katastrophal, wenn etwa Stellen nicht mehr besetzt werden können, weil keine bezahlbaren Wohnungen zu finden sind.

Lösungen oder doch keine

Übergehen wir einmal die Tatsache, dass auch die Menge des vorhandenen Fachpersonals im Baubereich viel zu niedrig ist, um den Wohnungsbau so massiv auszuweiten, wie es nötig wäre, und schon gar nicht, um dies mit der effizientesten Methode des modularen Bauens zu tun (ja, richtig, der vielfach geschmähte Plattenbau, eine Technik, deren Variantenreichtum und Nützlichkeit man hier in Moskau ausgiebig bewundern kann). Tatsächlich steckt die ganze Wohnungsproblematik mittlerweile in einer Sackgasse, aus der es mit der unter den heutigen Politikern durchsetzbaren Politik keinen Ausweg gibt. Richtig, gar keinen. Denn wie der oben erwähnte Anteil der Ausgaben für Wohnungsbau vom BIP belegt, ist mehr Geld nicht wirklich eine Lösung.

Grund dafür ist, dass Miethöhen und Bodenpreise miteinander verknüpft sind, nur dass dazu dann auch noch eine Art Spekulationszuschlag kommt. Sprich, im Normalfall entspricht der Bodenpreis einer bestimmten Zahl von Monatsmieten, die bei Umsetzung des entsprechenden Baurechts erzielt werden könnten. Je höher die Mieten allgemein sind, desto höher ist auch der Bodenwert, und das unabhängig davon, ob das Baurecht ausgeübt oder das Grundstück überhaupt zum Kauf angeboten wird. Die Freigabe der Mieten bzw. die Aufhebung der gesetzlichen Mietobergrenze führte gleichzeitig zu einer Explosion der Bodenpreise.

Übrigens gab es einen Zeitpunkt, lange her, in den 1990ern, zu dem diese steigende Tendenz der Mieten als ein vorübergehendes Phänomen betrachtet wurde. Schließlich deuteten alle demografischen Faktoren auf eine schrumpfende Bevölkerung hin. Das werde die Nachfrage nach Wohnraum sinken lassen, woraufhin auch die Mieten sänken, was wieder zu einem Marktgleichgewicht führen würde.

Praktisch wurde das alles Makulatur, spätestens mit Merkels Grenzöffnung 2015. Wenn man das mit Michael Hudsons Theorie über die Flucht des Finanzkapitals in den Immobiliensektor kombiniert, und daran denkt, dass die reale Migration eben mitnichten den Bedarf an Fachkräften jeglicher Art deckt, könnte man annehmen, dass es auch darum ging, eine Entwertung dieser Vermögen zu verhindern. Schließlich reden wir hier nicht vom Sparstrumpf von Tante Emma, sondern von großen Versicherungen und Fonds. Die natürlich jederzeit die politische Durchsetzungsfähigkeit haben, für eine Erhaltung ihres Reichtums zu sorgen, auch wenn dieser fiktiv ist und zulasten der übrigen Ökonomie geht.

Ich erinnere mich noch an eine Sitzung des Kommunalausschusses des Münchner Stadtrats vor mehr als zehn Jahren. Das Kommunalreferat hat, weil der Gutachterausschuss zu ihm gehört, den besten Einblick in die Entwicklung der Grundstückspreise, den man in München haben kann. Damals lagen schon innerhalb des Mittleren Rings die Bodenpreise oft bei 5.000 Euro pro Quadratmeter Geschossfläche. Was sich nicht ganz exakt, aber ungefähr dahin übersetzt, dass bei einem mehrstöckigen Wohnhaus der Preis jedes Quadratmeters Wohnfläche 5.000 Euro Bodenpreis enthält, was den Preis der fertigen Wohnung problemlos auf 7.000 Euro pro Quadratmeter und mehr bringt.

Gesetzt den Fall, jemand würde zu diesen Bedingungen ein Wohnhaus bauen (und damals lagen die Bauzinsen wesentlich niedriger als heute), müsste selbst bei günstiger Finanzierung die Miete mehr als 25 Euro pro Quadratmeter betragen. Man kann das auch anders übersetzen – außerhalb des absoluten Luxussegments rechnet sich das nicht. Und zwar nicht im Sinne von weniger oder mehr Ertrag, sondern im Sinne von Kostendeckung oder Verlust.

In den vergangenen zehn Jahren sind nicht nur die Mieten weiter gestiegen, sondern auch die Bodenpreise, dazu die Zinsen und zuletzt auch noch die Baukosten. Was natürlich für eine Wohnungsbaupolitik, die schlicht die Kosten subventioniert, bedeutet, dass sich das dafür aufgebrachte Geld in immer weniger Wohnraum umsetzt. Der Anteil, der in die Baukosten geht, ist klar unverzichtbar, ohne Bau keine Wohnung. Aber der Anteil, der in die Bodenpreise geht, oder in Zinsen, ist schlicht unproduktiv.

Dadurch, dass dem zufälligen Besitzer eines Grundstücks ein vielfacher Betrag gezahlt wird, entsteht keinerlei gesellschaftlicher Nutzen, im Gegenteil. Die ganze Vorstellung, das Bedürfnis der Menschen nach Wohnraum ließe sich über den Markt decken, ist an dem Punkt angelangt, an dem der Abfluss aus den Einkommen in die Mieten nun diesen Markt selbst erstickt.

Es gibt genau zwei Eingriffsmöglichkeiten, und ich sehe schon, wie viele dabei zusammenzucken: entweder eine Rückkehr zur gesetzlichen Mietobergrenze, oder eine Vergesellschaftung von Grund und Boden. Aber jede, wirklich jede Maßnahme, die darunter liegt, kann das Problem nicht lösen, und mehr Geld hineinzuwerfen, ist ungefähr so sinnvoll, wie noch mehr Geld für nicht vorhandene Granaten aufzuwenden.

Interessanterweise war der Widerstand damals, 1960, gegen die Abschaffung der Mietobergrenze vergleichsweise gering. Die langfristigen Folgen waren schlicht nicht vorstellbar. Heute gibt es ein vergleichbares Hindernis in der umgekehrten Richtung. Die meisten können sich nicht mehr vorstellen, dass Wohnen anders als über einen Markt geregelt werden kann. Weil die Alternative und ihre Wirksamkeit inzwischen vergessen wurden, fehlt die politische Triebkraft, sie durchzusetzen.

Das größte Hindernis sind aber die entgegenstehenden Interessen. Dummerweise gibt es eine Menge institutioneller Anleger bei Wohnimmobilien: Versicherungen und Pensionsfonds beispielsweise. Und bei den Banken sind Immobilienkredite ein beträchtliches Geschäftsfeld. Anders gesagt, würde man eine der beiden denkbaren Maßnahmen durchführen, wäre das Nächste ein Kollaps von Banken und Versicherungen. Eine Fortsetzung der gegenwärtigen Entwicklung wäre aber ein noch weit konkreterer Kollaps von Infrastruktur und Versorgung.

Was dann auch in etwa erklärt, warum die Bundesregierungen reihenweise vorgeben, da wäre nichts. Das Einzige, was die Ampel bisher zu dieser Thematik beigetragen hat, ist, die ganze Lage in ein völliges Chaos zu verwandeln, indem das Habecksche Heizgesetz jetzt dazu führt, dass zwar Immobilien-, aber nicht Bodenpreise sinken, die Mieten weiter steigen und nicht nur der Neubau, sondern auch die Sanierung stillstehen.

Aber wer weiß. Vielleicht hoffen sie auch darauf, dass die Absetzbewegungen aus Deutschland dank der wirtschaftlichen Selbstzerstörung und der politischen Verwüstung stark genug werden, dass sich das doch irgendwie regelt, ohne politisch einzugreifen. Auf jeden Fall trägt die konsequente Verfolgung Andersdenkender derzeit vermutlich mehr zur Lösung der Wohnungsfrage bei als das wohnungspolitische Handeln der Bundesregierung.

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Irans Präsident Ebrahim Raisi bei Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen

20. Mai 2024 um 05:35

Irans Vizepräsident Mohsen Mansouri hat die Berichte bestätigt, laut denen Präsident Ibrahim Raisi und seine Delegation bei einem Hubschrauberabsturz getötet wurden.

Iranische Medien haben zuvor die ersten Bilder von der Absturzstelle veröffentlicht. "Such- und Rettungsteams haben die Absturzstelle des Hubschraubers erreicht. Rettungskräfte haben keine Anzeichen dafür gefunden, dass die Passagiere des Hubschraubers mit dem iranischen Präsidenten noch am Leben sind", meldete der Fernsehsender Press TV am Montagmorgen.

Neben vier Besatzungsmitgliedern befanden sich vier Amts- und Würdenträger an Bord der verunglückten Maschine: Irans Präsident Ebrahim Raisi, Außenminister Hossein Amir-Abdollahian, der Gouverneur der Provinz Ost-Aserbaidschan Malek Rahmati sowie der Imam von Täbris Mohammad Ali Ale-Hashem. Die Delegation hatte der Einweihung eines Damms an der Grenze zu Aserbaidschan beigewohnt, auf dem Rückweg nach Teheran ist der Helikopter in der Provinz Ost-Aserbaidschan nahe der Kleinstadt Dscholfa abgestürzt.

Erste Berichte über ein Unglück erfolgten am Sonntagnachmittag (s. mehr dazu). Der Hubschrauber mit dem Präsidenten am Bord habe eine "harte Landung" erlitten, hieß es zunächst im iranischen Staatsfernsehen.

Rettungsteams brauchten Stunden, um zu dem Wrack vorzudringen. Dichter Nebel und das bergige Terrain erschwerten die Sucharbeiten. Erst gegen 6:00 Uhr Ortszeit stand fest, dass Raisi ums Leben gekommen war. 

Russische Experten berichten von "komplizierten Wetterbedingungen und thermischer Depression" im Gebiet der Havarie. Ein Spezialflugzeug vom Typ Il-76 mit Rettungskräften des russischen Katastrophenschutzministeriums ist auf dem Weg nach Täbris.  

Laut Irans Verfassung fällt das Amt des Staatspräsidenten nun auf Mohammed Mochber, Raisis bisherigen Stellvertreter. Er wird die Macht allerdings nur provisorisch innehaben, bis in spätestens 50 Tagen ein neuer Präsident gewählt worden ist. Wie iranische Medien berichten, findet aktuell eine Dringlichkeitssitzung der iranischen Regierung statt.

Ein Screenshot aus einer Livesendung des iranischen Staatsfehsehens zeigt den leeren Sessel und ein Portrait des verunglückten Präsidenten während der Sitzung. 

Mehr zum Thema - Iran: Rettungsteam erhält Signal von Absturzstelle des Präsidenten-Hubschraubers

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Medien: Ukrainische Flüchtlinge haben immer mehr Probleme mit Arbeitssuche in Großbritannien

19. Mai 2024 um 21:43

Ukrainische Flüchtlinge stoßen aufgrund von Visaproblemen und einer Krise auf dem Arbeitsmarkt auf immer mehr Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche im Vereinigten Königreich. Dies berichtet Bloomberg. Wie es heißt, hätten Ukrainer es schwer, gute Arbeitsplätze zu finden, die ihren Qualifikationen entsprächen, während die Visafristen abliefen, der britische Arbeitsmarkt sich abkühle und das allgemeine Interesse an der Unterstützung der Ukrainer nachlasse.

Diana Kotschewa, die eine Gemeinschaft vertriebener ukrainischer technischer Fachkräfte in London leitet, beschwerte sich darüber, dass sich die Situation geändert habe und es nicht mehr so relevant sein, den Ukrainern zu helfen.

In der Tat wurde das "Ukrainische Familienprogramm", das Flüchtlingen die Zusammenführung mit einem Familienmitglied in Großbritannien für bis zu drei Jahre ermöglichte, im Februar geschlossen. Das alternative Programm "Häuser für die Ukraine" gilt weiterhin. Es erlaubt Ukrainern, bis zu 18 Monate im Land zu bleiben. Seit dem 16. Mai sind Neuanträge jedoch nicht mehr möglich.

Wenn ein ukrainischer Staatsbürger im Rahmen eines dieser Programme eine Aufenthaltsgenehmigung für Großbritannien erhalten hat, kann er einen Antrag auf Verlängerung um weitere 18 Monate stellen. Der Antrag muss drei Monate vor Ablauf der Gültigkeit des Visums gestellt werden.

Jedoch behindere die fehlende Gewissheit die Arbeitssuche, merkt Bloomberg an. Die Bewerbung einer Person mit einem auslaufenden Visum könne ganz unten auf dem Stapel landen, so Kotschewa. Sie unterstrich:

"Sie wollen jemanden mit einem stabileren Visum oder einer stabileren Situation finden."

Wie Gideon Maltz, Geschäftsführer der Tent Partnership for Refugees, erklärt, scheiterten Flüchtlinge oft schon bei der Einreichung ihres Lebenslaufs, weil die Manager für Personalbeschaffung ihre Qualifikationen nicht anerkennen würden oder die Anforderungen zu hoch seien. Nach Angaben des Nationalen Statistikdienstes Großbritanniens gaben etwa 58 Prozent der ukrainischen Flüchtlinge, die im Vereinigten Königreich beschäftigt sind, an, dass sie nicht in denselben Positionen arbeiten würden wie in ihrer Heimat. Maltz weiter:

"Ukrainische Flüchtlinge bekommen viel seltener einen Job, und wenn sie einen bekommen, dann oft mit geringeren Qualifikationen als sie haben."

Zugleich kühle der britische Arbeitsmarkt ab, berichtet Bloomberg. Die jüngsten Zahlen zeigen, dass die Arbeitslosenquote mit 4,3 Prozent den höchsten Stand seit letztem Sommer erreicht hat, was den Wettbewerb verschärft. Auch die Zahl der offenen Stellen sank auf weniger als 900.000 – zum ersten Mal seit fast drei Jahren.

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Hiroshima und Nagasaki protestieren gegen "nukleares Experiment" der USA

19. Mai 2024 um 21:26

Die Behörden von Hiroshima und Nagasaki haben bei den Vereinigten Staaten gegen das "unterkritische Experiment" im Bundesstaat Nevada protestiert. Das Dokument wurde von den beiden Stadtoberhäuptern, Kazumi Matsui und Shiro Suzuki, unterzeichnet und an den US-amerikanischen Botschafter in Japan, Rahm Emanuel, sowie an das Weiße Haus gesandt. Der Text zitierte TV Asahi. In dem Dokument heißt es:

"Dieses Experiment widerspricht den Wünschen vieler Menschen, einschließlich der Überlebenden der Atombombe, die die Abschaffung von Atomwaffen gefordert haben. Wir fordern auch einen Stopp aller zukünftigen Atomtests."

Es war bereits der 34. Test dieser Art in den USA und der dritte unter der Präsidentschaft von Joe Biden, berichtete TV Asahi.

Am 16. Mai hatte die Nationale Atomsicherheitsbehörde der USA (NNSA) ein erfolgreiches "unterkritisches Experiment" in Nevada gemeldet. Ziel war es, Informationen zu sammeln, "um die Sicherheit, Zuverlässigkeit und Wirksamkeit von US-Atomsprengköpfen ohne Sprengstofftests zu bestätigen". Die NNSA betonte, dass das Experiment in Übereinstimmung mit dem Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) durchgeführt wurde. Sie fügte hinzu:

"Es [das Experiment] hat nicht zu einer sich selbst erhaltenden Kettenreaktion geführt."

Die Behörde teilte außerdem mit, dass die Häufigkeit solcher unterkritischen Experimente erhöht werden soll.

Der Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) wurde im September 1996 unterzeichnet. Er beinhaltet ein Verbot von Kernwaffentests für zivile oder militärische Zwecke an jedem Ort. Die USA unterzeichneten ihn, ratifizierten ihn aber nicht. Russland zog die Ratifizierung des Vertrags im Jahr 2023 zurück. Der Kreml und das russische Verteidigungsministerium erklärten, Russland wolle mit seiner Entscheidung ein "Gleichgewicht" mit den USA sicherstellen.

Die USA warfen am 6. und 9. August 1945 zwei Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki ab. Mehr als 70.000 Menschen wurden unmittelbar durch die Bombardierung getötet. Bis Ende 1945 waren nach verschiedenen Schätzungen zwischen 90.000 und 166.000 Menschen den Folgen der Atomexplosionen zum Opfer gefallen.

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Iran: Rettungsteam erhält Signal von Absturzstelle des Präsidenten-Hubschraubers

19. Mai 2024 um 21:09

Das iranische Staatsfernsehen hat Aufnahmen veröffentlicht, die zeigen, wie Rettungsteams den verschollenen Helikopter mit Irans Präsidenten Ebrahim Raisi suchen. Berichten zufolge ist es den Rettungsteams gelungen, das Gebiet zu erreichen und mit einer Suchaktion zu beginnen, die derzeit noch andauert.

Das neblige Wetter und die Unwegsamkeit des Gebiets erschwerten die Suchmaßnahmen zunächst, schreibt die iranische Nachrichtenagentur IRNA. Unter Berufung auf den iranischen Leiter des Roten Halbmonds teilte die Nachrichtenagentur mit, dass die Zahl der in das Gebiet entsandten Rettungsteams von 20 auf 40 Teams erhöht wurde.

Später wurde durch einen Bericht des iranischen Staatsfernsehens bekannt, dass Retter offenbar Kontakt zu zwei Passagieren des Helikopters herstellen konnten. Der Vizepräsident für Exekutivangelegenheiten, Mohsen Mansuri, sagte in einem Interview, dass bereits mehrfach mit der Besatzung Kontakt aufgenommen worden sei. Nähere Details gab der Politiker am späten Sonntagabend nicht preis.

Zuvor hatte der iranische Innenminister bereits bestätigt, dass der Hubschrauber mit dem Präsidenten an Bord eine "harte Landung" erlitten habe. Auch ein Absturz scheint nach Agenturangaben möglich. Raisi war in der iranischen Provinz Ost-Aserbaidschan unterwegs. Nach Angaben des Staatsfernsehens ereignete sich der Zwischenfall in der Nähe von Dscholfa, einer Stadt an der Grenze zu Aserbaidschan, etwa 600 Kilometer nordwestlich der iranischen Hauptstadt Teheran. Auch der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian soll unter den Passagieren gewesen sein.

Raisi sei in die Grenzregion gereist, nachdem er am Samstag gemeinsam mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew einen Staudamm eingeweiht habe, sagte der iranische Politologe Mohammad Marandi gegenüber Al Jazeera.

Marandi wies auch darauf hin, dass es anscheinend sehr schlechtes Wetter mit starkem Nebel gegeben habe. Die Aufnahmen des Rettungsteams zeigten extrem schlechte Sichtverhältnisse. Er vermutete, dass der Hubschrauberpilot beschlossen haben könnte, kein Risiko einzugehen und den Hubschrauber schnell zu landen, obwohl es auch einen anderen Grund gegeben haben könnte.

Wie ein Vertreter der US-Regierung gegenüber Reuters erklärte, eilte US-Präsident Joe Biden nach dem Hubschrauber-Zwischenfall zu einer Dringlichkeitssitzung ins Weiße Haus. Laut Al Jazeera sei der Vorfall im Weißen Haus bekannt, darüber hinaus hat das Außenministerium jedoch keinen Kommentar zu der Situation abgegeben. Die Vereinigten Staaten und Iran unterhalten seit 1979 keine diplomatischen Beziehungen mehr.

Der israelische Sender Channel 13 berichtete unter Berufung auf Beamte vorauseilend, dass Westjerusalem "nichts mit dem Absturz des Hubschraubers des iranischen Präsidenten zu tun habe". Der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarčič, kündigte unterdessen an, dass die EU auf Ersuchen Irans ihren satellitengestützten Schnellreaktionsdienst Copernicus EMS aktivieren werde. Indiens Premierminister Narendra Modi schrieb auf X/Twitter:

"Wir sind zutiefst besorgt über die Berichte über den heutigen Hubschrauberflug von Präsident Raisi. Wir stehen in dieser Stunde der Not solidarisch an der Seite des iranischen Volkes und beten für das Wohlergehen des Präsidenten und seines Gefolges."

Deeply concerned by reports regarding President Raisi’s helicopter flight today. We stand in solidarity with the Iranian people in this hour of distress, and pray for well being of the President and his entourage.

— Narendra Modi (@narendramodi) May 19, 2024

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"Bittere Wahrheit" von Chodorkowski: In zwei Jahren bleibt der Ukraine nur noch Lwow

19. Mai 2024 um 21:00

In Berlin fand am 16. und 17. Mai ein Kongress des sogenannten "Antikriegskomitees" statt. Die Organisation vereinigt Putins Gegner und sonstige Vertreter der radikalen russischen Opposition im Ausland. Bei der Konferenz nahm auch der Ex-Milliardär Michail Chodorkowski teil, einer der prominentesten Gegner des russischen Präsidenten im Westen und seit seiner russischen Haftzeit notorischer Liebling der deutschen Presse. Sein Auftritt bei einer Podiumsdiskussion am Freitag sorgte im Netz für Aufsehen.

Gleich zu Beginn seiner kurzen Rede bat der Ex-Oligarch die ukrainischen Zuhörer, ihre Ohren zu verschließen, da er ihnen eine "bittere Wahrheit" kundtun müsste: "Meine Herren, Sie haben den Krieg in der Ukraine praktisch verloren." Und verbesserte: "Wir haben ihn verloren." Dann hat der einstige Multimilliardär es bewiesen, dass er nach wie vor in ganz großen Zahlenordnungen rechnen kann. Nach einer Reihe von Rechenbeispielen kam er zu dem Schluss: 

"Einschließlich der US-Lieferungen liegt das reale Verhältnis der Kriegsausgaben [im Ukraine-Krieg] bei 2,5 zu eins zugunsten Putins, und in diesem Jahr ohne die US-Lieferungen bei vier zu eins." Außerdem zeigte er anhand seiner Berechnungen, dass Russland für dieses Geld viel mehr Artilleriegranaten produzieren kann als der Westen. Mit einem Preis von 500 Dollar pro Stück kosten sie nur ein Zehntel oder Fünfzehntel dessen, was der Westen aufbringen muss. 

Die demographische Situation war der zweite Faktor, den Chodorkowski betrachtete. Am Anfang der Militäroperation habe ihm zufolge das Bevölkerungsverhältnis 3,5 zu eins zugunsten Russlands betragen, inzwischen liege es bei sieben zu eins. Zwar ist fraglich, ob der Bevölkerungsrückgang in der Ukraine aufgrund der Gebietsverluste und der Auswanderungsbewegungen das ohnehin ungünstige Verhältnis dermaßen verschlechtert habe. Dennoch ist unbestritten, dass die Ukraine, je länger der Krieg andauert, beim Faktor menschliche Ressourcen im Vergleich zu Russland immer schlechter dastehen wird. 

"Wie sollten wir also den Krieg führen?", fragte Chodorkowski das Publikum. "Bei einem solchen Verhältnis von Unterstützern und Truppen wird die Ukraine Charkow bis zum Ende des Jahres verlieren. Und bis Mitte des nächsten Jahres Odessa. Das Kräfteverhältnis wird bis Ende 2025 zehn bis zwölf zu eins betragen."

Sollte diese Entwicklung nicht aufgehalten werden, wird der Ukraine laut dem russischen Ex-Oligarchen in zwei Jahren nur noch Lwow erhalten bleiben. Würden "NATO-Truppen, vertreten durch Polen, einmarschieren", und das sei das optimistischste Szenario, könne alles noch schneller gehen. Da der Westen in der Ukraine wegen seiner mangelnden Unterstützung als Verräter angesehen wird, werden die Ukrainer auf die Seite Russlands wechseln und zusammen mit den Russen als Feinde des Westens an der Grenze zu Polen stehen, prognostizierte Chodorkowski. 

Um dies zu vermeiden, empfahl der notorische Kreml-Gegner Berlin sein eigenes Rezept. Deutschland solle "klügere" und "härtere" Sanktionen gegen Russlands Technologien einführen, den Militäretat auf "militärische Gleise" setzen und auf bis zu drei Prozent des BIP erhöhen. Auch die "Militärunion der Demokratien" müsse international gestärkt werden. Außerdem sollte Deutschland die talentiertesten Russen abwerben und an schon in Deutschland lebenden Russen "graue Pässe" ausgeben. Die Niederlage des "Putin-Regimes" nannte er einen Sieg für Russland. 

In einem taz-Interview bekannte Chodorkowski zudem, dass ihn der russische Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 wegen seiner Verwandtschaft in Charkow "hysterisch" gemacht habe. Putin sei seitdem sein persönlicher Feind, früher sei er nur ein politischer Gegner gewesen. Nach seiner vorzeitigen Freilassung im Jahr 2013 lebte Chodorkowski mit seiner Familie zunächst in der Schweiz, seit 2016 lebt er in London. Im Westen erhielt er viele Auszeichnungen und Ehrungen für seinen Einsatz für "Freiheit und Demokratie". 

Mehr zum Thema – Russlands Offensive bei Charkow ist weit mehr als nur ein militärischer Rückschlag für Kiew

Mitten im EU-Wahlkampf: Ermittlungen gegen von der Leyen vorläufig ausgesetzt

19. Mai 2024 um 20:26

Die Ermittlungen gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) werden bis zum 6. Dezember vorläufig eingestellt. Dies berichtet unter anderem die spanische Tageszeitung El País. Bei den Untersuchungen geht es um mutmaßlich kriminelle Methoden bei der Beschaffung von Corona-Impfstoffen in den Verhandlungen mit dem Pharmakonzern Pfizer. Ein belgisches Gericht hat nun entschieden, dass die Ermittlungen für die Zeit des EU-Wahlkampfs sowie der Wahl des Kommissionspräsidentin ausgesetzt werden. Erst wenn klar ist, ob von der Leyen erneut ins Amt der Kommissionspräsidentin gewählt wird, sollen die Untersuchungen wieder aufgenommen werden.

Bei den Verhandlungen ging es auch um die Frage, ob die Europäische Staatsanwaltschaft (EuSta) oder die belgischen Behörden für die Ermittlungen zuständig sind. Diesbezüglich traf das Gericht am Freitag jedoch keine Entscheidung. Stattdessen wurde beschlossen, die Untersuchungen gegen von der Leyen vorläufig auszusetzen. Die Entscheidung darüber, welche Staatsanwaltschaft zuständig ist, wurde auf den 6. Dezember vertagt.

Bei den Ermittlungen geht es im Kern um die SMS-Kommunikation zwischen Ursula von der Leyen und dem Chef des Pharmakonzerns Pfizer, Albert Bourla, im Vorfeld der Vertragsverhandlungen über den Kauf von Pfizer-Impfstoff. Entgegen der üblichen vorgeschriebenen Verfahrensweise war dieser Vertrag kein Ergebnis einer offenen Ausschreibung und beinhaltete Bestimmungen, die Pfizer vielfach einen unzulässigen rechtlichen Vorteil verschafften. Im April 2021 hatte auch die New York Times über die dubiosen Vertragsverhandlungen berichtet. Teile des Vertrags wurden sogar über persönliche Textnachrichten zwischen von der Leyen und Bourla vereinbart. Bisher hat sich die EU-Kommissionspräsidentin geweigert, den Inhalt der SMS zu veröffentlichen, sie leugnet sogar deren Existenz.

Im April 2023 reichte der bei der EU akkreditierte belgische Lobbyist Frédéric Baldan Klage gegen von der Leyen bei einem Gericht in Lüttich ein. Er wirft der EU-Kommissionspräsidentin unter anderem die "Anmaßung von Ämtern und Titeln", die "Vernichtung öffentlicher Dokumente" sowie "unrechtmäßige Bereicherung und Korruption" vor. Dieser Anzeige hatten sich die ungarische und zunächst auch die polnische Regierung sowie zahlreiche Organisationen angeschlossen; die aktuelle EU-freundliche polnische Regierung zog diese Unterstützung dann jedoch wieder zurück.

Zunächst hatten die belgischen Behörden die Ermittlungen aufgenommen, später übernahmen Ermittler der Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO) die Untersuchungen. Die Entscheidung aus Belgien dürfte die Ermittlungen auf jeden Fall weiter in die Länge ziehen. Von der Leyen kann sich somit freuen und in Ruhe auf ihren Wahlkampf konzentrieren – und die Wähler werden bis nach der Wahl im Unklaren über ihre Rolle bei der dubiosen Impfstoffbeschaffung bleiben.

Mehr zum Thema - Oh, Ursula von der Leyen, bitte nicht noch weitere fünf Jahre!

WP: Selenskij wird nach dem Ende seiner Amtszeit wegen Jermak in die Kritik geraten

19. Mai 2024 um 20:03

Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij wird nach dem Ende seiner offiziellen Amtszeit am Pfingstmontag verstärkter Kritik ausgesetzt sein, unter anderem wegen seines Büroleiters und Freundes Andrei Jermak, der "untrennbar" mit dem ukrainischen Staatschef verbunden ist. Dies berichtete die Washington Post (WP) nach einer Befragung ehemaliger sowie aktueller ukrainischer und westlicher Beamter.

Der Zeitung zufolge hätten Jermaks Nähe zu Selenskij und sein Einfluss auf den Staatschef zu einer Reihe von Anschuldigungen geführt:

  • undemokratische Machtkonsolidierung im Präsidialamt;
  • Entscheidung über Säuberungen in der Führung des Landes, einschließlich des Rücktritts des ehemaligen Oberkommandierenden der ukrainischen Streitkräfte, Waleri Saluschny, der inzwischen zum Botschafter in Großbritannien ernannt wurde;
  • Beschränkung des Zugangs zu Selenskij und Jermaks Streben nach persönlicher Kontrolle über jede Entscheidung.

Da Selenskij auch nach dem Ende seiner Amtszeit als Präsident das Land regiert (die Ukraine steht unter Kriegsrecht; nach der ukrainischen Verfassung können während dieser Zeit keine Wahlen abgehalten werden), könnte ihm zudem vorgeworfen werden, er nutze den Konflikt, um die Demokratie zu untergraben: Er kontrolliere die Medien, schalte Kritiker aus und stelle den nicht gewählten Jermak über andere Minister und Diplomaten, so WP.

Ein ukrainischer Beamter erklärte, dass man Selenskij "vertrauen" müsse, um seine Legitimität zu bewahren. Aber seine Glaubwürdigkeit schwinde, "weil Jermaks Handlungen ständig auf den Präsidenten zurückfallen."

Die Gesprächspartner der Zeitung stellten fest, dass Jermak "ungewöhnlich weitreichende Befugnisse im Bereich der Staatsverwaltung und der Außenbeziehungen" hat. Einige sagten, er kontrolliere, welche Beamten ins Ausland reisen dürfen und wann. Das Büro des ukrainischen Präsidenten lehnte eine Stellungnahme zu dem Bericht ab.

Jermaks Kritiker beklagen, er habe in letzter Zeit das Außenministerium "an den Rand gedrängt", sich in militärische Entscheidungen eingemischt und wichtige Geschäfte mit Partnern, insbesondere den Vereinigten Staaten, vermittelt – eine Aufgabe, die ihrer Meinung nach der Präsident des Landes übernehmen sollte. Die Washington Post stellte fest, dass der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, bei einem Besuch in Kiew im März sagte, er und Jermak stünden in "regelmäßigem Kontakt". Ein hochrangiger ukrainischer Beamter nannte das eine "Tragödie" und erklärte:

"Der Präsident hat keine Entourage. Es gibt nur eine Person, die die Entscheidungen des Präsidenten beeinflusst. <...> Der Einfluss von Jermak ist monopolistisch."

Einige Gesprächspartner der Zeitung äußerten zudem Zweifel daran, ob Selenskij oder Jermak für die Entscheidungen im Staate verantwortlich ist.

Der ehemalige US-Botschafter in Russland, Michael McFaul, der gemeinsam mit Jermak den Vorsitz der Internationalen Arbeitsgruppe für Sanktionen gegen Moskau innehat, führte gegenüber der WP aus, der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes erfülle mehrere Funktionen. McFaul erklärte:

"In gewisser Weise ist er de facto Premierminister, Außenminister und Stabschef."

Seiner Ansicht nach sei dies die Kehrseite des Konflikts, und Jermak "macht einen verdammt guten Job". Der Diplomat behauptete:

"Man braucht Leute, die etwas bewirken können und von denen man weiß, dass sie einem zu 100 Prozent loyal sind. Das ist genau die Rolle, die Jermak für Präsident Selenskij spielt."

Ein Berater verglich Jermak gegenüber der US-Zeitung mit dem Chief Operating Officer des Landes und sagte, seine Effektivität habe das Vertrauen von Selenskij verdient. Er fügte hinzu:

"Der Präsident kann sich darauf verlassen, dass er (Jermak) eine bestimmte Aufgabe einfach zu Ende bringt."

Ein weiterer Informant hob lobend hervor, Jermak habe seinem Team beigebracht, jede Entscheidung in weniger als einer Minute zu treffen.

Ein ausländischer Diplomat sagte gegenüber der Washington Post hingegen aus, dass Selenskij und Jermak "das Land regieren". Er nannte Selenskij einen "guten Polizisten" und Jermak einen "schlechten Polizisten". Der Gesprächspartner der Zeitung behauptete über Jermak:

"Er tut nicht nur so, als wäre er böse. Er hat echte Macht, und er kontrolliert viele, viele Dinge."

Ein anderer Diplomat beschrieb Jermak laut WP als "sowohl einen Torwächter als auch eine Kraft hinter den Toren".

Einige ukrainische und westliche Beamte äußerten gegenüber der Zeitung die Sorge, dass das Misstrauen gegen den engsten Berater des Präsidenten die Glaubwürdigkeit von Selenskij untergrabe und Zweifel daran aufkommen lasse, wer für die Entscheidungen im Staate verantwortlich ist.

Jermak selbst hat indes zugegeben, dass viele seine "Allgegenwart" nicht gutheißen würden, und sagte, er arbeite "im Auftrag des Präsidenten". Er bestritt zudem, dass jemand anderes als Selenskij das Sagen hat:

"Er hört auf alle. Aber er bringt seine Meinung zum Ausdruck."

Andrei Jermak leitet das Büro des ukrainischen Präsidenten seit 2020 (Selenskij wurde 2019 ins Amt gewählt). Davor war er Assistent des Präsidenten, ebenfalls unter Selenskij. Jermak ist Jurist und Filmproduzent, WP schrieb, dass er – wie auch andere Partner des Studios Kwartal 95 – von Selenskij einst in die Führungsriege des Landes erhoben wurde. Nach Angaben von Jermak kennen er und der Präsident sich bereits seit mehr als 15 Jahren.

Im Jahr 2021 wählte das ukrainische Magazin Focus Jermak auf Platz zwei der einflussreichsten Ukrainer.

Mehr zum Thema - Russischer Auslandsgeheimdienst: Washington sucht intensiv nach Ersatz für Selenskij

Tausenden Sanktionen zum Trotz: Russische Wirtschaft wächst im ersten Quartal um 5,4 Prozent

19. Mai 2024 um 19:36

Das russische Wirtschaftswunder ist ungebrochen, wie aus der vorläufigen Schätzung des russischen Statistikamts Rosstat für das erste Quartal 2024 hervorgeht. Trotz über 20.000 bestehender Sanktionen und der Absicht des Westens, die russische Wirtschaft in die Knie zu zwingen, verzeichnete Russland im ersten Quartal des laufenden Jahres ein Wachstum von 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Treiber des Wachstums ist die wachsende Binnennachfrage. Die legte auf Jahressicht um 10,5 Prozent zu. Die Industrieproduktion stieg um 8,8 Prozent und die Bauwirtschaft wuchs um 3,5 Prozent. 

Die Schätzung stimmt mit der Prognose des Wirtschaftsministeriums überein. Die russische Zentralbank war in ihrer Erwartung etwas verhaltener. Sie hatte ein Wachstum von 4,6 Prozent prognostiziert. 

Rosstat wird Mitte Juni eine abschließende Meldung unter Einschluss aller verfügbaren Daten zum Wachstum im ersten Quartal veröffentlichen. Die russische Zentralbank geht für das zweite Quartal von einem sich abschwächenden Wachstum aufgrund erschwerter fiskalischer Rahmenbedingungen aus. Allerdings verbleibe sowohl die Nachfrage und das Investitionsniveau auf hohem Niveau. 

Im April prognostizierte der Internationale Währungsfonds (IWF), dass es die russische Wirtschaft in diesem Jahr ein stärkeres Wachstum verzeichnen werde als die der G7-Länder. Um 3,2 Prozent soll laut IWF die russische Wirtschaft in diesem Jahr zulegen. Für Deutschland erwartet der Fond ein Wachstum von lediglich 0,2 Prozent.

Nach einem durch die Sanktionen bedingten Einbruch im Jahr 2022 um 1,2 Prozent wuchs die russische Wirtschaft bereits 2023 wieder kräftig und konnte den Einbruch ausgleichen. Für 2023 teilte Rosstat ein Zuwachs des BIP um 3,6 Prozent mit. Das Wachstum ist zum einem der schnellen Umorientierung Russlands in Richtung Osten als auch der Entwicklung der eigenen Industrie geschuldet. Das Ziel ist, von westlichen Produzenten unabhängig zu werden. 

Russland Finanzminister Anton Siluanow erwartet für das laufende Jahr ein ähnliches Ergebnis wie 2023. Die russische Zentralbank geht von einem Wachstum in einem Korridor von 2,5 bis 3,5 Prozent aus.

Mehr zum Thema – Bericht: Der Westen verkalkuliert sich bei der russischen Wirtschaft

Ukraine-Soli-Wirtschaftsweise: "Wir können uns weiter steigende Renten nicht leisten"

19. Mai 2024 um 19:04

Wer unmittelbar mit 18 eine rentenversicherungspflichtige Vollbeschäftigung aufgenommen und während seines Erwerbslebens die Beitragszahlungen niemals ausgesetzt hat, kann nach der derzeitigen Regelung mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen. Er bekommt dann nach aktuellem Stand etwa 50 Prozent seines letzten Nettolohns.

Die Standardrente nach 45 Beitragsjahren betrug im Jahr 2021 nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung 16.432 Euro im Jahr oder rund 1.370 Euro im Monat. Das ist zu viel, meint der FDP-Vorsitzende Christian Lindner und bekommt Unterstützung von der Chefin des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Monika Schnitzer.  Die Wirtschaftsweise teilt die Einschätzung Lindners.

"Wir können es uns nicht leisten, einfach die Renten weiter so steigen zu lassen wie bisher", sagte sie der dpa. 

Schnitzer plädiert für die Entkopplung der Rentenentwicklung von der Entwicklung der Löhne und will sie an die Inflationsentwicklung koppeln. Dann sei man als Rentner zwar nicht mehr an der wirtschaftlichen Entwicklung beteiligt, aber die Kaufkraft bleibe erhalten. 

Die Expertin bedient sich in ihrer Argumentation des demografischen Arguments. Die Babyboomer-Generation habe nicht genug Nachkommen gezeugt, ist ihr Vorwurf an die Beitragszahler. 

"Das Problem ist, dass die Babyboomer einen Teil des Generationenvertrags nicht eingehalten haben. Sie haben mit ihren Beiträgen für die Rentner und Rentnerinnen bezahlt. Aber sie haben nicht ausreichend viele Kinder bekommen und großgezogen, um später genügend Beitragszahler für ihre eigene Rente zu haben. Damit müssen wir irgendwie umgehen."

Schnitzer fordert zudem mehr Eigenengagement. Sie plädiert für eine Ausweitung der Aufstockung der gesetzlichen Rente durch private Zusatzversicherungen. In den letzten Jahren wurde das Rentenniveau durch die Politik immer weiter abgesenkt, um den Druck auf die Arbeitnehmer zu erhöhen, sich zusätzlich privat abzusichern und die Kassen der Versicherungskonzerne zu füllen.

Ein guter Tipp war das angesichts der jahrelang anhaltenden Niedrigzinspolitik nicht. Eine private Absicherung lohnt nur in seltenen Ausnahmefällen. Zudem ist das Rentenniveau in Deutschland im OECD-Vergleich unterdurchschnittlich niedrig. Die unterschiedlichen deutschen Regierungen haben es in den vergangenen Dekaden mit den Beitragszahlern nicht besonders gut gemeint. 

Kritiker an der Politik der Rentenkürzungen wie der Wirtschaftswissenschaftler Heiner Flassbeck weisen immer wieder darauf hin, dass die Diskussion in Deutschland verkürzt geführt wird. In der Bundesrepublik steht der demografische Wandel im Mittelpunkt der Argumentation, andere Faktoren werden unterschlagen.

So findet der Produktivitätsfortschritt als maßgeblicher Faktor kaum Erwähnung. Das Argument lässt sich einfach zusammenfassen: Steigt durch technischen Fortschritt die Produktivität, kann also durch den gleichen oder sogar einen geringeren Einsatz an Arbeitskraft ein höherer Output generiert werden, verliert das demografische Argument an Bedeutung. Dann ist das Problem nicht die Geburtenrate, sondern mangelnde Investitionen aufgrund von geringer Nachfrage. Entkräftet wird das demografische Argument auch dadurch, dass trotz niedriger Reproduktionsrate die Bevölkerung in Deutschland durch Zuwanderung wächst. 

Schnitzer fordert, eine abschlagsfreie Rente nur Geringverdienern auszuzahlen. Das wirkt geradezu zynisch, da Geringverdiener beim jetzigen Rentenniveau in die Grundsicherung fallen und auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. 

Unterschlagen wird in der deutschen Diskussion zudem, dass es sich bei der Rente um eine Versicherungsleistung und nicht um eine freiwillige Wohlfahrtsleistung des Staates handelt.

Im Dezember sorgte die Wirtschaftsweise für Schlagzeilen, als sie sich für die Einführung eines Ukraine-Solis stark machte. Damals sagte Schnitzer: 

"Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen. Ein Ukraine-Soli als Aufschlag auf die Einkommensteuer für die militärische Hilfe wäre eine mögliche Antwort auf diese Herausforderung. Das ist nicht populär – aber schließlich geht es in diesem Krieg auch um unsere Freiheit." 

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Weder ermutigen noch ermöglichen! – USA bemühen sich um Dementi zu Angriffen auf Russland

19. Mai 2024 um 18:38

Bei einer Pressekonferenz am Freitag kündigte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, ein zusätzliches Hilfspaket in Höhe von zwei Milliarden Dollar für Kiew an. Er erklärte, Washington beobachte die russische Offensive im Nordosten der Ukraine genau und arbeite rund um die Uhr daran, den ukrainischen Soldaten Waffen und Ausrüstung zur Verfügung zu stellen, um diese Angriffe abzuwehren.

Er betonte jedoch, dass diese Ausrüstung und die Mittel nur zur Stärkung der ukrainischen Verteidigung und nicht für Angriffe auf russisches Territorium verwendet werden sollen.

"Wir ermutigen weder zu Angriffen mit von den USA gelieferten Waffensystemen auf russisches Territorium, noch ermöglichen wir diese. Das ist unsere Politik, die sich nicht geändert hat", sagte Kirby auf die Frage eines Reporters, ob es nicht an der Zeit sei, "das Verbot für die Ukraine zu überdenken, amerikanische Waffen offensiv einzusetzen."

US-Beamte hatten zuvor erklärt, dass sie die Krim, die Republiken Donezk und Lugansk sowie die Regionen Cherson und Saporoschje weiterhin als ukrainisches Territorium unter russischer "Besatzung" betrachten. Die Krim stimmte kurz nach dem vom Westen unterstützten Staatsstreich in Kiew im Jahr 2014 dafür, die Ukraine zu verlassen und sich Russland anzuschließen. In vier weiteren Regionen wurden im September 2022 Referenden über den Beitritt zu Russland durchgeführt. Diese Regionen befinden sich derzeit nicht vollständig unter russischer Kontrolle. 

Moskau hat die NATO- und EU-Länder beschuldigt, die Ukraine zu ermutigen, Wohngebiete mit vom Westen gelieferten Langstreckenraketen wie ATACMS und Storm Shadow/SCALP-EG zu beschießen. Angesichts der Drohnenangriffe auf die Krim, Krasnodar und andere russische Regionen am 16. und 17. Mai, sprach die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Freitag eine deutliche Warnung aus: 

"Noch einmal möchten wir Washington, London, Brüssel und andere westliche Hauptstädte sowie das von ihnen kontrollierte Kiew unmissverständlich davor warnen, dass sie mit dem Feuer spielen. Russland wird solche Übergriffe auf sein Territorium nicht unbeantwortet lassen", betonte die Diplomatin in einer Erklärung.

Kiew hat unterdessen argumentiert, dass die jüngste russische Offensive durch Beschränkungen für den Einsatz westlicher Waffen sowie durch Lieferverzögerungen ermöglicht worden sei. "Sie können von ihrem Territorium aus beliebige Waffen auf unser Territorium abfeuern. Das ist der größte Vorteil, den Russland hat", sagte der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Anfang dieser Woche reisten Mitglieder des ukrainischen Parlaments nach Washington, um das Weiße Haus davon zu überzeugen, die Beschränkungen aufzuheben, wie Politico berichtete. Anderen Meldungen zufolge hat Kiew auch um Hilfe bei der Aufklärung von Zielen in Russland gebeten.

Russische Truppen sind letzte Woche vom Norden her in die ukrainische Region Charkow eingedrungen und haben seitdem bis zu einem Dutzend Dörfer entlang der Grenze befreit. Der ukrainische Generalstab erklärte, die Russen hätten einige "taktische Erfolge" erzielt, und er meldete schwere Kämpfe um die Stadt Woltschansk.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte mehrfach angekündigt, dass Moskau versuchen könnte, eine Pufferzone in der Ostukraine einzurichten, um die ukrainischen Streitkräfte daran zu hindern, zivile Ziele in der russischen Stadt Belgorod und anderen Grenzregionen zu beschießen. "Das ist es, was wir tun. Was aber die Einnahme von Charkow betrifft, so gibt es derzeit keine derartigen Pläne", sagte er am Freitag während seiner Reise nach China.

Russische Experten betonen jedoch, dass Charkow nicht per Sturmangriff, sondern nach einer Umzingelung und Schwächung der Verteidigungsfähigkeit der ukrainischen Streitkräfte an Russland fallen könnte. 

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Bin Salman und US-Sicherheitsberater kommen zusammen: Sicherheitspakt mit Saudis steht vor Abschluss

19. Mai 2024 um 18:08

Der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden traf am frühen Sonntag mit dem saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman zusammen, um die vom Königreich als "halbfinal" bezeichnete Version eines weitreichenden Sicherheitsabkommens zwischen den beiden Ländern zu besprechen.

Die Ankündigung der staatlichen saudischen Presseagentur erfolgte, nachdem die Ausarbeitung des strategischen Abkommens nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober, einen herben Rückschlag hinnehmen musste. In der Zwischenzeit wurden durch israelische Luftangriffe und eine Bodenoffensive mehr als 35.000 Palästinenser getötet und das Sicherheitsabkommen gefährdet, zu dem auch zum ersten Mal seit der Gründung Israels im Jahr 1948 dessen diplomatische Anerkennung durch Saudi-Arabien gehörte.

Die saudischen Staatsmedien veröffentlichten keine Bilder von dem Treffen zwischen Jake Sullivan und Prinz Mohammed in Dhahran, einer Stadt im Fernen Osten des Königreichs, in der der staatliche Ölgigant Saudi Arabian Oil Co. (Saudi Aramco) ansässig ist.

"Die halbfertige Version des Entwurfs der strategischen Abkommen zwischen dem Königreich und den Vereinigten Staaten von Amerika, die kurz vor der Fertigstellung stehen, und die Arbeiten zwischen den beiden Seiten in der Palästinenserfrage, um einen glaubwürdigen Weg zu finden, wurden diskutiert", heißt es in der nach den Gesprächen veröffentlichten Erklärung.

Aus dem ursprünglich von den USA erhofften großen Abkommen, das auch Israel miteinbeziehen soll, wird vermutlich vorerst nichts. Der Krieg in Gaza und eine fehlende Lösung für die Gründung eines Palästinenserstaats stehen einem Dreierbündnis entgegen. 

So dürfte es zunächst auf eine bilaterale Übereinkunft zwischen den USA und Saudi-Arabien hinauslaufen. Medienberichten zufolge würde ein Sicherheitspaket mehrere Punkte umfassen, auf die das Königshaus schon lange hofft.

Vorgesehen ist demnach unter anderem eine engere militärische Kooperation einschließlich des Zugangs zu hochmodernen amerikanischen Waffen, des Ausbaus des zivilen saudischen Atomprogramms und des Austauschs neuer Technologien, vor allem im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Die Regierung in Washington sieht in dem Deal eine Möglichkeit, die eigene Position in der Region zu stärken – und Chinas Ambitionen in Nahost etwas entgegenzusetzen.

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Wollen nicht als Kanonenfutter enden: Ukrainische Trucker protestieren gegen Mobilisierungsgesetz

19. Mai 2024 um 17:31

Ukrainische Lastwagenfahrer haben am Samstag gegen das neue Mobilisierungsgesetz des Landes protestiert, berichtet Strana.ua. Laut dem neuen Gesetz, das am 18. Mai in Kraft trat, können die Fahrer zum Militär eingezogen werden, wenn sie aus dem Ausland in die Ukraine zurückkehren.

"Wir müssen die Reserven aufstocken", hatte Wladimir Selenskij am Freitag in einem Interview mit AFP gesagt. "Eine große Anzahl" der ukrainischen Brigaden leide unter akuter Unterbesetzung, "was eine normale Rotation" der Truppen nicht zulasse, beklagte der ukrainische Präsident.

Im Rahmen der Aktion blockierten dutzende Lastwagen eine wichtige Autobahn, die die ukrainische Hauptstadt Kiew mit der Hafenstadt Odessa verbindet.

Einem Video zufolge, das einer der Teilnehmer der Proteste auf Telegram gepostet hat, kamen die Fahrer aus der ganzen Ukraine und vertraten Kiew, Odessa, Nikolajew, Winniza, Tscherkassy, Iwano-Frankowsk, Tschernigow und andere Städte.

Der LKW-Fahrer sagte, er und seine Kollegen hätten die Demo organisiert, um die Öffentlichkeit auf die "drakonischen Gesetze der halblegitimen Selenskij-Behörden" aufmerksam zu machen.

Selenskij hat sich geweigert, die für Ende März angesetzten Präsidentschaftswahlen abzuhalten. Er begründete dies mit dem Kriegsrecht, das aufgrund des Konflikts mit Russland in Kraft ist. Seine fünfjährige Amtszeit hätte am morgigen Pfingstmontag enden sollen.

Der Verband der internationalen Straßentransporteure der Ukraine hatte sich im vergangenen Monat darüber beklagt, dass mehrere LKW-Fahrer bei ihrer Rückkehr aus der EU von Rekrutierungsbeamten in der Region Transkarpatien aufgegriffen worden seien. Die Organisation teilte mit, sie habe sich an die Regierung gewandt und darum gebeten, diese Praxis einzustellen, da der Transport von Gütern für die Wirtschaft des Landes lebenswichtig sei.

Ein namentlich nicht genannter Vertreter eines ukrainischen Transportunternehmens erklärte Anfang Mai gegenüber Strana.ua, dass sich die Fälle häuften, in denen Fahrer ihre LKW nach der Einreise in die EU verlassen hätten und geflohen seien, um einer Mobilisierung zu entgehen. Einige Männer hätten sich eigens zu diesem Zweck eine LKW-Fahrerlizenz besorgt, sagte die Quelle. 

Selenskij unterzeichnete im April angesichts des Soldatenmangels an der Front ein verschärftes, neues Mobilisierungsgesetz. Die Richtlinie setzt das Einberufungsalter von 27 auf 25 Jahre herab, erweitert die Befugnisse der Rekrutierungsbeamten erheblich und führt verschiedene Einschränkungen für Wehrdienstverweigerer ein.

Ende letzten Monats erklärte der damalige russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu, dass die Verluste des ukrainischen Militärs seit Jahresbeginn bereits mehr als 111.000 Mann betragen hätten.

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Gegenwind für Scholz aus der eigenen Partei: Kommunalpolitiker will Pistorius als Kanzlerkandidaten

19. Mai 2024 um 16:54

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist bei den deutschen Wählern ausgesprochen unpopulär. In einem Beliebtheitsranking westlicher Staatenlenker belegte Scholz im April den letzten Platz. 73 Prozent der Wähler sind mit dem deutschen Regierungschef unzufrieden, ermittelte die New York Times. Im kommenden Jahr sind Bundestagswahlen und angesichts der Umfragewerte stellt sich auch für die SPD die Frage, mit welchem Kanzlerkandidaten man in den Wahlkampf geht. Vor einer Woche erst bekannte sich der Vorsitzende der SPD, Lars Klingbeil, klar zu Scholz. Der Rheinischen Post sagte er: 

"Olaf Scholz ist der Kanzler, und er bleibt es. Und er wird auch wieder unser Kandidat."

Allerdings sehen das anscheinend nicht alle in der Partei so. Der SPD-Kommunalpolitiker Heiko Wittig hat sich in einem Interview mit dem Tagesspiegel für Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten ausgesprochen. Wittig bescheinigt Scholz einen Mangel an Führungsqualitäten. 

"Diese Koalition treibt ja auch jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf. Erst das Heizungsgesetz, nun die Krankenhausreform, die niemand will. Ich weiß: Es ist die erste Dreier-Koalition, aber genau da braucht es Führung", sagte er der Zeitung.

Scholz sei zu ruhig, fügte er hinzu. Pistorius spreche dagegen eine klare Sprache. Dass er hart auftrete, mache ihn bei den Bürgern beliebt, glaubt Wittig: "Die Menschen sind begeistert von ihm."

Scholz dagegen sei zu spröde. Ein Hanseat, unnahbar. Das sei außerhalb von Norddeutschland wenig attraktiv. Scholz sei ein erfahrener Politiker, aber er "kommt nicht rüber", kritisiert Wittig. Zudem verzögere Scholz die Militarisierung Deutschlands. 

"Nun streitet sich Scholz mit Pistorius über mehr Geld für die Bundeswehr. Unsere Leute hier geben Pistorius in allen Punkten recht. Deutschland muss wehrfähiger werden. Da muss der Kanzler einlenken. Wenn er das nicht tut, wird er noch unbeliebter."

Im Gegensatz zu Scholz gebe Pistorius auch auf unbequeme Fragen klare Antworten. Mit Pistorius als Kanzlerkandidaten und der Umsetzung von bereits gegebenen Versprechen, wie dem, das Bürgergeld überarbeiten und Bezahlkarten für Asylbewerber ausgeben zu wollen, habe die SPD gute Chancen, bei der kommenden Bundestagswahl erneut zu gewinnen, meint Wittig.

"Sehr viele an der SPD-Basis sagen: Pistorius ist ganz klar unsere Nummer Eins."

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Pistorius will noch mehr Milliarden für Ukraine – Sparminister Lindner signalisiert Zustimmung

19. Mai 2024 um 16:21

Deutschland hat dieses Jahr bereits 7,1 Milliarden Euro an Militärhilfe für die Ukraine zur Verfügung gestellt. Doch diese Summe sei fast vollständig verplant, lediglich 300 Millionen Euro seien noch offen für neue Munitions- und Waffenkäufe. Das berichtet die Bild am Sonntag unter Berufung auf Regierungskreise.

Laut dem Bericht will die Bundesregierung die Militärhilfe für die Ukraine noch in diesem Jahr massiv aufstocken. Das Verteidigungsministerium habe deswegen einen zusätzlichen Bedarf von 3,8 Milliarden Euro angemeldet. Noch im Juni solle dem Bundestag die überplanmäßige Ausgabe zur Abstimmung vorgelegt werden.

Der ansonsten stets knausrige Finanzminister Christian Lindner habe demnach bereits Zustimmung signalisiert. "An Deutschland darf eine Verstärkung der Verteidigung der Ukraine nicht scheitern. Wenn möglich, sollten wir in diesem Jahr weitere Waffen liefern", zitierte das Springer-Blatt Aussagen aus Ministeriumskreisen. Eine Aussetzung der Schuldenbremse sei dafür nicht nötig. "Wenn innerhalb der Regierung Konsens hergestellt werden kann, finden wir Wege im laufenden Haushaltsjahr."

Für die Bundeswehr hat Pistorius dem Bericht zufolge im Haushalt 2025 einen Mehrbedarf von 6,7 Milliarden Euro angemeldet. Für die Ukraine-Hilfe soll sein Ministerium die Summe von 15 Milliarden Euro veranschlagen.

Laut einer ebenfalls am Sonntag von der Bild veröffentlichten INSA-Umfrage sprechen sich 40 Prozent der deutschen Bevölkerung für eine Kürzung der Hilfsgelder für die Ukraine aus. Es war der am häufigsten genannte Sparvorschlag, noch vor einer Reduzierung der Entwicklungshilfe und geringeren Ausgaben für das Bürgergeld.

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Polizei räumt Straße zum Flughafen – Frankreich leitet Großeinsatz in Neukaledonien ein

19. Mai 2024 um 15:55

Nach mehrerer Tagen anhaltender Unruhen in dem französischen Überseegebiet Neukaledonien haben zahlreiche Einsatzkräfte am Sonntag Straßensperren durchbrochen, um die Kontrolle über die 60 Kilometer lange Straße zwischen der Hauptstadt Nouméa und dem internationalen Flughafen La Tontouta zurückzuerlangen. Die Sicherheitskräfte hätten etwa 60 Straßensperren ohne Gewalt durchdrungen, erklärte ein Regierungsvertreter. 600 schwer bewaffnete Gendarmen waren dabei nach Behördenangaben im Einsatz.

Journalisten der Nachrichtenagentur AFP stellten indes fest, dass die Unabhängigkeitsbefürworter erneut die Kontrolle über einige Straßensperren übernommen hatten. Die Reporter konnten aber dennoch zum Flughafen gelangen.

Die Straße wurde seit Tagen von Unabhängigkeitsbefürwortern blockiert. Flüge von und nach Neukaledonien sind seit Dienstag ausgesetzt. Angesichts der anhaltenden Proteste in Neukaledonien hatte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin den Einsatz von hunderten Sicherheitskräften in dem französischen Überseegebiet angekündigt. Ein Großeinsatz von 600 Sicherheitskräften "wird in diesem Moment in Neukaledonien eingeleitet", um die 60 Kilometer lange Straße zwischen der Hauptstadt Nouméa und dem internationalen Flughafen La Tontouta "vollständig unter Kontrolle zu bringen", damit der Flughafen wieder öffnen könne, schrieb Darmanin am Samstagabend auf der Onlineplattform X.

Seit Montag halten die Unruhen in dem Überseegebiet an. Dabei sind bereits sechs Menschen gestorben und hunderte weitere verletzt worden. Auslöser der Ausschreitungen ist eine von der französischen Regierung vorangetriebene Änderung des Wahlrechts, durch die nach Ansicht der Unabhängigkeitsbefürworter der Einfluss der eingeborenen Bevölkerung zurückgedrängt wird. Seit Jahrzehnten gibt es Konflikte zwischen Paris und Neukaledonien mit seinen knapp 270.000 Einwohnern. Rund 41 Prozent von ihnen gehören der indigenen Bevölkerung an, 24 Prozent haben europäische – zumeist französische – Wurzeln.

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Medienberichte: Hubschrauber mit iranischem Präsidenten an Bord möglicherweise abgestürzt

19. Mai 2024 um 15:16

Ein Hubschrauber mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi an Bord erlitt am Sonntag eine "harte Landung", berichtete das iranische Staatsfernsehen, ohne dies näher zu erläutern.

APNewsAlert: DUBAI, United Arab Emirates (@AP) — Iranian state television says helicopter carrying President Ebrahim Raisi had a 'hard landing,' without elaborating.

— Jon Gambrell | جون (@jongambrellAP) May 19, 2024

Raisi war in der iranischen Provinz Ost-Aserbaidschan unterwegs. Nach Angaben des Staatsfernsehens ereignete sich der Zwischenfall in der Nähe von Dscholfa, einer Stadt an der Grenze zu Aserbaidschan, etwa 600 Kilometer nordwestlich der iranischen Hauptstadt Teheran.

Laut der der Nachrichtenagentur Irna versuchen derzeit 40 Rettungsteams, den Hubschrauber zu bergen. Auch der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian soll demnach unter den Passagieren gewesen sein. Laut der Agentur könne ein Absturz nicht ausgeschlossen werden. Die Suche nach dem Hubschrauber werde durch schlechte Wetterbedingungen erschwert. Behördenangaben zufolge flog der Präsident in einem Konvoi mehrerer Hubschrauber. 

Inzwischen sind Rettungsteams in der Region angekommen, in der es möglicherweise zum Absturz des Hubschraubers kam. Auch eine Regierungsdelegation hat sich auf den Weg in die Region gemacht. Ein iranischer Beamter sagte laut Al Jazeera, die von dort erhaltenen Informationen seien "alarmierend", aber die Behörden seien optimistisch.

Die Agentur Irna veröffentlichte ein Foto, dass den Hubschrauber vor seinem Verschwinden zeigen soll. 

Raisi war am Sonntagmorgen nach Aserbaidschan gereist, um gemeinsam mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew einen Staudamm einzuweihen. Der Damm ist bereits der dritte, den die beiden Länder am Aras-Fluss gebaut haben.

Iran setzt im Land eine Vielzahl von Hubschraubern ein, aber internationale Sanktionen erschweren die Beschaffung von Ersatzteilen für diese Maschinen. Auch die militärische Luftflotte des Landes stammt größtenteils aus der Zeit vor der Islamischen Revolution von 1979.

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Der Leidensdruck von "Anfeindungen" – Politik und Wissenschaft jammern auf berechenbarem Niveau

19. Mai 2024 um 14:54

Von Bernhard Loyen

"Woher kommt plötzlich dieser Wille zur Gewalt?", fragt die Wochenzeitung Die Zeit als Aufmacher zu Ereignissen körperlicher Gewalt gegen Politiker. Der Deutschlandfunk ergänzt in einem Beitrag, Gründe der Gewalt gegen Politiker seien die "Folgen radikaler Feindbilder". Nein, Gewalt ist auch weiterhin kein probates oder legitimes Mittel, bei der Wahl einer individuellen Unmutsäußerung. Nun erfolgten die medial größten Aufreger von jüngsten Attacken gegen Politiker durch einen 17-jährigen, im Fall des SPD-Politikers Ecke, und durch einen 74-Jährigen, der anscheinend spontan durch die rein private Anwesenheit der SPD-Politikerin Giffey in einer Bibliothek zum anfeindenden Angriff animiert wurde.

Die jeweiligen Gründe sind weiterhin nicht wirklich geklärt. Der Giffey-Angreifer wurde in die Psychiatrie eingewiesen. Herr Ecke verortet die Ursache seines Ereignisses "in der Verrohung und organisierten Enthemmung in der Gesellschaft", und, wichtige Ergänzung in heutigen Zeiten, "hinter der Akteure der extremen Rechten steckten". So weit, so berechenbar, so passend für das benötigte mediale Mosaik "einer bedenklichen Krise der Demokratie". 

Beim Thema "Corona-Aufarbeitung" winkt die Politik mehrheitlich genervt ab. War da was? Wir konnten und durften doch nicht anders, der Blick muss nun nach vorn gerichtet werden. Zudem hätten sich die maßnahmeneinfordernden Volksvertreter ja reinen Gewissens nur an den Empfehlungen der Wissenschaft orientiert. Dazu passend und wie bestellt, wirkt die Veröffentlichung einer Studie von dem 'Deutschen Zentrum für Hochschul- & Wissenschaftsforschung (DZHW)'. Es sei laut Pressemitteilung die "erste bundesweite repräsentative Studie zu Anfeindungen in der Wissenschaft". Die ARD-Redaktion liefert die erwünschte mediale Verkündung an die Bürger im Land. Weiter heißt es im Tagesschau-Artikel:

"Fast jeder zweite Wissenschaftler erlebt Anfeindungen. 45 Prozent aller Forschenden haben Anfeindungen erfahren – das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie. Häufig sind die Angriffe politisch motiviert."

Von den 2.580 antwortenden Teilnehmern gaben 19 Prozent demnach an, dass sie "voll und ganz zustimmen" würden, dass "Wissenschaftsfeindlichkeit sich in den letzten Jahren verstärkt hat" (Seite 6). Das nun vermeintlich seitens der ARD repräsentativ vorgestellte Opfer aus der Wissenschaft trägt den wenig überraschenden Namen Christian Drosten. Das vollkommen unspektakuläre Ereignis eines verbalen Schlagabtauschs, nach einem Drosten-Vortrag in Berlin im September 2023, findet sich sehr einfach als YouTube-Videodokumentation. Passiert war bei der Veranstaltung außer "anmaßenden" Zwischenrufen - nichts. Der Tagesschau-Leser lernt:

"Schon zu Beginn der Veranstaltung, berichtet der Hausherr Professor Johannes Vogel, 'gab es ein paar Leute, die sich sehr aufdringlich um Herrn Drosten gekümmert haben'. Der Leiter des Naturkundemuseums muss dann erleben, wie ihm die Veranstaltung zu entgleiten droht (…) Aber – so erinnert sich Vogel: 'Es gab Augenblicke, in denen nicht auszuschließen war, dass es auch zu körperlichen Handlungen kam. Der Abstand zwischen Menschen, den man normalerweise hält, ist ganz deutlich unterbrochen worden'."

Die wichtigste Information bedient das berüchtigte Feindbild, jedoch gemalt seitens der RBB-Journalisten Fabian Grieger und Torsten Mandalka:

"Am Ende kommt heraus: Die Störer gehörten einer Gruppe von Impfskeptikern an, die die Veranstaltung instrumentalisieren wollten, um schließlich Propagandavideos darüber ins Netz zu stellen." 

"Pöbeleien" gegen den Wissenschaftler Drosten seien daher nur "die Spitze eines breiten Eisberges". Nachweislich gepöbelt, wie in nicht mehr existierenden Eckkneipen Berlins der 1980er-Jahre, wurde nachweislich unisono seitens der Politik, der Wissenschaft und den Medien in der "Corona-Krise" gegen unliebsame Wissenschaftler und beratungsresistente Bürger. Beide Gruppierungen beschimpft und gestempelt als "Corona-/Wissenschaftsleugner", Querdenker, Schwurbler und fahrlässige Demokratiefeinde. Kritische Demonstranten und Journalisten gerne auch erweitert als "Rechte" oder "Nazis" diffamiert.

Die Studienmacher erklären immerhin ehrlich, "auch innerhalb der Wissenschaft selbst gibt es Anfeindungen und abwertendes Verhalten". Bitte diese Information vormerken. Weiter heißt es darlegend:

"Auch verdeutlicht die Studie, dass Anfeindungen, Abwertungen oder sogar Angriffe gegen Wissenschaftler*innen zunehmend auftreten, weil die Beziehung zwischen der Gesellschaft und der Wissenschaft immer komplexer wird."

Diese über den Bund, also den Steuerzahler, finanzierte Studienerkenntnis einer Komplexität bestand jedoch in den drei dunklen Jahren vornehmlich durch die wissenschaftliche Vermittlung von epidemiologischen, virologischen und psychohygienischen Informationen an die Bürger via Talkshow-Dauerberieselung/-manipulation. Es galt unwiderruflich der willkürliche ausgerufene "Konsens der Wissenschaft", kommuniziert und nachdrücklich vermittelt durch eine Handvoll willkürlich auserkorener Wissenschaftler. 

Nun wird also im Rückblick auf die Tränendrüse gedrückt, dass manch Bürger kein Selfie wünscht(e), keine Autogrammkarte wollte. Dass dauerdrangsalierte Menschen irgendwann in die meist verbale, in sozialen Medien schriftliche, Gegenoffensive wechselten. Die anfeindende Erinnerung tut natürlich weh, ist unangenehm. Ein exemplarisches Beispiel von zweierlei Maß einer betrachtenden Aufarbeitung liefert ein Artikel der Berliner Zeitung vom 23. März:

"Ein Nutzer von Twitter muss sich vor Gericht verantworten, weil er besonders markige Sprüche aus der Corona-Zeit zusammengestellt und verbreitet hat. Er hatte geschrieben: 'Wir haben mitgemacht! Wir haben ausgegrenzt, diffamiert, diskreditiert, beleidigt und Menschen gecancelt. Im Dienste der Wissenschaft!'." 

Der juristisch zu maßregelnde Bürger ist ein FDP-Politiker, der unter dem Pseudonym Mic de Vries einen X-Account führt. In dem Artikel erklärt de Vries, dass er mit seinem Thread "in ein Wespennest gestochen" habe. Es gehe ihm mit der Liste jedoch nicht darum, "Menschen an den Pranger zu stellen – aber es muss möglich sein, über getätigte Aussagen zu diskutieren". 

Marie-Agnes -"Ungeimpfte dürfen nicht als Minderheit die Mehrheit terrorisieren"-Strack-Zimmermann kritisierte die Listung von Wahrheiten unbeeindruckt trotzdem als "einen öffentlichen Pranger". Was passierte juristisch mit dem Bürger, der durch seine anfeindende Bildkollage eine Gruppe von Wissenschaftlern zu einem offenen Brief veranlasste. Dieser trug den Titel: "Wissenschaftler gegen Diffamierung, für zivilen Diskurs". Die Berliner Zeitung erklärte im Dezember 2022:

"Eine Gruppe von Wissenschaftlern mahnt: Die Wissenschaft dürfe nicht politisiert werden. Anlass ist ein Fahndungsplakat..."

Auf dem Plakat präsentierte der "Feindbild-Grafiker" und Wutbürger ihm missliebige Politiker, Wissenschaftler und Journalisten. Es passierte – nichts, da es sich nur um Jan Böhmermann handelte, der seine anmaßende Anfeindung zudem noch unbestraft einem ZDF-Millionenpublikum präsentieren konnte:

Für Hinweise, die zur Ergreifung der Gesuchten führen, ist eine Belohnung von 100.000 DM ausgesetzt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Alles weitere heute Abend ab 20 Uhr im @zdfmagazin #rafdp pic.twitter.com/ZQNkZ7YSYa

— Jan Böhmermann 💩 (@janboehm) November 25, 2022

Der "bedauernswerte" leidgeplagte Christian Drosten gehört wiederum zu der in der Studie genannten Kategorie "Anfeindungen innerhalb der Wissenschaft". So diktierte er am 27. Dezember 2022 dem Berliner Tagesspiegel, zum Thema ihm missliebiger Kollegen in der "Corona-Diskussion" (Bezahlschranke):

"Ein Infektionswissenschaftler muss seine Äußerungen mit der Fachliteratur, seiner fachspezifischen Berufserfahrung und der begründeten Mehrheits-Expertenmeinung abgleichen. Wer das nicht tut, sondern aus Geltungsbedürfnis eine Gegenposition bezieht oder auch nur ohne Bezug auf Daten oder Forschungsliteratur argumentiert, handelt verantwortungslos. Hier müsste es eine Sanktion (sic!) aus dem professionellen Umfeld geben."

Die mehrfach prämierte "Wissenschaftsjournalistin" Mai Thi Nguyen-Kim keilte verbal ebenfalls gegen Kollegen mit anderen Wahrnehmungen. Das Magazin Stern titelte im März 2021:

"Auch Mai Thi Nguyen-Kim ist genervt. Von der Heinsberg-Studie. Oder von Hendrik Streeck. Oder von beiden. Schließlich wirft sie dem Virologen vor, er sei 'womöglich schrecklich naiv'." 

Christian Drosten äußerte sich ebenfalls via Feinbildzeichnung über den Kollegen Streeck:

"Ich habe Hendrik Streeck nicht diffamiert,..., sondern im Sinne des Konsortiums zu bedenken gegeben, dass seine Äußerungen sich mit dem Gedankenspektrum von 'Querdenkern' überschneiden."

Der unantastbare Karl Lauterbach durfte bereits im März 2020 über seinen Kollegen Wolfgang Wodarg unbelegt behaupten: "Wodarg redet blanken Unsinn". Die Virologin Melanie Brinkmann und die "Medizinethikerin" Alena Buyx jammerten schon im Juni 2022 zusammen auf einem Panelpodium. Der Veranstalter wusste, beide hätten "die Gesellschaft über die vergangenen 2,5 Jahre der Pandemie begleitet, informiert und dafür auch Anfeindungen in Kauf genommen". 

Zur Erinnerung seien bei Interesse bitte zur Person Brinkmann die Worte Kimmich/Impfung und mRNA/Brustmilch gegoogelt. Frau Buyx darf und muss weiterhin als proaktive Gesellschaftsspalterin bezeichnet werden, Stichworte "Donut/COVID-Impfung". Zusammen diskutierte sie jüngst im Februar mit der wissenschaftlichen "Lichtgestalt" Christian Drosten. Die Veranstaltung hieß: "Ein neues Bild von Wissenschaft? Expertise in Zeiten von Krisen und Fake-News". 

Drosten wünscht sich demnach eine Aufarbeitung der Corona-Krise, "wir brauchen dringend eine Nachbetrachtung", aber bitte "organisiert eingesetzt" und ganz wichtig ohne "Stimmen aus dem Untergrund". Frau Buyx verortete Fehldeutungen und Anfeindungen gegenüber "der Wissenschaft" aus "toxischen Ecken der öffentlichen Debatte". 

So wird allerorts und in bestellten Studien gejammert und sich selbst bedauert – seitens der Politik und Großteilen der Wissenschaft und Medien. Für die schlechte Stimmung im Land sind dabei alleinig natürlich die Bürger verantwortlich. Wie mehr als bedenkliches Gedankengut ausschaut, präsentierte dieser Tage die Taz-Journalistin Ulrike Herrmann. Sie stellte beim ARD-Maischberger-Talk anklagend fest, die Partei AfD zu verbieten sei das geringste Problem, ihre eigentliche – exemplarisch – vorgetragene Sorge lautete: "Man wird die Wähler nicht los". 

Die nahenden Wahlen zum EU-Parlament und mehreren ostdeutschen Landtagen werden nun zeitnah belegen, wie sich das Wechselspiel subjektiv wahrgenommener Anfeindungen auf das Land und die Menschen auswirken werden. Für kritische Bürger der amtierenden Bundespolitik stellt sich dabei aktuell die dringlichste Frage: Wird man die verantwortlichen Politiker tatsächlich (noch) durch ein schlichtes Kreuzchen auf einem Stück Papier los?

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New York Times: NATO kurz davor, Soldaten als Ausbilder in die Ukraine zu schicken

19. Mai 2024 um 14:03

Die NATO ist einem Bericht der New York Times (NYT) zufolge offenbar kurz davor, doch eigene Soldaten, und zwar Ausbilder, in die Ukraine zu entsenden. Die Ausbildung ukrainischer Truppen durch die USA fand bislang in Polen, Deutschland oder den USA selbst statt.

Angesichts des Truppenmangels habe die Regierung in Kiew die USA und die NATO um "Hilfe bei der Ausbildung von 150.000 neuen Rekruten" innerhalb der Ukraine gebeten, damit diese schneller an die Front geschickt werden können, so die US-Zeitung.

Der Schritt "würde eine weitere Aufweichung einer früheren roten Linie bedeuten" und könnte die USA und die EU "direkter in den Krieg hineinziehen", so die Times. Das Weiße Haus hatte zuvor wiederholt betont, dass es keine US-Truppen, einschließlich Ausbilder, auf dem Boden der Ukraine stationieren werde. Eine Position, die ein Beamter der Regierung letzte Woche erneut bekräftigte. Denn in diesem Fall könnten USA tiefer in den Krieg hineingezogen werden, hieß es in der NYT.

Gleichwohl habe General Charles Q. Brown Jr., der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs, am Donnerstag behauptet, dass eine NATO-Entsendung von Ausbildern unvermeidlich erscheine. "Wir werden im Laufe der Zeit dorthin gelangen", sagte er. Die Ukraine hofft, mit einer solchen Ausbildung die Zeit bis zur Ankunft der US-Waffenlieferungen überbrücken zu können. Brown Jr. warnte jedoch, dass dies "eine Menge NATO-Ausbilder gefährden" könne.

Die Idee, Truppen in die Ukraine zu senden, steht seit längerer Zeit im Raum. In Europa hat sich insbesondere der französische Präsident Emmanuel Macron für einen direkteren Einsatz Europas im Ukraine-Krieg starkgemacht. Auch die Regierung Estlands hat erst vergangene Woche nicht ausgeschlossen, Truppen in den Westen der Ukraine zu entsenden.

Früher unterstützten die Vereinigten Staaten ein NATO-Ausbildungsprogramm in Jaworiw in der Westukraine, aber US-Truppen wurden zu Beginn des Krieges von dort abgezogen. 

"US-Beamte erkennen nun an, dass die derzeitige Ausbildung durch ukrainische Kräfte nicht ausreichend ist und sie eine bessere und schnellere Ausbildung benötigen, um einer erwarteten russischen Offensive diesen Sommer entgegenzuwirken", heißt es in der NYT.

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Medienbericht: Drei Modelle zur Wehrpflicht in der internen Diskussion

19. Mai 2024 um 13:13

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will voraussichtlich im Juni offiziell einen Vorschlag für die Rückkehr zur Wehrpflicht vorlegen. 

In diesem Zusammenhang liegt der Welt am Sonntag ein Papier über drei unterschiedliche Varianten für die Wiedereinführung der Wehrpflicht vor, das im Verteidigungsministerium diskutiert wird. 

Das erste Modell ist vorsichtig. Es ist am einfachsten umzusetzen, denn es ändert am Status quo nichts und erfordert daher auch keine grundlegenden Gesetzesänderungen. Die Wehrpflicht bleibt weiter ausgesetzt, lediglich die Maßnahmen zur Akquise von Freiwilligen werden in diesem Modell verstärkt.

Demnach sieht der Vorschlag vor, dass allen Staatsbürgern mit Erreichen des 18. Lebensjahres Werbematerial der Bundeswehr zugeschickt werden soll. Interessenten für den Dienst an der Waffe können eine Art Bewerbungsformular mit einer Selbsteinschätzung zur psychischen und physischen Gesundheit online ausfüllen. Abgefragt werden soll zudem die Motivation für den Dienst bei der Bundeswehr. Im Anschluss erfolgt ein Bewerbungsgespräch, verbunden mit einer Potenzialanalyse. Der Erfolg dieser Maßnahme werde jedoch überschaubar bleiben, ist man sich bei den Machern des Vorschlags im Verteidigungsministerium einig. Dass der Personalbedarf der Bundeswehr auf diese Weise gedeckt werden kann, sei unwahrscheinlich. 

Der zweite Vorschlag sieht die Wiedereinführung einer Wehrpflicht für Männer vor, für Frauen bleibt der Dienst freiwillig. Da die Wehrpflicht nur ausgesetzt ist, ist dafür auch keine Verfassungsänderung notwendig. Eine Änderung des Wehrpflichtgesetzes genügt. 

Problematisch sei hier vor allem der gesellschaftliche Widerstand. Vor allem die jüngere Generation stehe dem Dienst an der Waffe skeptisch gegenüber. Auch bei Arbeitgebern und Gewerkschaften sei mit Ablehnung zu rechnen. Angesichts der angespannten Haushaltslage ist zudem interner Koalitionsstreit vorprogrammiert, denn der Vorschlag lässt sich nicht kostenneutral umsetzen. 

Der dritte Vorschlag geht darüber noch hinaus. Er sieht eine geschlechterneutrale Wehrpflicht für alle vor. Dabei gehe es nicht nur um einen Dienst bei der Bundeswehr, sondern im Rahmen der Gesamtverteidigung auch bei der Feuerwehr, bei Sanitätsdiensten und dem Katastrophenschutz. Hier ist das Potenzial am größten, gleichzeitig würde dies aber auch grundlegende Gesetzesänderungen inklusive einer Verfassungsänderung bedeuten. 

Laut dem Einheitsvertrag ist die Personalstärke der Bundeswehr auf 370.000 Mann begrenzt. Das war eine Bedingung für die Wiedervereinigung. Mit einer umfassenden Wehrpflicht und der Einbeziehung von Feuerwehren und Katastrophenschutz scheint das Verteidigungsministerium diese Regelung unterlaufen zu wollen. Es wäre nicht der erste Verstoß Deutschlands gegen eine völkerrechtlich verbindliche Vereinbarung. Auch mit der dauerhaften Stationierung deutscher Truppen im Baltikum verstößt Deutschland gegen die NATO-Russland-Grundakte. 

Die Militarisierungsvorhaben in Deutschland werden in Russland aufmerksam verfolgt. Diskutiert wird, ob der Zwei-plus-vier-Vertrag noch Gültigkeit besitzt. Der Vertrag bildet die völkerrechtliche Grundlage der deutschen Einheit. Deutschland erfüllt die sich daraus ergebenden Verpflichtungen nicht, wird in Russland argumentiert. In der Präambel des Vertrags heißt es, Deutschland diene künftig nur noch dem Frieden, der Abrüstung, der Verständigung der Völker und überwinde Konfrontation durch vertrauensbildende Maßnahmen. Mit der "Zeitenwende" hat Deutschland offensichtlich eine Abkehr vom Geist und Inhalt des Vertrags vollzogen. 

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Slowakischer Vize-Premierminister: Fico außer Lebensgefahr

19. Mai 2024 um 12:21

Der Zustand des slowakischen Premierministers Robert Fico hat sich nach dem Attentat stabilisiert, sagte der slowakische Vize-Premier und Verteidigungsminister Robert Kaliňák bei einer Pressekonferenz vor dem Krankenhaus in Banská Bystrica, in das Fico eingeliefert wurde. Kaliňák erklärte:

"Der Premierminister hat die Situation, die sein Leben direkt bedrohte, überstanden, aber die Lage ist immer noch ernst, er braucht intensive medizinische Betreuung."

Kaliňák sagte, die positive Prognose sei nun "einen Schritt näher". Der stellvertretende Premierminister fügte hinzu, dass in naher Zukunft keine Verlegung von Fico in andere Krankenhäuser geplant sei. Er betonte:

"Wir können seinen Zustand als stabil betrachten, mit einer positiven Prognose."

Das Attentat auf Fico, der sich wiederholt gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und deren Mitgliedschaft in der NATO ausgesprochen hatte, ereignete sich am 15. Mai in der Stadt Handlová, 190 Kilometer von Bratislava entfernt. Nach der Regierungssitzung trat der Premierminister vor die versammelte Stadtbevölkerung, in diesem Moment fielen fünf Schüsse.

Fico wurde von vier Kugeln getroffen, von denen eine seinen Magen durchbohrte. Der Ministerpräsident wurde mit einem Hubschrauber in das Krankenhaus von Banská Bystrica gebracht und operiert, anschließend versetzten ihn die Ärzte in ein künstliches Koma.

Die Polizei nahm den Schützen noch vor Ort fest. Es stellte sich heraus, dass es sich um den 71-jährigen Schriftsteller Juraj Cintula handelte. Nach Angaben des Innenministeriums war der Attentäter mit den Maßnahmen der Regierung nicht einverstanden und hatte sich unter anderem gegen die Einstellung der Militärhilfe für die Ukraine ausgesprochen.

Medienberichten zufolge bekannte sich Cintula schuldig. Die Waffe, mit der er schoss, hatte der Mann seit mehr als 30 Jahren legal aufbewahrt. Cintula droht eine Haftstrafe von 25 Jahren bis lebenslänglich.

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Lawrow: Westeuropa ist "für mindestens eine Generation" kein Partner für Russland

19. Mai 2024 um 11:44

Russlands Außenminister Sergej Lawrow prognostiziert, dass Moskau die westeuropäischen Länder "mindestens eine Generation lang" nicht mehr als Partner betrachten werde, da Moskau und der Westen in eine Konfrontation verwickelt seien, deren Ende nicht absehbar sei.

Hochrangige russische Vertreter, darunter auch Präsident Wladimir Putin, haben den anhaltenden militärischen Konflikt zwischen Moskau und Kiew wiederholt als Stellvertreterkrieg bezeichnet, der von der NATO gegen Russland geführt werde. Ein Beweis dafür ist nach Ansicht des Kremls die umfassende militärische Unterstützung der Ukraine, einschließlich Waffenlieferungen, Ausbildung von Soldaten und nachrichtendienstliche Informationen, die die USA und viele europäische Länder Kiew zur Verfügung stellen.

In seiner Rede am Samstag zitierte Lawrow einen Artikel des russischen Politikwissenschaftlers Dmitri Trenin, der schrieb, dass "Europa als Partner für uns mindestens eine Generation lang nicht relevant ist." Der Minister sagte, dass er "dem nur zustimmen kann" und dass Moskau "dies in der Praxis fast täglich spürt." Der Spitzendiplomat erklärte zudem, ohne näher darauf einzugehen, dass "viele Fakten für eine solche Prognose sprechen."

"Die akute Phase der militärisch-politischen Konfrontation mit dem Westen dauert an [und] ist in vollem Gange", sagte Lawrow und verwies dabei auf die derzeit im Westen vorherrschenden Narrative.

In einem Interview mit TASS verglich der stellvertretende russische Außenminister, Sergei Rjabkow, die westlichen Eliten mit straffälligen Jugendlichen und Provokateuren, die darauf aus seien, die Spannungen bis an den Rand eines "katastrophalen Zusammenbruchs" zu eskalieren, ohne sich um die Folgen zu kümmern.

In Bezug auf die Arbeit der russischen Diplomaten im Westen erklärte Rjabkow, dass sie sich "in einem Krisenmanagement-Modus befinden, der darauf abzielt, eine Eskalation zu einem wirklich massiven Konflikt zu verhindern."

Die NATO sei "eine Gruppe, der wir kein bisschen Vertrauen entgegenbringen, und die in Moskau politische und sogar emotionale Ablehnung auslöst", so der Beamte.

Unabhängig davon, wer aus den US-Präsidentschaftswahlen im November als Sieger hervorgehe, sei angesichts des grundsätzlichen antirussischen Konsenses innerhalb der US-Eliten "keine Chance auf eine Verbesserung der Situation zu erkennen", so Rjabkow.

Bei seiner Antrittsrede am Dienstag versicherte Wladimir Putin jedoch, dass Moskau "den Dialog mit den westlichen Staaten nicht ablehnt."

Diese hätten "die Wahl", so der Präsident, der daraufhin die Frage stellte:

"Wollen sie weiterhin versuchen, die Entwicklung Russlands zu behindern, die Politik der Aggression und des unerbittlichen Drucks fortsetzen, die sie seit Jahren verfolgen, oder einen Weg der Zusammenarbeit und des Friedens suchen?"

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Streit um Gaza-Krieg eskaliert: Israelischer Minister droht mit Austritt aus Regierung

19. Mai 2024 um 11:12

Das Vorgehen der israelischen Armee und die Regierungsstrategie im Gazastreifen spalten längst das Land. Mitten im Gaza-Krieg eskaliert nun innerhalb der israelischen Regierung der Konflikt über die Zukunft des Gazastreifens. Benny Gantz, Minister im Kriegskabinett, drohte am Samstag mit dem Austritt aus der von Benjamin Netanjahu geführten Regierung.

Lege der Ministerpräsident nicht bis zum 8. Juni einen Plan für die Nachkriegsordnung im Gazastreifen vor, würden er und weitere Mitglieder seiner an sich oppositionellen Zentrumspartei "Nationale Union" die Regierung verlassen, drohte der Ex-General. Dies könnte die Regierung in eine Krise stürzen.

"Ein Krieg wird nur mit einem klaren und realistischen strategischen Kompass gewonnen", sagte Gantz. Netanjahu warf seinem Koalitionspartner und politischen Rivalen daraufhin vor, dem Ministerpräsidenten Israels ein Ultimatum zu stellen – anstatt der Hamas im Gazastreifen.

Gantz’ Erklärung erfolgte nur wenige Tage, nachdem bereits Israels Verteidigungsminister Joaw Galant öffentlich Netanjahus Kriegsführung angeprangert hatte. Es müsse eine politische Alternative zur Hamas im Gazastreifen geschaffen werden. Sonst blieben nur eine Fortsetzung der "Hamas-Herrschaft" oder "eine israelische Militärherrschaft", sagte Galant, der mit Gantz und Netanjahu das Kriegskabinett bildet. Wichtige Entscheidungen der Führung, um den Sieg zu sichern, seien nicht getroffen worden, sagte Gantz. Israel ist weit davon entfernt, Hamas-Strukturen in Gaza zu eliminieren, wobei sich die Hamas derzeit im Norden das Gazastreifens neu formiert. 

"Eine kleine Minderheit hat die Kommandobrücke des israelischen Staatsschiffes übernommen und steuert es auf die Klippen zu", sagte Gantz mit Blick auf Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner, die zuletzt mit dem Ende der Regierung gedroht hatten.

Er verlangte von Netanjahu bis zu dem genannten Datum einen Plan, um sechs "strategische Ziele" zu erreichen: Dazu zählte er unter anderem die Festlegung einer Verwaltung unter Beteiligung der USA, Europas, der arabischen Staaten und der Palästinenser, die die zivilen Angelegenheiten des Gazastreifens regeln und die Grundlage für eine künftige alternative Regierung dort bilden soll.  Zudem müssten die Geiseln aus dem Gazastreifen zurückkehren und die Beziehungen zu Saudi-Arabien normalisiert werden.

An dem Abend, an dem Gantz sein Ultimatum gestellt hatte, gingen Tausende Menschen erneut in Tel Aviv und Jerusalem auf die Straßen und forderten die Rückholung der Geiseln.

Mehr zum ThemaGaza: Hamas lehnt weitere Zugeständnisse bei laufenden Verhandlungen über Waffenruhe ab

Vorreiter Kanada: Rigorose Sprechverbote bedrohen die Grundlagen der Zivilisation

19. Mai 2024 um 10:23

Von Dagmar Henn

Gerade kann man in Deutschland die nächste Runde der Kampagne gegen "Hassrede" beobachten, diesmal in Gestalt der Behauptung, Politiker der regierenden Parteien seien besonders von gewalttätigen Übergriffen bedroht (im Gegensatz zur vorhandenen Statistik über derartige Übergriffe) und der Grund dafür sei darin zu suchen, dass "Hassrede" gegen eben diese Politiker möglich sei.

Nun mag man sich gewiss fragen, wofür es denn gegen Personen wie beispielsweise den "grünen" Wirtschaftsminister Robert Habeck des Hasses bedürfe, wenn schon die Erwähnung der Tatsache ausreichen müsste, dass es sich um einen seinem Land gegenüber feindselig eingestellten, auffällig inkompetenten, ideologiegeleiteten und kriegslüsternen Politiker handelt. Und natürlich liegt es nahe, die von Personen eben dieses Niveaus betriebene Verengung des Sagbaren als eine Art der Selbstverteidigung zu sehen: Wer keine Erwiderung auf Kritik bieten kann, kann immer noch die Kritik selbst verbieten.

Was selbstverständlich außerdem auffällt, ist die zunehmende Durchlöcherung der Grenze zwischen Wort und Tat, die Schaffung von reinen Gesinnungsstraftatbeständen, wie sie in dieser Form eigentlich nur während des Hitlerfaschismus üblich waren – man denke etwa an die Flugblätter der Geschwister Scholl. Worte rechtlich so zu behandeln, als seien sie Handlungen, bedrängt nicht nur die Meinungsfreiheit.

In den letzten Jahren wurde es nicht nur in Deutschland, sondern in unterschiedlichen Abstufungen im gesamten Westen üblich, Äußerungen in sozialen Netzwerken zur Grundlage von Strafverfahren zu machen und Symbole zu inkriminieren. Bis dahin, dass vor wenigen Tagen zum Tag des Sieges im Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow nicht nur die sowjetische Fahne verboten war, sondern selbst ihre Abbildung auf einer Fotografie in Schwarz-Weiß. Exemplare der Tageszeitung Junge Welt, die das weltbekannte Foto vom Hissen der sowjetischen Fahne auf dem Berliner Reichstag auf der Titelseite zeigten, wurden dort von der Polizei beschlagnahmt, was eine neue Qualität darstellt, weil es sich dabei nicht um ein Symbol, sondern nur um ein Abbild eines Symbols in einem genau kenntlich gemachten historischen Zusammenhang handelte.

Aber alle Überlegungen, die auf eine Verteidigung der bedrohten Meinungsfreiheit zielen, erfassen noch nicht den Kern dieser Entwicklungen. Und es ist fraglich, ob diejenigen, die sie politisch vorantreiben, sie erfassen. Tatsächlich bedroht diese Entwicklung weit mehr als nur verfassungsmäßig garantierte Rechte. Das lässt sich erschließen, wenn man einen Blick auf einen aktuellen Gesetzentwurf in Kanada wirft.

Dieses Gesetz, bekannt unter dem Kürzel Bill C-63, befindet sich in Kanada im Gesetzgebungsverfahren und hat die erste Lesung bereits am 26. Februar absolviert. Ich habe den Link zu diesem Entwurf auf der Seite des kanadischen Parlaments eingefügt, weil es mehrere Regelungen in diesem Gesetz gibt, die absolut unglaubwürdig klingen, wenn man sie nicht selbst nachlesen kann.

Aber in diesem Zusammenhang sollte man nicht vergessen, dass Kanada in manchen Punkten ein Versuchslabor zu sein scheint. Die Reaktion auf Corona-Proteste war dort besonders rigide, und Kanada ist auch das Land, in dem tatsächlich ein medizinisch assistierter Suizid als Lösung für Armutsprobleme propagiert wird. Gleichzeitig ist Kanada sehr tief in das Projekt der Kiewer Ukraine involviert, was sich im vergangenen Jahr in Gestalt der öffentlichen Würdigung eines noch lebenden SS-Mitglieds manifestierte. Es fällt also nicht plötzlich vom Himmel, wenn die Regierung des Premierministers Justin Trudeau Gesetze beschließen lassen will, die geronnener woker Extremismus sind.

Angeblich soll dieses Gesetz Kinder schützen. Aber es enthält unter anderem in seinem strafrechtlichen Teil unter Ziffer 318 Folgendes:

"Jede Person, die Genozid rechtfertigt oder befürwortet, macht sich einer Straftat schuldig und kann lebenslänglich inhaftiert werden."

Dabei sollte man nicht an der falschen Stelle jubeln. Denn zum einen ist auch die regierungsamtliche kanadische Definition von Genozid so irreal wie die deutsche. Denn dies würde keinesfalls Anhänger der israelischen Politik treffen, die Palästinenser zu Tieren erklären, ebenso wenig ukrainische Nazis. Es würde aber sehr wohl beispielsweise jene treffen, die der Erzählung vom angeblichen "Holodomor" in der Ukraine widersprechen oder die ihre Meinung äußern, der palästinensische Widerstand sei legitim. Nachdem sich Kanada gelegentlich auch gerne gegen China in Stellung brachte, dürfte dann vermutlich übrigens auch derjenige unter diesen Paragrafen fallen, wer die chinesische Politik in Xinjiang gutheißt.

Aber selbst wenn dem nicht so wäre, selbst wenn sich diese Regelung nur gegen Personen richtete, die tatsächlich den Holocaust leugnen, stellt sich die Frage: Lebenslänglich? Für Worte? Wie soll man dann jene bestrafen, die Mittäter bei einem Genozid waren oder Beihilfe geleistet haben? Der Mensch hat nur ein Leben, und jede Strafzumessung muss diese Tatsache berücksichtigen, und da ist eben dieser Unterschied zwischen Reden und Tun, zwischen Wort und Tat, der ein derartiges Maß grundsätzlich verbieten sollte.

Dann gibt es noch Ziffer 320.1001:

"Jeder, der eine Straftat nach diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz des Parlaments begeht, ist, wenn die Begehung der Straftat durch Hass auf Grundlage der Rasse, Nationalität, Ethnizität, Sprache, Geschlecht, Alter, geistiger oder körperlicher Behinderung, sexueller Orientierung oder Genderidentität und -ausdruck beruht, einer Straftat schuldig und kann lebenslang inhaftiert werden."

Ja, das steht da wirklich. Ohne jede Begrenzung auf wirklich schwere Straftaten. Und auch hier finden wir eine merkwürdige Umkehrung. Traditionell war es so, dass Gewalttaten bis hin zum Mord unter Einfluss extremer Gefühle (und auch Hass ist eine extreme Emotion, wenn wir einmal so tun, es ginge darum) eher zu mildernden Umständen führten, während die kühle Berechnung, beispielsweise zur Erlangung materieller Vorteile, als besonders verwerflich galt.

Nun, man kann nicht an einer Stelle die Kriterien verschieben, ohne sie an anderer Stelle zu beeinflussen. Unter diesen Voraussetzungen, wie sie dieser kanadische Gesetzentwurf schafft, wird letztlich der Mord aus Berechnung zur weniger schweren Tat, während all das, was als "Hass" klassifiziert wird, die Strafe gleich maximal erhöht.

Wie verrückt diese Definitionen mittlerweile sind, kann man regelmäßig erleben, wenn es schon eine Straftat ist, einen Mann mit Perücke und Rock einen Mann zu nennen. Wie irreal das ist, bestätigt sich immer wieder dadurch, dass völlig menschengemachte, gesellschaftlich bedingte Eigenschaften wie Armut und Reichtum mitnichten dem Willen unterliegen, es also nicht möglich ist, "transreich" zu sein und entsprechende Forderungen zu stellen. Auch eine bestimmte Staatsangehörigkeit ist selbst im Wertewesten kein Gegenstand des freien Willens.

Aber wir sind immer noch nicht am Kern angelangt. Dafür müssen wir etwas anderes tun und darüber nachdenken, welche langfristigen Folgen ein derartiges Umjustieren des gesamten Konzepts von Straftaten hat. Klar ist, es ergibt sich kurzfristig eine massive Einschüchterung, denn ehe man sich eine derartige Strafdrohung einfängt, sagt man lieber gar nichts mehr. Das bedeutet natürlich, dass sich jede Art zwischenmenschlicher Kommunikation in einen Eiertanz verwandelt, in eine Situation, in der jedes Wort abgewogen und kontrolliert werden muss, und das ist ein Zustand, in dem sich Deutschland jetzt bereits befindet.

Wenn man die psychologische Wirkung betrachtet, ist diese ganze Entwicklung absolut ungeeignet, um die verkündeten Ziele zu erreichen. Jeder Psychologe wird sagen, dass ausgesprochene Gefühle wesentlich besser bearbeitet werden können als unausgesprochene, und dass Sprechverbote außerdem verhindern, dass sich Positionen durch die Kommunikation mit anderen verändern. Das ist auch kein Geheimwissen. Es ist eher verblüffend, dass diese banale Kenntnis verschwunden zu sein scheint, und man gerät in Versuchung anzunehmen, das Ziel dieses ganzen "Kampfes gegen den Hass" sei vielmehr eine Verschärfung gesellschaftlicher Nebenkonflikte.

Gehen wir einmal davon aus, so etwas wie dieses kanadische Gesetz sei bereits etabliert. Dadurch ergibt sich eine paradoxe Grenzverschiebung. In Wirklichkeit ist es nur zu einem geringen Teil die Furcht vor Strafe, die Menschen davon abhält, etwas zu tun, das sie selbst für verwerflich halten. Weitaus mehr wirken die eigenen inneren Maßstäbe. Die allerdings haben viel mehr mit dem zu tun, was im eigenen Leben als gut oder schädlich erfahren wird.

Wenn man ein Modell sucht, mit dem man diese Strafverschärfungen vergleichen könnte, bietet sich das England des 18. Jahrhundert an – ein Land, dessen in großen Zahlen vertriebene Landbevölkerung sich weitgehend mit illegalen Tätigkeiten über Wasser hielt, sei es Straßenraub, sei es Prostitution (die englische Literatur der Zeit ist voll davon). Eine wie auch immer geartete ökonomische Perspektive entstand erst mit der industriellen Revolution. Wer die Lebensverhältnisse dieser Zeit genauer kennen will, kann die Fußnoten im ersten Band des Kapitals von Marx lesen, im Abschnitt über ursprüngliche Akkumulation.

Die Regierung reagierte jedenfalls auf diese sozial ausgelöste Welle der Gewalt mit drakonischen Strafen. Für den Diebstahl von Brot wurde die Todesstrafe verhängt, oder die Deportation nach Australien. Was bedeutete das nun für jene Personen, die zum Überleben nicht anders konnten als Brot zu stehlen? Die Schwelle zur Anwendung maximaler Gewalt sank.

Wenn der Diebstahl von Brot und der Raubmord die gleichen Folgen haben, dann ergibt es wenig Sinn, sich mit dem Diebstahl von Brot aufzuhalten. Weder die drakonischen Strafen noch die Arbeitshäuser, in denen die ehemals relativ freie Landbevölkerung zur Arbeit auf Kommando gezwungen wurde, lösten das Problem tatsächlich. In Wirklichkeit war das zum einen schlicht die Zeit – die zweite und dritte Generation hatte keine eigene Erinnerung mehr an diese relative Freiheit – und vor allem die Tatsache, dass es mit der entstehenden Industrie eine zumindest ansatzweise stabile Perspektive gab.

Nun, das Schreiben eines Meinungsbeitrags beispielsweise auf Facebook, das dann nach diesem kanadischen Gesetz ein Verfahren auslösen könnte, das eine lebenslange Freiheitsstrafe nach sich zieht, liegt natürlich weniger nah an einem persönlichen Einsatz von Gewalt wie der Diebstahl von Brot. Aber wenn die Konsequenzen derart drakonisch sind, was sollte davon abhalten, sich etwa einer Festnahme mit allen Mitteln zu entziehen? Oder auf die Äußerung einer Meinung zu verzichten und stattdessen zum Handeln überzugehen?

Es ist schon eigenartig, wie eine Gesellschaft, in der man nach wie vor Kinder davon zu überzeugen sucht, Konflikte mit Worten auszutragen und nicht körperlich, so sehr die zivilisatorische Bedeutung dieser Schwelle vergessen hat – immer vorausgesetzt, es handelt sich bei all dem tatsächlich um ein Versehen. Gefühlen wie Zorn, Wut, Enttäuschung, Demütigung mit dem Mittel der Sprache zu begegnen ist das Mittel, das relative Verschwinden unmittelbarer physischer Gewalt aus dem gesellschaftlichen Alltag zu ermöglichen. Das geschieht nicht durch die Aufforderung, "hübsche" Worte zu verwenden. Denn die wirkliche Alternative heißt nach wie vor nicht "hübsche oder hässliche Worte", sondern "Worte oder Faust", sofern sich Letzteres nicht durch technische "Hilfsmittel" (auch als Waffen bekannt) erweitert.

Sprechverbote ändern nichts an der Wirklichkeit, und sie lassen weder die Emotionen noch die Erfahrungen verschwinden, die hinter dem Gesprochenen stehen. Den viktorianischen Sprechverboten könnte man noch unterstellen, eine praktische Funktion erfüllt zu haben, denn in dem oberen Bürgertum, für das sie galten, entstanden so verklemmte, aber moralisch überhebliche Kolonialbeamte, die die aufgestaute Gewalt desto leichter an den Angehörigen der Kolonialvölker auslebten, was für das britische Weltreich nützlich war. Aber was sollen Sprechverbote, denen die gesamte Gesellschaft unterworfen wird?

Interessanterweise ist selbst die Funktion, Kommunikation zwischen "Abweichlern" zu unterbinden, nur vorübergehend wirksam. Sicherlich steigt erst einmal das Misstrauen, die Menschen werden extrem vorsichtig, worüber sie mit wem sprechen. Aber je tiefer die Schwelle gelegt wird – und der kanadische Gesetzentwurf ermöglicht ja selbst für "Markus Ganserer ist ein Mann" schon Höchststrafen – desto leichter wird es wieder, innerhalb einer Gruppe das Vertrauen herzustellen. Denn sobald in einer fiktiven Gruppe jeder "Markus Ganserer ist ein Mann" gesagt hat, wären alle gleichermaßen Verbrecher.

Die Trennung zwischen Wort und Tat zu schwächen, wie dies schon seit Jahren geschieht, stellt die bürgerlichen Grundrechte und die Rechtsstaatlichkeit infrage. Aber diese Trennung nicht nur aufzuheben, sondern die Wertungen geradezu umzukehren, wie das in diesem kanadischen Gesetz geschieht, greift die Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens an. Bezogen auf den verkündeten Zweck ist es etwa so sinnvoll wie Waffenverbotsschilder in Bahnhöfen, aber die Nebenwirkung ergänzt die atomisierende Wirkung der Hyperindividualisierung noch um eine Rückkehr der individuellen Gewalt. In letzter Konsequenz (und hier rede ich von zumindest mehreren Jahren) wird damit einem staatlichen Gewaltmonopol jede Grundlage entzogen.

Sobald das Sprechen, das Äußern auch eines missliebigen Gefühls nicht mehr an die Stelle des ursprünglichen emotionalen Impulses treten kann, tritt eben dieser ursprüngliche Impuls wieder hervor. Als hätte man vergessen, dass jener erzieherische Schritt, der die körperliche Auseinandersetzung Regeln unterwirft und versucht, die Möglichkeit einer verbalen Klärung zu etablieren, keineswegs eine private Vorliebe ist, sondern vielmehr die Voraussetzung dafür, dass ein menschliches Zusammenleben oberhalb einer bestimmten Dichte und Menge überhaupt möglich ist.

Dabei sollte man nicht vergessen, dass dazu noch eine schwindende emotionale Selbstkontrolle kommt. Wenn berichtet wird, dass ein Robert Habeck zu cholerischen Ausbrüchen neigt, dann passt das zu seiner auch sonst erkennbaren Unreife. Wirkliche Kontrolle im Umgang mit stärkeren Emotionen erlangt man nur durch Einsicht, durch ein tatsächliches Begreifen menschlicher Gleichheit, nicht durch Verbote.

Wie weit nicht nur die Maßstäbe dafür, sondern sogar die Wahrnehmung der Fragestellung zivilisatorischer Einhegung von Gewalt verloren gegangen sind, zeigte sich gerade im Umgang der politischen Eliten in Berlin mit den historischen Daten 8. und 9. Mai. Während die Orgie der Gewalt, die Israel gerade im Gazastreifen begeht – nämlich eine dutzendfache Überschreitung selbst des Mottos "Auge um Auge, Zahn um Zahn" –, als "Selbstverteidigung" verharmlost wird, denkt niemand darüber nach, was das für Deutschland 1945 bedeutet hätte, wäre Derartiges für die Rote Armee akzeptabel gewesen. Bei 27 Millionen getöteten Sowjetbürgern wäre dann kein einziger Deutscher übriggeblieben. Keiner. Niemand. Kein Haus, keine Stadt, kein Acker.

Doch wenn selbst angesichts dieser Extremfälle, die die Frage der nötigen Grenzen menschlichen Verhaltens gewissermaßen im Großformat demonstrieren, die Wahrnehmung versagt, wie soll dann noch in den kleineren, schwerer wahrzunehmenden Momenten diese Grenze erhalten bleiben können?

Wenn in einer Kultur, die egozentrische Gier als Ideal setzt und die weit überwiegende Mehrheit – wenn überhaupt – mit flüchtigen Befriedigungen abspeist, schon die Artikulierung kollektiver Interessen untersagt und unterbunden wird, dann verwandelt sich auch das, was die Triebkraft einer positiven Entwicklung sein könnte, in ungeregelte, unkontrollierbare Gewalt. Es geht schon gar nicht mehr darum, die Demokratie vor ihren selbsternannten "Rettern" zu retten, es geht bereits darum, die Grundlagen von menschlicher, humaner Gesellschaft selbst zu bewahren.

Mehr zum Thema - Geheimbericht: Armut könnte Revolte in Kanada auslösen

Statt China und Russland nun USA – Die EU in der Abhängigkeitsfalle

19. Mai 2024 um 07:59

Von Gert Ewen Ungar

Der russische Kolumnist Sergei Sawtschuk analysiert in einem Beitrag, der auf unserer Seite in deutscher Übersetzung erschienen ist, Warnungen des norwegischen Herstellers von Düngemitteln, Yara International, vor einer neuen Abhängigkeit der EU von Russland. Die Argumentation ist bekannt. Die Europäische Union werde von russischen Düngemitteln in gefährlicher Weise abhängig, behauptet der Geschäftsführer des Unternehmens, Svein Tore Holsether, in einem Interview mit der Financial Times.

Sawtschuk vertritt die These, aufgrund seiner Ausbildung in den USA sei Holsether ein Lakai in Diensten des US-Establishments. Nur so sei zu erklären, warum er eine Abkehr der EU vom Bezug russischer Düngemittel fordert, was für die Europäische Union nur nachteilig sein könne. Auch das ist für die EU inzwischen symptomatisch. Man verfolgt eine für die Souveränität Europas nachteilige Strategie – im Kleinen wie auch im Großen. Das soll hier an vier Bereichen gezeigt werden: am Energiesektor, hinsichtlich der Digitalisierung, wirtschaftlich und im Sicherheitsbereich. 

Schon der deutsche Verzicht auf russisches Gas, das über Nord Stream geliefert wurde, ist für die EU mit weitreichenden negativen Konsequenzen verbunden. Die Industrieproduktion geht nicht nur in Deutschland zurück. Wirtschaftlich fällt die Europäische Union im internationalen Vergleich immer weiter zurück, die Energiepreise steigen, Unternehmen wandern ab. Nach Griechenland- und Corona-Krise droht der EU ein weiteres verlorenes Jahrzehnt. 

USA drehen den Gashahn zu

Den Menschen in Deutschland wird die Abkehr von russischem Gas als Erfolgsgeschichte verkauft. Bereits im März 2023 jubelte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), man habe die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen hinter sich gelassen. Habeck klopft sich dafür gern selbst öffentlich auf die Schulter. Der Verzicht hatte allerdings einen sehr hohen Preis. Nicht nur hat die Bundesrepublik damit massiv an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt, sondern die Europäische Union insgesamt. Deutschland und die EU  haben damit auch ihre Abhängigkeit eben nicht gesenkt, sondern erhöht.

Gleichsam spiegelbildlich zum Verzicht auf russisches Gas steigerten die EU und allen voran Deutschland ihre Abhängigkeit von Gaslieferungen aus den USA. Als Ende Januar US-Präsident Biden ankündigte, die Lieferkapazitäten von LNG vorerst nicht weiter ausbauen und keine neuen Exportgenehmigungen erteilen zu wollen, wurde dies zwar in den deutschen Medien vermeldet. Angesichts der Tragweite blieb es doch insgesamt erstaunlich still im deutschen Blätterwald. Wer sich noch an die Berichte über Lieferreduktionen durch Russland aufgrund von defekter und zu wartender Gasturbinen im Jahr 2022 erinnert, wird die mediale Stille angesichts der Ankündigung Bidens mit Erstaunen zur Kenntnis genommen haben. Nicht Russland, die USA drehen Deutschland den Gashahn zu. 

Die Vereinigten Staaten sind als Vertragspartner schlicht unzuverlässig. Washington hat vielfach unter Beweis gestellt, dass es aus Verträgen einfach aussteigt, wenn es meint, dass deren Erfüllung nicht US-Interessen dient. So haben die USA mit fadenscheiniger Begründung zahlreiche Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträge mit Russland aufgekündigt – zulasten der Sicherheit Europas und ohne Rücksprache mit den von diesem Schritt unmittelbar betroffenen europäischen Partnern. 

Mit ihrem Verzicht auf russisches Pipeline-Gas haben die EU und vor allem Deutschland ihre Abhängigkeit von den USA gefährlich erhöht. Sie haben sich erpressbar gemacht – ohne zwingenden Grund, wohlgemerkt, denn Russland erfüllt im Gegensatz zu den USA seine vertraglichen Verpflichtungen.

Blindes Vertrauen in US-Internetgiganten

Dabei ist die Abhängigkeit bereits in einem anderen Bereich gefährlich hoch. Gemeint ist die Abhängigkeit der EU von US-Internetgigangten wie dem Google-Mutterkonzern Alphabet, von US-Cloud-Dienst-Anbietern, von Konzernen wie Microsoft und Amazon. Diese Abhängigkeit wird in Deutschland kaum thematisiert und wenn, dann immer nur im Hinblick auf einzelne Konzerne und im Hinblick auf einzelne Aspekte.

So publizierte die Wirtschaftswoche im vergangenen Jahr einen Beitrag über die Abhängigkeit deutscher Behörden von Microsoft. In den Vordergrund hebt der Beitrag die Kostenfrage, das Sicherheitsrisiko thematisiert er nur am Rande. Letzteres aber ist erheblich. US-Konzerne kooperieren mit der US-Regierung, greifen Daten ab und sperren Zugänge auf Zuruf. Tatsächlich eigenständige europäische Projekte existieren nicht. 

Als der damalige US-Präsident Donald Trump verfügte, dass Google künftig dem chinesischen Konzern Huawei den Zugang zum Google-Play-Store verweigern müsse, wurde das in Deutschland in keiner Weise angemessen kritisch gewürdigt. Wer glaubt, Ähnliches könne Deutschland oder der EU als Bündnispartner der USA nicht passieren, ist hoffnungslos naiv. Die EU ist im digitalen Bereich gefährlich von den USA und dortigen Konzernen abhängig und damit erpressbar.

Europa unternimmt zudem keine ernstzunehmenden Schritte, um sich aus der Abhängigkeit von US-Internetgigangen zu befreien. Das Thema wird noch nicht einmal seiner Bedeutung angemessen öffentlich diskutiert. Fakt ist, die USA verfügen mit dieser Abhängigkeit über die Möglichkeit, die Wirtschaft und das öffentliche Leben in der EU innerhalb kürzester Zeit zum Erliegen zu bringen. Wer glaubt, sie würden davon im Zweifelsfall keinen Gebrauch machen, hat die Ereignisse der vergangenen Jahre nicht zur Kenntnis genommen. 

De-Risking von China ist Up-Risking gegenüber den USA

Auch wirtschaftlich nimmt die Abhängigkeit der EU und ihrer Mitgliedsstaaten von den USA absehbar zu. Die Europäische Union verfolgt das Konzept des De-Risking, der Senkung der Abhängigkeit von chinesischen Produkten und der Entflechtung der Lieferketten. China ist Deutschlands zweitwichtigster Handelspartner, das Handelsvolumen mit dem Reich der Mitte geht jedoch seit geraumer Zeit kontinuierlich zurück. Damit verschiebt sich auch in diesem Bereich die Abhängigkeit immer weiter in Richtung USA. 

Gleichzeitig wirken sich Maßnahmen wie der Verzicht auf den Bezug günstiger russischer Energieträger dämpfend auf die Nachfrage in der EU aus. Die Binnennachfrage stagniert. China soll aus politischen Gründen als Handelspartner immer stärker umgangen werden. Dass die USA willens wären, die wirtschaftlichen Folgen der Nachfrageschwäche und der Abkehr von China durch vermehrten Import aus der EU aufzufangen, muss bezweifelt werden. Im Gegenteil, die USA setzen auf Abschottung auch gegenüber der EU. Die Weichen für einen wirtschaftlichen Abstieg der Europäischen Union sind damit gestellt. 

Abschließend soll noch der Sicherheitsbereich beleuchtet werden. Die EU folgt auch hier blind dem transatlantischen Bündnispartner und versäumt es, mit eigenen Initiativen ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Brüssel überlässt im Hinblick auf den Ukraine-Krieg alle Initiativen den USA. Es setzt lediglich die Vorgaben um. Eine eigene Schwerpunktsetzung oder gar eine europäische Friedensinitiative fehlt völlig. EU-Sicherheitspolitik wird in Washington und im Pentagon gemacht.

Europäische Sicherheitspolitik wird in Washington gemacht

Dabei ist klar, dass die sicherheitspolitischen Interessen der Länder der EU nicht denen der USA entsprechen. Sollte beispielsweise der Krieg weiter eskalieren und es seitens Russlands tatsächlich zum Einsatz von Atomwaffen kommen, werden die USA nicht mit Atomwaffen antworten, machte Oskar Lafontaine kürzlich in einem Interview deutlich. Denn eine atomare Antwort aus den USA hätte zur Folge, dass der Atomkrieg auch auf die Vereinigten Staaten übergreifen und Nordamerika vernichten würde. Das ist nicht im US-Interesse.

Trotz des erheblich höheren Risikos für die Länder der EU formuliert die Brüssel dennoch keine eigenen Ziele. Außer das Ziel, Russland eine strategische Niederlage beibringen zu wollen, gibt es innerhalb der Europäischen Union keine Vorstellung davon, wie der Konflikt enden könnte. Vor allem aber gibt es keine Vorstellung davon, wie eine europäische Sicherheitsordnung aussehen muss, die einen dauerhaften Frieden gewährleistet und die daher russische Sicherheitsinteressen zwingend mit einschließen muss. 

Konkret heißt das: Aufgrund ihrer engen und unhinterfragten Anbindung an die USA in vier kritischen Bereichen wird die EU an Bedeutung verlieren. Sie ist ökonomisch, energiepolitisch und militärisch von den Vereinigten Staaten abhängig und nicht Willens, eigene politische Ziele und Interessen zu formulieren. Statt um einen Ausgleich mit Russland lässt sich die EU in eine neue Blockkonfrontation zwingen, bei der sie nur verlieren kann. 

Die Europäische Union bringt sich in eine Situation, in der sie nicht nur global, sondern auch auf dem europäischen Kontinent als Gestaltungskraft immer unbedeutender wird. Das Erschütternde dabei ist, dass dieser Einflussverlust selbstverschuldet ist. Einen Erklärungsversuch für das Phänomen, warum die Eliten in der EU Politik gegen die Interessen der Mitgliedsstaaten machen, liefert Sawtschuk ebenfalls: Die politischen Entscheider in der EU fühlen sich Washington stärker verpflichtet als dem Wohle Europas. Nur so ist zu erklären, dass der eingeschlagene Weg in all den genannten Bereichen nicht korrigiert wird. Wird er weiter gegangen, verlieren die EU und ihre Mitgliedsstaaten zwangsläufig den letzten Rest an Eigenständigkeit und Souveränität und werden zu einem wirtschaftlich und politisch abgehängten US-Protektorat. 

Mehr zum Thema US-Ökonom: Russland durch Sanktionen "entkolonialisiert" statt gestraft




Nicht nur ein Interessenkonflikt: In der Ukraine wird über das Schicksal der Welt entschieden

19. Mai 2024 um 06:30

Von Alexander Dugin

Der Amtsantritt von Präsident Putin markiert eine neue Etappe in der Geschichte Russlands. Einige Linien früherer Perioden werden sicherlich fortgesetzt werden. Einige werden eine kritische Schwelle erreichen. Andere werden rückgängig gemacht werden. Aber es muss auch etwas Neues kommen.

Ich möchte die Aufmerksamkeit auf den ideologischen Aspekt lenken, der ein grundlegender Vektor für die weitere Entwicklung Russlands im internationalen Kontext werden kann.

In unserer erbitterten Konfrontation mit dem Westen, der am Rande eines nuklearen Konflikts und des Dritten Weltkriegs steht, wird das Problem der Werte immer deutlicher und kontrastreicher. Der Krieg in der Ukraine ist nicht nur ein Konflikt zwischen Staaten mit ihren ganz und gar rationalen nationalen Interessen, sondern ein Zusammenprall von Zivilisationen, die ihre Wertesysteme erbittert verteidigen.

Heute kann man mit Sicherheit sagen, dass Russland endgültig auf den Schutz traditioneller Werte gesetzt hat und mit ihnen die grundlegenden Prozesse zur Stärkung seiner eigenen zivilisatorischen Identität und geopolitischen Souveränität verbindet. Dabei handelt es sich nicht einfach um unterschiedliche Interessen von getrennten Einheiten innerhalb derselben – westlichen – Zivilisation, wie es bis vor kurzem noch möglich war, den Konflikt zwischen Russland und dem kollektiven Westen zu interpretieren, wenn auch mit einer gewissen Dehnung. Jetzt aber ist es offensichtlich geworden, dass zwei Wertesysteme aufeinanderprallen.

Der moderne kollektive Westen steht fest auf der Seite:

des absoluten Individualismus;
der LGBT* und der Genderpolitik;
des Kosmopolitismus;
der "Cancel Culture" ("Kultur des Tilgens");
des Posthumanismus;
der unbeschränkten Migration;
der Zerstörung aller Formen von Identität;
der kritischen Rassentheorie (nach der ehemals unterdrückte Völker das Recht haben, ihre ehemaligen Unterdrücker zu unterdrücken);
der relativistischen und nihilistischen Philosophie der Postmoderne.

Der Westen zensiert gnadenlos seine eigene Geschichte, verbietet Bücher und Kunstwerke. Der US-Kongress bereitet sich darauf vor, ganze Schriftstücke zu streichen, die angeblich bestimmte Personengruppen aus ethnischen und religiösen Gründen beleidigen. Darüber hinaus hat die Entwicklung digitaler Technologien und neuronaler Netze die Übertragung der Weltherrschaft von der Menschheit auf die künstliche Intelligenz auf die Tagesordnung gesetzt – und eine Reihe westlicher Autoren preisen dies bereits als unglaublichen Erfolg und lang erwarteten Moment der Singularität.

Im Gegensatz dazu vertritt Putins Russland ausdrücklich eine ganz andere Werteordnung, von der viele im Dekret Nr. 809 vom 9. November 2022 festgeschrieben sind. Russland verteidigt entschieden:

die kollektive Identität gegen den Individualismus;
den Patriotismus gegen den Kosmopolitismus;
die gesunde Familie gegen die Legalisierung von Perversionen;
die Religion gegen Nihilismus, Materialismus und Relativismus;
das menschliche Wesen gegen posthumanistische Experimente;
die organische Identität gegen ihre Aushöhlung;
die historische Wahrheit gegen die "Cancel Culture".

Es gibt also zwei gegensätzliche Orientierungen, mehr noch, zwei antagonistische Ideologien, zwei Weltanschauungssysteme. Russland wählt die Tradition – der Westen hingegen wählt alles, was nicht traditionell und sogar antitraditionell ist.

Das macht den Konflikt in der Ukraine, wo sich diese beiden Zivilisationen in einer erbitterten und entscheidenden Schlacht gegenüberstehen, zu etwas, das weit mehr als ein gewöhnlicher Interessenkonflikt ist. Das ist er natürlich auch, aber es ist nicht die Hauptsache. Die Hauptsache ist, dass zwei Modelle der weiteren Entwicklung der Menschheit in die Konfrontation eingetreten sind – der liberale, globalistische, antitraditionelle Weg des modernen Westens oder der alternative, multipolare, polyzentrische Weg mit der Bewahrung von Tradition und traditionellen Werten, für den Russland kämpft.

Und hier ist es höchste Zeit festzustellen, dass die multipolare Welt, zu der sich Russland in der vorangegangenen Phase von Putins Herrschaft bekannt hat, nur dann Sinn macht, wenn wir das Recht jedes Pols, jeder Zivilisation (heute eindeutig in BRICS vertreten) auf ihre eigene Identität, ihre eigene Tradition, ihr eigenes Wertesystem anerkennen. Multipolarität wird sinnvoll und gerechtfertigt, wenn wir von der Pluralität der bestehenden Kulturen ausgehen und ihr Recht anerkennen, die jeweils eigene Identität zu bewahren und sich auf der Grundlage interner Prinzipien zu entwickeln. Das bedeutet, dass die Pole der multipolaren Welt im Gegensatz zum globalistischen unipolaren Modell, in dem westliche Werte als universelle Werte standardmäßig dominieren, mehr oder weniger dem Weg Russlands folgen, aber nur unter dem Schutz ihrer traditionellen Werte, die jedes Mal anders sind.

Wir sehen dies deutlich im heutigen China. Es lehnt nicht nur Globalismus, Liberalismus und globalen Kapitalismus als Dogma ab, während es viele Merkmale der sozialistischen Ordnung beibehält, sondern wendet sich zunehmend den ewigen Werten der chinesischen Kultur zu, indem es die politische und soziale Ethik des Konfuzius, die die Gesellschaft mehrere Jahrtausende lang inspiriert und geordnet hat, in einer neuen Runde wiederbelebt. Es ist kein Zufall, dass eine der führenden Theorien der internationalen Beziehungen im modernen China auf der antiken Idee der Tianxia beruht, nach der China im Zentrum des Weltsystems steht und alle anderen Nationen, die das Himmelsreich umgeben, an der Peripherie liegen. China ist sein eigenes absolutes Zentrum, offen für die Welt, aber streng auf seine Souveränität, Einzigartigkeit und Identität bedacht.

Das moderne Indien (Bharat) bewegt sich in die gleiche Richtung, insbesondere unter der Herrschaft von Narendra Modi. Auch hier wird es von einer tiefen Identität, der Hindutva, beherrscht, die die Grundlagen der alten vedischen Kultur, Religion, Philosophie und Gesellschaftsordnung wiederbelebt.

Noch kategorischer lehnt die islamische Welt das Wertesystem des kollektiven Westens ab, das mit den islamischen Gesetzen, Regeln und Haltungen überhaupt nicht vereinbar ist. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf der Tradition.

In diese Richtung bewegen sich die Völker Afrikas, die eine neue Runde der Entkolonialisierung einläuten – dieses Mal des Bewusstseins, der Kultur und der Denkweise. Immer mehr afrikanische Denker, Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens besinnen sich auf die Wurzeln ihrer autochthonen Kulturen.

Auch Lateinamerika entdeckt allmählich diese neuen Horizonte des Traditionalismus, der Religion und der kulturellen Wurzeln und gerät dabei immer mehr in direkten Konflikt mit der Politik der Vereinigten Staaten und des kollektiven Westens. Die Besonderheit Lateinamerikas besteht darin, dass der antikoloniale Kampf lange Zeit überwiegend unter linken Parolen geführt wurde. Jetzt ändert sich die Situation: Die Linke entdeckt die traditionellen und konservativen Ursprünge ihres Kampfes (z. B. in der katholisch dominierten "Theologie der Befreiung") und eine konservative antikoloniale Front wächst (z. B. die "Theologie der Völker").

Bislang ist jedoch keine der auf Multipolarität ausgerichteten und die Tradition bevorzugenden Zivilisationen in einen direkten bewaffneten Konflikt mit dem Westen eingetreten, mit Ausnahme Russlands. Viele zögern und warten auf das Finale dieser dramatischen Konfrontation. Obwohl potenziell die Mehrheit der Menschheit die Hegemonie des Westens und seiner Wertesysteme ablehnt, ist außer uns niemand bereit, in eine direkte Auseinandersetzung mit ihm zu treten.

Damit hat Russland die einmalige Chance, sich an die Spitze der globalen konservativen Wende zu stellen. Es ist an der Zeit, direkt zu erklären, dass Russland den Anspruch der westlichen Zivilisation auf die Universalität ihrer Werte bekämpft und voll und ganz für die eigene (russisch-nationale, orthodoxe) und für alle anderen Traditionen eintritt. Denn im Falle des Triumphs des Globalismus und der Aufrechterhaltung der westlichen Hegemonie sind auch sie von der drohenden Zerstörung bedroht.

Alle Zivilisationen der Welt sind konservativ, das ist ihre Identität. Und sie sind sich dessen zunehmend bewusst. Nur der postmoderne Westen hat sich zu einem radikalen Bruch mit seinen klassischen christlichen Wurzeln entschlossen und begonnen, eine Kultur der Degeneration, der Perversion, der Pathologie und der technischen Ersetzung des Menschen durch posthumane Organismen (von der KI bis zu Cyborgs, Chimären und Produkten der Gentechnik) aufzubauen. Im Westen selbst lehnt ein bedeutender Teil der Gesellschaft diesen Weg ab und wendet sich zunehmend gegen den Kurs der herrschenden postmodernen liberalen Eliten auf die endgültige Abschaffung der kulturellen und historischen Identität der westlichen Gesellschaften selbst.

In seiner neuen Amtszeit als Präsident wäre es durchaus sinnvoll, wenn Putin die Verteidigung der Tradition – in Russland und in der Welt, einschließlich des Westens selbst – zu seiner wichtigsten ideologischen Mission erklären würde. Wladimir Putin ist in den Augen der gesamten Menschheit bereits der größte Führer, der diese Rolle spielt und der westlichen Hegemonie heldenhaft Widerstand leistet. Es ist höchste Zeit, Russlands globale Mission zum Schutz der Zivilisationen und ihrer traditionellen Werte zu verkünden. Hören Sie auf, mit dem Westen mitzuspielen und seine Strategien, Begriffe, Protokolle und Kriterien zu übernehmen. Die zivilisatorische Souveränität besteht darin, dass jede Nation das uneingeschränkte Recht hat, jede externe Politik zu akzeptieren oder abzulehnen, sich auf ihre eigene Art und Weise zu entwickeln, unabhängig davon, dass jemand von außen damit unzufrieden sein mag.

So erklärte die britische Zeitung Mirror kürzlich, am 7. Mai, neun Worte aus der Antrittsrede von Präsident Putin zu einer "schrecklichen Bedrohung für den Westen". Diese Worte lauteten:

"Russland selbst und nur es selbst wird sein eigenes Schicksal bestimmen!"

Das heißt, jede Andeutung von Souveränität wird vom Westen als eine Kriegserklärung an ihn aufgefasst. Russland hat sich darauf eingelassen und ist bereit, jeden zu unterstützen, der seine Souveränität ebenso stark verteidigt wie es selbst.

Natürlich hat jede Zivilisation ihre eigenen traditionellen Werte. Aber heute werden sie alle von einer aggressiven, intoleranten, betrügerischen und pervertierten Zivilisation angegriffen, die einen gnadenlosen Krieg gegen jede Tradition führt – gegen die Tradition als solche. Putins Russland kann sich in einer solchen Situation offen zum Träger einer umgekehrten Mission erklären – zum Verteidiger von Tradition und Norm, von Kontinuität und Identität.

Früher, im zwanzigsten Jahrhundert, beruhte der Einfluss Russlands in der Welt hauptsächlich auf der linken Bewegung. Heute ist sie jedoch allmählich verschwunden, entweder vom Liberalismus aufgesogen oder von selbst erschöpft (mit wenigen Ausnahmen und meist im Bündnis mit antikolonialen konservativen Tendenzen). Jetzt lohnt es sich, auf die Konservativen, die Verfechter der zivilisatorischen Identität zu setzen. Und so wird ein neuer Slogan geboren: Traditionalisten aller Länder, vereinigt euch!

Und wir sollten uns nicht genieren, schämen oder verstecken. Je selbstbewusster wir diesen Weg beschreiten, desto schneller und zuverlässiger wird unser Einfluss in der Welt wachsen. Wenn wir uns entschieden haben, auf Multipolarität zu setzen, müssen wir darin konsequent sein.

Jeder sieht in Putin bereits die Schlüsselfigur des konservativen Aufbruchs. Es ist an der Zeit, dies offen auszusprechen. Kritik aus dem Westen lässt sich in jedem Fall nicht vermeiden, aber die entscheidenden Faktoren in den Beziehungen zum Westen sind jetzt andere. Und unsere Verbündeten – aktuelle und potenzielle – werden Russland mit neuem Elan unterstützen. Schließlich werden ihnen unsere weitreichenden Ziele und Absichten nun klar sein. Sie werden uns vertrauen und ohne Misstrauen und Zögern gemeinsam mit uns eine gerechte und ausgewogene Welt im Interesse der gesamten Menschheit aufbauen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 14. Mai 2024 auf ria.ru erschienen

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