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EU kehrt zur Austeritätspolitik zurück – weiteres verlorenes Jahrzehnt droht

24. April 2024 um 19:31

Angesichts der Corona-Krise hatte die EU die Schuldenregeln ausgesetzt. Aufgrund der ökonomischen Verwerfungen infolge des EU-Sanktionsregimes ging die Aussetzung in die Verlängerung. Ab dem kommenden Jahr sollen die Mitgliedstaaten der EU jedoch im Grundsatz wieder zu den im Maastricht-Regeln zurückkehren.

Das EU-Parlament hat einer überarbeiteten Version des Stabilitäts- und Wachstumspakts zugestimmt. Damit zerschlagen sich die Hoffnungen derjenigen, die auf eine grundlegende wirtschaftspolitische Neuorientierung der EU gehofft hatten. Im Kern bleibt alles wie gehabt, auch wenn die einzelnen Regelungen etwas mehr Spielraum erlauben. Der Schuldenabbau steht im Vordergrund, ihm werden Investitionen untergeordnet. Die Kritiker wurden erneut nicht gehört. Unter diesen befindet sich auch der vom ökonomischen Saulus zum Paulus gewandelte Mario Draghi, ehemaliger Chef der EZB und zu Zeiten der Griechenlandkrise eifriger Verfechter drastischer Spardiktate. Er beschreibt diese Politik inzwischen als Fehler. 

"Wir haben bewusst versucht, die Lohnkosten im Vergleich zueinander zu senken – und in Kombination mit einer prozyklischen Fiskalpolitik hat das unter dem Strich nur dazu geführt, dass unsere eigene Binnennachfrage geschwächt und unser Sozialmodell untergraben wurde", kritisiert Draghi inzwischen seine eigene Politik. 

Doch aus den Fehlern der Vergangenheit will man in der EU nichts lernen und setzt auf ihre Wiederholung, geht allerdings davon aus, dass mit leichten Modifikationen grundsätzlich andere Ergebnisse erzielt werden können. Die völlig willkürlich gesetzte Schuldengrenze von 60 Prozent des BIP bleibt erhalten. Länder mit einer Schuldenquote von über 90 Prozent müssen die Verschuldung jährlich um ein Prozent, Länder mit einer Verschuldung zwischen 60 und 90 Prozent um ein halbes Prozent pro Jahr senken. Die Rechtfertigungspflicht gegenüber der EU-Kommission bleibt; die Willkür, die damit einzog, auch. Die EU-Kommission benutzt ihre Macht über die Haushalte zur Steuerung der Politik in den EU-Staaten. 

Schon jetzt ist klar, dass die Rückkehr zu den Maastricht-Kriterien einen weiteren EU-weiten Rückbau der sozialen Sicherungssysteme zur Folge haben wird. Die EU-Staaten befinden sich in einem Dumping-Wettbewerb, der die sozialen Standards immer weiter nach unten drücken wird. 

Trotz der Wiedereinführung der strengen Schuldenregeln besteht die EU dennoch auf Aufrüstung. Damit droht für die EU nach 15 verlorenen Jahren durch die Griechenland- und die Corona-Krise ein weiteres verlorenes Jahrzehnt. Die EU fällt international immer weiter zurück.

Mehr zum Thema – Neue Töne aus der EU: Wird Lohnwachstum jetzt zum Brüsseler Credo?

Fund von Massengräbern in Gaza deutet auf weitere Kriegsverbrechen der israelischen Armee

24. April 2024 um 19:10

Die Vereinten Nationen drücken ihre Sorge angesichts zahlreicher Berichte über mutmaßliche Kriegsverbrechen aus, die von israelischen Militärs begangen worden sein sollen. Die UN verweisen in diesem Zusammenhang auf Berichte über Massengräber an mehreren Orten in Gaza. Die Leichen deuten auf schwere Misshandlungen hin. Viele der Körper sind nackt, die Hände der Toten sind gefesselt. 

Insgesamt wurden am vergangenen Wochenende 283 Leichen aus zwei Massengräbern geborgen. Sie wurden unter dem Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis und im Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt entdeckt. Bisher konnten 42 der Leichen identifiziert werden. Unter den Toten befanden sich demnach auch Frauen, Verwundete und alte Menschen.

Das Al-Schifa-Krankenhaus wurde Ziel eines israelischen Militäreinsatzes. Der damals von Israels Verteidigungsministerium angegebene Grund für den Einsatz war, sich im Krankenhaus versteckende Hamas-Kämpfer zu eliminieren. Faktisch wurde das Krankenhaus dabei komplett zerstört. Nach israelischen Angaben wurden dabei 200 Palästinenser getötet.

"Berichten zufolge wurden die Leichen von 30 Palästinensern in zwei Massengräbern im Hof des Krankenhauses entdeckt", sagte UN-Menschenrechtskommissarin Ravina Shamdasani vor Pressevertretern in Genf. Auch hier finden sich Hinweise auf Fesselungen. 

Die vorsätzliche Tötung von Zivilisten, Inhaftierten und kampfunfähigen Personen stellt ein Kriegsverbrechen dar, unterstreicht ein Vertreter der Vereinten Nationen. Seit dem Beginn der Kampfhandlungen am 7. Oktober wurden nach UN-Angaben mehr als 34.000 Palästinenser in Gaza getötet, darunter 14.685 Kinder und 9.670 Frauen. Weitere 77.084 wurden verletzt. 

Die israelische Armee geht in Gaza mit äußerster Brutalität vor. Eine Vielzahl von Hinweisen deutet darauf hin, dass sich Israel an die sich aus der Genfer Konvention ergebenden Verpflichtung nicht hält, Zivilisten zu schützen. Vom Internationalen Gerichtshof gemachte Vorgaben, nach denen Israel für den Schutz von Zivilisten zu sorgen hat, werden allem Anschein nach ignoriert. 

Die Vereinten Nationen warnen in diesem Zusammenhang vor einer Invasion der IDF in der Stadt Rafah. 

Deutschland steht angesichts der extremen Gewalt und der von Israel verübten Verbrechen international unter Druck. Deutsche Politik leugnet die Unverhältnismäßigkeit der von der israelischen Armee ausgeübten Gewalt. Israel habe nach dem Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober 2023 das Recht zur Selbstverteidigung, ist die Sprachregelung, mit der die Bundesregierung das israelische Vorgehen legitimiert. Trotz des begründeten Verdachts, dass Israel eine Genozidabsicht gegenüber den Palästinensern verfolgt, liefert Berlin weiterhin Waffen. Damit verstößt Deutschland gegen seine sich aus der Völkermordkonvention ergebende Verpflichtung, alles zu tun, um einen Völkermord zu verhindern.

Mehr zum Thema – Varoufakis: "Der deutsche Staat schützt Israel dabei, Kriegsverbrechen zu begehen"

Moskau: Anhänger der Ukraine verüben Großteil von Terrorangriffen in Russland

24. April 2024 um 18:36

Russlands Generalstaatsanwalt Igor Krasnow hat ein anhaltend großes Niveau der Terrorgefahr im Land eingeräumt. Aus einer Rede vor dem Föderationsrat des russischen Parlaments ging hervor, dass die Behörden im vergangenen Jahr fast 2.500 terroristische Verbrechen verzeichnet hätten. Die Zahl der Terrorangriffe sei damit um das Dreieinhalbfache gestiegen. Krasnow betonte, dass der Großteil dieser Verbrechen von Mitgliedern oder Anhängern radikaler Organisationen aus der Ukraine begangen würden. Bei ihnen handle es sich um "erbitterte Gegner" der militärischen Sonderoperation.

Trotzdem habe die Zahl extremistischer Verbrechen abgenommen, hob der Generalstaatsanwalt hervor. Von der Gesamtzahl solcher Straftaten werde jede dritte im Internet organisiert. Russische Staatsbürger bekämen über populäre Telegram-Kanäle Informationen, die Aufrufe zu destruktiven Aktivitäten enthielten, unter anderem Anweisungen zur Durchführung von Sabotageakten oder dem Diebstahl von Waffen von Polizisten und Militärangehörigen.

In diesem Zusammenhang habe die Generalstaatsanwaltschaft im vergangenen Jahr den Kampf gegen Falschinformationen ins Visier genommen. Insbesondere sei am raschen Blockieren von Fakes und Informationen gearbeitet worden, die dem Anfachen ethnischer und religiöser Konflikte dienen könnten. Krasnow bestätigte mehr als 1.000 entsprechende Anfragen auf Roskomnadsor. Die Aufsichtsbehörde im Bereich Kommunikation habe gesetzwidrige Informationen von 95.000 Webseiten entfernt.

Eine vollständige Bewertung des Terroranschlags auf die Crocus-Konzerthalle bei Moskau stehe noch bevor, erklärte Krasnow. Derzeit könne man unterstreichen, dass das Ausmaß des Terroranschlags die Notwendigkeit von Gesetzesänderungen belege. Die Sicherheitsvorkehrungen an ähnlichen Objekten würden revidiert und die Behörden hätten damit bereits angefangen.

Am Dienstag hatte Roskomnadsor bekanntgegeben, dass die Behörde bisher etwa 200.000 Fakes über die militärische Sonderoperation blockiert habe. In meisten Fällen soll es sich um ausländische Propaganda handeln.

Mehr zum Thema – Patruschew: Ermittlungen bestätigen Verbindung der "Crocus"-Attentäter in die Ukraine

Deutsche Kriegspläne: Politik diskutiert über Wehrpflichtmodelle

24. April 2024 um 18:23

Von Susan Bonath

Die Kriegstrommeln werden lauter. Immer mehr Steuergeld fließt zulasten des Sozialstaats in die Rüstung. Das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr ist schon verplant. Damit Deutschland, wie mittlerweile tagein, tagaus von oben verkündet, nun wirklich "kriegstüchtig" werde, fehlt aber eins: willige Soldaten. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) setzt auf Zwang: Die politischen Debatten über eine Neuauflage der Wehrpflicht werden ernsthafter, im Gespräch sind verschiedene Rekrutierungsmodelle.

Datenbank für brauchbare Rekruten

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, hat eine Arbeitsgruppe entsprechende Vorschläge, die nun diskutiert würden. Demnach favorisiert Pistorius einen ähnlichen Umbau des Militärs wie in Schweden: Eine Pflicht für alle jungen Männer und Frauen, dem Staat persönliche Daten digital zu übermitteln. So will man ihre körperliche Fitness und politische Einstellung erfassen.

Danach würden alle Jugendlichen kurz vor dem Erreichen ihrer Volljährigkeit von der Wehrdienstbehörde angeschrieben. Schon jetzt übermittelt die Bundeswehr allen 17-Jährigen in Deutschland Werbematerial, die Adressen stammen von den Einwohnermeldeämtern. Dies ist bisher unverbindlich. Nach Einführung eines solchen Modells wären die Jugendlichen jedoch gezwungen, Fragenkataloge zu beantworten. Es würde de facto eine Datenbank über "brauchbares Kanonenfutter" entstehen.

Politische Gesinnung erfassen

In Schweden stellt der Staat etwa Fragen zur Gesundheit, Schulbildung und politischen Einstellung sowie zu Vorstrafen und persönlichen Interessen. Wer den Fragebogen innerhalb von zwei Wochen nicht oder nicht wahrheitsgemäß beantwortet, erhält eine Geldstrafe. Wer passend, also "fähig und motiviert", erscheint, muss zur Musterung. Notfalls verpflichte Schweden aber auch "Unmotivierte", um das Soll zu erfüllen, heißt es. Nach 15-monatiger Grund- und Spezialausbildung werden diese zu Reservisten für den Kriegsfall.

Als mutmaßlich willkommenes Nebenprodukt würde hierbei die politische Gesinnung miterfasst. Der Staat könnte Menschen entsprechend sortieren und kategorisieren – und gegebenenfalls vor- oder nachteilig behandeln, etwa bei der Möglichkeit zu studieren oder bestimmte Berufe auszuüben. Schon jetzt prüfen einige Bundesländer, darunter Bayern und Baden-Württemberg, künftige Staatsbedienstete vorab auf ihre "Verfassungstreue", Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ziehen gerade nach.

Politik für "allgemeine Dienstpflicht"

Mit einem solchen Modell könnte der Staat ein reguläres Wiedereinführen der allgemeinen Wehrpflicht umgehen. Für diese fehlen derzeit offensichtlich die politischen Mehrheiten: Die FDP und die Grünen sind wie die verbliebene Restlinke und das noch nicht im Bundestag sitzende Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) dagegen. In der SPD bekommt Pistorius auch Gegenwind. In der CDU variieren die Positionen zwischen allgemeiner Dienst- oder Wehrpflicht. Die AfD spricht sich seit 2016 dafür aus. 

Mehr Zustimmung könnte eine allgemeine Dienstpflicht erhalten. Die Süddeutsche zitierte dazu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD). Er sagte demnach, er wünsche sich mehr "Ideen, wie es gelingen kann, dass mehr Frauen und Männer mindestens einmal in ihrem Leben für eine gewisse Zeit aus ihrem gewohnten Umfeld herauskommen und sich den Sorgen anderer Menschen widmen".

Die Verpflichteten könnten sich nach der Schule entscheiden, ob sie lieber im zivilen oder militärischen Bereich arbeiten wollen. Den Dienst an der Waffe bei der Bundeswehr könnte der Staat den jungen Menschen dabei finanziell besonders schmackhaft machen. Auch dies wäre laut Arbeitspapier der Pistorius-Gruppe ein Modell, um eine allgemeine Wehrpflicht zu umgehen und trotzdem genug Rekruten zu werben.

Keine Lust auf Krieg

An Willigen mangelt es den Kriegstreibern derzeit, um die immer lauter beschworene "Kriegstauglichkeit Deutschlands" zu erlangen. Auf ihrem Höhepunkt in den 1980er-Jahren verfügte die Bundeswehr dank Hunderttausender Wehrpflichtiger in der alten BRD über eine halbe Million aktive Soldaten.

Doch die sinkende Geburtenrate bescherte immer weniger wehrpflichtige Jugendliche. Nach der sogenannten "Wiedervereinigung" Deutschlands nahm offensichtlich auch der Wille drastisch ab, den Dienst an der Waffe abzuleisten. Junge Männer wichen vermehrt auf den Zivildienst aus. Im Jahr 2010 war so die Zahl aktiver Soldaten auf etwa 260.000 geschrumpft. Heute, 13 Jahre nach dem Aussetzen der Wehrpflicht, verzeichnet die Bundeswehr trotz aller teuren Kampagnen gut 180.000 Soldaten.

Ein Problem für die Kriegstreiber ist nicht nur die fehlende Lust junger Leute aufs Militär. Auch der Abbau der alten Strukturen aus den Zeiten der Wehrpflicht macht ihnen zu schaffen. Es müsste ein kompletter Apparat neu aufgebaut werden, der viele weitere Milliarden aus dem Steuertopf verschlingen wird.

Auch müsste das Grundgesetz geändert werden, um Frauen an die Waffe zwingen zu können. Aktuell könnte der Staat sie im Kriegsfall lediglich für Sanitäts- und Lazarettdienste zwangsverpflichten. Mit den genannten Modellen könnte er das Problem umgehen.

Aggressiver Imperialismus und Kriegskredite

Ersichtlich ist: Die westlichen Imperialisten und ihre politischen Fürsprecher sehen ihre Felle davonschwimmen. Die ökonomische Macht des westlichen Kapitals über die Welt schwindet, die Politik reagiert zunehmend aggressiver. Die NATO expandiert gen Osten und rüstet auf, Deutschland zieht mit – auch um den Preis des Sozialstaats und des gesellschaftlichen Friedens. Im Visier stehen vor allem die härtesten Konkurrenten des Westens: Russland und China mit ihren riesigen Märkten.

Das erst 2022 zulasten des gesellschaftlichen Wohlstands geschnürte 100-Milliarden-Paket alias "Sondervermögen" – man sollte es wie vor 110 Jahren als Kriegskredite bezeichnen – für die Bundeswehr ist bereits, wie jüngst gemeldet, komplett verplant.

Bereits ab 2028 müsste die Politik also weitere Töpfe, gefüllt vom Steuerzahler, anzapfen, um Deutschland nach ihrem Willen "kriegstüchtig" zu machen. Dafür ist sogar ein partielles Aussetzen der fürs normale Volk "heiligen" Schuldenbremse im Gespräch. Die Propaganda dazu läuft bekanntlich auf Hochtouren.

Widerstand von unten

Zu stoppen wäre diese Entwicklung wohl nur mit massivem Widerstand von unten. Ohne Kanonenfutter wären die Herrschenden aufgeschmissen. Ein erster Schritt könnte es sein, sich der allgegenwärtigen Propaganda in den deutschen und anderen westlichen Medien bewusst zu werden – und ihr zu widerstehen.

Der 1919 ermordete Revolutionär und Kommunist Karl Liebknecht sagte einst: "Der Hauptfeind steht im eigenen Land." Daran könnte man sich im Deutschland des Jahres 2024 wieder erinnern. Denn die wahre Spaltung verläuft – mal wieder – genau dort: zwischen den Interessen der Herrschenden und der Beherrschten. Diese waren noch nie miteinander kompatibel.

Mehr zum Thema - Vom Schmuddelkind zur "Systemrelevanz": Die "Rehabilitierung" Rheinmetalls in den Mainstream-Medien

Patruschew zu Ukraine-Konflikt: Selbst prowestliche Länder geben Russland jetzt recht

24. April 2024 um 17:19

Eine Reihe von Ländern, darunter auch jene, die zuvor Russland für eine angebliche Aggression gegen die Ukraine verantwortlich machten, haben bereits ihre Meinung geändert. Das erklärte der Sekretär des russischen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, gegenüber Journalisten in Sankt Petersburg. Dieser Umstand sei den Fakten zu verdanken, die von Moskau publik gemacht worden seien, fügte er hinzu. Darüber berichteten russische Staatsmedien.

Patruschew besuchte den Meldungen zufolge am Mittwoch eine Ausstellung, bei der Foto- und Videomaterialien über den ukrainischen Neonazismus präsentiert wurden. Die Veranstaltung fand im Rahmen des XII. Internationalen Treffens der Hohen Vertreter für Sicherheitsfragen statt.  

Laut dem russischen Sicherheitsratschef sei die Ausstellung sehr nützlich. Im Ausland würden die Beweise Russlands "selbstverständlich zur Kenntnis genommen", führte Patruschew aus. Dort sei man sich darüber im Klaren, wer das Kiewer Regime finanziere. Diskussionen und Darlegungen würden der russischen Seite helfen, so der Sicherheitsbeamte weiter. Dadurch werde ermöglicht, dass immer mehr Länder eine objektive Position hinsichtlich der Ukraine-Krise einnähmen. In diesem Zusammenhang wird Patruschew mit den Worten zitiert:

"Und viele, die zuvor geglaubt haben, dass Russland die Aggression gegen die Ukraine begangen hat, haben jetzt ihre Sichtweise geändert. Und sie sagen: 'Nein, Russland hat sich verteidigt und war gezwungen, sich zu verteidigen. Russland hat nicht angegriffen.'"

Selbst jene Länder, die in dieser Hinsicht prowestlich eingestellt gewesen seien, verstünden das, hätten aber gebeten, sie nicht beim Namen zu nennen, teilte er mit. Als Begründung führte er an:

"Sie befürchten, dass sie Schwierigkeiten bekommen, wenn Sanktionen gegen sie verhängt werden."

Die in Sankt Petersburg ausgestellten Materialien belegten Medienberichten zufolge die neonazistische Natur des Kiewer Regimes. Es handele sich dabei unter anderem um Beweise für die Verherrlichung des Nationalsozialismus sowie die Verwendung von Nazi-Utensilien und Symbolen. Darüber hinaus sei dort Bild- und Videomaterial über die Durchführung von Fackelzügen, die Verbreitung von Literatur mit fremdenfeindlichen Inhalten, aber auch über den Terror gegen die Zivilbevölkerung ausgestellt worden.

Bei der Veranstaltung würden zudem Gegenstände gezeigt, die die Beteiligung westlicher Länder am Konflikt in der Ukraine belegten, berichteten Medien. Die Teilnehmer des Treffens bekamen unter anderem Teile der Projektile zu sehen, die in den USA, Großbritannien, Polen und Tschechien produziert und an Kiew geliefert wurden.  

Das internationale Treffen der Hohen Vertreter für Sicherheitsfragen findet seit 2010 unter der Schirmherrschaft des Sicherheitsrates der Russischen Föderation statt. Dieses Jahr wird es von 23. bis 25. April in Sankt Petersburg abgehalten.

Mehr zum Thema - Rumänien: Britische Kampfflugzeuge sollen NATO-Ostflanke vor russischen Militärjets schützen

Russland und Ukraine vereinbaren Austausch von Kindern aus getrennten Familien

24. April 2024 um 16:06

Vertreter Russlands und der Ukraine haben zum ersten Mal direkte Verhandlungen über den Austausch von Kindern, die von ihren Familien getrennt wurden, durchgeführt. Nach Angaben der russischen Beauftragten für Kinderrechte, Maria Lwowa-Belowa, fand das Treffen am Mittwoch in Doha unter Vermittlung Katars statt. Im Laufe des Gesprächs wurde vereinbart, dass Russland der Ukraine 29 Minderjährige übergibt. Im Gegenzug kehren 19 Kinder aus der Ukraine zu ihren Familien in Russland zurück.

Die katarische Seite beaufsichtigte die Listen der auszutauschenden Kinder, betonte Lwowa-Belowa gegenüber Journalisten. Falls die Situation sich ändere, werde Russland reagieren.

Innerhalb des vergangenen Jahres konnten dank der Vermittlung Katars bereits insgesamt 28 ukrainische Kinder zu ihren Familien zurück, erinnerte die russische Beamtin. Fünf Minderjährige seien mit ihren Angehörigen in Russland wieder zusammengeführt worden.

Lwowa-Belowa bezeichnete Angaben, wonach sich in Russland 19.500 ukrainische Kinder befinden sollen, als Falschinformationen. Diese Daten seien von der ukrainischen Seite im Jahr 2022 bekannt gegeben worden, als die Frontlinie in der Konfliktzone sich ständig geändert habe. Im Dezember 2023 hatte Lwowa-Belowa erklärt, dass alle Kinder, die infolge des Konflikts von ihren Familien getrennt worden waren, bereits wieder bei ihren Verwandten seien.

Im Januar 2024 hatte der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmitri Lubinez erklärt, dass seit der Eskalation des Ukraine-Konflikts 517 Minderjährige und 2.828 Erwachsene in die Ukraine zurückgekehrt sind.

Kiew hat Moskau wiederholt vorgeworfen, Kinder aus den von russischen Truppen eingenommenen Gebieten wegzubringen. Russische Behörden erwiderten, es handele sich um Evakuierungsmaßnahmen aus Sicherheitsgründen. Im März 2023 erließ der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen Lwowa-Belowa und den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit der illegalen Deportation von Kindern.

Mehr zum Thema – Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Putin: Reaktionen und rechtliche Konsequenzen

Schweden verstärkt Energieinfrastruktur für Kriegs- oder Sabotagefall

24. April 2024 um 16:16

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts will Schweden eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um seine Energieinfrastruktur auf einen Kriegsfall vorzubereiten. Laut einem Bloomberg-Bericht hat der schwedische Netzbetreiber im Rahmen des Vorhabens beschlossen, das Kraftwerk Öresundsverket in Malmö wieder in Betrieb zu nehmen. Bisher blieb die Stromerzeugungsanlage eingemottet. In Kürze sollte sie demontiert und an neue Besitzer ins Ausland verschifft werden.

Der Betreiber hat nun eine Änderung des Plans angekündigt und behält das Kraftwerk in Schweden. Sollte es im Laufe eines potenziellen Militärkonflikts zu Angriffen auf die nationale Energieinfrastruktur kommen, würde die Anlage Malmö, die drittgrößte Stadt des Landes, mit Strom versorgen. Der Leiter des Kraftwerks, Mikael Nilsson, äußerte sich zuversichtlich, dass Öresundsverket im Jahr 2025 vollständig betriebsfähig sein werde. Hoffentlich komme das Land nicht in eine Situation, in der es diese Fähigkeiten brauche, so Nilsson. Jedenfalls wirke es beruhigend, dass man vorbereitet sei.

Eine unabhängige Stromversorgung sei laut Bloomberg nicht nur für Malmö, sondern auch für Stockholm, Göteborg und andere wichtige Regionen des Landes geplant. Außer der Verstärkung der Energieinfrastruktur und des Militärs, das seit dem Ende des Kalten Krieges wesentlich reduziert worden war, sollte Schweden Häfen, Straßen, Bahnnetzwerke, Krankenhäuser und Unterkünfte verbessern.

Die Ausweitung des Ukraine-Konflikts auf Europa sei nicht das einzige Risiko, das hierbei in Betracht gezogen werde. Besorgniserregend wirkten auch mögliche hybride Angriffe, wie die Sabotage an den Pipelines Nord Stream vor zwei Jahren, hieß in dem Bericht weiter.

Das Kraftwerk in Malmö mit einer Leistung von 450 Megawatt befindet sich im Besitz des deutschen Uniper. Wegen sinkender Strompreise erklärte Uniper, dass die Anlage unprofitabel war, und legte sie im Dezember 2016 still. Ferner wurde es an ein niederländisches Unternehmen verkauft. Der schwedische Netzbetreiber ordnete Uniper an, sich aus dem Deal zurückzuziehen und das Kraftwerk bis Ende der 2020er-Jahre in den Wartemodus zu versetzen. Uniper bekam eine Entschädigung in Höhe von 1,1 Milliarden Kronen (umgerechnet etwa 86 Millionen Euro).

Bis Ende 2028 sollen etwa eintausend ausgebildete Schweden im Rahmen des obligatorischen Zivildienstes für den Schutz der Energieinfrastruktur eingesetzt werden. Schwedens Regierung stellt für den Zivildienst 5,5 Milliarden Kronen (473 Millionen Euro) zur Verfügung, was um etwa das Dreifache mehr ist als im Jahr 2021.

Mehr zum Thema – Bericht: Kein Schadenersatz für Nord Stream AG – Versicherer berufen sich auf Kriegsgeschehen

Nach Washingtons Vorwurf des Demokratiedefizits: Budapest berichtet über Antisemitismus in USA 

24. April 2024 um 16:11

Als Reaktion auf die Vorwürfe aus den Vereinigten Staaten über einen angeblichen Mangel an Demokratie in Ungarn hat das Außenministerium in Budapest einen Bericht erstellt, meldete Tamás Menczer, der Kommunikationsdirektor der Regierungspartei Fidesz. Bis vor kurzem war Menczer als Staatssekretär für bilaterale Beziehungen im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Handel tätig. In einer auf Facebook veröffentlichten Videobotschaft teilte er mit, dass sich der Bericht auf die illegale Migration und den Antisemitismus in den USA beziehe. Hierbei zitiert die Zeitung Demokrata den Politiker wie folgt:

"Wenn sich die kriegsbefürwortende Regierung von Joe Biden mit Ungarn und der Situation mit der Demokratie in Ungarn befasst, dann hat das ungarische Außenministerium auch einen Bericht im Zusammenhang mit der Lage rund um die Demokratie in den USA erstellt. Ich kenne seinen Inhalt, denn es ist kein Zufall, dass ich ihn vorbereitet habe."

Umfragen zufolge betrachteten drei Viertel der US-Bürger die Migrationskrise als ein ernsthaftes Problem, da jedes Jahr vier Millionen Einwanderer illegal über die Südgrenze ins Land kämen, meinte der ungarische Politiker. Einige von ihnen begingen schwere Verbrechen, darunter Mord an Kindern und sexuelle Übergriffe.

"Joe Biden baut die Grenzsicherungsmaßnahmen jedoch ab und zerstört sie."

Während Washington Budapest Antisemitismus vorwerfe, so Menczer, gaben laut einem aktuellen Bericht des American Jewish Committee (AJC) 74 Prozent der befragten US-Amerikaner an, dass der Antisemitismus ein Problem im Land darstelle. Dabei verträten 56 Prozent von ihnen die Ansicht, dass sich die Situation in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert habe.

In Ungarn behaupteten laut dem Politiker die Vertreter jüdischer Gemeinden, dass sie "in größter Sicherheit" lebten. Angesichts dieser Tatsachen täten die Vereinigten Staaten gut daran, sich mit den Problemen im eigenen Land zu befassen.

Laut Menczer sei der Grund für die US-Anschuldigungen gegenüber Ungarn, dass "wir auf der Seite des Friedens stehen und uns nicht in den Krieg zwingen lassen". Egal wie viel Druck Washington auf Budapest ausüben werde, werde Ungarn Befürworter des Friedens bleiben, stellte er klar.  

Der ungarische Außenminister Peter Szijjártó bezeichnete zuvor als schockierend und empörend die Tatsache, dass das US-Außenministerium auf der Grundlage einseitiger Informationen Berichte über die Lage der Menschenrechte in anderen Ländern erstelle, die wiederum von den USA selbst finanziert würden. Hierbei warf Szijjártó Washington die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten vor.

Mehr zum Thema - Szijjártó: Allzu schneller Verzicht auf Erdgas ist wirtschaftlicher Selbstmord

Blinken in China: Spannungen nehmen wegen Tiktok-Gesetz und Militärhilfe für Taiwan zu

24. April 2024 um 15:55

US-Außenminister Antony Blinken ist zu einer Reise nach China aufgebrochen. Zuvor hatte der US-Senat ein Hilfspaket für die Ukraine, Israel und Taiwan in Milliardenhöhe gebilligt, und ein US-Gesetz wollte einen Eigentümerwechsel für die chinesischen Kurzvideo-App Tiktok erzwingen. Vor diesem Hintergrund hat Blinken seine umstrittene Reise angetreten – kurz nach einem Telefongespräch zwischen Joe Biden und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, einem ähnlichen Besuch von Finanzministerin Janet Yellen in China und einem Telefonat zwischen dem US-amerikanischen und dem chinesischen Verteidigungsminister. Insgesamt sieht es also so aus, als ob beide Seiten zumindest bereit sind, ihre Differenzen zu diskutieren.

Der mittlerweile im US-Senat gebilligte Gesetzentwurf sieht unter anderem 8 Milliarden Dollar für die "Abwehr chinesischer Bedrohungen" in Taiwan sowie im weiteren indopazifischen Raum vor, und räumt dem chinesischen Unternehmen ByteDance eine Frist von neun Monaten für den Verkauf von TikTok ein. Diese Frist kann um drei Monate verlängert werden, wenn der Verkauf bereits läuft. Ziel ist es, zu erreichen, dass die Plattform vom chinesischen Mutterkonzern ByteDance losgelöst wird – andernfalls soll sie vom US-Markt ausgeschlossen werden.

Noch vor der Landung Blinkens in Shanghai kritisierte Chinas Büro für Taiwan-Angelegenheiten die US-Unterstützung für Taipeh und erklärte, sie verstoße "ernsthaft" gegen die Verpflichtungen der USA gegenüber China, "sende ein falsches Signal an die separatistischen Kräfte der Unabhängigkeit Taiwans" und bringe die abtrünnige Inselrepublik in eine "gefährliche Situation".

Zur Ukraine, die nach Angaben von US-Beamten ein Hauptgesprächsthema bei Blinkens Besuch sein wird, erklärte die Biden-Administration, die chinesische Unterstützung habe es Russland ermöglicht, seine industrielle Verteidigungsbasis weitgehend wieder aufzubauen. Dies beeinflusse nicht nur den Krieg in der Ukraine, sondern stelle auch eine "Bedrohung" für die europäische Sicherheit im weiteren Sinne dar.

Neue Sanktionen der Vereinigten Staaten könnten bestimmte chinesische Banken vom weltweiten Finanzsystem abkoppeln. Über entsprechende Pläne berichtete die amerikanische Tageszeitung The Wall Street Journal unter Berufung auf informierte Quellen. Es wird demnach erwartet, dass die USA China dazu drängen werden, die Unterstützung für den Handel mit der russischen Rüstungsindustrie einzustellen.

China hat erklärt, es habe das Recht, mit Russland Handel zu treiben, und wirft den USA vor, eine erneute Eskalation durch die Bewaffnung und die weitere Finanzierung der Ukraine zu schüren. "Es ist äußerst heuchlerisch und unverantwortlich, dass die USA ein umfangreiches Hilfsgesetz für die Ukraine vorlegen und gleichzeitig unbegründete Anschuldigungen gegen den normalen Wirtschafts- und Handelsaustausch zwischen China und Russland erheben", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, am Dienstag.

Mehr zum Thema - Krah-Mitarbeiter sitzt in Untersuchungshaft – AfD-Politiker lehnt Rücktritt wegen Spionage-Affäre ab

Hilfswerk wirft Extremisten in Ägypten "Pogrom gegen Christen" vor

24. April 2024 um 15:39

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ist es laut Hilfswerk Christen in Not (CiN) im Zentrum der ägyptischen Stadt Al-Minya zu einem Pogrom gegen Christen gekommen. Zuletzt machte die Organisation auf verstärkte Übergriffe und Entführungen christlicher Mädchen aufmerksam.

Nun sei es "zum offenen Ausbruch von Gewalt gegen Christen durch fanatisierte Muslime gekommen", hieß es in der Aussendung am Mittwoch. Laut Generalsekretär Elmar Kuhn hat es auch Tote gegeben, konkrete Zahlen lägen aber bisher nicht vor.

Häuser von koptischen Christen wurden demnach in einer "konzertierten Aktion" angezündet und die Christen wurden daran gehindert, die Häuser zu verlassen. Kuhn schreibt:

"So etwas haben wir in der heutigen Welt nicht mehr für möglich gehalten. Wie so oft hat die Polizei erst nach langem Zögern reagiert. Die Feuerwehr kam ebenfalls erst, als das koptische Viertel schon lichterloh brannte."

Der ägyptische Staat alleine könne die Ausschreitungen gegen die Christen wohl nicht mehr in den Griff bekommen, so Kuhn. Er fügte hinzu:

"Jetzt muss endlich auch der offizielle Islam, jetzt müssen die Imame und Gelehrten reagieren. Es gibt im Koran keine Rechtfertigung für die Vernichtung von Christen."

Immerhin seien durch die letztendlich doch eintreffenden Sicherheitskräfte einige Extremisten verhaftet und Hilfe beim Beheben der Schäden in Aussicht gestellt worden, sagte Kuhn. Allerdings, so der Generalsekretär weiter:

"Die Toten macht das auch nicht wieder lebendig."

Kuhn erinnerte daran, dass "Christen in Not" gerade in Al-Minya in den letzten Jahren viele interreligiöse Projekte unter Einbeziehung muslimischer Familien durchgeführt hatte. Er erklärte dazu:

"Zunehmend haben wir dabei gesehen, wie die Verleumdungen der Christen durch die Muslimbrüder in al-Minya kaum mehr Widerhall fanden. Möglicherweise bringen die Muslimbrüder sich so auch wieder in Erinnerung und stemmen sich ihrem Bedeutungsverlust entgegen."

Al-Minya ist die Hauptstadt des Gouvernements Al-Minya in Oberägypten, etwa 250 Kilometer südlich von Kairo. Der Großraum Al-Minya reicht mit seinen mehr als 700.000 Einwohnern bis in die Wüste hinein.

Al-Minya hat mit mehr als 40 Prozent der Einwohner einen der größten Anteile an Christen in Ägypten. Neben Kopten leben dort auch katholische und protestantische Gläubige sowie Anhänger von Freikirchen.

Mehr zum ThemaNichtgläubige dürfen über Kirchen entscheiden: Oberstes Gericht der Ukraine entrechtet Orthodoxe

Zum Schutz für Fußgänger und Radfahrer: Zürich testet Airbags für Trams

24. April 2024 um 15:39

Im März erlebte Zürich eine schwarze Woche, in der innerhalb von sieben Tagen drei Menschen bei Tramunfällen ums Leben kamen. Diese tragischen Vorfälle führten zu verstärkten Bemühungen, die Sicherheit im Schienenverkehr zu verbessern. Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) testen nun eine neue Maßnahme: Airbags an der Front der Trams.

Der französische Schienenfahrzeughersteller Alstom hat das Airbag-System über zweieinhalb Jahre entwickelt und kürzlich Tests in Zürich Altstetten durchgeführt. Die Tests waren erfolgreich, allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis die Airbags tatsächlich in den Zürcher Trams installiert und in Betrieb genommen werden können. Das Projekt begann im Dezember 2021 und soll voraussichtlich im Sommer 2024 abgeschlossen sein.

Die Zahl der Tramunfälle in Zürich ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen: Im Jahr 2023 wurden insgesamt 675 Menschen bei Tramunfällen verletzt, verglichen mit 428 Verletzten im Jahr 2020. Viele leichte Unfälle entstehen beim Ein- oder Aussteigen oder durch abruptes Bremsen, während Kollisionen mit Fußgängern und Radfahrern häufig zu schweren oder sogar tödlichen Verletzungen führen. Die Auslösung des Airbags erfolgt durch Sensoren an der Vorderseite der Fahrerkabine, sobald ein drohender Zusammenstoß erkannt wird.

Tram Airbag in Zürich 🚃 👍 pic.twitter.com/kY0P8xdUdq

— Bünyamin Altun (@Beny_ZH) April 22, 2024

Die Airbags sollen dazu beitragen, die Folgen von Kollisionen mit Fußgängern und Radfahrern zu mindern. Ein kürzlich veröffentlichtes Video auf X (ehemals Twitter) zeigt, wie eine Tram auf einen Dummy zufährt. Kurz vor dem Zusammenstoß bläst sich das Airbag-Luftkissen auf, um den Aufprall abzufedern und zu verhindern, dass der Dummy unter die Tram gerät.

Obwohl die Tests erfolgreich verliefen, gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten. Alstom hat bereits ein Patent für das Airbag-System angemeldet und arbeitet daran, die Funktionalität zu optimieren. Das Ziel ist es, schwere Unfälle im Straßenverkehr in Zürich zu reduzieren und die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu erhöhen.

Switzerland has begun testing airbags for trams.The airbags will deploy in front of people who jump onto the tracks ahead of an oncoming tram. pic.twitter.com/nknuC22sZm

— X news (@runews) April 23, 2024

Nach den schweren Tramunfällen im März forderten SVP-Gemeinderäte, die Sicherheit der Trams zu erhöhen. Die Einführung von Airbags ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung und zeigt, dass die VBZ entschlossen ist, den öffentlichen Verkehr in Zürich sicherer zu machen.

Die Idee von Airbags an der Front von Trams ist nicht neu

Seit den frühen Tagen des Automobils wurden Sicherheitsmaßnahmen diskutiert und erprobt, um Unfälle mit Fußgängern zu vermeiden oder zumindest ihre Folgen zu mindern. Bereits 1896, als der erste dokumentierte Unfall mit tödlichem Ausgang für einen Fußgänger geschah, wurde deutlich, dass mehr für die Sicherheit getan werden musste. Die Autohersteller und Ingenieure begannen damals, nach Lösungen zu suchen.

Fußgängerfänger aus den 1920er Jahren: Der Fahrer musste lediglich einen Hebel neben dem Lenkrad betätigen, um den Mechanismus auszulösen und so einen Fußgänger zu retten.

Das 1927 in Berlin vorgestellte "Fußgängersicherheitsgerät" war einer der frühen Versuche, das Risiko für Fußgänger zu minimieren. Diese Vorrichtung bestand aus einer Art Hängematte, die an der Front eines Autos angebracht war, um Fußgänger bei einem möglichen Zusammenstoß aufzufangen.

In der modernen Zeit stellen die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) die Airbags für Trams vor, um die Sicherheit im Schienenverkehr zu erhöhen. Nach einer Reihe tragischer Unfälle, bei denen mehrere Menschen ums Leben kamen, hat das Airbag-System in Zürich den Weg in die Testphase gefunden. Obwohl es noch einige Zeit dauern wird, bis diese Systeme vollständig in Betrieb genommen werden können, ist die Einführung von Airbags für Trams ein wichtiger Meilenstein.

Die Geschichte zeigt, dass der Gedanke, Menschenleben zu schützen, seit jeher ein wichtiger Antrieb für Innovationen ist. Folglich wird sich die Technologie in diesem Bereich stetig weiterentwickeln.

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US-Regierung erwägt Proklamation eines "Klimanotstands"

24. April 2024 um 15:04

Mitte April seien "Gerüchte aufgetaucht", wonach die Berater von Joe Biden die Anordnung einer Klimanotverordnung in Erwägung zögen, wurde auf Finance Yahoo am Dienstag berichtet.

Demnach sollten nach so einer Verordnung auch Rohölexporte gestoppt und Offshore-Bohrungen ausgesetzt werden. Bei einer Nachfrage von Bloomberg habe es der Sprecher des Weißen Hauses, Angelo Fernández Hernández, abgelehnt, sich zu internen Diskussionen zu äußern.

In der vergangenen Woche kritisierte Steve Forbes in einem Interview bei Fox Business die Pläne des Weißen Hauses, einen Klimanotstand zu proklamieren. Dafür werde man mit einer noch angeschlageneren Wirtschaft bezahlen. Im Interview warnte der Chefredakteur von Forbes Media davor, aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen – sie würden die Energierechnungen der Amerikaner in die Höhe treiben. Man könne schließlich sehen, wie sich das in Deutschland auf die Energiepreise ausgewirkt habe:

"Schauen Sie sich Europa an. In Deutschland sind die Stromkosten zwei- bis dreimal so hoch wie in den USA, und zwar wegen der Maßnahmen, die die Regierung Biden jetzt ergreift. Sie haben eine harte Lektion gelernt."

Deutsche Haushalte zahlten im September 2023 40 Cent (USD) pro Kilowattstunde, verglichen mit 17 Cent in den USA. Nach Daten von Statistika seien Länder, die für die Stromerzeugung fossile Brennstoffe importieren müssten, zudem viel anfälliger für Marktpreisschwankungen. Befürworter eines Klimanotstands im Weißen Haus würden die Maßnahme mit Wählergunst rechtfertigen, hieß es auf Finance Yahoo. Bei  "klimabewussten Wählern" käme ein Klimanotstand gut an – insbesondere bei jüngeren Amerikanern.

Die Geschäftsführerin der Sunrise-Bewegung, Aru Shiney-Ajay, erklärte gegenüber Bloomberg: "Wenn Biden die Stimmen der Jugend gewinnen will, muss er energische Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen." Forbes bezweifelte den Erfolg einer Klimanotstandserklärung bei den Wählern.

"Ich denke, dass die jungen Leute es durchschauen werden … [es gibt] eine Menge Geschwätz, das ihnen am Ende schaden wird."

Dabei wies er auch auf "Widersprüche" in Washingtons Klimadirektiven hin. So habe die US-Regierung in der vergangenen Woche die erneute Genehmigung des Ambler Access Project (AAP) in Alaska abgelehnt. Damit sei dort die Erschließung von Kupfer und anderen Mineralien verhindert worden, die man für die US-Wirtschaft dringend benötige. Forbes stellte die Widersprüche dieser Politik klar: "Wenn man es mit E-Fahrzeugen ernst meint, benötigt man mehr Kupfer. Wenn man es mit Hightech ernst meint, benötigt man mehr Kupfer für die Elektrizität. Die ganze Sache ist also voller Widersprüche", sagte Forbes. "Am Ende schadet es und schafft Unsicherheit – und man bekommt keine langfristigen Investitionen, die der einzige Weg sind, um die Wirtschaft wirklich anzukurbeln."

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Beispielloser Angriff auf Akkon: Hisbollah greift Ziele tief in Israel an

24. April 2024 um 14:20

Die libanesische Bewegung Hisbollah feuerte am Dienstag mehrere Drohnen auf israelische Militärstützpunkte in der Nähe von Haifa ab. Es waren die schwersten Angriffe im Inneren Israels seit Ausbruch des Gaza-Kriegs im Oktober.

In einer vom Sender Al-Manar verbreiteten Erklärung teilte die Hisbollah mit, sie habe einen Angriff mit einem Schwarm von Täuschkörpern und Kampfdrohnen auf das Hauptquartier der Golani-Brigade und die in der Shraga-Kaserne im Norden der israelischen Stadt Akkon stationierte Eliteeinheit Egoz 621 ausgeführt.

Das israelische Militär erklärte in einem Beitrag auf X, dass seine Luftabwehr zwei "mutmaßliche Luftziele" über dem Meer im Norden des Landes abgeschossen habe. ‎In den Videos, die derzeit auf X verbreitet werden, ist zu sehen, wie Israelis vom Strand in Akkon fliehen, nachdem die israelische Luftverteidigung eine Drohne im Norden des Landes abgefangen haben soll.

لحظة هروب إسرائيليين من شاطئ #عكا بعد اعتراض الدفاعات الجوية الإسرائيلية طائرة مسيرة فوق "نهاريا" شمال البلاد#العربية pic.twitter.com/z2JdZq3neH

— العربية (@AlArabiya) April 23, 2024

🇮🇱🇱🇧Hezbollah again attacked Israeli cities with dronesHezbollah has seemingly expanded its range of operations from 10km to 30km inside Israeli territory, after it targeted the cities of Acre / Nahariyya and Safed within the past 48 hours pic.twitter.com/ADf8O15GOR

— Megatron (@Megatron_ron) April 23, 2024

Der Angriff auf Akkon erfolgte Stunden nach einem israelischen Drohnenangriff auf ein Fahrzeug in der Nähe der südlibanesischen Stadt Adloun, bei dem nach Angaben des israelischen Militärs zwei Hisbollah-Mitglieder getötet wurden. Wie die israelischen Streitkräfte in einem Beitrag auf X bekannt gaben, handelt es sich bei den Toten um Hussein Ali Azkoul, der für die Luftabwehrkräfte der Hisbollah tätig war, und Sajed Sarafand, ein Mitglied der Elitetruppe Radwan.

Die täglichen grenzüberschreitenden Kämpfe zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär dauern an, seit der Krieg im Gazastreifen im Oktober ausgebrochen ist. Die von Iran unterstützte Hisbollah erklärte mehrfach, ihre Operationen dienten der Unterstützung des palästinensischen Volkes und seiner Sache. Irans Verbündete haben einen Mehrfrontenkrieg gegen Israel gestartet, der bisher unterhalb der Schwelle eines offenen Kriegs läuft.

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Putin: Radikale und Geheimdienste einiger Länder stehen hinter Terrorangriffen weltweit

24. April 2024 um 14:19

Russlands Präsident Wladimir Putin hält Terrorismus nach wie vor für eine der größten Bedrohungen des 21. Jahrhunderts. Diese Ansicht hat das Staatsoberhaupt am Mittwoch in einer Videobotschaft an Teilnehmer des 12. Internationalen Gipfels hoher Vertreter für Sicherheitsfragen geäußert.

Dem Präsidenten zufolge stünden nicht nur Radikale, sondern auch Geheimdienste einiger Länder hinter Terrorangriffen in verschiedenen Regionen weltweit. Terroristen zielten darauf ab, Verfassungsgrundlagen zu untergraben und souveräne Staaten zu destabilisieren sowie ethnischen oder religiösen Hass anzustacheln.

Terroristen würden in ihren Methoden immer geschickter und barbarischer, was der jüngste Angriff bei Moskau gezeigt habe, so Putin weiter. Russland ermittle weiterhin alle Einzelheiten des Verbrechens. Keiner der Täter, einschließlich Auftraggeber, Organisatoren und Sponsoren, könne sich einer gerechten Strafe entziehen.

Am 22. März hatten Bewaffnete die Konzerthalle Crocus City Hall in der Stadt Krasnogorsk nahe Moskau gestürmt. Die Terroristen schossen auf Menschen und setzten anschließend das Gebäude in Brand. Bisher wurden 144 Tote identifiziert, darunter fünf Minderjährige. Insgesamt wurden 551 Menschen verletzt oder getötet.

Kurz nach dem Angriff betonte Putin, dass das Verbrechen "von radikalen Islamisten" verübt worden sei. Der Präsident räumte jedoch ein, dass "diese Gräueltat eine in einer ganzen Reihe von Versuchen derjenigen sein könnte, die Russland seit 2014 mit den Händen des neonazistischen Kiewer Regimes bekämpfen".

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Bundesregierung erhöht Rentenzahlung – realistisch zwischen 30 und 50 Euro

24. April 2024 um 14:15

Nach der letzten Rentenanpassung im vergangenen Jahr wird die Rentenerhöhung erstmals in Ost und West gleich ausfallen. Bezugnehmend auf die "deutlich höheren Bezüge", so das Online-Portal T-Online in einer "Eilmeldung", war die Rentenerhöhung in den vergangenen zwei Jahren eindeutig hinter der Inflation zurückgeblieben. Davor hatte es "im Westen eine Nullrunde gegeben und im Osten nur eine minimale Erhöhung". Die WirtschaftsWoche geht davon aus, dass die Rentnerinnen und Rentner in den kommenden Jahren "wohl mit geringen Erhöhungen auskommen" müssten. Die Bundesregierung beschloss die jüngste Regelung am Mittwoch in Berlin.

Der T-Online-Artikel mutmaßt bei der Darstellung der nüchternen Zahlen zur Rentenerhöhung 2024, dass "sich die 21,3 Millionen Rentner in Deutschland wieder über eine Erhöhung ihrer Bezüge freuen" könnten. Demnach sei die bundesweite Anpassung "mehr als zunächst erwartet", da die Bundesregierung in "ihrem Rentenversicherungsbericht noch eine Rentenerhöhung von 3,5 Prozent" prognostiziert hatte. 

Der Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, erläuterte gegenüber der Rheinischen Post:

"Auch mit diesem Anstieg liegt die Kaufkraft der Renten Ende 2024 noch immer niedriger als 2019, also vor Pandemie und Energiepreisschock."

Die aktuelle Rentenerhöhung dürfte damit "die Konsumnachfrage in Deutschland stützen und damit zur Konjunkturerholung in der zweiten Jahreshälfte beitragen", so der Ökonom darlegend. Die Hauptgründe der Steigerung fänden sich laut WirtschaftsWoche in einem "stabilen Arbeitsmarkt in Deutschland und guten Lohnabschlüssen". Für die Rentenanpassung spielten Lohnsteigerungen von 4,72 Prozent eine entscheidende Rolle. 

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) teilte in einer Pressemitteilung im März dieses Jahres mit:

"Die Rentenanpassung fällt in diesem Jahr erstmalig in ganz Deutschland gleich aus und liegt deutlich über der Inflationsrate. 34 Jahre nach der Deutschen Einheit ist das ein Meilenstein für unser Land. Arbeit ist in Ost und West mit Blick auf die Rente gleich viel wert!

Damit die Rente auch zukünftig für alle verlässlich bleibt, die heute arbeiten und fleißig sind, stabilisieren wir mit dem Rentenpaket II die gesetzliche Rente dauerhaft und entlasten gleichzeitig mit dem Generationenkapital die zukünftigen Beitragszahler…

… Damit stellen wir sicher, dass auch die junge Generation zukünftig vom Wachstum profitiert und nicht im Vergleich zur arbeitenden Bevölkerung ärmer wird. Stabile Renten sind kein Luxus, sondern seit Jahrzehnten Grundlage unserer sozialen Marktwirtschaft und Garant für Stabilität und sozialen Frieden."

Der T-Online-Artikel listet Berechnungen für unterschiedliche Rentenhöhen, unter Berücksichtigung der beschlossenen Erhöhung von 4,57 Prozent:

  • Rente: 700 Euro – Rente ab Juli 2024: 731,99 Euro (+31,99 Euro)
  • Rente: 800 Euro – 836,56 Euro (+36,56 Euro)
  • Rente: 900 Euro – 941,13 Euro (+41,13 Euro)
  • Rente: 1.000 Euro – 1.045,70 Euro (+45,70 Euro)
  • Rente: 1.100 Euro – 1.150,27 Euro (+50,27 Euro)
  • Rente: 1.200 Euro – 1.254,84 Euro (+54,84 Euro)

Bei einer derzeitigen Bruttorente von 1.300 Euro bis 2.000 Euro steigt die Rente ab Juli 2024 um 59,41 Euro bis 91,40 Euro. Die Höhe der Rentenanpassung wird in der Regel von der Bundesregierung in einer Verordnung festgelegt und bedarf der Zustimmung des Bundesrates.

Die Bundesregierung definiert Altersarmut ab einem Jahreseinkommen "von unter 13.628 Euro, also 1.135 Euro Rente monatlich". Zum Stichtag am 1. Juli 2021, der letzten Erhebung, mussten rund 18 Prozent der knapp 20 Millionen Rentenbezieher mit weniger als 1.135 Euro im Monat auskommen. Im selben Jahr informierte die Bundesregierung offiziell darüber, "dass mehr als 22 Prozent der über 80-Jährigen in Deutschland von Armut betroffen sind". Bei Frauen läge der Anteil laut Statistik noch höher.

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Versprechen gebrochen: Paris verdoppelt während Olympia Preise für Bus und Metro

24. April 2024 um 13:17

In der Zeit zwischen dem 20. Juli und dem 8. September 2024, also genau in der Zeit der Olympischen und Paralympischen Sommerspiele, werden Paris-Besucher für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Metro, Tram, Bus und RER-Bahn) deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen. Der für den Nahverkehr zuständige Trägerverband verdoppelt in dieser Zeit die Preise für fast alle Fahrscheinarten. Nur Monats- und Jahreskarten sind von der außergewöhnlichen Preissteigerung nicht betroffen. 

Kostet der Einzelfahrschein, mit dem entweder das gesamte Metronetz oder Busse und Straßenbahnen genutzt werden können (Umsteigen zwischen den letztgenannten zwei Verkehrsmitteln ist frei), aktuell 2,00 €, so werden ab dem 20. Juli 4,00 € für die Einzelfahrt erhoben. Das Sammelheft mit 10 Einzelfahrten (Carnet) kostet aktuell 17,30 €, während der Olympiade werden es 32,00 € sein. Die günstigen Tageskarten mit unbeschränkter Anzahl von Fahrten entfallen ganz, stattdessen gibt es ab dem 20. Juli einen Spezialpass "Paris 2024", dessen Preis sich zwischen 16,00 € für einen Tag und 70,00 € für sieben Tage bewegt. Auch das entspricht fast einer Verdoppelung des Tarifs: Die bisherige Tageskarte für zwei innere Tarifzonen, die nahezu alle für Touristen und Olympiabesucher relevante Stätten abdecken, ist derzeit noch für 8,45 € zu haben. 

Begründet wird die Verdoppelung der Tarife mit den Einbußen, die der Verkehrsbetrieb RATP und andere Verkehrsunternehmen der Region während der Corona-"Pandemie" hinnehmen mussten, sowie mit den Mehrkosten des Betriebs während der Spiele. Dabei hatten die Stadt und die Region Île-de-France in ihrer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Sommerspiele im Jahr 2017 kostenlosen Nahverkehr während der Olympiade versprochen. Davon ist längst keine Rede mehr, stattdessen gibt es nun die Verdoppelung des Einzelpreises, die eindeutig auf Olympiagäste und Touristen abzielt. 

Nahverkehrsexperten haben zudem Bedenken, ob das Nahverkehrssystem den Mehrbelastungen während der Olympischen Spiele überhaupt gewachsen ist. Zwar wird die Verlängerung der fahrerlos betriebenen Metrolinie 14 zum Olympiastadion "Stade de France" im Vorort St. Denis voraussichtlich doch noch rechtzeitig vor den Spielen eingeweiht werden können, ebenso deren südliche Verlängerung zum Flughafen Orly. Dafür häufen sich die Probleme aber auf vielen anderen Metrolinien, darunter auf der Linie 13, die ebenfalls nach St. Denis fährt.

Es fehlen Fahrer und technisches Personal für die Unterhaltung der in die Jahre gekommenen Züge. Während der "Pandemie" wurde angesichts der eingebrochenen Fahrgastzahlen kaum neues Personal ausgebildet, sodass die RATP jetzt einen Spurt in der Anwerbung und Ausbildung neuer Angestellter hinlegen muss. Kaum zu schaffen, meinen Nahverkehrsexperten. Folge: Fahrten fallen aus, die Intervalle zwischen zwei Zügen sind gedehnt, die noch fahrenden Züge sind brechend voll, Pannen häufen sich.

Zum Glück interessiert das alles Russen nicht, sind sie doch nach der unmissverständlichen Ansage der Pariser Oberbürgermeisterin nicht willkommen und werden – wenn überhaupt – nur in geringen Zahlen anreisen. Alle anderen können gespannt sein, wie Frankreich das sich abzeichnende Chaos – nicht nur im Nahverkehr – zu meistern gedenkt. 

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Lettland verbietet Russisch als zweite Fremdsprache in Schulen

24. April 2024 um 13:15

Seit Kriegsbeginn zwischen Russland und der Ukraine setzt Lettlands Regierung die Verschärfung ihrer Politik gegenüber der russischen Sprache fort. Ab dem 1. September 2025 werden lettische Schüler Russisch nicht mehr als zweite Fremdsprache lernen können, hat die Regierung am Dienstag beschlossen.

Die neuen Vorschriften sehen eine schrittweise Abschaffung der russischen Sprache vor. Nur EU-Sprachen sowie die Sprachen der Staaten der Eurozone werden zur Auswahl stehen. Jene Schüler, die Russisch als zweite Fremdsprache bereits gewählt haben, können sie bis zum Schulabschluss weiter lernen.

Derzeit wird Englisch als erste Fremdsprache in allen lettischen Schulen unterrichtet, eine zweite können Schüler erst nach Abschluss der Grundschule lernen. Nach Angaben des Nachrichtenportals Delfi wird Russisch derzeit in fast der Hälfte aller lettischen Schulen als zweite Fremdsprache unterrichtet. Die Behörden versuchten, Französisch und Deutsch zu fördern, in der Praxis allerdings lernten die Schüler am häufigsten Russisch, da es keine Beschränkungen für die Auswahl einer zweiten Fremdsprache gebe, berichtet die Nachrichtenplattform RBK.

Außerdem gebe es in den Schulen nicht genügend Lehrer für andere Sprachen. In der Übergangszeit plane die Regierung, das Problem des Lehrermangels zu lösen. Deswegen werde Russisch schrittweise durch Deutsch, Französisch, Spanisch und weitere Sprachen ersetzt, heißt es.

Russisch als zweite Fremdsprache in den Schulen sei nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine "für einen großen Teil der lettischen Gesellschaft nicht akzeptabel", erklärte Anda Čakša, die lettische Ministerin für Bildung und Wissenschaft, auf einer Kabinettssitzung am Dienstag. "Daher ist es selbstverständlich, dass wir einen Weg für die Entwicklung der nationalen Bildung auf der Grundlage des europäischen Kulturraums und der europäischen Werte beschreiten", so Čakša.

Im September vergangenen Jahres hatte Lettlands Parlament ein neues nationales Sicherheitskonzept gebilligt. Ab dem 1. Januar 2026 dürfen lettische öffentlich-rechtliche Medien keine Sendungen in russischer Sprache ausstrahlen.

Maria Sacharowa, die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums, bezeichnete die Politik der lettischen Regierung bezüglich der russischen Sprache als "chauvinistischen Nationalismus". Die Behörden des Landes "haben auf legislativer Ebene die Bedrohung der nationalen Sicherheit mit der Tatsache gleichgesetzt, dass die Menschen im Lande weiterhin auf Russisch sprechen, denken und Nachrichten lesen", so Sacharowa.

Russisch ist nach Lettisch die am häufigsten gesprochene Sprache des Landes. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der russischsprachigen Bevölkerung in Lettland mit rund 445.600 Personen bei 23,6 Prozent, von denen mehr als 298.000 die lettische Staatsbürgerschaft besaßen. Im Besitz der russischen Staatsangehörigkeit waren 37.900 Menschen.

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Krah-Mitarbeiter sitzt in Untersuchungshaft – AfD-Politiker lehnt Rücktritt wegen Spionage-Affäre ab

24. April 2024 um 11:56

Am 9. Juni können interessierte Bürger ihre Stimmen bei der nahenden Europawahl abgeben. Wenige Wochen vor dem Termin erfährt der AfD-Spitzenkandidat für Brüssel, Maximilian Krah, von einer geheimdienstlichen Maßnahme gegen seinen am Wochenbeginn festgenommenen und in der Nacht zu Mittwoch inhaftierten Assistenten Jian G. Der Vorwurf gegen den Mitarbeiter lautet "geheimdienstliche Agententätigkeit für China". Krah sieht sich nun seitens der Politik und Medien aufgefordert, persönliche Konsequenzen aus dem Ereignis zu ziehen, die er jedoch ablehnt. Krah bezeichnete die Anschuldigungen gegen seinen Assistenten als "schwerwiegend".

Ein Artikel der Wochenzeitung Zeit informierte am 23. April über die Ereignisse im Umfeld des AfD-Politikers. So heißt es einleitend in dem Beitrag.

"Der Generalbundesanwalt hat nach Zeit-Recherchen einen Assistenten des AfD-Politikers Maximilian Krah festnehmen lassen. Dieser wird der Spionage für China verdächtigt."

Am Abend zuvor konfrontierte im ARD die Talk-Moderatorin Caren Miosga den AfD-Parteivorsitzenden Tino Chrupalla mit Vorwürfen zu dem Parteikollegen Krah, der aufgrund der Mitführung von 3.000 Euro bei einer Reise in die USA im vergangenen Dezember seitens des FBI zu mehreren Punkten befragt wurde. Deutsche Medien berichteten zu diesem Vorfall im Rahmen ausgehender "gemeinsamer Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung.

Krah ist EU-Mitglied in den "Ausschüssen für internationalen Handel", zudem Beisitzer in den "Unterausschüssen für Menschenrechte sowie Sicherheit und Verteidigung". Außerdem Teilnehmer "der Delegation für Beziehungen zu den USA". Im Falle der jüngsten Ereignisse hinsichtlich seines Brüsseler Assistenten wird Krah von den Medien mit der Feststellung zitiert:

"Mir wird ja kein Fehlverhalten vorgeworfen. Das heißt, wir müssen aufklären, was tatsächlich wahr ist. Ich werde jetzt nicht für das vermeintliche Fehlverhalten meines Mitarbeiters in Sack und Asche gehen."

Der diesbezügliche Politico-Artikel trägt die Überschrift: "Der tiefe Fall des Maximilian Krah". Am Montag wurde Jian G. in Dresden festgenommen. Nach vorläufigen Ermittlungen wird dem ehemaligen Studienkollegen von Krah vorgeworfen, "Informationen über Verhandlungen im EU-Parlament weitergegeben und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht zu haben". Das EU-Parlament hatte G. daraufhin umgehend von allen Tätigkeiten suspendiert und die Zugangsrechte für Räumlichkeiten aufgehoben.

Der Zeit-Artikel von Dienstag informierte darüber, dass der inhaftierte Krah-Assistent "mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt". Dieser Hinweis beruht auf der Tatsache, dass die Personalie Jian G. deutsche Medien sehr wohl schon länger beschäftigt. So fasste bereits ein T-Online-Artikel aus dem Oktober des Vorjahres zur Biografie des Krah-Assistenten zusammen:

"Über Krahs Assistenten Jian G. sind nicht viele persönliche Details in Erfahrung zu bringen. Einen ausführlichen Fragenkatalog von t-online wollte er nicht beantworten. Er sei keine Person des öffentlichen Lebens. Seine Aktivitäten machen es aber notwendig, seinen Werdegang nachzuvollziehen.

G. ist 42 Jahre alt und studierte zur selben Zeit wie Krah an der TU Dresden. Bis mindestens 2011 war er chinesischer Staatsbürger, bevor er die deutsche Staatsangehörigkeit annahm. Über viele Jahre war er ansässig in Krahs Heimatstadt. Dort war G. nach seinem Studium Import-Export-Unternehmer für Produkte aus China, während Krah dort eine Anwaltskanzlei und Unternehmensberatung betrieb."

Krah wurden bereits zu diesem Zeitpunkt zu viel Nähe und persönliche Interessen in das asiatische Riesenreich vorgeworfen. Der T-Online-Artikel trägt die Überschrift:

"Geld und Geheimdienste – Das China-Gate des AfD-Spitzenkandidaten"

Ein Artikelthema war unter anderem ein EU-chinesisches Lobby-Netzwerk in Brüssel und Krah als dessen federführender beteiligter deutscher Akteur mit regelmäßigen Reisen nach China. Im Rahmen aktueller medialer Wahlkampfauftritte erläuterte Krah gegenüber dem Podcaster Tilo Jung genauere Umstände und Motivationen. Krahs Gastauftritt in einer Sendung von sechseinhalb Stunden Dauer wurde in den sozialen Medien mehrheitlich als "medialer Erfolg" für den AfD-Politiker bewertet:

Maximilian Krah (AfD) zu seinen ganz besonderen Verbindungen zum chinesischen Regime pic.twitter.com/ASU6Rc1Yfl

— Tilo Jung (@TiloJung) April 23, 2024

Erste Reaktionen aus dem politischen Berlin forderten in aggressiverem Tonfall zur Causa Jian G. persönliche und damit berufliche Reaktionen seitens Maximilian Krah. Bundesinnenministerin Nancy Faeser kommentierte am Dienstag feststellend:

"Die Vorwürfe der Spionage für China sind sehr schwerwiegend. Und sollte sich bewahrheiten, dass aus dem Europäischen Parlament heraus diese Spionage stattgefunden hat, dann wäre das ein Angriff auf die innere Verfasstheit der Demokratie in Europa. Wer einen solchen Mitarbeiter beschäftigt, trägt dafür Verantwortung."

Der stellvertretende Linken-Geschäftsführer Ates Gürpinar erkannte erweiterte Zusammenhänge, dies jedoch bezogen auf die Person des AfD-Politikers.

"Die Tatsache, dass der AfD-Politiker Maximilian Krah auf der chinesischen Plattform TikTok eine große Reichweite genießt, während gleichzeitig sein eigener Mitarbeiter unter Spionageverdacht im Auftrag der Volksrepublik steht, lässt ernsthafte Fragen aufkommen."

Die Grünen-Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, behauptet:

"Es gibt immer mehr Vorwürfe, dass enge Verbindungen zwischen der AfD und Russland oder China bestehen. Damit ist die AfD ein Sicherheitsrisiko für dieses Land. Damit ist die AfD ein Sicherheitsrisiko für unsere Demokratie. Damit schadet sie am Ende auch den vielen Menschen in diesem Land, die auf Sicherheit, gute wirtschaftliche Entwicklung und eine stabile Demokratie angewiesen sind."

Die FDP-EU-Spitzenkandidatin Strack-Zimmermann teilte auf X mit:

"Die AfD, eine Gefahr für Deutschland. Das sind wirklich schöne 'Patrioten', die Deutschland an China und Russland verkaufen."

Der Zeit-Artikel vom 23. April erwähnte, dass die Festnahme von Jian G. "auf einen Hinweis des Bundesamtes für Verfassungsschutz zurückgeht". Warum die Festnahme mehr als medienwirksam nun wenige Wochen vor der EU-Wahl stattfand und nicht schon im Vorjahr, bei allen bekannten Details zu dem Inhaftierten, werden die Ermittlungen und Berichterstattungen der kommen Tage beleuchten. Der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz kommentierte laut RBB:

"Ich gehe davon aus, dass die Wählerinnen und Wähler ihre Konsequenzen ziehen."

Am 24. April teilte die AfD-Parteispitze mit, dass Krah vorerst EU-Spitzenkandidat bleibt, jedoch im Wahlkampf weniger Auftritte absolvieren wird. Der attackierte Politiker reagierte vor Journalisten mit der Feststellung:

"Wenn Sie jetzt aber glauben, das sei das Ende meiner Spitzenkandidatur, dann muss ich Sie enttäuschen. Ich bin und bleibe Spitzenkandidat."

Seinem Mitarbeiter werde er noch am Mittwoch kündigen, so Krah mitteilend.

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Russland: Vize-Verteidigungsminister Iwanow muss für zwei Monate in U-Haft

24. April 2024 um 11:22

Timur Iwanow, stellvertretender Verteidigungsminister Russlands, ist für zwei Monate bis zum 23. Juni in Untersuchungshaft genommen worden, teilte das Moskauer Bezirksgericht Basmanny mit. 

Er wird verdächtigt, Bestechungsgelder in besonders großem Umfang angenommen zu haben. Die Ermittlungen gehen von einer Bestechungssumme von mindestens einer Million Rubel (rund 10.000 Euro) aus. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Nähere Angaben zu dem Fall machte das Ermittlungskomitee nicht. "Es werden entsprechende Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt", sagte die offizielle Vertreterin der Behörde.

Iwanow habe sich nicht schuldig bekannt, meldete die Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf die Strafverfolgungsbehörden. Der Beamte hatte den Bau und größere Reparaturen von Einrichtungen des Verteidigungsministeriums beaufsichtigt.

Der Beamte war in der Nacht auf Mittwoch von FSB-Beamten festgenommen worden. Verteidigungsminister Sergei Schoigu sei darüber informiert worden, berichten russische Medien. Iwanow war seit 2016 sein Stellvertreter. Noch am Dienstag hatte Iwanow an einer Sitzung des Verteidigungsministeriums teilgenommen, bei der auch Schoigu anwesend war.

Auch Präsident Wladimir Putin sei über die Festnahme informiert worden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstagabend. Weder er noch das russische Verteidigungsministerium äußerten sich zu dem Vorfall.

Neben dem Vizeminister wurde eine weitere in die Affäre verwickelte Person festgenommen. Sergei Borodin muss für zwei Monate in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass er als Freund von Iwanow eine kriminelle Verschwörung mit Dritten eingegangen sei, um Aufträge für Immobiliendienstleistungen für das Verteidigungsministerium zu erhalten, teilte das Gericht mit.

Iwanow wurde 2019 von Forbes in die Liste der reichsten Sicherheitsbeamten des Landes aufgenommen. Er unterliegt seit März 2022 US-Sanktionen und seit Oktober 2022 EU-Sanktionen.  

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Waffen für Ukraine, Israel und Taiwan: US-Kongress billigt Hilfspaket

24. April 2024 um 10:52

Auch der US-Senat genehmigte das große Hilfspaket für die Ukraine. Das Gesetz, das auch Gelder für Israel und Taiwan umfasst, erhielt am Dienstagabend breite Unterstützung: 79 Ja- zu 18 Nein-Stimmen. Vor wenigen Tagen hatte nach langer Verzögerung bereits die andere US-Kongresskammer, das Repräsentantenhaus, die Auslandshilfen verabschiedet.
Der Gesetzentwurf, der Hilfen im Umfang von rund 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für Kiew vorsieht, muss noch von US-Präsident Joe Biden unterschrieben werden, was allerdings als Formalie gilt.

Biden kündigte die ersten neuen Waffenlieferungen an die Ukraine noch in dieser Woche an. Laut New York Times geht es dabei auch um Bestände der US-Armee, die bereits in Deutschland lagern und in kürzester Zeit per Zug in die Ukraine gebracht werden können. Pat Ryder, Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, hatte bereits vor der Senatsabstimmung angekündigt, dass zunächst vor allem Flugabwehrsysteme und Artillerie-Munition geliefert werden sollen.

Mit der Verabschiedung des Gesetzespakets, das auch Milliardenhilfen für Israel und Taiwan enthält, habe der US-Kongress die Macht der US-amerikanischen Führung in der Welt demonstriert, behauptete Biden. "Wir treten entschlossen für Demokratie und Freiheit und gegen Tyrannei und Unterdrückung ein", so nach seiner Darstellung. Es bestehe dringender Unterstützungsbedarf: Für die Ukraine, die einem Angriff aus Russland ausgesetzt sei, und für Israel, das sich in jüngster Vergangenheit beispiellosen Angriffen aus Iran ausgesetzt gesehen habe. 

Das vom US-Senat gebilligte Gesetzespaket umfasst neue Unterstützung für Israel im Umfang von 26 Milliarden US-Dollar. Auch hier geht es unter anderem um Flugabwehrsysteme und weitere Militärhilfe. Außerdem sind rund acht Milliarden US-Dollar an Unterstützung für Taiwan und andere Partnerländer der USA im Indopazifik enthalten, um ein "militärisches Gegengewicht" zu China zu installieren. Die Ukraine, Israel und Taiwan bekommen insgesamt Hilfen in Höhe von 95 Milliarden US-Dollar. 

Der nun vom Senat verabschiedete Gesetzentwurf richtet sich auch gegen das Onlinenetzwerk TikTok. Vorgesehen ist, dass die Plattform vom chinesischen Mutterkonzern ByteDance losgelöst wird – andernfalls soll sie vom US-Markt ausgeschlossen werden.

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Zerstörung des Fernsehturms in Charkow macht Ukraine eine Reihe von Problemen

24. April 2024 um 10:26

Von Anastassija Kulikowa

Der Fernsehturm in Charkow wurde infolge eines russischen Raketenangriffs zerstört. Wie der Koordinator des (prorussischen) Untergrunds von Nikolajew Sergei Lebedew am Montag sagte, befand sich in der Anlage eine Kommunikationsantenne des ukrainischen Luftabwehrsystems; nach dem Raketeneinschlag funktionierten die ukrainischen Luftabwehrsysteme in geringem Abstand zueinander ohne Kommunikation.

Eine weitere Folge des Zerstörens des Fernsehturms war der Verlust des digital-terrestrischen Rundfunks sowohl in Charkow als auch in den benachbarten Siedlungen. Wie der Leiter der Regionalverwaltung in Charkow Oleg Sinegubow mitteilte, sind Kabel-TV, Radio und Mobilfunk in Betrieb.

Der Charkower Fernsehturm war der fünfthöchste Fernsehturm in der UdSSR und mit seinen 240,7 Metern das höchste Bauwerk in Charkow. Der gesamte Fernsehzentrumskomplex war am 12. Dezember 1981 in Betrieb genommen worden. Dabei wurden erstmals in der heimischen Praxis die Strukturen des Zubringers und des Aufzugsschachts des Fernsehturms mithilfe des Mi-10K-Frachthubschraubers montiert, beginnend bei der 158-Meter-Marke.

Den Experten zufolge könnte der Angriff von X-59-Raketen durchgeführt worden sein. Die Autoren des Branchen-Telegram-Kanals "Sicht eines Mannes in der Offiziershose mit den Galonstreifen" weisen darauf hin, dass "mit hoher Wahrscheinlichkeit die Steuerung durch den Navigator des Flugzeugträgers über einen Fernsehkanal durchgeführt wurde" und dass mehr als ein Typ Munition abgeschossen wurde. Dabei sei "das Entscheidende an einem solchen Schlag seine höchste Treffergenauigkeit".

Die Analysten machen auch darauf aufmerksam, dass ein solcher Turm neben der zivilen Nutzung auch viele Einrichtungen mit dualer oder rein militärischer Verwendung beherbergt. "Kommunikationssysteme aller Art, Verstärker, Videokameras, usw. All dies ist in einem Kampfumfeld äußerst nützlich, sogar bei der derzeitigen Vielzahl von Drohnen. Jetzt ist das alles zerstört. Es ist unmöglich, den Turm wiederherzustellen. Zumindest bis zum Ende der Kampfhandlungen", meinen die Autoren des Kanals.

"Angriffe auf Kommunikationszentren sind das Allererste, was zur Vorbereitung einer Offensive unternommen wird. Dies ist ein offensichtlicher und nicht der erste Hinweis darauf, dass dies in Richtung Charkow geschehen könnte", so die Analysten.

Auch der Militärexperte Alexei Leonkow meint, dass der Turm zur Platzierung militärischer Ausrüstung diene. "Die Nutzung von Hochhäusern und die Platzierung von z. B. Beobachtungsradaren ist durchaus sinnvoll: Je höher sie installiert sind, desto besser ist die Sicht. Die ukrainischen Streitkräfte trafen solche Maßnahmen aufgrund des Mangels an Langstreckenbeobachtungsradaren für Luftabwehrsysteme wie S-300 oder Patriot. Unsere Drohnen und Flugzeuge fliegen auf sie zu, sie wollen weiter sehen und nutzen alle diese Einrichtungen", erklärte er.

Er fügte hinzu, dass der Turm selbst aufgrund seiner besonderen Konstruktion schwer zu treffen sei. Aus diesem Grund versuchen die ukrainischen Streitkräfte, militärische Ausrüstung auf solchen Konstruktionen zu platzieren, die äußerlich wie gewöhnliche Zivilinfrastruktur aussehen, in Wirklichkeit aber eine Doppelfunktion erfüllen.

"Wir entdeckten, dass eine zivile Einrichtung für militärische Zwecke genutzt wurde – und zerstörten sie millimetergenau. Russland warnte, dass jede zivile Infrastruktur, die für militärische Zwecke genutzt würde, unser legitimes Ziel sei. Während unserer Befreiung von Artjomowsk, Awdejewka und Mariupol installierten die ukrainischen Streitkräfte Überwachungs- und Feuerkorrektursysteme an Häusern und in allen Stockwerken. Und auch diese wurden von uns mithilfe radiotechnischer Aufklärungsstationen entdeckt und zerstört", betonte der Sprecher. Gleichzeitig wies der Militärkorrespondent Alexander Koz darauf hin, dass der zerstörte Fernsehturm in Charkow nicht nur Fernsehsignale und Mobilfunkverbindungen verbreitete, sondern auch als Mast für verschiedene militärische Ausrüstungen diente: Geräte für die radioelektronische Unterdrückung, radiotechnische Aufklärungsgeräte, Verstärker und andere.

"Nicht jeder Profi wird in der Lage sein, ein solches, wenn auch stationäres, aber sehr schmales Objekt mit einer Rakete genau zu treffen", fügte er in seinem Telegram-Kanal hinzu.

Der Militäranalyst Michail Onufrijenko bezeichnete den Angriff als "einzigartigen Fall". Seiner Meinung nach werden die ukrainischen Streitkräfte nun vor erheblichen Problemen bei der Kommunikation zwischen den Einheiten stehen. "Außerdem ist das gegnerische Luftabwehrsystem in dieser Richtung stark geschwächt", fügt der Sprecher hinzu.

"Hier geht es sowohl um die Luftverteidigung an der Front als auch um die Luftverteidigung in praktisch allen Gebieten des Landes. Die einzige Ausnahme wäre Kiew. Aber auch in der ukrainischen Hauptstadtregion schlagen unsere Soldaten recht erfolgreich zu", betonte der Experte.

Das korrespondierende Mitglied der Akademie der Militärwissenschaften Alexander Bartosch ist überzeugt, dass die Zerstörung des Fernsehturms auch mit der Bedrohung der Region Belgorod durch die ukrainischen Streitkräfte zusammenhängt. "Dieser Turm könnte Drohnen-Zielsysteme für Angriffe auf unsere Städte sowie militärische Kommunikationssysteme beherbergt haben", erklärte er.

"Und hier sollten wir unserem Militär Anerkennung zollen, dem es gelungen ist, ein wichtiges strategisches Ziel trotz des feindlichen Widerstands zu treffen", betonte der Sprecher. Jetzt müsse man damit rechnen, dass die ukrainischen Streitkräfte mit einer Reihe von Schwierigkeiten konfrontiert würden, meinte Bartosch.

"Erstens wird die Stabilität des Verwaltungssystems in der Region gestört. Zweitens wird viele wichtige Kommunikationskanäle unterbrochen. Drittens wird das Ziel- und Navigationssystem für die Drohnen der ukrainischen Streitkräfte eingeschränkt sein. Viertens wird das gegnerische Luftabwehrsystem erheblich geschwächt – die Übermittlung von Daten über die Flüge unserer Flugzeuge und die Flugbahnen von Raketen wird schlichtweg unmöglich", zählte der Sprecher auf. Zusammenfassend betonte Bartosch, dass dadurch unter anderem die russischen Regionen gesichert würden.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 23. April 2024 zuerst in der Zeitung Wsgljad erschienen.

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Ukrainische Konsulate: Für Männer im wehrfähigen Alter gibt es nur noch Dokumente für die Heimreise

24. April 2024 um 09:02

Das ukrainische Außenministerium hat einem Medienbericht zufolge angeordnet, Männern zwischen 18 und 60 Jahren im Ausland keine konsularischen Dienstleistungen mehr anzubieten. Der erste stellvertretende Außenminister Andrei Sibiga beruft sich auf das Kriegsrecht. Mit dem Verbot solle verhindert werden, dass sich ukrainische Bürger "der Pflicht entziehen, die Frage der militärischen Registrierung zu klären".

Demnach dürfen Männer ihre Pässe künftig nicht mehr im Ausland verlängern oder neu ausstellen lassen. Dazu müssen sie nach Hause zurückkehren. Im Ausland können sie nur noch Dokumente für die Heimreise erhalten. 

Das Dekret wurde in der Zeitung Serkalo Nedeli veröffentlicht und soll am 23. April in Kraft treten.

Das ukrainische Außenministerium bestätigte den Bericht am Dienstag. "Es wird ehrlich sein", sagte Minister Dmitri Kuleba. Ein Auslandsaufenthalt befreie einen ukrainischen Staatsbürger nicht von seiner Verantwortung gegenüber der Heimat.

Gemäß dem Gesetz zur Verschärfung der Mobilmachung, das im Mai in Kraft treten soll, können Ukrainer im Ausland nur noch gegen Vorlage eines Militärausweises einen Reisepass erhalten. Ohne aktuelle Militärausweise können sie im Ausland keine konsularischen Dienste in Anspruch nehmen.

Laut Statistikbehörde Eurostat haben rund 650.000 Männer im wehrfähigen Alter das Land seit Kriegsbeginn verlassen. Hochrangige ukrainische Beamte haben wiederholt den Wunsch geäußert, sie irgendwie wieder ins Land zu holen. Mehrere EU-Staaten wie Deutschland, Österreich, Ungarn und die Tschechische Republik haben eine Rückführung ukrainischer Flüchtlinge ausdrücklich abgelehnt.

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Quadriga 2024: Bundeswehr hält Militärübungen nahe der russischen Grenze ab

24. April 2024 um 07:30

Am Dienstag haben in Litauen Großmanöver der deutschen Landstreitkräfte begonnen. Mehr als 3.000 deutsche Soldaten nehmen an der Militärübung Grand Quadriga 2024 teil, die bis Ende Mai stattfinden. Die Bundeswehr verlegte 200 Militärfahrzeuge nach Litauen, darunter Leopard-, Puma- und Boxer-Panzer. Der Schwerpunkt der diesjährigen Übung liegt auf der Verlagerung zweier Abteilungen von der Mittel- nach Osteuropa. Die NATO-Mitgliedstaaten üben den Verteidigungsfall im Falle eines russischen Großangriffs auf die Ostflanke des Bündnisses.

"Es geht hier unter anderem auch um die Überprüfung logistischer Konzepte: Ob wir in der Lage sind, Truppen schnell im ganzen Bündnisgebiet zu verlegen", teilte der Oberst im Generalstab Dirk Hamann mit, der Leiter des Übungsreferates im Kommando des Heeres.

Die Grand Quadriga 2024 ist Teil der Übung Steadfast Defender 24, des größten NATO-Manövers in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges. Daran nehmen mehr als 90.000 Soldaten aus 32 Mitgliedsstaaten teil. Deutschland schickte 12.000 Soldaten und 3.000 Fahrzeugen – rund 17 Prozent der gesamten deutschen Armee. Seit Beginn des Krieges zwischen Russland und der Ukraine ist es die größte Militärübung, an der die Bundeswehr teilnimmt.

Gleichzeitig finden in Litauen weitere von den US-Streitkräften organisierten Manöver statt, darunter Saber Strike, Thunder Strike und die gemeinsame polnisch-litauische Militärübung Brave Griffin 24/II. Sie alle sind Teil des NATO-Programms Steadfast Defender 24.

Die russische Regierung reagierte auf das NATO-Großmanöver. "Bis zu 90.000 Menschen nehmen daran teil, um die Abwehr einer angeblichen russischen Aggression zu üben", sagte der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu am Dienstag.

Nikolai Patruschew, der Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, betonte, dass solche NATO-Manöver "das Szenario einer bewaffneten Konfrontation mit Russland üben" und damit "die Spannungen erhöhen und die Welt destabilisieren".

Die größte NATO-Militärübung seit Jahrzehnten findet nahe der russischen Grenze statt. Letzte Woche führten Litauen und Polen Militärübungen zur Verteidigung des Suwalki-Korridors durch. Das ist ein 65 Kilometer langer Grenzabschnitt zwischen den beiden Staaten, der im Westen an die Region Kaliningrad grenzt, die russische Exklave in Europa.

Nach dem Kriegsbeginn in der Ukraine äußerten litauische Behörden wiederholt die Befürchtung, dass Russland den Suwalki-Korridor erobern könnte. In diesem Falle wären die baltischen Staaten von einer Landverbindung zu den NATO-Verbündeten abgeschnitten.

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Überall Spione, aber nirgends ein nationales Interesse

24. April 2024 um 07:00

Von Dagmar Henn

Jetzt wird es wirklich kompliziert. Eigentlich müsste man sagen, mit der Festnahme des Mitarbeiters des AfD-Politikers Maximilan Krah wegen Verdachts der Spionage für China haben sie endgültig überdreht, schließlich wurde Krah erst vor kurzem vorgeworfen, mehr oder weniger in russischen Diensten zu stehen. Da fehlt jetzt eigentlich nur noch eine Sekretärin mit Verbindungen in den Iran.

Keine der Geschichten, die dargeboten werden, klingt wirklich überzeugend. Weder Fotos im wirklich unbedeutenden Grafenwöhr, noch der Export eines (!!) Industrielasers nach China reißen den James Bond gewöhnten Zuschauer vom Hocker. Und auch objektiv ist Industriespionage in Deutschland nur noch selten interessant. Nebenbei, die fleißigsten Industriespione waren stets die US-Amerikaner; Gelegentlich wurde sogar der eine oder andere davon medienwirksam verhaftet, aber in der Regel überließ man dies den Sicherheitsdiensten der Konzerne.

Ja, die beiden vermeintlichen chinesischen Spione sollen Informationen über leistungsfähige Schiffsmotoren beschafft haben... sicher, die verbreitetsten Motoren für große Schiffe stammen von MAN B&W, und werden auch in China verbaut, das längst weltweit die meisten Schiffe baut; aber diese Motoren werden nicht in Kisten verpackt dorthin gebracht, sondern ebenfalls dort produziert, nur in Lizenz. Weshalb man davon ausgehen kann, dass alles, was die zwei Festgenommenen zu diesem Thema hätten erkunden können, in China schon längst bekannt ist. Zudem ist der einzige Sektor, in dem die chinesische Marine noch zu den USA aufholen muss, der U-Boot-Bau. Nachdem in Düsseldorf eher keine U-Boote gebaut werden, und ohnehin die russischen Erfahrungen da wesentlich umfangreicher sind als die deutschen, bleibt also das vermeintliche Objekt der Spionage weitgehend sinnfrei. Im Gegenteil – nachdem der chinesische Schiffbau so viel umfangreicher ist als der deutsche, würde von einer Forschungszusammenarbeit die deutsche Seite vermutlich mehr profitieren als die chinesische, weil es meist die praktischen Erfahrungen sind, die Forschungsprojekte zur Reife bringen.

Aber letztlich ist es verlorene Liebesmüh, jeden einzelnen dieser aufgeblasenen Fälle durchzuargumentieren, selbst wenn man den Eindruck gewinnt, dass die Bundesanwaltschaft gerade Amok läuft. Denn viel wichtiger als die Details in diesen Fällen sind zwei Fragen: Warum wird gerade so viel Wert darauf gelegt, überall Spione zu sehen? Und wie ist die Frage derartiger Spionage zu sehen, wenn man das Handeln der aktuellen Bundesregierung mit betrachtet?

Nein, es geht bei dieser inzwischen erkennbare Kampagne nicht nur darum, politische Gegner zu diskreditieren (wetten, im Umfeld von BSW finden sie demnächst auch jemanden?), oder den leicht beeinflussbaren Teil der Bevölkerung mit einem neuen Hobby zu versehen. Tatsächlich ist das eine Art Propaganda durch Umkehrschluss. Dadurch, dass man überall irgendwelche Agenten findet und den allgemeinen Eindruck erweckt, sie seien eine allgegenwärtige Gefahr, wird einerseits ständig betont, wie gefährlich Russland und nun auch China seien (wobei man sich schon fragt, ob das, sollte Bundeskanzler Scholz sich wirklich bemüht haben, die deutschen Wirtschaftsbeziehungen zu China zu retten, mit ihm abgesprochen war oder ob auch da interne Auseinandersetzungen allmählich hässlich werden). Aber mit diesem Narrativ wird auch noch ein anderes Ziel verfolgt.

Denn es gibt zwei Botschaften, die ganz nebenbei vermittelt werden, die wesentlich wichtiger sind. Die erste lautet: Es gibt in Deutschland noch etwas, das sich auszuspionieren lohnt. Damit wird die Vorstellung einer technologischen Überlegenheit geweckt oder verfestigt, die tatsächlich längst nicht mehr vorhanden ist. Das sieht bezogen auf das Militär nicht anders aus. Die Angriffspläne der Ukraine im vergangenen Sommer waren nicht nur bis ins Kleinste zuvor in der Presse zu lesen, sie waren zugleich das Beste, was die NATO zu bieten hat. Da lohnt sich die Spionage schon gar nicht mehr, selbst wenn die Gespräche nicht über ein Hotel in Singapur geführt werden.

Und die zweite lautet: Hier wird das deutsche Interesse verteidigt. Das ist die wirklich ungeheuerliche Lüge. Es ist mühsam, in der deutschen Geschichte eine Regierung zu finden, die so konsequent, so offen und so rücksichtslos gegen die deutschen Interessen agiert hat wie die gegenwärtige. Die Regierung Adenauer, die die 40 Jahre Spaltung initiierte? Die Naziregierung? Viel länger ist die Liste der Konkurrenten nicht, und Adenauer schadete zwar massiv den nationalen Interessen, zerstörte aber nicht die wirtschaftlichen Existenzgrundlagen.

Und schon gibt es einen Konflikt zwischen dem Buchstaben und dem Sinn des Gesetzes. Denn hinter der technischen Formulierung der entsprechenden Paragrafen des Strafgesetzbuches steht ein damit verfolgter Zweck, der gar nicht anders lauten kann als die deutschen Interessen zu bewahren. Was aber, wenn die deutschen Interessen gar nicht auf Seiten der Regierung liegen, weil die Regierung anderen Interessen dient?

Wie ist es beispielsweise mit den sowjetischen Spionen, die in Nazideutschland und dessen Strukturen tätig waren? Das war bei weitem nicht nur Richard Sorge. Man ist derartige Überlegungen nicht mehr gewöhnt, aber es macht doch Sinn, sich in solchen Gedanken zu üben. Wenn damals, was schwer zu bestreiten ist, das zentrale nationale Interesse in der Befreiung vom Hitlerfaschismus bestand, dann war jede Tätigkeit, die diesem Zweck diente, auf keinen Fall eine Tätigkeit, die sich gegen Deutschland richtete, ganz im Gegenteil. In der Bundesrepublik hat man sich ungern mit diesem Teil der Geschichte beschäftigt; in der DDR dafür vergleichsweise ausführlich, weshalb man, wenn man einen Einblick erhalten will, mit Büchern aus dem Militärverlag der DDR am Besten bedient ist.

Es ist deshalb eine schwierige Frage, weil die von westlicher Seite betriebene Spaltung eine so klar gegen das nationale Interesse gerichtete Handlung war und man deshalb eine Debatte über die moralischen Fragen, die sich aus dem Zusammenhang zwischen diesem Interesse und der Definition von Spionage ergeben, lieber nicht anfasste. Dazu kam natürlich, dass sich die eigenen Strukturen, wie Verfassungsschutz und BND, genau aus den Kräften eben jener anderen gegen das nationale Interesse gerichteten Regierung rekrutierten. Wie sollten all die alten Nazis den Schluss unterstützen, dass nur das gegen sie gerichtete Handeln moralisch legitim und dem nationalen Interesse dienlich war?

Bei der aktuellen Bundesregierung wartet man im Grunde schon fast auf die Schlagzeile "deutscher Spion im Kanzleramt enttarnt." Oder im Auswärtigen Amt. Was natürlich der Hysterie, jetzt in Deutschland nach Spionen fremder Mächte zu suchen, einen geradezu komischen Beigeschmack verleiht; schließlich sind die schlimmsten und wirkungsvollsten fremden Agenten ganz einfach zu finden, man muss nur die Regierungsbank leeren. Die Frau mit der Dracula-Frisur ist da bestenfalls Dreingabe.

Die relevanten Paragrafen des Strafgesetzbuches finden sich ab §90 aufwärts. Wie gesagt, der kritische Punkt ist dabei stets das deutsche Interesse und der "Bestand der Bundesrepublik Deutschland". Führt die Politik der gegenwärtigen Regierung eine Gefahr für den Bestand der Bundesrepublik Deutschland herbei? Aber wie! Und das gleich mehrfach. Auf der einen Seite durch massive Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen, und auf der anderen durch eine fortgesetzte Kriegstreiberei, die nicht nur droht, das Land in eine militärische Auseinandersetzung zu ziehen, sondern zudem dazu beiträgt, die Gefahr eines nuklearen Krieges herbeizuführen. Man könnte sogar mit einiger Legitimität argumentieren, dass die innenpolitische und vor allem die juristische Entwicklung der letzten Zeit ebenfalls eine massive Bedrohung für den Bestand der Bundesrepublik, vor allem ihre demokratische Verfasstheit, darstellen, wenn man nicht zu der Überzeugung gelangt, dass hier die Schwelle bereits überschritten wurde.

Außerdem lässt sich ziemlich eindeutig erkennen, zu wessen Gunsten – und damit natürlich auch in wessen Auftrag – all das geschieht. Ob es sich um ein formelles Dienstverhältnis handelt oder nur um ideologische Gefolgschaft, ist letztlich unerheblich. Was dann in der Folge die Lösung der moralischen Frage ziemlich vereinfacht. Wenn man zu dem Schluss käme, dass das wichtigste politische Ziel derzeit eine Wiedererlangung der Souveränität sein müsse, und der Gegner dieser Souveränität die Vereinigten Staaten und ihre politischen Agenten sind, dann wäre der nächste logische Schritt, dass das, was eben diese Vereinigten Staaten und ihre deutsche Bundesregierung schwächt, im deutschen nationalen Interesse liegen müsse. Was dann relativ logisch auch all das mit einschlösse, was derzeit in Deutschland so gerne als Vorwurf vorgetragen wird.

Das erklärt auch, warum diese ganzen Fälle derart banal sind. Sie müssen es sein. Denn in dem Moment, in dem auch nur die Erinnerung an die großen Spionageerzählungen der Geschichte wachgerufen wird, werden all die moralischen Fragen, die damit verknüpft sind, ebenfalls geweckt. Und in Deutschland sind das zwangsläufig Erzählungen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, weil in den Jahrzehnten der Spaltung zumindest auf Seiten des Warschauer Vertrags die DDR für die Bundesrepublik zuständig war (in der DDR versuchte sich schlicht alles), und die Frage des nationalen Interesses bei deutsch-deutscher Spionage auf bundesdeutscher Seite schwer unterzubringen ist. Man hat es nach 1990 natürlich dennoch versucht, so sehr das auch gegen die Vorstellung einer Vereinigung verstieß. Aber man kann derzeit sehen, dass man dieses Thema lieber völlig vergessen würde (was auch ein klein wenig damit zu tun hat, dass Dienst West seinem Pendant Dienst Ost fachlich einfach völlig unterlegen war).

Es muss also versucht werden, ständig von Spionage zu reden, ohne den Gedanken des nationalen Interesses überhaupt ins Spiel zu bringen. Augenblicklich erweckt das Ganze den Eindruck, irgendjemand habe mitbekommen, wie gefährlich dieser Punkt werden könnte; denn die ganze Geschichte, die rund um das tschechische Portal Voice of Europe aufgebaut wurde, zielte mit Sicherheit ursprünglich auf mehr als einen schwachen Vorwurf gegen den AfD-Politiker Petr Bystron, womöglich 20.000 Euro aus dem Umfeld eines ukrainischen Oppositionspolitikers erhalten zu haben. Es erweckte eher den Eindruck, man wollte die Liste der AfD zur EU-Wahl aus dem Verkehr ziehen.

Nun ist es allerdings in Deutschland keine Straftat, von irgendjemandem aus einem anderen Land Geld bekommen zu haben. Im Regelfall stellt sich dann bestenfalls die Frage, ob Schenkungssteuer fällig würde. Illegal wäre es dann, wenn dieses Geld der Parteienfinanzierung diente. Wenn damit eine überteuerte Armbanduhr gekauft wird, ist das nur privater Unfug. Eine Straftat könnte es erst dann werden, wenn dieses Geld nachweislich ein bestimmtes Verhalten auslöst, und wenn dieses Verhalten dann zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland wäre. Das allerdings müsste nachgewiesen werden, und bliebe in einem derartigen Fall auch keinesfalls hinter verschlossenen Türen. Eine öffentliche Auseinandersetzung darum, wo das deutsche Interesse liegt und ob die Bundesregierung diesem Interesse folgt oder nicht – womöglich noch gewürzt mit allerhand Wirtschaftsgutachten etc. – ist nichts, was sich diese Regierung wünschen kann.

Also bleibt es bei den einfachen, lächerlichen Fällen, die entweder mit Stumpf und Stiel geschluckt oder als Luftnummern vergessen werden. Um bei dem verbliebenen Teil der Bevölkerung, der die offiziellen Verlautbarungen noch folgsam glaubt, die entsprechende Hysterie auszulösen, braucht es nicht viel, das wurde von Corona bis Correctiv mehrfach belegt. Die Übrigen hofft man, durch die Banalität nicht auf dumme Gedanken zu bringen. Wie eben jene, wo das wirkliche nationale Interesse Deutschlands liegt, und wer ihm im Dienst welcher ausländischen Mächte Schaden zufügt. Nur, derartige Erwartungen sollen schon getäuscht haben. Wie mit den Sanktionen wurde hier etwas losgetreten, das den Handelnden schwer auf die Füße fallen könnte.

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Gestern — 23. April 2024Ihre RSS-Feeds

Russland: Anhänger für Frauen zum Schutz vor Übergriffen entwickelt

23. April 2024 um 22:01

In Russland wurde ein Anhänger entwickelt, der Frauen vor Übergriffen schützen soll, berichtet die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf den Pressedienst der Nationalen Technologieinitiative.

Der Anhänger funktioniert in Verbindung mit einer App. Um den Alarm auszulösen, muss die Frau auf den Anhänger drücken. Mit einem Tastendruck werden die Informationen an die in der Kontaktliste ausgewählten Familienmitglieder und Freunde gesendet, mit zwei Tastendrücken an weitere Nutzer im Umkreis von drei Kilometern und mit drei Tastendrücken an die Notrufzentrale.

"Das Gerät sendet ein Signal aus, die App empfängt es und sendet Nachrichten mit dem Standort, der über die SIM-Karte ermittelt wird. Die Anwendung enthält auch eine Karte, auf der Personen in Gefahr und deren Angehörige in der Nähe angezeigt werden", so die Entwickler. Für die Zukunft ist eine Lichtsignalfunktion geplant, um Kriminelle abzuschrecken.

Die App enthält auch einen sicheren Routenplaner. Auf der Grundlage von Kriminalitätsdaten in bestimmten Stadtteilen berechnet er die sicherste Route. Es gibt auch einen Online-Assistenten, den man anrufen und ein Gespräch simulieren kann. Die Idee dahinter ist, dass die Geräusche mögliche Angreifer abschrecken.

Der Prototyp wurde für die Android-Plattform erstellt. In naher Zukunft soll er auch für iOS entwickelt werden. Die Entwickler planen, die App so zu konfigurieren, dass sie auch dann noch funktioniert, wenn der Akku des Mobiltelefons leer ist.

 

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Echter Bruegel und Reparationen aus Nazi-Deutschland: Eremitage stellt ein einzigartiges Gemälde aus

23. April 2024 um 21:44

Rubens Lehrer, Jan Bruegel der Ältere, und die Hofmaler von Erzherzog Albrecht: Ein Gemälde, das bis vor Kurzem für das Werk eines unbekannten flämischen Künstlers gehalten wurde, trägt jetzt die Namen von vier prominenten Meistern des niederländischen Manierismus aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts erhalten, schreibt die Fachzeitung The Art Newspaper.

Alisa Mesenzewa, Forscherin an der Eremitage und eine der Kuratorinnen der Ausstellung, sagte der Zeitung, dass nach dem Entfernen des alten Lacks offensichtlich wurde, dass die Komposition der Landschaft, die exquisite Kombination von weißen und blaugrünen Tönen, dem Pinsel von Tobias Verhaecht entstammt, dem Lehrer von Rubens. Außerdem wurde seine Vorzeichnung für das Gemälde in einer Privatsammlung in Amsterdam gefunden. In dem Bericht von The Art Newspaper heißt es:

"Die Restaurierung hat es ermöglicht, drei Figurengruppen zu identifizieren, die von verschiedenen Künstlern gemalt wurden. Die Darstellung der Menschen im Vordergrund links stammt eindeutig von Bruegel, die Figuren auf der rechten Seite gehören zum Pinsel von Hendrik de Clerck, und die kleinsten Figuren im Hintergrund sind charakteristisch für das Werk von Abel Grimmer. Die Ergebnisse der Experten der Eremitage wurden von Sabine van Sprang, Kuratorin für flämische Malerei am Königlichen Museum der Schönen Künste in Antwerpen, bestätigt."

Der "Turm zu Babel" kam im Jahr 1946 als Reparationsleistung aus Deutschland in die Sammlung der Eremitage und wurde bis heute nie ausgestellt. Bis Ende Juni kann dieses einzigartige Gemälde nun besichtigt werden. Das Ergebnis jahrelanger Arbeit von Restauratoren, Forschern und Kuratoren ist in der Staatlichen Eremitage in der Ausstellung "… machen wir uns einen Namen …" zu sehen.

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Stellvertretender Verteidigungsminister Russlands festgenommen – Verdacht auf Bestechung

23. April 2024 um 21:14

Am Dienstagabend hat das russische Ermittlungskomitee über die Festnahme des stellvertretenden Verteidigungsministers Timur Iwanow berichtet. Laut einer Erklärung der Behörde steht der Beamte in einem Bestechungsfall unter Verdacht.

Im Detail werde Iwanow verdächtigt, einen Bestechungsbetrag in besonders großem Ausmaß erhalten zu haben. Gemäß dem russischen Strafgesetzbuch gilt dies ab einer Geldsumme von einer Million Rubel (umgerechnet knapp 10.000 Euro). Iwanow droht eine Freiheitsstrafe von maximal 15 Jahren. Wie die Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf Quellen berichtete, würden die Ermittler die Verhaftung des Ministers beantragen. Die Behörden führen nun die notwendigen Ermittlungsmaßnahmen durch.

Wie der Kremlsprecher Dmitri Peskow mitteilte, wurden der Präsident Wladimir Putin und der Verteidigungsminister Sergei Schoigu bereits über den Vorfall informiert.

Im Jahr 2012 bekleidete Iwanow den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden der Regierung der Region Moskau. Von 2013 bis 2016 war er Generaldirektor des Oboronstroi, eines dem Verteidigungsministerium unterstellten Bauunternehmens. Im Mai 2016 wurde er mit einer Anordnung des Präsidenten zum stellvertretenden Leiter des Verteidigungsministeriums ernannt.

Auf dem Posten leitete Iwanow unter anderem die Abteilungen für Bau, Wohnungsversorgung und Verwaltung des Wohnungsfonds sowie militärisches Eigentums. In seinen Zuständigkeitsbereich fielen Truppenunterbringung, Gesundheitsversorgung und verschiedene Aktivitäten im Rahmen des staatlichen Rüstungsvertrags.

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"Boombranche unter Beschuss": Deutsche Rüstungsindustrie mischt in der Ukraine kräftig mit

23. April 2024 um 21:11

Mit Unterstützung der Bundesregierung treiben deutsche Rüstungsunternehmen führend den Aufbau der ukrainischen Rüstungsindustrie voran, schreibt das Analyseportal german-foreign-policy.com im Bericht "Rüstungsknotenpunkt Ukraine (II)". Die deutsche Rüstungsindustrie versuche, sich eine "herausragende Rolle" in der ukrainischen Rüstungsindustrie zu sichern. Das wird im Bericht anhand folgender Beispiele deutlich gemacht.

So hat der Drohnenhersteller Quantum Systems aus München im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am vergangenen Donnerstag eine Fabrik zur Herstellung von Aufklärungsdrohnen in der Ukraine eingeweiht, wie die Süddeutsche Zeitung am Sonntag meldete. Diese soll bis Ende 2024 annähernd 100 Mitarbeiter beschäftigen und perspektivisch bis zu 1.000 Drohnen pro Jahr herstellen.

Zuvor hatte unter anderem Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall in der Ukraine einen Standort für eröffnet – RT DE berichtete. Rheinmetall-Chef Armin Papperger hatte im Februar erklärt, ab Spätsommer 2024 werde man den Transportpanzer Fuchs aus in Deutschland hergestellten Einzelteilen in einer Fabrik in der Ukraine montieren können; im Sommer 2025 werde das mit dem Schützenpanzer Lynx möglich sein. Bislang ist der Bau von vier Fabriken im Land geplant.

Der Panzerbauer KMW bzw. dessen deutsch-französisches Joint Venture KNDS wird folgen, ebenso der deutsche Ableger des Lenkwaffenherstellers MBDA, der gemeinsam mit dem Kiewer Staatskonzern Ukrainian Defense Industry (UDI, früher "Ukroboronprom") Systeme zur Drohnenabwehr fertigen will.

Um Investitionen zu bündeln und bürokratische Hürden zu mindern, hat die Ukraine noch im September eine Rüstungsallianz mit Unternehmen aus westlichen Ländern gegründet. Ziel ist es, westliche Konzerne zur Gründung von Fabriken bzw. Joint Ventures mit ukrainischen Firmen zu bewegen, um einerseits dringend benötigte Investitionen ins Land zu holen und andererseits die ukrainische Branche, die einst stark war, die in den vergangenen drei Jahrzehnten aber marode wurde, energisch zu modernisieren. Wladimir Selenskij fordert, die Ukraine solle einer der bedeutendsten Rüstungsstandorte weltweit werden.

Berichten zufolge sind der Rüstungsallianz mittlerweile knapp 100 Unternehmen aus über 20 Staaten beigetreten, darunter etwa BAE Systems, die französische Thales Group, die italienische Leonardo, Saab aus Schweden sowie der türkische Drohnenhersteller Baykar. Das Joint Venture Rheinmetall/UDI ist schon in der Ukraine tätig.

Die in den letzten zwei Jahren stark gewachsene ukrainische Rüstungsindustrie bezeichnet das Portal als "Boombranche unter Beschuss". Die Rede ist von ständiger Bombengefahr durch russische Raketenangriffe und kriegsbedingte Stromausfälle – Letztere nehmen aufgrund der jüngsten russischen Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung nur noch zu. Auch die Präzision der russischen Angriffe ist laut ukrainischen Angaben stark gestiegen. Zudem beklagen ukrainische Rüstungsunternehmen einen Mangel an Arbeitskräften, der daraus resultiert, dass Hunderttausende Ukrainer an der Front kämpfen und weitere Millionen – häufig dauerhaft – ins Ausland geflohen sind.

Dennoch schreckt das die deutschen Partner nicht davon ab, in die ukrainische Rüstungsindustrie zu investieren und die Produktion sogar auf ukrainisches Territorium zu verlagern. Schließlich bürgt der deutsche Staat für die Risiken in der Ukraine, während die Unternehmen nur mit Profiten rechnen können. Allein bei Rheinmetall sind diese nach Presseberichten sagenhaft: Rheinmetall-Chef Papperger rechnet in den nächsten fünf bis sieben Jahren mit Verdoppelung des Umsatzes.

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Sacharowa: Kiew rottet mit US-Geld indigene Bevölkerung in Ukraine aus

23. April 2024 um 21:01

Anfang April wurde in der Werchowna Rada, dem Parlament der Ukraine, ein neues Mobilisierungsgesetz verabschiedet. Die neuen Regeln sollen auch für wehrpflichtige Ukrainer gelten, die sich im Ausland aufhalten. Dementsprechend erließ das ukrainische Außenministerium eine Anordnung, wonach alle konsularischen Dienstleistungen für Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren künftig ausgesetzt werden. Ab dem 24. April ist es nur noch möglich, Dokumente für die Rückkehr in die Ukraine zu beantragen.

Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, reagierte auf die Anweisung mit einer Stellungnahme. Gegen Ende des ersten Viertels des 21. Jahrhunderts erlebe die Welt, dass die indigene Bevölkerung der Ukraine durch westliche Eliten ausgelöscht werde, schrieb sie in einem auf Telegram am Dienstag veröffentlichten Beitrag. Zu dem Zweck seien Präsident Wladimir Selenskij und "diese ganze pseudoukrainische Bande" als Vollstrecker eingesetzt worden. Hierzu führte Sacharowa aus:

"In all den Jahren gab es keine Ukrainer in der Regierung und in den herrschenden Kreisen der Ukraine. Die zugereisten bösen Geister wurden mit Ausgestoßenen mit Haartollen verdünnt, die man Kämpfer für die Unabhängigkeit der Ukraine nannte. Doch tatsächlich wurde das Land von denen regiert, die historisch gesehen nie etwas damit zu tun hatten."

Als der größte Teil der Ukraine geplündert, die Beute weggebracht, die Geschichte neu geschrieben und Denkmäler zerstört gewesen seien, habe man damit begonnen, die indigene Bevölkerung physisch zu vernichten, betonte die Sprecherin.

"Alles ist wie bei den Indianern in Nordamerika, als die 'Zivilisierten' sie zu Zehntausenden töteten. Manhattan Island wurde den Indianern für Perlen abgekauft, aber die Ukrainer erhielten nicht einmal Perlen – nur eine US-amerikanische Schlinge um den Hals."

Laut Sacharowa ist Selenskij derzeit dabei, mit Washingtons Geld die letzten Ukrainer herauszulocken, um auch sie zu erledigen.

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Deutsche Innenstädte: Nur noch Shopping-Wüsten oder Zonen des Verfalls?

23. April 2024 um 20:53

Von Dagmar Henn

Wenn selbst der Dachverband des Einzelhandels klagt, in Deutschland drohe eine Verödung der Innenstädte, dann ist das der Abschluss einer Entwicklung, die vor Jahrzehnten begonnen hat und die jetzt an einem Punkt angelangt ist, an dem nur noch mühsam überhaupt eine Lösung in Sicht ist.

Wenn jetzt infolge der Insolvenz großer Ketten in vielen Innenstädten der Leerstand zunimmt und Fußgängerzonen langsam, aber sicher die Attraktivität verlieren, dann vollzieht sich das nach, was in den Subzentren der Städte, an den einstigen Mittelpunkten der Stadtviertel, schon viel früher geschah. In meiner Zeit im Münchner Stadtrat hatten wir oft mit den Problemen zu tun, die dadurch entstehen. Wenn es im Stadtviertel kein Wirtshaus mehr gibt, keine Bäcker, keinen Metzger, keine Post, dann passiert dort genau dasselbe wie in den Dörfern, die ebenfalls längst keine Versorgungsinfrastruktur mehr haben. Die Menschen orientieren sich um. Und das Leben im Viertel schwindet, so wie es auf den Dörfern geschwunden ist.

Die Lösung, die damals versucht wurde, waren öffentliche Subventionen. Vor allem über die Mieten – wenn es städtische Gebäude gab, in denen Ladenlokale waren, keine großen Ketten, dann wurden sie günstiger vermietet. Man versuchte, örtliche Wirtschaften am Leben zu halten. Subzentren bekamen beispielsweise durch Wochenmärkte eine kleine Attraktion. Ebenso wie durch gelegentliche Veranstaltungen im Freien. Aber schon damals galt das zum Teil bereits auch für die Innenstadt. Im Untergeschoss des Rathauses (ich schreibe in der Vergangenheitsform, weil ich nicht sehen kann, wie der derzeitige Stand ist) befanden sich eine Notenhandlung, ein Bernsteingeschäft, ein Herrenausstatter, ein Sportausstatter, zwei Metzger und ein Imbiss.

Man möge es mir verzeihen, wenn die Aufzählung nicht vollständig ist. Das Sportgeschäft hat 2020 geschlossen, nach über hundert Jahren an diesem Ort. Wie viel von den anderen Läden noch übrig ist, weiß ich nicht. Aber im näheren Umfeld, ebenfalls in städtischen Gebäuden, befanden sich ein Antiquitätengeschäft und ein Bürstenladen, Richtung Viktualienmarkt dann ein weiterer Laden, der auf Kämme spezialisiert war. Alles kleinere Geschäfte, die zu den sonst in der Münchner Fußgängerzone üblichen Mieten nicht hätten existieren können, die aber zur Atmosphäre der Umgebung beitrugen, genauso wie Veranstaltungen wie der jährliche Weihnachtsmarkt.

All das war längst nicht mehr umsonst zu erhalten. Alle Innenstädte bundesweit tendierten zu einer Ansammlung genau der gleichen Filialisten; große Ketten, die überall die gleichen Waren anboten und überall gleich aussahen, sodass im Grunde nur noch schwer zu erkennen war, in welcher Stadt man sich eigentlich befand. Allerdings kaufen die Menschen in Deutschland vorwiegend billig und schnell, was jedoch ein wenig mit der Arbeitsintensität und dem Einkommen zu tun hat.

Tatsächlich steht das Flanieren in der Innenstadt, um Einkäufe zu erledigen und zwischendrin vielleicht irgendwo einen Kaffee zu trinken oder zu essen, ganz oben auf der Liste der Dinge, die gestrichen werden, wenn das Geld knapp ist. Onlinehandel hat vor allem einen Vorzug: Egal, wie viel Werbung nebenbei getrieben wird – es ist bei Weitem nicht so unangenehm wie mit viel zu wenig Geld und dem Ziel, einen einzelnen Gegenstand zu erwerben, durch die Stadt zu laufen und ständig Dinge zu sehen, die man sich ohnehin nicht leisten kann. Aber es sind die Momente, in denen der öffentliche Raum als der eigene erlebt wird, die die Identifikation mit der Stadt erzeugen. Und ohne Identifikation entfällt auch das ehrenamtliche Engagement, ob sozial oder politisch.

Die Funktion der Innenstadt besteht also nicht schlicht darin, Verkaufsflächen für Waren zur Verfügung zu stellen, jedoch sorgte die Entwicklung insbesondere der Mieten dafür, dass sich diese Funktion immer weiter in den Vordergrund drängte. Corona hat dann die ersten tiefen Breschen in die Menge der großen Einzelhändler geschlagen, und das Angebot an Verweilorten massiv ausgedünnt.

Die Abwärtsbewegung kennt jedoch von sich aus kein Ende. Sobald größere Leerstände vorhanden sind, ändert sich die gesamte Atmosphäre, und da die Wohnungsnot immer schärfer wird, tauchen alle sozialen Probleme schnell in den Innenstädten auf. Wenn erst eines dieser Gebäude mit Junkies belegt ist, wird es schwer, die ganze Gegend wiederzubeleben. Diese Entwicklungen konnte man schon vor längerer Zeit in den ehemaligen industriellen Zentren Großbritanniens beobachten, wo sich im Zuge der Finanzkrise 2008 ganze Innenstädte in Zonen des Verfalls verwandelten. Wenn sich neue Geschäfte dann eher in Einkaufszentren abseits statt in der einst zentralen Innenstadt ansiedeln, hat das auch viel mit der Sicherheit zu tun, die dort einfacher zu gewährleisten ist. Aber kein Einkaufszentrum ist jemals öffentlicher Raum, es wird nie die Mischung von wirtschaftlichem, kulturellem und politischen Leben, selbst religiösem Leben bieten wie eine wirkliche Innenstadt.

Die Kaufhäuser, die einst die kleinen Einzelhändler verschlangen, wurden nun selbst verschlungen, aber nicht nur vom Onlinehandel, mindestens ebenso sehr von den steigenden Mieten. "Signa", der letzte Blutsauger, der sich an den verbliebenen deutschen Kaufhäusern sättigte, verfuhr nach dem gleichen Muster wie seine Vorgänger: die Immobilien getrennt betreiben und von den Kaufhäusern überhöhte Mieten verlangen. Dass das bei dem gleichzeitigen Druck der Online-Konkurrenz nicht gut gehen konnte, war abzusehen. Und wie bei den kleinen Einzelhändlern war es die Belastung durch die steigenden Mieten, die das ganze Geschäftsmodell zum Scheitern brachte.

Subventionen sind da auf Dauer keine Lösung. Das ging mit ein paar kleinen Läden hier und da, aber allein in der Münchner Fußgängerzone waren es zwei Kaufhäuser von Oberpollinger (die schon längst zu Karstadt gehörten), ein weiteres Karstadt-Haus und ein Kaufhof, also fünf Gebäude mit sehr großen Verkaufsflächen, zu denen dann auf der Strecke Richtung Hauptbahnhof der ehemalige Hertie und ein weiterer Kaufhof hinzukommen. Soll nun die Kommune die Mieten für all diese Häuser subventionieren, nur damit die Immobilieneigner noch ihren Schnitt machen?

Nachdem die Nachfrage nach Büroflächen noch tiefer gefallen ist als die nach Kaufhausflächen, lassen sich an dieser Stelle auch keine Büros ansiedeln. Wohnungen? Bei diesen Bodenpreisen absolut undenkbar. Wirklich lösbar ist auch das nur dann, wenn das gesamte Thema der Mieten und der Bodenpreise angegangen wird. Das wäre aber keinesfalls kommunal möglich, das bräuchte politische Rückendeckung im Bund, die Konzepte wie eine Enteignung leer stehender Kaufhäuser und eine Nutzung durch Einkaufsgenossenschaften stützen müsste.

Nein, das ist jetzt kein garantiert funktionierendes Konzept, aber im Kleinen, in den Stadtvierteln, wird an diesem Problem bereits seit Jahrzehnten herumgedoktert, mit mäßigem Erfolg. Wenn einige Kernbestandteile herausbrechen – und das war womöglich nur ein Postamt – dann ist es beim besten Willen schwierig, das Leben in einem derartigen Zentrum auch nur auf unterem Niveau zu halten.

Wenn man fragt, wo sich Menschen wohlfühlen, was ihnen Freude bereitet, ist das Ergebnis bezogen auf die Gestaltung der Innenstädte heute nicht anders als vor Jahrzehnten. Die Wirklichkeit hat sich aber immer weiter davon entfernt. Man unterschätzt die Dimension des Problems gewaltig, wenn man es auf die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von Einzelhandelsgeschäften reduziert. Damit eine Stadt lebensfähig ist, braucht es nicht nur eine funktionsfähige Infrastruktur, eine Stadt muss ihren Bewohnern etwas bedeuten. Ob und wie viel sie ihnen bedeutet, hängt sehr stark davon ab, was sie ihnen zu bieten hat, ob sie sich in ihr heimisch fühlen können. Die Krise des Einzelhandels ist nur ein Teil einer Krise, die bis in die Selbstwahrnehmung der Gesellschaft reicht. Eine Krise der Lebensfreude, die in einer völlig partikularisierten Meute von Konsumenten nicht mehr wirklich funktioniert.

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Doping und Doppelstandards: WADA gerät wegen des Falls Walijewa in Bedrängnis

23. April 2024 um 20:45

Die Zeitung The New York Times veröffentlichte kürzlich eine Recherche, wonach bei 23 chinesischen Schwimmern, die an den Olympischen Spielen im Jahr 2021 in Tokio teilgenommen hatten, in Dopingproben verbotenes Trimetazidin gefunden wurde. Die Zeitung weist darauf hin, dass Anti-Doping-Beamte der "World Anti-Doping Agency" (WADA) wiederholt Hinweise auf Doping-Vertuschungen durch chinesische Schwimmer lieferten, die von der Organisation jedoch nicht beachtet wurden. Dieselbe Substanz ist in den Proben der russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa gefunden worden, woraufhin die WADA alle Maßnahmen ergriff, um über das Sportschiedsgericht (CAS) die Höchststrafe – eine vierjährige Disqualifikation – für sie zu erreichen. Die Nachrichtenagentur RIA Nowosti dazu betonend:

"Im Fall der Schwimmer aus China glaubte die WADA jedoch an die bizarre Legende, wonach das Dopingmittel versehentlich durch die Küche des Hotels, in dem die Athleten untergebracht waren, in ihre Proben gelangt ist, und verhängte keine Sanktionen. Außerdem wäre die Geschichte ein Geheimnis geblieben, wenn sie nicht an die Presse durchgesickert wäre."

Und so kam es zu einem Skandal.

Die WADA berief eine Pressekonferenz ein, auf der sie versuchte, sich zu rechtfertigen und alle Fragen der Journalisten zu beantworten. Viele davon blieben freilich unbeantwortet. Es gibt so viele Ungereimtheiten in der Angelegenheit, dass es die Leitung der Organisation wahrscheinlich die Karriere kosten könnte. Auch dass Beamte der Anti-Doping-Agentur sowohl Journalisten als auch Experten, die "politisierte" Kommentare zu diesem Skandal abgaben, mit rechtlichen Konsequenzen drohten, zeigt, dass ihre Position prekär ist.

Wie der Sportkolumnist von RIA Nowosti, Andrei Simonenko, feststellt, ist es der WADA nie gelungen, folgende Fragen zu klären:

1. Warum wurden die chinesischen Schwimmer nicht suspendiert, nachdem sie des Dopings überführt worden waren? Die Regeln des Welt-Anti-Doping-Codes besagen, dass Suspendierungen – auch wenn sie tatsächlich nicht von der WADA, sondern von der nationalen Anti-Doping-Agentur verhängt werden sollen – in jedem Fall obligatorisch sind. Und es war die WADA, die dazu beitragen sollte.


2. Warum wurden die Informationen über die positiven Proben der chinesischen Schwimmer nicht öffentlich gemacht, wie es der Welt-Anti-Doping-Code verlangt? Immerhin wurde genau dies im Fall von Kamila Walijewa getan, obwohl sie als Minderjährige einen geschützten Status genoss.

3. Wie konnte Trimetazidin überhaupt erst in der Küche eines chinesischen Hotels auftauchen? "Auf diese Frage gibt der China-Bericht, dem die WADA in vollem Umfang Glauben schenkt, keine Antwort. Außerdem heißt es darin, dass Spuren von Trimetazidin erst zwei Monate nach den positiven Proben gefunden wurden", betont der Journalist von RIA Nowosti.

4. Warum hat die WADA den Erklärungen der chinesischen Seite geglaubt und nicht denen von Walijewa? Andrei Simonenko berichtet:

"Die WADA beschloss, dass die beste Verteidigung ein Angriff ist, und erklärte, dass die Konzentration von Trimetazidin in Walijewas Blut höher war als bei den chinesischen Schwimmern. Aber – erstens – nicht viel, immer noch nahe an der Nachweisgrenze der bestehenden Methode, wie in den CAS-Dokumenten angegeben. Und zweitens ist nach dem Kodex jede Menge Trimetazidin in einer Probe ein Grund, ein Verfahren einzuleiten. Und wenn wir über die Version eines Nachtisches von Walijewas Großvater sprechen, ist es absolut unklar, inwiefern sie schlimmer ist als die Geschichte über Trimetazidin, das in der Küche eines chinesischen Hotels verstreut wurde (das Medikament ist übrigens in Kapseln erhältlich und wird auf Rezept verkauft)."

Obendrein erinnerten sich die WADA-Beamten plötzlich daran, dass dieses Medikament in niedrigen Dosen keine Auswirkungen auf die sportliche Leistung hat. Offenbar wirkt es nur bei russischen Sportlern, die anderen sind dagegen immun.

Generell scheint es, dass die politisch voreingenommene Welt-Anti-Doping-Agentur in Schwierigkeiten steckt. Die Journalisten gaben sich mit den Antworten nicht zufrieden, und nun werden wir sehen, wie sich die WADA aus dem Skandal herauswinden wird, an dem sie selbst die Schuld trägt.

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Vom Schmuddelkind zur "Systemrelevanz": Die "Rehabilitierung" Rheinmetalls in den Mainstream-Medien

23. April 2024 um 20:40

Einst galt Rheinmetall als "Schmuddelkind" der deutschen Industrie, doch mittlerweile wird das Rüstungsunternehmen im Rahmen der "Zeitenwende" nicht nur von der Politik, sondern auch von den Mainstream-Medien hofiert.

Eine Analyse der Informationsstelle Militarisierung, einem Verein aus dem linksalternativen und der Friedensbewegung nahestehenden Spektrum, hat nun analysiert, wie es dazu kommen konnte, dass der Konzern nicht nur von der Politik, sondern "auch von der öffentlichen, medial vermittelten Meinung mehr Akzeptanz und Legitimität erfährt als zuvor".

Entscheidend für das Unternehmen war demnach die Eskalation des Konflikts in der Ukraine seit dem Februar 2022. Seitdem erlebe das Unternehmen einen Imagewandel vom "eher unsympathischen Geschäftemacher mit Krieg und Tod zum geschätzten Partner" der Politik.

In seiner Analyse stellte der Autor Jonas Uphoff fest, dass in fünf ausgewählten Medien (Welt, taz, Süddeutsche Zeitung, Spiegel und Zeit), deren Berichterstattung vom 1. Januar 2018 bis zum 1. Januar 2024 untersucht wurde, die Kritik an Rheinmetall seit dem 22. Februar 2022 deutlich nachlasse. Während in den Jahren zuvor noch regelmäßig die Waffenverkäufe an Saudi-Arabien oder die Türkei kritisiert worden seien, seien diese Stimmen mittlerweile weitgehend verstummt.

Der Imagewandel für Rheinmetall lasse sich allerdings nicht direkt auf eine "Heiligsprechung" oder eine positive Verklärung von Rheinmetall zurückführen. Stattdessen werde ein Narrativ vom Zweck, der die Mittel heilige, bedient. Der "gute Zweck", die Ausrüstung des deutschen Militärs und vor allem die Unterstützung der Ukraine mit Waffenlieferungen, werde dabei grundsätzlich nicht hinterfragt. Die Konfrontation mit Russland werde als eine Art Naturgesetz hingestellt, dem "Europa" unterworfen sei. Der Politik werde vorgeworfen, dies nicht erkannt und nicht entschieden genug reagiert zu haben.

Einigkeit bestehe lediglich darin, dass der Konzern ein Profiteur der globalen Entwicklung zu mehr Krieg und Militär, eines "Rüstungsbooms", sei. Die eigene Rolle bei der Diskursverschiebung werde jedoch von keinem Medium thematisiert. Der Image-Wechsel der Rüstungsindustrie wird monokausal auf politische Entwicklungen zurückgeführt, ohne zu untersuchen, auf welche Art und Weise er stattfindet. Medial wird zudem das Narrativ einer "dynamischen" Rüstungsindustrie und einer langsamen, schwerfälligen Politik konstruiert. In der Analyse heißt es diesbezüglich:

"Im Kontext der nachdrücklichen Forderungen, Panzer und Munition zu liefern ('Free the Leos') wurde zu Zeiten, in denen diese am präsentesten waren, von 'Medienkampagnen' gesprochen. Der Begriff ist aber etwas irreführend, denn er suggeriert eine Art einheitliche Planung und Durchführung. Die Realität ist wesentlich komplizierter und erschreckender: Eine einheitliche politische Position und Forderung setzte sich, getragen von Petitionen, privaten und öffentlichen Medien, innerhalb kürzester Zeit durch und hatte eine Zeit lang unumstritten die hegemoniale Position im Diskurs inne. Die vermeintlich schwerfällige Politik kam den Ansprüchen dieses Diskurses nicht schnell genug hinterher. Rheinmetall positionierte sich in diesem Diskurs bestimmt, aber diskret: Indem der Konzern der Regierung sowohl zur Ausstattung der Bundeswehr als auch zur Unterstützung der Ukraine Angebote aus ihrem Repertoire machte, brachte sich der Konzern damit als relevanter politischer Akteur in Position."

Das von den Medien verbreitete Narrativ lautet also: Die Rüstungsindustrie könne und wolle sofort liefern, aber die Politik verschleppt es und lässt sie nicht. Insbesondere Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die damalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) waren damals Zielscheibe der sogenannten "Leitmedien". Dass es neben der vermeintlich schleppenden Bürokratie auch materielle Gründe hatte und die Rüstungsindustrie später selbst einräumte, dass die Lieferung von instand gesetzten Leopard-Kampfpanzern Zeit benötigt, wurde erst ignoriert und erst dann zögerlich thematisiert, als die politischen Entscheidungen für Panzerlieferungen bereits gefallen waren.

Uphoff stellt in seiner Analyse zudem fest, dass viele Journalisten zu "Amateurexperten in Sachen Rüstungstechnologie" geworden seien. Der Fokus auf technologische Zweckmäßigkeit unter Ausblendung des Zwecks habe eine Enttabuisierung und Normalisierung von Kriegsgerät zur Folge, teils werde die Rüstungstechnik aber auch ästhetisiert. In besonders peinlicher Weise steche hier die Welt heraus: So schwärme ein Reporter des Springer-Blattes in "fast libidinösen" Tönen vom Besuch einer Waffenmesse. Die Bewunderung, die einige dieser neuen Experten an den Tag legen würden, bleibe selbst hinter der Werbung auf Rheinmetalls eigener Website noch zurück. Beispielhaft erwähnt wird auch die Doku "Inside Rheinmetall", welche trotz einiger kritischer Fragen den etablierten Diskurs weiter reproduziert und verfestigt:

"Trotzdem erfüllt der ARD-Film so effektiv eine Werbefunktion für Rheinmetall, die keine konzerneigene Reklame in der Form hinbekommen hätte."

Weiterhin lasse sich feststellen, dass Rheinmetall-CEO Armin Papperger "vom Underdog zum Helden der Stunde" stilisiert wurde. In den vergangenen zwei Jahren habe sich der Rheinmetall-Vorstand zu einer festen Instanz in der öffentlichen Debatte etabliert. Die Bühne hierfür werde bereitwillig von fast allen untersuchten Medien geboten, und diese Bühne werde Rheinmetall auch nicht mehr so schnell verlassen. Der Konzern sei, so das Fazit des Autors, gekommen, um auf der Bildfläche zu bleiben.

Gelohnt habe sich diese Verschiebung des öffentlichen Diskurses für den Konzern allemal: Da die Investition in die europäische oder deutsche "Sicherheit" nun als guter Zweck Greenwashing und Nachhaltigkeitskriterien überflügelt, wird wesentlich mehr in die Rüstungsindustrie investiert:

"Stand Ende März 2024 ist die Rheinmetall-Aktie die meistgehandelte Aktie des DAX und erreichte mit ca. 520 Euro ihren bisher höchsten Kurs. Im Vergleich dazu dümpelte ihr Wert im Dezember 2021 zwischen 70 und 80 Euro herum."

Zwar sagen die Aktienkurse nichts über tatsächliche Wertproduktion aus, zeigen jedoch die Erwartung von Aktionären an das Unternehmen, zukünftig ordentlich Profit zu machen.

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USA zwingen Kiew zu zweiter Gegenoffensive: Endschlacht für Kiew und die westzentrierte Weltordnung

23. April 2024 um 20:26

Von Sergei Mirkin

Wladimir Selenskij hat in der zweiten Aprilhälfte 2024 vollmundig erklärt, den Plan für eine zweite "Gegenoffensive" vorliegen zu haben. Beobachter werten seine Ankündigung so, dass er dem Teil des US-Establishments, der in eigener Sache Lobbyarbeit für ihn betreibt, eine Garantie gibt: Im Herbst 2024, pünktlich zu den Präsidentschaftswahlen in den USA, wird das ukrainische Militär diese neue "Gegenoffensive" starten.

Hierfür werden im Sommer 100.000 bis 300.000 Mann im Rahmen der Mobilmachung zum Kriegsdienst eingezogen. Anschließend werden ukrainische Truppen in eine breit angelegte Offensive in gleich mehreren Stoßrichtungen gehen – mit viel, viel Infanterie. Auf Verluste wird dabei nicht geachtet werden.

Wohl nicht zuletzt auf derartige Versprechen hin ließ Michael Johnson, Republikaner und Vorsitzender in der Unterkammer des US-Parlaments, endlich über den jüngsten Entwurf für einen Gesetzesakt abstimmen, gemäß welchem weitere Gelder für militärische Hilfen an Kiew genehmigt werden – obwohl ein großer Teil seiner Parteigenossen sich dagegen sträubte.

Natürlich muss Johnson zwischen mehreren Gruppierungen der politischen Landschaft der USA manövrieren und sich beim Bedienen ihrer Interessen im Gleichgewicht halten, wenn er auf seinem Posten bleiben will. Zu den Befürwortern weiterer militärischer Hilfslieferungen und überhaupt Geldern für Kiew gehören die Magnaten des militärindustriellen Komplexes der USA: Ein großer Teil dieser Gelder wird so oder so bei der US-Rüstungsindustrie landen, ob nun die ukrainischen Arsenale unmittelbar beliefert werden sollen oder eben indirekt, aus US-Rüstungsgutbeständen – weil diese danach ja auch aufgefüllt werden müssen. So fanden Journalisten denn auch Lobbyisten der US-Rüstungsindustrie in Johnsons Kreis vor, was kaum verwunderlich ist.

Als Hauptinteressent weiterer Gelder für das ukrainische Militär drängt sich indes das Weiße Haus auf. Anscheinend ist Bidens Mannschaft nichts Besseres eingefallen als die Reanimation des alten Plans für eine ukrainische "Gegenoffensive". Die alte Idee, an die man sich dort diesbezüglich hielt, war: Im Frühjahr oder Sommer 2023 beginnen ukrainische Truppen ihre Offensive im Süden der Front und erreichen – unter günstigen Umständen – die Grenzen der Krim. Somit findet sich die Halbinsel unter Feuerkontrolle seitens ukrainischer Artillerie und Lenkflugkörperträger wieder. Dies wird in Russland als Niederlage gewertet – und auf deren Grundlage kann der Westen dann in Russland einen Aufstand aufwiegeln oder die Lage auf sonstige Weisen destabilisieren.

Als Maximalaufgabe schwebte Washington vor, in Russland eine liberale Regierung an die Macht zu bringen, die dem Westen vollständig ergeben wäre und unter dessen voller Kontrolle stünde. Russland zum Akzeptieren eines vom Westen diktierten Friedens zu zwingen, wäre die Minimalaufgabe.

Wäre auch nur die Minimalaufgabe erfüllt worden, hätte Bidens Mannschaft ihren bedingungslosen geopolitischen Sieg über Russland verkünden können. Doch irgendwie ist das dann doch nicht eingetreten. Und folglich stellte sich der Biden-Regierung sehr akut die Frage: Wie soll man sich vor der Wählerschaft für über 100 Milliarden US-Dollar rechtfertigen, die in das Zwerg-Nase-Projekt "Maidan-Ukraine" hineingebuttert wurden?

Und die kreative Ader im Team Harris-Biden erschöpfte sich damit, auf eskalierendes Commitment bei der Wählerschaft zu hoffen und in dieser Hoffnung gutes Geld schlechtem Geld hinterherzuwerfen: Sprich, das ukrainische Militär wieder in eine Offensive zu zwingen, – und den Kongress dazu, ins Kiewer Schwarze Loch weitere Dutzende Milliarden US-Dollar hineinzuschaufeln.

Wenngleich die Ziele für diese, neue Offensive möglicherweise etwas bescheidener gesetzt werden. Vielleicht würden sich das Weiße Haus und das Pentagon diesmal damit zufriedengeben, dass Kiews Truppen irgendeine größere Ortschaft erobern und sie bis zu den US-Präsidentschaftswahlen auch halten. Dies könnte die US-Regierungspropaganda der eigenen Bevölkerung nämlich als einen Sieg präsentieren. Dabei wird es den US-Behörden wie dem US-Publikum natürlich gänzlich schnuppe sein, wieviele ukrainische Bürger ums Leben kommen, wie die Offensive sich auf die allgemeine Lage des ukrainischen Militärs niederschlagen wird und ob dieses danach einem Großangriff Russlands wird standhalten können. Denn der außenpolitische Kurs des Weißen Hauses lässt sich aktuell auf zwei Punkte herunterbrechen: eine Eskalation im Nahen Osten zu vermeiden – und ins Feuer des Ukraine-Konflikts Öl nachzugießen.

Die jeweils unterschiedlichen Herangehensweisen in Bezug auf Israel und die Ukraine seitens der Angelsachsen zeigten sich sehr gut anhand der Ereignisse in der Nacht auf den 14. April 2024 – als Iran einen Massenangriff mit Marschflugkörpern, ballistischen Raketen und Kamikazedrohnen gegen Ziele auf israelischem Staatsgebiet durchführte. Beteiligt an der Abwehr dieses Angriffs waren Luftstreitkräfte der USA und Großbritanniens – woraufhin Selenskij die Frage nach dem Schutz des ukrainischen Luftraums durch westliche Luftstreitkräfte stellte. Pentagon-Sprecher John Kirby und der britische Außenminister David Cameron entgegneten ihm, einen solchen Schutz werde es nicht geben. Sprich, es gibt da eine Linie, die zu übertreten der kollektive Westen sich demonstrativ weigert: Ein Präsenzkonflikt der NATO-Truppen mit Russlands Streitkräften ist für ihn tabu. Entsprechend erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, die Ukraine solle sich selbst mit Militärpersonal versorgen und alle Probleme in diesem Zusammenhang selbst lösen. Die NATO-Staaten würden Kiew nur Waffen geben. Das sagt uns, dass die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron aufgeworfene Idee mit der Entsendung von Truppen aus NATO-Staaten in die Ukraine vollständig verworfen wurde.

Alles hat sich in extremer Einfachheit und Klarheit offenbart: Die Ukraine soll dem kollektiven Westen einen Blutzoll bezahlen. Entsprechend verbergen ukrainische Politiker nicht, jüngst aufgrund der Unzufriedenheit des Westens aus dem neuen Mobilmachungsgesetz eine Norm gestrichen zu haben – die über die Demobilisierung von Soldaten nach langem Frontdienst. Sie sagen: Würden kampffähige Männer wieder nach Hause geschickt, würde es ja so aussehen, als wollte die Ukraine kapitulieren – und dann hätte es keinen Sinn, ihr weiter zu helfen.

In Wirklichkeit aber ist alles einfacher: Der Westen hat seinem Marionetten-Regime von Maidan-Putschisten befohlen, alle Männer einzuziehen, die es nur in die Finger kriegen kann – und sie in einer neuen "Gegenoffensive" in die Schlacht zu werfen.

Was aber, wenn diese "Gegenoffensive" krachend scheitert? Und wir verstehen alle: Genau das wird auch eintreten.

Denn freilich kann der ukrainische Staat alle Männer (nur Männer?) einziehen, die die Menschenjäger seiner Wehrämter einfangen können; natürlich wird der Westen Waffen und Munition geben, die er in den Ecken seiner Arsenale zusammenklauben kann und vielleicht noch etwas von Drittstaaten hinzukaufen. Dies wird alles gegen Russland gerichtet. Natürlich wird Selenskijs Clicque im Namen der ephemerischen Hoffnung aufs eigene politische Überleben zigtausende ukrainische Bürger verheizen; vom Westen gelieferte Kamikazedrohnen und Lenkflugkörper werden Infrastrukturobjekte (bestenfalls nur diese) in Russlands tiefem Hinterland angreifen. Beispielsweise sprach Selenskij davon, im Rahmen dieser Offensive die Krim-Brücke angreifen zu wollen.

Leicht wird es für Russland nicht – doch seine Armee und Gesellschaft werden dem zweifellos standhalten. Wird aber die Ukraine ihre Niederlage in dieser Offensive überleben?

Hier sind Zweifel mehr als berechtigt. Und hier könnte sich die Frage nicht nur nach der Liquidierung des Projekts "Maidan-Ukraine" stellen, sondern dieser Staat auch im Ganzen von der politischen Weltkarte verschwinden. Und eine derartige außenpolitische Niederlage, zumal auch noch unmittelbar vor den Wahlen, könnte sich für Biden im Besonderen und für die Demokratische Partei der USA im Allgemeinen als fatal erweisen: Eine umfassende Niederlage der ukrainischen Militärs – und damit der hinter ihm stehenden westlichen politischen Eliten und Rüstungsindustrie – wird das Ende der westlichen Weltdominanz donnernd einläuten und eine wichtige Rolle beim dauerhaften Umbau der Weltordnung aus einer monopolaren in eine multipolare spielen.

Die neue "Gegenoffensive", zu der Kiew vom Westen gedrängt wird, könnte die Endschlacht für die Ukraine, Biden samt seinen Demokraten und die westzentrierte Weltordnung werden.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei Wsgljad.

Sergei Mirkin ist ein Journalist aus Donezk mit Spezialisierung im Bereich geschichtliche und politische Themen. 

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Die vergessene Aufklärung: Wie in Deutschland Kants 300. Geburtstag instrumentalisiert wird

23. April 2024 um 20:03

Von Gert Ewen Ungar

Immanuel Kant hatte Geburtstag. Würde er noch leben, hätte er gestern seinen 300. Geburtstag feiern können. Er ist jedoch tot, feiert daher nicht mehr, kann sich aber vor allem nun auch nicht mehr gegen Vereinnahmung wehren. Kant wurde anlässlich seines Geburtstages massiv instrumentalisiert. Einer, der ihn für seine Zwecke missbrauchte, ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). 

Eine Rechtsordnung, in der alle Staaten nach innen republikanisch und demokratisch verfasst sind und nach außen die Rechte aller anderen Staaten respektieren – darin lag für den Philosophen Immanuel Kant, geboren heute vor 300 Jahren, das anzustrebende „Heil der Welt“. 1/5

— Bundeskanzler Olaf Scholz (@Bundeskanzler) April 22, 2024

Kant wurde am 22. April 1724 im preußischen Königsberg geboren und liegt im russischen Kaliningrad begraben. Es ist geografisch derselbe Ort. Kant hat Königsberg nie verlassen. Dass der bedeutende deutsche Philosoph jetzt auf russischem Territorium begraben liegt, bezeugt auch das grundlegende Scheitern Europas am Denken des Autors der Schrift "Zum ewigen Frieden".

Dass dieses Scheitern nicht zu Ende ist, machen die Einlassungen von Bundeskanzler Olaf Scholz anlässlich des Geburtstages des Philosophen deutlich. Kant wäre heute gegen Friedensverhandlungen in der Ukraine, behauptet der Bundeskanzler.

Ein Angegriffener "soll nicht gezwungen sein, sich auf einen Frieden einzulassen, den der Aggressor mit dem 'bösem Willen' abschließt, den Krieg bei 'erster günstiger Gelegenheit' wieder aufzunehmen",

zitiert Scholz Kant.

Scholz legitimiert damit seine Ablehnung von Friedensverhandlungen, denn er unterstellt Russland, an einem echten Friedensschluss nicht interessiert zu sein. Damit täuscht Scholz nicht nur seine Wähler, sondern auch gleich noch einen Kant-Experten. Scholz bekommt im ZDF Unterstützung von dem Philosophen Marcus Willaschek, der die bizarre Interpretation von Scholz stützt und damit auf ein Problem in Deutschland aufmerksam macht.

Das Denken ist in Deutschland inzwischen massiv verflacht und von großer geistiger Provinzialität. Die Ursache für diese Verflachung liegt unter anderem in der umfassenden Zensur, die in Deutschland wieder herrscht. Sie geht einher mit der Koordination der Narrative. Der Beitrag im ZDF zum Geburtstag Kants ist ein Beispiel dafür, denn natürlich bedient er antirussische Klischees. Putin wolle Kant russifizieren, ist da zu lesen. Das ZDF behauptet eine Gleichmacherei, die zwar in Deutschland verbreitet, in Russland aber fremd ist. Russland schätzt und pflegt die Vielfalt. Vor allem aber schätzt es an sich selbst, dass es unterschiedlichen Kulturen, unterschiedliche Weisen des Denkens und ganz unterschiedlichen Traditionen Raum bietet.

Zum anderen liegt die Verflachung des Diskurses sicherlich auch an der gesellschaftlichen Atmosphäre. Der Konformitätsdruck ist in Deutschland enorm. Das wird auch im Wissenschaftsbetrieb deutlich. Das Regierungsnarrativ legt in Deutschland wieder fest, was an den Universitäten gesagt und in welche Richtung geforscht und gelehrt werden darf. Professuren sind wieder daran gebunden, politische Vorgaben zu beachten. Wer von der vorgegebenen Linie abweicht, bekommt in Deutschland keinen Platz am Katheder, musste neulich die US-amerikanische Philosophin Nancy Fraser feststellen, die wegen Israel-Kritik von einer Gastdozentur an der Universität zu Köln wieder ausgeladen wurde. 

Nein, Kant wäre nicht für Aufrüstung, er wäre nicht für eine neue Militärarisierung, er wäre nicht für die Konfrontation.  Er wäre vor allem nicht gegen Friedensverhandlungen, zumal es eben entgegen den Behauptungen von sowohl Scholz als auch Willaschek nicht um Verhandlungen zur Vorbereitung eines weiteren Krieges geht. Die von Russland immer wieder angebotenen Verhandlungen haben zum Ziel, eine neue Sicherheitsordnung in Europa zu implementieren, in der die Sicherheitsinteressen aller Länder einschließlich Russlands berücksichtigt werden.

Das aber wiederum ist ein durchweg kantischer Ansatz, der jedoch von den Ländern der EU und von Deutschland zurückgewiesen wird. Dort strebt man nach einem Sieg über Russland und fordert die Unterordnung russischer Interessen unter die des Westens. Scholz hat Kant eben nicht verstanden. Er will es auch gar nicht. Kant ist ihm zu friedliebend – sein Denken passt nicht ins gegenwärtige Deutschland. Kant muss daher radikal gegen sich selbst interpretiert werden. 

Dass man mit Kant in Deutschland gerade wenig am Hut hat, wird auch an der deutschen Gesprächsverweigerung deutlich. Scholz redet nicht mit Putin, Baerbock nicht mit Russlands Außenminister Lawrow. Die Preisgabe von Diplomatie ist der deutlichste Rückfall nicht nur Deutschlands, sondern des gesamten kollektiven Westens hinter das Denken Kants.

Dass der Westen weit hinter Kant zurückgefallen ist, wird aber noch an anderer Stelle deutlich:

“Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines anderen Staats gewalttätig einmischen",

steht gleich im ersten Abschnitt von Kants kleiner Schrift "Zum ewigen Frieden".

Dieses Prinzip der Nichteinmischung fand Eingang in die UN-Charta. Es ist eines der zentralen Prinzipien des Völkerrechts. Der Kollektive Westen verstößt gegen dieses Prinzip permanent. Eine ganze Einmischungsindustrie von Organisationen, die nur der Bezeichnung nach von Regierungen unabhängig sind, dient vorrangig dem Zweck der Einflussnahme in anderen Ländern und der Durchsetzung der westlichen Agenda. Ohne westliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine würde es den Ukraine-Krieg nicht geben.

Der aktuelle Trend westlicher und auch der deutschen Regierung, nicht die Länder, sondern deren Regierungen je nach Gefallen wahlweise anzuerkennen oder auch nicht, ist ein weiterer Beleg dafür, wie sehr sich Kant auf der einen und Deutschland und der Kollektive Westen auf der anderen Seite inzwischen fremd geworden sind. 

Kant war Universalist. Er glaubte, dass es universelle, allzeit gültige Werte gibt. Was er nicht sah, ist, dass das Wissen um diese Werte vergessen werden kann. Das ist in Deutschland passiert – wohlgemerkt nicht zum ersten Mal. Die Aufklärung ist inzwischen weitergewandert. Das wird an dem Umgang mit dem Gedenken an Immanuel Kant anschaulich.

Die Deutschen sehen in ihm einen deutschen Denker. Eine Kooperation mit Russland zur Pflege seines Andenkens kommt jedoch nicht infrage. Das Kant-Haus in Kaliningrad war eine Ruine. Russland suchte die Zusammenarbeit. Deutschland wand sich, zögerte hinaus, stellte Forderungen und Bedingungen. Schließlich stellte Putin aus dem Reservefonds der Russischen Föderation 42 Millionen Rubel zur Renovierung und Einrichtung eines Museums zur Verfügung. Es war ihm ein persönliches Anliegen. Anlässlich des Geburtstages von Kant wurde in Kaliningrad ein Kongress veranstaltet. Das offizielle Deutschland blieb fern. 

In Deutschland wird nun unterstellt, Russland und Putin würden Kants Vermächtnis instrumentalisieren. Derartige Unterstellungen, verbunden mit der Behauptung, man habe Einblick in die Maximen der Handlungen von Dritten, zeigen ebenfalls, wie sehr man sich in Deutschland von Kant und seinem Denken entfernt hat. Es regiert die Missgunst und die Selbstüberschätzung. Große geistige Entwürfe sind aus Deutschland daher gerade nicht zu erwarten.

Deutschland bekommt eine anständige Erinnerungskultur nicht hin. Wenn das deutsche Versagen von einem anderen Land kompensiert wird, werden böse Absichten unterstellt. Angesichts der aktuell regierenden Kleingeistigkeit in Deutschland, würde Kant wohl heute schon aus ganz grundlegenden ethischen Erwägungen lieber in Russland begraben liegen. 

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"Politico": Afrika will sich nicht mehr von Washington belehren lassen

23. April 2024 um 19:53

Laut einem Bericht des Magazins Politico verliert die US-Regierung zunehmend Einfluss in den afrikanischen Ländern. Das aktuellste Beispiel ist der Niger.

Im vergangenen Jahr hatte dort die Armee durch einen Staatsstreich die Macht ergriffen. Die neuen Machthaber schlossen sich anschließend den Nachbarländern Mali und Burkina Faso an, und beendeten militärische Abkommen mit einstigen westlichen Verbündeten wie Washington und Paris.

Zudem verließen sie die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) und suchten engere Beziehungen zu Russland.

Die USA müssen nun mehr als 1.000 Soldaten aus dem Niger abziehen und könnten den Zugang zu einer wichtigen Drohnenbasis verlieren, wie eine anonyme Quelle aus Washington gegenüber Politico erklärte.

Washington hatte letzte Woche bestätigt, dass es einen "geordneten und verantwortungsvollen Rückzug" aus Niger anstrebt. Die Übergangsregierung des westafrikanischen Landes, die zuvor die französischen Truppen auf ähnliche Weise vertrieben hatte, hat sich für eine Sicherheitskooperation mit Russland entschieden.

Auch der benachbarte Tschad hat Berichten zufolge die US-Amerikaner zum Abzug aufgefordert. Es deutet sich immer stärker eine breitere regionale Abkehr von den westlichen Mächten in Afrika an.

Namentlich nicht genannte US-Offizielle erklärten gegenüber Politico, die Entwicklungen seien darauf zurückzuführen, dass die USA im Umgang mit afrikanischen Staaten ideologische Ziele verfolgen.

Washington versuche, Hilfe von demokratischen Reformen und anderen politischen Forderungen abhängig zu machen, was einige afrikanische Führer mit dem Argument zurückgewiesen haben sollen, dass Washington "ähnliche Probleme mit Verbündeten in anderen Teilen der Welt ignoriere", so Politico.

"Die meisten dieser Regierungen wollen sich wirklich nicht vorschreiben lassen, was sie zu tun haben", zitiert das Magazin eine der anonymen Quellen. Und weiter:

"Es gibt eine lange Geschichte, in der der Westen den afrikanischen Ländern vorschreibt, wie sie zu regieren haben, und jetzt sagen sie endlich 'genug'."

Hinter verschlossenen Türen sollen US-Beamte mittlerweile zunehmend dazu aufrufen, "demokratische Herausforderungen" zu übersehen, um den Zugang zu den natürlichen Ressourcen der afrikanischen Länder zu erhalten und China und Russland in Schach zu halten, schreibt Politico weiter.

Eine der anonymen Quellen gegenüber dem Magazin:

"Die Befürchtung ist: 'Okay, wir ziehen uns zurück, und Russland kommt rein' (...) Sind wir wirklich ein guter Partner, wenn wir gehen, wenn sie am verwundbarsten sind?"

Es ist kein Geheimnis, dass unter anderem Moskau und Peking die von Washington geförderte sogenannte "regelbasierte Ordnung" kritisieren und sie als Deckmantel für eine neokolonialistische Politik brandmarken.

Die Kritiker werfen Washington vor, eine moralische Rhetorik zu nutzen, um die Entwicklung anderer Nationen zu untergraben und ein globales Wirtschaftssystem durchzusetzen, das letzten Endes ihnen selbst und ihren Verbündeten zugutekommt.

Politico zufolge besteht ein Teil der fehlgeschlagenen US-Strategie in Afrika auch darin, die russische Präsenz als "parasitär" darzustellen. Dies habe die betroffenen afrikanischen Länder jedoch nicht dazu veranlasst, ihre Entscheidungen für eine Partnerschaft mit Moskau zu revidieren.

In dem Artikel des Magazins heißt es weiter, dass es noch unklar sei, wann oder ob die US-Truppen Niger verlassen werden. Einer anonymen Quelle zufolge könne Washington versuchen, einen Weg für ihren Verbleib auszuhandeln, indem es dem Militär von Niamey Ausbildungsdienste anbietet.

Mehr zum ThemaUSA müssen Truppen aus Niger abziehen – bald auch aus Tschad?

Palästinensischer Aktivist: Deutsche Linke lassen uns ganz besonders im Stich

23. April 2024 um 19:15

Von Felicitas Rabe

Am Freitag organisierten Vertreter der Internationalen Sozialistischen Organisation (ISO) in Kooperation mit der Redaktion der Sozialistischen Zeitung (SoZ) in Köln die Podiumsdiskussion "Stoppt den Krieg in Gaza! Wege zu einem solidarischen Zusammenleben in Palästina!"

Die Veranstaltung fand im Nachklang des verbotenen Internationalen Palästinakongresses in Berlin statt. In Ihrem Aufruf erklärten die Kölner Organisatoren: "Selbst die sogenannte internationale Gemeinschaft, die bisher stets in Treue zur israelischen Regierung stand, die Vereinten Nationen und ihr Generalsekretär sowie auch der katholische Papst können und wollen nicht mehr zu diesen Verbrechen gegen die Menschheit und gegen das Völkerrecht schweigen."

"In Deutschland aber werden der 'Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost' die Konten gekündigt; palästinensische Gruppen werden als antisemitisch diffamiert und ihr Protest gegen den Massenmord unterdrückt. [...] Gibt es überhaupt noch Wege für ein friedliches Zusammenleben der jüdischen, palästinensischen und arabischen Bevölkerung im Nahen Osten? Darüber wollen wir reden."

Infolge der Aufrufsinhalte wurden die bereits vereinbarten Veranstaltungsräume vom Bürgerzentrum Alte Feuerwache in Köln gekündigt. Weitere angefragte Raumbetreiber lehnten die Veranstaltung von vorneherein ab, berichtete der Journalist Gerhard Klas von der SoZ bei der Moderation der Podiumsdiskussion im Naturfreundehaus Köln-Kalk. Ausdrücklich bedanke man sich bei den Naturfreunden für die Vergabe des Veranstaltungssaales für diese Diskussion. Trotz einer weitgehenden Diffamierung von Palästina-Solidarität als Antisemitismus in der deutschen Presse besuchten 40 interessierte Zuschauer die Diskussion.

Vorgetäuschte Zweistaatenlösungs-Debatte

Zur Podiumsdiskussion geladen waren Wieland Hoban, der Vorsitzende der 'Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost' und Mohammed Abu Hajar vom Palästinakomitee Kassel. Hoban war einer der Mitveranstalter des Internationalen Palästinakongresses, welcher am 12. April vor den Augen der Teilnehmer aus aller Welt von der Berliner Polizei brutal gestört und verboten wurde.

Auf die Frage nach der Zweistaatenlösung erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Hoban, aktuell würde man diese vermeintliche Lösung von offiziellen Stellen vermehrt zum Thema machen, um die komplette Zerstörung Palästinas zu verschleiern. Abgesehen davon sei der Vorschlag einer einvernehmlichen Einstaatenlösung vom zionistischen Projekt Israel historisch auch nie vorgesehen gewesen.

Nach Ansicht von Abu Hajar vom Palästinakomitee Kassel sei eine Zweistaatenlösung gar nicht umsetzbar. Der Student der Universität Kassel ist Mitglied der kommunistischen Bewegung in Syrien. Zwar sei Nationenbildung in Europa grundsätzlich immer mit Vertreibungen verbunden gewesen, so Hajar. Aber in Palästina sei die Bildung von zwei Staaten mittlerweile aufgrund der schieren Menge von notwendigen Vertreibungen nicht mehr zu verwirklichen. Wegen der vielen Israelis und der vielen Palästinenser, die dafür vertrieben und umgesiedelt werden müssten, sei sie absolut unrealistisch. Das betreffe sowohl die in Israel lebenden Palästinenser, als auch die israelischen Siedler in der Westbank. Insofern sei die aktuell diskutierte Zweistaatenlösung reine Ablenkung. 

Schließlich komme noch hinzu, ergänzte Hoban, dass die scheinbar vorgesehene Zweistaatenlösung völlig ungerecht sei. Derzeit lebten in Israel und Palästina sieben Millionen Palästinenser und sieben Millionen Juden. Nach der Logik des kolonialen Paradigmas seien bei einer potenziellen Zweistaatenlösung für die Palästinenser weiterhin nur "ein paar Krümel" bzw. nur 22 Prozent der Gesamtfläche des Territoriums eingeplant.

Diese Entwicklung verdankten die Palästinenser auch solchen Kollaborationsregimes wie der Autonomiebehörde von Mahmud Abbas. Mittels politischer Marionetten in der Autonomiebehörde  werde die palästinensische Bevölkerung kontrolliert. Mit gelegentlichen, lautstarken Reden gäben sich die Kollaborateure ab und an mal einen Anstrich von Glaubwürdigkeit.

Nach dem Selbstverständnis der 'Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden' wolle man sich bei der Diskussion über eine bestimmte Staatsform in Palästina bewusst heraushalten. "Wir wollen von Deutschland aus nichts vorgeben", erklärte Hoban.

Anti-arabischer Rassismus unter dem Vorwand des Antisemitismus

In Deutschland werde die Ungerechtigkeit auf die Spitze getrieben, berichtete Abu Hajar. Nachdem ein palästinensischer Student der Universität Kassel bei einem Familienbesuch in Gaza mitsamt 13 weiteren Familienmitgliedern von Israelis ermordet worden war, hatten ein paar Studenten an der Uni Kassel eine kleine Trauerfeier für ihren verstorbenen Kommilitonen organisiert. Der Direktor der Universität sei daraufhin dort eingedrungen, habe den Strom für den Raum der Gedenkveranstaltung abgeschaltet und die Trauerfeier verboten.

Dieser Vorfall habe zu einem endgültigen Bruch zwischen den arabischen Aktivisten und den deutschen Behörden geführt. Zu dem Konflikt zwischen den arabischstämmigen Migranten und den deutschen Behörden erklärte Hajar:

"Es ist nicht unsere Aufgabe, dieses Problem zu lösen, das ist Aufgabe der deutschen Behörden."

Die palästinensischen Aktivisten fühlten sich in Deutschland aber auch von den deutschen Aktivisten im Stich gelassen.

"Wir hatten erwartet, dass uns insbesondere linke deutsche Aktivisten bei unserem anti-kolonialen Kampf unterstützen."

Stattdessen müsse sich die arabische Community in Deutschland jedoch fragen:

"Entwickelt sich Deutschland gerade zu einem Faschismus – und wir sind die einzigen, die dagegen kämpfen?"

Weltweite Organisierung jüdischer Anti-Zionisten gegen Israel

"Nicht alle jüdischen Menschen in der Welt stehen hinter Israel. Schon gar nicht wollen sie sich alle von diesem Staat vertreten lassen. Das will aber die israelische Regierung so darstellen," erläuterte Hoban die gespaltene Haltung innerhalb der jüdischen Gesellschaft. Die 'Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost'  habe sich im Jahr 2003 zunächst als Initiative auf Anregung der Organisation 'European Jews for a Just Peace' gegründet. Als Verein bestehe die Gruppe seit 2007. Aktuell würden anti-zionistische Gruppen in Europa und den USA immer mehr Zulauf bekommen. Seit dem 7. Oktober vergangenen Jahres seien auch in Deutschland viele Ex-Israelis der 'Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost' beigetreten.

Für diese Menschen sei es besonders schmerzhaft, dass die angebliche "Jüdische Sicherheit" in Deutschland als Vorwand für die Verfolgung arabischer Migranten genutzt werde. Obendrein würde man die Statistik antisemitischer Vorfälle verfälschen, indem man jegliche palästinensischen Befreiungsparolen auf Demonstrationen – oder entsprechende Graffitis – darunter zähle. Es fehle in weiten Teilen der deutschen Linken jegliches Bewusstsein über den pro-israelischen Rassismus gegenüber anderen Migranten.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion wurden im Gespräch mit dem Publikum viele der angesprochenen Themen noch vertieft, insbesondere die Bedingungen für eine gerechte Einstaatenlösung für Palästinenser und Israelis.

Besonders in Deutschland: Diffamierung bei pro-palästinensischem Engagement

Am Ende diskutierte man noch über die besonders in Deutschland grassierende Sorge, sich offen pro-palästinensisch zu äußern. Das betreffe vor allem den deutschen Journalismus. Gelegentlich gebe es zwar auch kritische Stimmen in den Redaktionen, aber im Großen und Ganzen befürchte man hierzulande bei einem Israel-kritischen Beitrag stets den Vorwurf des Antisemitismus.

Welche Konsequenzen die Veranstalter des Berliner Palästina-Kongresses aus dem Verbot ziehen würden, sei noch nicht geklärt. Organisationen aus mehreren anderen europäischen Ländern hätten aber schon angeboten, die Konferenz in ihren Ländern zu organisieren. Nach Ansicht von solidarischen Juristen sei eine "Pseudoargumentation" seitens der Behörden in Berlin besonders stark entwickelt. "Berlin ist ein rechtsfreier Raum, da machen diese Leute, was sie wollen," gab Hoban die Auffassung der Anwälte der Veranstalter wieder. An der Uni Köln wurde kürzlich die bereits zugesagte Gastprofessur der jüdischen Philosophieprofessorin Nancy Fraser wieder abgesagt. Begründet worden sei die Absage laut Fraser damit, dass sie die Erklärung  "Philosphy for Palestine" unterzeichnet habe. So habe man es ihr im März per E-Mail mitgeteilt.

Mehr zum Thema - Gaza: Hungernde und die deutsche Komplizenschaft

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schweiz: Gesperrte russische Kundenvermögen geschrumpft

23. April 2024 um 18:36

Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat unlängst die neuesten Zahlen zu den in der Schweiz gesperrten russischen Vermögenswerten bekannt gegeben. Ende 2023 belief sich der Wert der gesperrten Vermögen auf 5,8 Milliarden Franken, was einen deutlichen Verlust um 1,7 Milliarden Franken gegenüber Dezember 2022 ausmacht. Diese Einbußen sind hauptsächlich auf Bewertungsverluste bei Wertpapieren zurückzuführen.

Das SECO teilte außerdem mit, dass Vermögenswerte im Umfang von 140 Millionen Franken wieder freigegeben wurden, weil die rechtlichen Voraussetzungen für deren Sperrung nicht gegeben waren. Laut der Behörde seien nunmehr 17 Liegenschaften in sieben verschiedenen Kantonen sanktioniert. Der Rückgang der gesperrten Vermögenswerte ist hauptsächlich auf Wertverluste von russischen Aktien und Finanzanlagen zurückzuführen, die durch internationale Sanktionsmaßnahmen in ihrer Wertentwicklung beeinträchtigt wurden.

Dank eigener Ermittlungen und vertiefter Abklärungen durch Banken wurden zusätzlich weitere Vermögenswerte im Umfang von 580 Millionen Franken gesperrt. Außerdem sind zwei weitere Liegenschaften sanktioniert worden, was die Gesamtzahl der gesperrten Immobilien auf 17 erhöht. Darüber hinaus sind Sport- und Luxusfahrzeuge, Kunstwerke, Möbel und Instrumente von den Sperrungen betroffen.

Die deutliche Wertverlust der gesperrten Vermögen könnte dazu führen, dass der internationale Druck auf die Schweiz wächst, die zu beschlagnahmenden Vermögenswerte sanktionierter Russen schneller zu identifizieren und zu blockieren. Die Schweiz hat die EU-Sanktionen gegen Russland übernommen, wodurch das SECO für die Umsetzung der Sanktionen in der Schweiz verantwortlich ist.

Wenn es um die russische Zentralbank geht, wird in der EU und der einst neutralen Schweiz offiziell nicht von Enteignung oder Sperrung gesprochen, sondern verbrämt nur von angeblicher "Immobilisierung".

Das bedeutet, dass die Zentralbankvermögen zwar offiziell nicht als gesperrt gelten, der praktische Effekt aber der gleiche ist: Diese Vermögenswerte können weder frei verwendet noch bewegt werden.

Neben russischen Privatvermögen sind auch erhebliche Werte der russischen Zentralbank im Westen eingefroren. Das globale Volumen dieser sogenannten "immobilisierten" Zentralbankvermögen beträgt etwa 300 Milliarden US-Dollar, was diese weit bedeutender als die gesperrten Privatvermögen werden lässt. Rund zwei Drittel davon sind in der Europäischen Union deponiert, wobei der größte Anteil von der Euroclear Holding S.A. in Belgien verwahrt wird.

In der Schweiz waren Ende Februar 2024 rund 7,2 Milliarden Franken an russischen Zentralbankgeldern "immobilisiert", was einem leichten Rückgang gegenüber 7,4 Milliarden Franken im Mai 2023 entspricht. Auch diese Gelder werden nicht von der Schweizerischen Nationalbank, sondern von privaten Finanzinstituten verwaltet.

Die klare Konfiszierung privater russischer Vermögen zur Finanzierung eines Wiederaufbaus in der Ukraine ist in der Schweiz jedoch nicht zulässig, da die Regierung dies als Verstoß gegen die Bundesverfassung betrachtet. Die Schweiz war einst ein beliebtes Ziel für die russische Elite, und russische Millionäre und Milliardäre waren auch gern gesehene oder bevorzugte Kunden der Schweizer Vermögensverwaltungsbanken.

Mehr zum Thema - Korruptionsprofite: Millionen aus den ärmsten Ländern fließen in die Schweizer Staatskasse

Schoigu meldet Aufstockung der NATO-Truppen nahe Grenzen Russlands

23. April 2024 um 17:42

Russlands Verteidigungsminister, Armeegeneral Sergei Schoigu, hat am Dienstag an einer Sitzung des Beratungsgremiums seiner Behörde teilgenommen. Ein Video dazu wurde auf dem Telegram-Kanal des Ministeriums veröffentlicht. In seiner Rede betonte Schoigu, dass die Nordatlantische Allianz ihre Aktivitäten nahe der russischen Grenzen intensiviert habe. Der Beitritt Schwedens zum Bündnis Anfang März habe militärpolitische Spannungen in den strategischen Richtungen West und Nordwest erhöht, stellte er fest. Hierbei führte der Minister aus:

"Heute zählt die NATO-Verstärkungstruppe an unseren Grenzen bis zu 33.000 Menschen, etwa 300 Panzer und mehr als 800 weitere gepanzerte Kampffahrzeuge."

Laut Schiogu würden heutzutage mehrere Übungen vereinter Kräfte der NATO-Mitgliedsstaaten abgehalten, an denen bis zu 90.000 Militärs beteiligt seien. Das erklärte Ziel dieser Manöver sei, die Abwehr einer möglichen russischen Aggression zu üben. Ferner wies der russische Verteidigungsminister darauf hin, dass das Bündnis auch Versuche unternehme, seine Aktivitäten in der Arktis zu verstärken.

Russland sehe sich gezwungen, auf ein solches Vorgehen westlicher Länder zu reagieren und angemessene Gegenmaßnahmen zu ergreifen, betonte Schoigu. Entsprechend den Bedrohungen, die von den USA und ihren Verbündeten ausgingen, werde Russland die Zusammensetzung und Struktur seiner Streitkräfte weiter verbessern. Man werde zudem die Produktion der Waffen und des Kriegsgeräts steigern, die am gefragtesten seien.

Darüber hinaus ging Schoigu in seiner Rede auf den Ablauf der militärischen Spezialoperation in der Ukraine ein. Er gab dazu an, dass russische Truppenverbände die Oberhand an der gesamten Frontlinie hätten. Die Einheiten der russischen Armee drängten gegnerische Kräfte weiterhin aus ihren Stellungen.

"Das Kiewer Regime konnte seine Ziele in der von NATO-Ausbildern vorbereiteten Gegenoffensive nicht erreichen. Unsere Armeeangehörigen haben den Mythos von der Überlegenheit westlicher Waffen zerstreut."

Mehr zum Thema - Russische Kampfroboter bald im Einsatz – Verteidigungsminister Schoigu inspiziert neueste Technik

Haiti: Über 50.000 Kindern droht der Hungertod

23. April 2024 um 17:27

In Haiti sind nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks (UNICEF) mehr als 58.000 Kinder wegen der zunehmenden Bandengewalt und des Regierungsvakuums vom Hungertod bedroht.

"Die Lage in Haiti ist katastrophal und wird von Tag zu Tag schlimmer", sagte UNICEF-Chefin Catherine Russell gestern vor dem UN-Sicherheitsrat.

Sie fügte hinzu:

"Port-au-Prince ist inzwischen durch Luft-, See- und Landblockaden fast vollständig abgeriegelt."

Zwei Drittel der Kinder in Haiti seien auf Hilfe angewiesen. Zudem seien Frauen und Mädchen extrem von geschlechtsspezifischer und sexueller Gewalt betroffen.

Nach Monaten eskalierender Bandenkriminalität und des Zerfalls staatlicher Institutionen hatte Premierminister Ariel Henry seinen Rücktritt erklärt.

Ein Präsidialrat soll den unter politischer Instabilität und großer Armut leidenden Karibikstaat zur Normalität zurückführen. Ein offizieller Termin für diesen Schritt steht allerdings noch aus.

Die UN-Sonderbeauftragte für Haiti Maria Isabel Salvador sagte vor dem Sicherheitsrat:

"Seit dem 8. März haben fast 100.000 Haitianer Port-au-Prince verlassen und sind auf der Suche nach Sicherheit vor Bandengewalt in die Regionen geflohen."

USA schieben weiter ab

Trotz der humanitären Krise haben US-Behörden einem Medienbericht zufolge wieder Abschiebeflüge in den Karibikstaat gestartet.

Wie das Portal Diario Libre berichtet, wurden vor wenigen Tagen etwa 50 Menschen aus den USA nach Haiti gebracht. Die US-Politik bestehe darin, Nichtstaatsbürger zurückzuschicken, die keine rechtliche Grundlage für ihren Verbleib in den Vereinigten Staaten vorweisen könnten, hieß es.

Die Nichtregierungsorganisation Witness at the Border berichtete, das Abschiebeflugzeug sei aus Alexandria im US-Bundesstaat Louisiana über Miami nach Cap-Haïtien geflogen.

An Bord habe sich auch ein Familienvater befunden, der seit 20 Jahren in den USA gelebt und dort eine Tochter habe.

Mehr zum ThemaUNO schlägt Alarm wegen Situation in Haiti: Gewalt bringt Hunger auf Rekordhoch

Gebühr auf Gas-Exporte: EU-Kommission droht Deutschland mit Verfahren wegen Vertragsverletzung

23. April 2024 um 17:16

Das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unter Leitung des Vize-Kanzlers Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) stellt den abrupten Ausstieg aus dem Bezug von russischem Erdgas als vollen Erfolg dar. In kurzer Zeit sei es gelungen, sich aus der angeblichen früheren "Abhängigkeit von Russland" zu befreien, behauptet der Wirtschaftsminister. Der deutsche Vertragsbruch gegenüber Russland hat allerdings einen hohen Preis für viele andere, denn der Bezug von Gas aus alternativen Quellen ist teuer.

Da Deutschland auch gegenüber Abnehmerländern in vertraglichen Verpflichtungen steht, die wie bisher von Deutschland aus mit Gas beliefert werden müssen, kam man in der Bundesregierung auf die Idee, die drohenden finanziellen Verluste infolge höherer Gaspreise für die Fortsetzung des Imports durch eine "Neutralitätsabgabe" auf den Export an Abnehmerländer wieder auszugleichen. Diese "Neutralitätsabgabe" musste nun seit ihrer Einführung bereits auf das Dreifache erhöht werden, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Es handele sich dabei um eine Form von Exportzoll und damit um eine vertragswidrige Handelsbarriere innerhalb der EU, argumentieren nun einige Abnehmerländer und fordern von der EU-Kommission die Einleitung von Maßnahmen gegen Deutschland. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, man sei in der Angelegenheit mit Deutschland in Kontakt. 

Im Bundesministerium für Wirtschaft reagiert man wie gewohnt dünnhäutig und hat kein Verständnis für diese Beschwerde über die massiv gestiegenen Bezugskosten der Abnehmerländer. Auch glaubt man im Ministerium unter Habeck nicht, dass der hohe Preis dazu führen könnte, dass Länder Osteuropas wieder auf direkten Bezug von russischen Gas zurückgreifen könnten:  

"Der Handel zwischen den Mitgliedstaaten wird durch die Abgabe nicht eingeschränkt, daher gibt es keinen Grund, auf russisches Gas umzusteigen", heißt es dazu aus dem BMWK.

Auch zeigt man sich im BMWK immer wieder überrascht von der Tatsache, dass in einer Marktwirtschaft der Preis für Lieferanten wie Kunden ein entscheidender Faktor ist. Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden innerhalb der EU (ACER) erklärte in diesem Zusammenhang eindeutig, die von Deutschland erhobene Gebühr wirke sich auf den Gaspreis in den Abnehmerländern aus. 

Dennoch lehnt die Bundesregierung im Einklang mit dem Bundeswirtschaftsminister Habeck die Wiederaufnahme des Bezugs von günstigem russischem Gas durch den noch verbliebenen intakten Strang der neuen Trasse Nord Stream 2 durch die Ostsee weiterhin ab. Russland hat mehrfach angeboten, Deutschland weiterhin über Nord Stream zu versorgen, was einen sofortigen positiven Effekt auf die deutsche Wirtschaft hätte.

Mehr zum Thema – Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme wieder bei 19 Prozent

Krisen- und Insolvenzticker – Keine Trendwende: Export in Drittstaaten erneut zurückgegangen

23. April 2024 um 17:05
Preview Die deutsche Wirtschaft kriselt. Unter dem Druck dramatisch steigender Energiekosten und anderer ungünstiger Rahmenbedingungen sind seit 2022 tausende Unternehmen insolvent gegangen. Wir fassen in diesem Ticker die wichtigsten Entwicklungen und Neuigkeiten zusammen.

Handelsverband: Deutschland drohen Geisterstädte

23. April 2024 um 16:59

Nach der Bauwirtschaft ist es nun auch der Handel: Eine weitere Branche fordert Unterstützung von der Regierung, weil sonst massive Folgen drohen. "Wenn der Einzelhandel geht, stürzen ganze Innenstädte. Wenn die Menschen keinen Anlass mehr für einen Innenstadtbesuch haben, dann drohen Geisterstädte", erklärte der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Alexander von Preen.

Der HDE ist ein Dachverband von Einzelhandelsverbänden, der 1919 gegründet wurde. Wobei auch der Verband selbst mit der Zahl der Einzelhandelsgeschäfte schrumpft. Von 2015 bis heute ist diese in Deutschland von 372.000 auf 306.000 gefallen. Für das laufende Jahr erwartet der Verband mindestens 5.000 weitere Schließungen.

Was die Entwicklung der letzten Jahre aber so besonders kritisch macht, ist, dass nun auch die großen Konzerne betroffen sind. Die letzte verbliebene Kette von Innenstadtkaufhäusern, Galeria Karstadt Kaufhof (in der zuvor schon Hertie verschwunden war), wird im Zuge der Signa-Pleite weitere Niederlassungen schließen. Auch Bekleidungsfilialisten wie Hallhuber oder Peek & Cloppenburg gerieten in Schwierigkeiten oder mussten ganz schließen.

Es brauche einen jährlichen Gipfel, so der Verband, und Vernetzungen nicht nur mit dem Bundesbauministerium. Vorgeschlagen werden Ansiedlungsmanager für den Leerstand und öffentliche Zuschüsse für maximal 60 Monate bei Ansiedlung eines Geschäfts. Ob es aber tatsächlich gelingt, politische Unterstützung und auch noch die entsprechenden Haushaltsmittel zu finden, bleibt fraglich.

Mehr zum Thema - Medienberichte: Berliner KaDeWe vor Insolvenz

Experte: Sanktionen gegen russisches LNG lassen die Preise steigen

23. April 2024 um 16:09

Der schwedische Außenminister Tobias Billström erklärte kürzlich, dass das 14. Sanktionspaket gegen Russland auch ein Verbot von LNG-Lieferungen beinhalten könnte. Dabei kaufte in den ersten beiden Monaten dieses Jahres die EU Flüssiggas aus neun Ländern für insgesamt sieben Milliarden Euro, meldet die Statistikbehörde Eurostat.

Hauptexporteur in die EU waren die USA mit 48 Prozent, die Lieferungen im Wert von 3,4 Milliarden Euro tätigten. Der zweitgrößte Lieferant ist Moskau, das seinen Anteil am europäischen Gasmarkt im Laufe des Jahres um 5 Prozentpunkte auf 1,3 Milliarden Euro ausbaute. Algerien und Katar gehören ebenfalls zu den fünf wichtigsten Versorgern. Sollte die EU also beschließen, ein Verbot für russisches LNG in das neue Sanktionspaket aufzunehmen, würde die Region in Schwierigkeiten geraten, meinen Experten.

Die Sanktionen der Europäischen Union gegen die Lieferung von Flüssigerdgas aus Russland könnten zu einem Anstieg der Preise auf dem Weltmarkt führen, so Igor Juschkow, Experte der Finanzuniversität der Regierung Russlands und führender Experte des Nationalen Energiesicherheitsfonds. In einem Gespräch mit dem Portal Lenta.ru erklärte er:

"Sie werden mehr aus den USA oder Katar kaufen müssen, was bedeutet, dass sie mehr für Gas bezahlen müssen als in Asien. Gerade bei LNG wird der Wettbewerb zwischen Europa und den Asiaten noch härter sein. Europa wird immer mehr zahlen, als Asien bereit ist zu geben, damit das Gas dorthin kommt. Das ist für sie ein Problem, das den Preis in die Höhe treiben wird."

Allerdings könnten die EU-Länder, die derzeit keine LNG-Lieferungen erhalten, eine solche Entscheidung blockieren, so Juschkow weiter. Als Beispiel führt er Ungarn an, das Pipeline-Gas bezieht - im Falle einer Preiserhöhung auf dem Markt wird das Gas aber auch für die ungarischen Verbraucher teurer werden. Der Experte erklärt:

"Alle Verträge sind an die Börse, an den Spotmarkt gebunden. Was auch immer der Preis dort ist, er spiegelt sich in den langfristigen Verträgen wider, also werden auch die Ungarn darunter leiden. Insofern können sie sich schützen und ein Veto gegen diese Sanktionen einlegen. Aber es ist doch weniger schmerzhaft, als wenn man den Import von russischem Pipeline-Gas verbieten würde."

Mehr zum Thema - Reuters: EU steigert Gaseinkäufe aus Russland

Richterin Gnadenlos – Berliner muss nach 84 Jahren seine Wohnung räumen

23. April 2024 um 15:17

Das allseits bekannte und gefürchtete Dilemma betroffener Bürger beginnt mit der Veräußerung städtischer Wohnungen an Privatinvestoren, so auch zu Beginn der 2000er-Jahre unter Verantwortung eines sogenannten rot-roten Senats der Parteien SPD und PDS (heute Die Linke) in Berlin. Die meist langjährigen Erstmieter der "Kleinhaussiedlung am Steinberg" im Bezirk Reinickendorf erlebten im Jahr 2010 die Veräußerung der Anlage an private Investoren. Der aktuell betroffene Rentner erfuhr durch das finale Urteil des Amtsgerichts Wedding nun davon, dass er sein vertrautes Lebensumfeld nach einem 14 Jahre lang andauernden Streit mit den neuen Vermietern endgültig verlassen muss.

Über das unerbittliche Urteil mit Folgen wird in den Berliner Medien breit berichtet. Die Berliner Zeitung titelt:

"Urteil in Berlin: Manne, 84, soll sein Elternhaus räumen – Seit 14 Jahren kämpfen Rentner in Berlin-Reinickendorf gegen einen Immobilien-Investor. Nun ist gegen den ersten von ihnen ein hartes Urteil ergangen."

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) ergänzte in einem Artikel mit der Information, dass die Kündigung gegen den Rentner "rechtskräftig sei", so die Gerichtssprecherin am Montag gegenüber dem rbb. Dem 84-Jährigen wurde seitens des Gerichts eine Räumungsfrist von drei Monaten zugestanden. Im Beitrag wird erwähnt, dass der Rentner jedoch die Möglichkeit erhielt, rund 4.300 Euro als Sicherheitsleistung hinterlegen zu lassen, "eine Art Kaution, um im Haus bleiben zu dürfen, bis der Fall durch alle Instanzen gegangen ist", so der rbb.

Weitere Hintergründe zu dem Einzelschicksal liefert die Berliner Zeitung:

"Dem 84-jährigen Manfred 'Manne' Moslehner wurde gekündigt, weil er sich gegen Modernisierungsmaßnahmen stellte, zu deren Duldung er gerichtlich verurteilt wurde. Eine auf 850 Euro geschätzte Mieterhöhung wäre für den Rentner einfach nicht zu stemmen. Die Modernisierung würde sein Ende in der Wohnung bedeuten, in der er am 2. Oktober 1939 geboren wurde. Seine Eltern gehörten zu den ersten Mietern der Reinickendorfer Siedlung, die vor über hundert Jahren erbaut wurde und von ihren Bewohnern auch Kleinkleckersdorf genannt wird."

Der alte Mann erfährt dabei große Unterstützung und Solidarität der umliegenden Anwohner. Im Artikel wird die Gesamtsituation in der Siedlung beschrieben: "Die 38 Häuser, von denen 18 noch von den ursprünglichen Mietern bewohnt werden, sind mit hochbetagten Menschen besetzt, der Älteste ist über 90 Jahre alt."

Der Berliner Kurier erinnert: "Neben 62 Wohneinheiten in fünf Reihenhauszeilen sowie einem Doppelhaus entstanden auch drei Mehrfamilienhäuser. Jede Wohneinheit hat einen Garten, auch die Geschosswohnungen."

Das Berliner Abendblatt informierte im Jahr 2017 darüber, dass vor Verkauf der Siedlung die Nettokalt-Mieten im Durchschnitt unter 500 Euro lagen. Die Mietshäuser haben dabei rund 80 Quadratmeter Wohnfläche. Weiter heißt es:

"Der Clou sind die großen Hausgärten. Solche Lage weckt Begehrlichkeiten. Der neue Besitzer vermarktet die Häuser nach umfangreichen Umbauten für weit mehr als eine halbe Million Euro. Er wirbt um Investoren, die von den hohen Abschreibungen für denkmalgeschützte Objekte profitieren wollen. 16 Häuser sind bereits saniert, doch die wenigsten schon wieder bewohnt."

Die Berliner Zeitung ergänzt sieben Jahre später: "Heute lockt der von dem Berliner Architekten und Stadtbaumeister Ernst Hornig zwischen 1919 und 1920 geschaffenen Ort Investoren an. Seitdem die Wohnanlage von der GSW an einen privaten Investor, die Am Steinberg Entwicklungsgesellschaft mbH, verkauft wurde, fürchten die Mieter um ihre Häuser und Wohnungen."

Die Nachbarschaftshilfe erklärt, dass die Mieten nach eingeforderten Modernisierungen für die Bewohner, viele davon Rentner, nicht mehr bezahlbar sei. Dabei würden für bereits umgebaute Häuser der Siedlung "Kaltmieten von mehr als 4.000 Euro verlangt".

Der 84-Jährige ist nun der erste der verbleibenden Mieter, "dessen Mietvertrag wegen seiner Weigerung, die Modernisierung zuzulassen, nicht nur gekündigt, sondern der auch auf die Räumung seines Hauses verklagt wurde". Zudem hat er auch die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Nachfragen, auch seitens der Presse am Urteilstag, ließ die verantwortliche Richterin nicht zu. So hieß es lediglich, "die Urteilsbegründung wird den Parteien im Rechtsstreit schriftlich zugestellt".

Mehr zum Thema – Altersarmut in Deutschland: Immer mehr Menschen stocken ihre Rente mit Sozialhilfe auf

Moldawien: Fünf Oppositionsparteien bilden Wahlblock gegen Präsidentin Sandu und EU-Beitritt

23. April 2024 um 14:09

Von Wladislaw Sankin

Seit dem Sieg der Kandidatin des Westens Maia Sandu bei den Präsidentschaftswahlen im November 2020 befindet sich Moldawien auf dem strammen Kurs in die EU und NATO. Im Juni 2022 erhielt Moldawien Kandidatenstatus für den EU-Beitritt. Im Juli 2023 fand auf einem moldawischen Weingut unweit der ukrainischen Grenze ein EU-Gipfel statt, wo Sandu appellierte, Moldawien bis Ende dieses Jahrzehnts in die EU aufzunehmen. Auch zeigt sich die moldawische Staatsführung bei jeder Gelegenheit solidarisch mit der benachbarten Ukraine und Wladimir Selenkskij und macht sich mit antirussischen Äußerungen bemerkbar.

Auch die NATO ist in Moldawien aktiver geworden. Moldawien nimmt an gemeinsamen Militärübungen teil, es finden Waffenlieferungen statt und es werden sogar bilaterale Abkommen für militärische Kooperation mit einzelnen NATO-Ländern wie etwa Frankreich geschlossen. Fast ohne Gegenwehr beugt sich Chișinău dem strickten antirussischen Kurs von Washington und Brüssel: Russische und prorussische Medien sind schon seit langem verboten, russische Politiker und Experten sind mit Reiseverboten belegt, diplomatische Beziehungen mit Russland auf die unterste Stufe herabgesetzt. Der Westen setzt alle Mittel daran, um Moldawien fest in seinen Orbit zu ziehen. 

Doch, die Stabilität des prowestlichen Kurses trügt. Traditionell ist das Land zwischen dem prorussischen und prowestlichen Lager in ca. zwei gleiche Hälften gespalten, wobei sehr viele der Bürger, bis zu 40 Prozent, zu einer mittleren, neutralen Position tendieren. Hunderttausende Moldawier arbeiten seit Jahrzehnten in Russland oder der EU, da es Zuhause keine Arbeit gibt.

Das Assoziierungsabkommen mit der EU existiert seit mehr als 10 Jahren. Die Annäherung mit der EU konnte aber keine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen im ohnehin sehr armen Land bewirken. Im Gegenteil, die Energie- und Wohnnebenkosten haben sich in den letzten Jahren nur noch weiter erhöht. Auch gibt es Angst vor einer Ausweitung des Ukraine-Krieges auf die Region, denn es gibt immer wieder Spannungen an der Grenze zwischen der Ukraine und der prorussischen Enklave Transnistrien. In diesem schmalen Landstreifen, das völkerrechtlich immer noch Teil der Republik Moldau ist, sind ca. 2.000 russische Soldaten stationiert. 

Als Konsequenz erlitt die prowestliche PAS-Partei Ende 2023 bei den Munizipalitätswahlen eine schlappe Niederlage. Fast zeitgleich mit diesem Ereignis begann die Chefin der gagausischen Autonomie-Region Jewgenia Gutsul ihre Pendel-Diplomatie mit Russland. 

Gagausien im Süden der Republik mit ihren ca. 120 Tausend Einwohnern galt lange als prorussisch. Doch das war bis vor kurzem im Ausland kaum bekannt. Anfang des Jahres traf sich Gutsul mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und bat Russland um finanzielle Hilfen für ihre Region – RT DE berichtete. Seitdem kommt die kleine Autonomie mit überwiegend turkstämmiger Bevölkerung nicht aus den Schlagzeilen.

Und die Hilfe kam. Eine russische Bank stellte für die Gagausen russische Bankkarten für das Zahlungssystem MIR aus und begann Renten- und Lohnzuschüsse auf die Karten auszuzahlen. Auch vereinbarte Gutsul für Gagausien einen Sonderrabatt bei den russischen Gaslieferungen. Die autonome moldawische Region in Moldawien begann direkte wirtschaftliche und kulturelle Kontakte mit den russischen Regionen zu knüpfen, als wären sie Teil eines Bündnisses oder gar eines gemeinsamen Staates.  

Das war schon ungewöhnlich mutig, sowohl von den Gagausen als auch vom offiziellen Moskau. Normalerweise setzt Moskau viel daran, dass nicht der Eindruck entsteht, dass es sich in die Politik der postsowjetischen Staaten "einmischt". Auch prorussische Politiker in den jeweiligen Ländern müssen in der Regel in ihrer Heimat ihre Sympathien für Russland in der Öffentlichkeit zügeln, um ihren Gegnern keine Angriffsfläche zum Vorwurf zu bieten, ein "Handlanger Moskaus" zu sein.  

Doch mit dem Beginn des moldawischen Wahljahres schlug auch auf der russischen Seite die Stunde der Aufrichtigkeit. Die russische Außenpolitik wurde jahrzehntelang auch intern dafür kritisiert, dass sie für prorussische politische Kräfte im sog. nahen Ausland zu wenig Unterstützung leistet. Nun beginnt Russland die Renten für moldawische Bürger auszuzahlen und lässt Politiker wie Gutsul hofieren. Offenbar ermutigt durch ihre Russland-Besuche, fordern diese Politiker die prowestliche Sandu trotz des politischen Ungleichgewichts nun offen heraus. Vor wenigen Tagen "erdreiste sich" die 37-jährige Region-Leiterin von Sandu die Wiedereinführung des Russischen als offizielle Sprache zu fordern – Gagausien ist komplett russischsprachig.  

Doch diese Schritte waren nur das Vorspiel. Am Sonntag fand etwas statt, was nun als politische Sensation bezeichnet werden könnte. Die Vorsitzenden mehrerer oppositioneller Parteien Moldawiens kamen in einem Moskauer Edel-Hotel zusammen und kündigten die Bildung eines gemeinsamen Wahlblocks an, auch Jewgenia Gutsul und der Chef der Schor-Partei, Ilan Schor, waren dabei. Mit einem klaren Ziel: Die Wiederwahl von Maia Sandu zu verhindern und ihre Politik der Westbildung zu beenden. Die Koalition soll nun "Podeba" (Der Sieg) heißen. 

Sandu will am Tag der Präsidentschaftswahlen im November auch die Bürgerabstimmung für den EU-Beitritt abhalten. Das mache diese Vor-Wahlperiode schicksalhaft für das Land, sind Oppositionspolitiker auch bei ihrem Treffen in Moskau nicht müde zu betonen. Die Zukunft des Landes sehen sie in der Annäherung an Russland und die GUS sowie im Beitritt zur Eurasischen Wirtschaftsunion.

Ein solcher Parteitag wäre in Moldawien wegen der strengen Verfolgung der Opposition unmöglich. Jede politische Veranstaltung endet mit Verhaftungen, erklärte der Politiker Ilan Schor. Er führte wiederholt aus, dass die Behörden, die den westlichen Interessen nachgeben, die Souveränität ihres eigenen Staates zerstören würden. Russland bezeichnete Schor als "Freund", der die Moldawier sehr liebe.

Um die Erfolgschancen für seine Koalition zu erhöhen, müsste Schor allerdings die stärksten Oppositionsparteien, die der Sozialisten und Kommunisten, auf seine Seite ziehen. Ob das gelingt, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Auch die Sozialisten um den Vorgänger Sandus, Igor Dodon, zeigen in Bezug auf Russland und EU ähnliche Positionen. 

Natürlich werden Chișinău, Brüssel, Berlin und Bucharest nicht tatenlos zusehen, wie ein in Moskau gebildeter Wahlblock den Weg Moldawiens in den Westen versperrt. Es ist mit einer Verschärfung der Repressalien gegen die prorussische Opposition und einer Zensur in den Medien zu rechnen. Viele Schritte deuten darauf hin, dass der Westen auch Moldawien für den Krieg gegen Russland aufrüsten will. Doch die Moldawier sind nicht die Ukrainer mit ihrer militanten Banderismus-Tradition. In der Rolle eines Söldner-Landes sehen sie sich jedenfalls nicht. Es besteht noch die Chance, dass sie bei den Wahlen, die grundsätzliche Frage nach der Zukunft ihres Landes auf friedlichem Wege entscheiden können. Danach wird es diese Möglichkeit nicht mehr geben. 

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London kündigt bisher größtes Militärhilfspaket für Kiew an

23. April 2024 um 14:05

London ist auf das Trittbrett am Zug der militärischen Hilfslieferungen des Westens an Kiew aufgesprungen:

Während die USA sich an die Bewilligung einer Summe von 61 Millionen US-Dollar herantasten, wurden in Großbritannien Pläne für das bisher größte britische Hilfspaket angekündigt. Premier Rishi Sunak werde den Inhalt der Lieferung im Wert von 500 Millionen britische Pfund im Laufe seiner Visite in Warschau offenlegen, heißt es.

Schon jetzt ist allerdings von mehr als 400 Fahrzeugen offiziell die Rede, davon gut 320 gepanzerte Fahrzeuge und 78 Geländefahrzeuge. Hinzu sollen 60 Schnellboote und eine nicht präzisierte Anzahl der luftbasierten Marschflugkörper Storm Shadow kommen. Überhaupt werde dies mit 1.600 Stück Bodenziel- und Luftabwehrlenkflugkörpern die größte Lieferung von Artillerie- beziehungsweise Raketengeschossen werden. Mit von der Partie seien auch vier Millionen Schuss Gewehrmunition unterschiedlicher Kaliber.

Genannte Gelder von 500 Millionen Pfund kommen zum diesjährigen britischen Budget für militärische Hilfen an Kiew hinzu, womit das Budget nun insgesamt drei Milliarden britische Pfund umfasst.

Mehr zum Thema – Zugeständnisse ante portas: Der Westen ist des Krieges und der Ukraine überdrüssig

"Erstaunliche Stabilität": IWF erhöht Prognose für Russland – und bestätigt ein Wirtschaftswunder

23. April 2024 um 13:32

Die internationalen Finanzinstitutionen, die noch vor einem Jahr mit dem Zusammenbruch der russischen Wirtschaft rechneten, haben ihre Prognosen erneut angepasst. Nun glauben ihre Experten, dass sich Russland noch besser entwickeln wird als erwartet. So rechnet die Weltbank mit einem Wachstum von 2,2 Prozent bis zum Jahresende, während der Internationale Währungsfonds 3,2 Prozent erwartet. 

Im April verbesserte die Weltbank ihre Prognose für das russische BIP-Wachstum im Jahr 2024 auf 2,2 Prozent, heißt es in der aktualisierten Wirtschaftsprognose für die Entwicklungsländer in Europa und Zentralasien. Noch im Januar rechnete die Institution mit nur 1,3 Prozent Wachstum bis Ende des Jahres. Die Prognosen des IWF sind sogar noch optimistischer. Der Fonds hat seine Wachstumsprognose für die russische Wirtschaft im Jahr 2024 von 2,6 Prozent auf 3,2 Prozent angehoben. Internationale Organisationen bestätigen, dass die russische Wirtschaft entgegen den Erwartungen eine "erstaunliche Stabilität" an den Tag legt.

Zugleich werden ausländische Experten ‒ wie etwa die IWF-Direktorin Kristalina Georgiewa ‒ nicht müde zu betonen, dass die russische Wirtschaft in der Tat viele Probleme hat und ihr Wachstum nur darauf zurückzuführen ist, dass sie quasi "in den Kriegsmodus" geschaltet wurde. Aber auch sie können das unerklärliche Wachstum der russischen Wirtschaft nicht wirklich begründen. So schreiben zum Beispiel die Autoren des amerikanischen Fernsehsenders CNBC enttäuscht:

"Georgiewa sagte, dass ihrer Meinung nach die russische Wirtschaft auch mit Problemen wie der Abwanderung von Fachkräften und dem eingeschränkten Zugang zu Technologien wegen der Sanktionen zu kämpfen hat. Am 8. April räumte sogar die Chefin der russischen Zentralbank, Elwira Nabiullina, ein, dass der Arbeitskräftemangel die Produktion im Lande behindert. Allerdings wächst die Wirtschaft trotzdem noch beeindruckend schnell."

Die positiven Trends in der russischen Wirtschaft sind zum einen eine Folge der großen Ausgaben des Staates und zum anderen ein Resultat des Investitionswachstums im Rahmen der aktiven Entwicklung des Importsubstitutionsprogramms, so die russischen Experten. Trotz aller westlichen Beschränkungen hat die russische Wirtschaft den Zugang zu den großen Weltmärkten sowohl als Käufer als auch als Verkäufer behalten. Die Instrumente für Paralleleinfuhren wurden verfeinert, und es wurden neue Handelskorridore mit befreundeten Ländern eröffnet. In einem Artikel auf dem Portal Prime wird versucht, das russische Wirtschaftswunder zu erklären:

"Die Industrieproduktion in Russland ist im vergangenen Jahr aktiv gewachsen. Ende des Jahres 2023 stieg die Aktivität im Fertigungssektor auf ein Rekordniveau des Jahres 2017. Und die Wachstumsrate der Beschäftigung im realen Sektor war die höchste seit fast einem Vierteljahrhundert. Wie aus den Daten der Statistikbehörde Rosstat hervorgeht, verzeichneten die Branchen, die mit der Herstellung von Computern zu tun haben, im Jahr 2023 das größte Produktionswachstum ‒ 32,8 Prozent, Metallfertigprodukte (außer Maschinen und Anlagen) ‒ 27,8 Prozent. Die Produktion von Fahrzeugen, einschließlich Flugzeugausrüstungen, wuchs um mehr als ein Viertel. 'Die Geschäftstätigkeit in der Industrie wird durch eine hohe Auslastung der Produktionskapazitäten gestützt, dazu kommt eine stabile positive Dynamik bei der Steigerung des Einzelhandelsumsatzes', betont Natalia Pyrjewa, Analystin bei 'Zifra Broker'."

Ein weiterer Faktor, der das Wirtschaftswachstum und die wirtschaftliche Stabilität beeinflusst, ist die Auslastung der Produktionsanlagen. Im Jahr 2023 erreicht sie in Russland einen historischen Höchststand von 81 Prozent. Diese Zahlen stammen aus der von der russischen Zentralbank durchgeführten Unternehmensüberwachung. Außerdem ist Russland ‒ dank der Sanktionen ‒ von westlichen Krediten unabhängig geworden. Sie wurden durch inländische Finanzierungen ersetzt, was durch die Stabilität des Bankensystems möglich geworden ist.

In einem Gespräch mit dem Portal Prime bemerkt der Wirtschaftswissenschaftler Konstantin Zerasow, dass die russische Wirtschaft dank zweier Schlüsselfaktoren stetig wächst: aufgrund eines starken Anstiegs der Staatsausgaben und einer erfolgreichen Verlagerung des Außenhandels nach Asien. Allerdings scheint diese Verlagerung nicht so sehr das Verdienst des Staates als vielmehr des privaten Wirtschaftssektors zu sein. "Es ist der Marktcharakter der russischen Wirtschaft, der wie ein Rettungsanker wirkt und verhindert, dass sie bei wirtschaftlichen Schocks untergeht", betont der Experte.

Mehr zum Thema ‒ IWF-Prognose: Russische Wirtschaft wächst in diesem Jahr erneut kräftig

Entschwärzung der RKI-Protokolle: Verwaltungsgericht verschiebt Verhandlungstermin

23. April 2024 um 13:18

Das Verwaltungsgericht Berlin hat den ursprünglich für den 6. Mai angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme in Sachen der Klage des Online-Magazins Multipolar zur Entschwärzung der Corona-Unterlagen des Robert Koch-Instituts (RKI) aufgehoben. Das gab Multipolar am Montag bekannt.

Demnach gab das Gericht einem Antrag der vom RKI beauftragten Anwaltskanzlei Raue statt, den diese bereits am 18. März gestellt hatte. An diesem Tag hatte das Magazin den ersten Artikel zu den von ihm freigeklagten, aber in weiten Teilen geschwärzten Protokollen des Corona-Krisenstabs des RKI veröffentlicht.

Das Gericht erklärte gegenüber der Kanzlei Partsch & Partner, die Multipolar vertritt, dass die Anwälte des RKI "glaubhaft gemacht" hätten, dass sie "wegen Urlaubsabwesenheit" und eines weiteren Termins verhindert seien und die Einarbeitung eines anderen Anwalts der Kanzlei "wegen des Umfangs und der Komplexität des Prozessstoffs nicht zumutbar" sei.

Man beabsichtige nun, "die Sache im Zeitraum vom 1. bis 19. Juli 2024 zu terminieren". Die Raue-Anwälte sollten dem Gericht bis zum 2. Mai mitteilen, wann sie in diesem Zeitraum verfügbar sind.

Die Anwälte des RKI werden auch aufgefordert, bis zum 19. Mai "konkret mitzuteilen, welche bislang geschwärzten Passagen offengelegt werden". Zuvor hatte die Kanzlei Raue dem Gericht geschrieben, "dass die von Herrn Bundesminister Lauterbach angekündigte weitestmögliche Entschwärzung und anschließende Zurverfügungstellung der Unterlagen noch im Laufe des Mai erfolgen" könne.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte am 28. März erklärt, die Entschwärzung dauere "vielleicht vier Wochen". Daraus hätte sich ein Veröffentlichungstermin Ende April ergeben. Lauterbach hatte seinerzeit versichert, es solle "nicht der Hauch eines Eindrucks entstehen", das RKI verberge hier bewusst etwas. Zuvor hatte der Minister gewarnt, man dürfe "nicht durch Einmischung fremder Regierungen Verschwörungstheorien in sozialen Medien entstehen lassen".

Multipolar fragte das Bundesgesundheitsministerium, wann die entschwärzten Protokolle nun tatsächlich veröffentlicht würden. Das Ministerium erklärte, ihm lägen die Dokumente nicht vor und verwies auf das RKI. Das RKI erklärte auf Anfrage des Magazins, dass es noch keinen genauen Termin gebe:

"Wann die entschwärzten Protokolle vorgelegt werden können, ist noch nicht genau abzusehen. Das RKI bemüht sich um eine schnellstmögliche Offenlegung. Voraussichtlich wird dies nach Abschluss der derzeit geführten Drittbeteiligungsverfahren im Laufe des Mai möglich sein. Auf welchem Wege die entschwärzten Unterlagen zugänglich gemacht werden, ist noch in der Klärung. Den Vorwurf, das RKI würde den Gerichtsprozess in die Länge ziehen, weisen wir zurück. Der Gerichtsprozess wird seitens des RKI nicht in die Länge gezogen. Das RKI wird im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen weitestmöglich offenlegen. Damit kann aus Sicht des RKI der Prozess zeitnah beendet werden. Das RKI hat sich auch sonst verfahrensfehlerfrei verhalten. Die entsprechenden Positionen des RKI sind Ihnen aus den Schriftsätzen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bekannt."

Mehr zum Thema - "RKI-Files": Lauterbach ordnet "Entschwärzung" an, RKI-Anwälte wollen Prozesstermin verschieben

Ehemaliger Obama-Berater wegen Sexualverbrechen an Kindern angeklagt

23. April 2024 um 12:53

Der ehemalige Berater im Weißen Haus Rahamim "Rami" Shy wurde in Großbritannien wegen des Vorwurfs von Sexualverbrechen an Kindern angeklagt. Zudem soll ihm der Besitz von Kinderpornographie nachgewiesen worden sein. Shy beriet den damaligen US-Präsidenten Barack Obama sowie auch die US-Außenministerin Hillary Clinton bei der Terrorismusbekämpfung.

Rahamim "Rami" Shy wurde am Freitag vor dem Luton Crown Court in der Nähe von London angeklagt. Laut Berichten lokaler Medien wird dem 46-Jährigen vorgeworfen, pornographische Bilder von Kindern zu besitzen und Sexualstraftaten an Kindern zu organisieren. Der aus New Jersey stammende US-Amerikaner wurde Ende Februar verhaftet und sitzt bis zur Gerichtsverhandlung im Gefängnis von Bedford ein. Wie die Daily Mail schreibt, habe sich Shy bisher noch nicht zu den Vorwürfen geäußert und soll im Juni erneut vor Gericht erscheinen. Die Verhandlung seines Falles ist für August geplant.

Der Angeklagte hatte mehrere Funktionen in der Administration der US-Regierung von Barack Obama inne und soll unter anderem für die US-Regierung die Bekämpfung von Taliban- und al-Qaida-Terroristen koordiniert haben. Von 2008 bis 2014 war er leitender Berater im US-Finanzministerium. Dort arbeitete er daran, die Finanzierung des Terrorismus zu unterbinden und Verbündete im Ausland beim Verhängen von Sanktionen gegen unliebsame Regierungen zu unterstützen. Er beriet auch die Stabschefs des US-Verteidigungsministeriums im Pentagon.

Auf der mittlerweile gelöschten LinkedIn-Seite von Shy konnte man bis vor kurzem lesen, dass er auch die von der NATO geführte International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan berät. Er studierte an der Columbia University in New York und soll zuletzt bei der US-Großbank Citigroup gearbeitet haben. Ein Unternehmenssprecher erklärte gegenüber der Daily Mail, Shy sei nicht mehr bei der Citigroup beschäftigt.

Mehr zum ThemaUS-General a.D: "Die Ukraine ist eine Drehscheibe für Kinderhandel, Drogen- und Waffenschmuggel"

Corona-Aufarbeitung: Ex-Gesundheitsminister Spahn warnt vor "Querdenkergerichtshof"

23. April 2024 um 12:28

Die jüngsten medial-politischen Ereignisse bezüglich der "Corona-Aufarbeitung" waren die kontrovers eingeschätzte und diskutierte Veröffentlichung der sogenannten "RKI-Files" durch das Online-Magazin Multipolar und die daraus resultierenden Reaktionen seitens der Politik. Die verantwortlichen Maßnahmen-Protagonisten der Jahre 2020 – 2022, das offizielle Enddatum der "Corona-Pandemie" wurde Anfang April 2023 durch Spahn-Nachfolger Karl Lauterbach verkündet, reagieren weiterhin mit nur bedingtem Willen einer kritischen Nachbearbeitung. So verkündete das Bundesland Bayern am 21. April offiziell, dass "die Staatsregierung für eine weitere Offenlegung von Dokumenten keinen Anlass" erkennen würde. Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte sich gegenüber dem Sender ntv zum Thema, "welche Maßnahmen man mit dem Wissen von heute 'mit mehr Vorsicht' ergreifen würde".

Spahn wird für die Jahre der Corona-Krise nicht nur in seiner Rolle als ungelernter Bundesgesundheitsminister bis Ende 2021 in Erinnerung bleiben, sondern vor allem für seine frühe, annähernd prophetische Aussage vom 22. April 2020. Während einer Regierungsbefragung im Bundestag in Berlin erklärte der CDU-Politiker, man habe "in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie mit so vielen Unwägbarkeiten, die da sind, so tiefgehende Entscheidungen treffen müssen", um dann vor den Abgeordneten den Satz zu formulieren:

"Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich viel einander verzeihen müssen." 

Aus prognostizierten Monaten wurden Jahre, die Spahn nun im April 2024 rückblickend im ntv-Interview wie folgt einschätzt:

"Etwas, was mich zum Beispiel sehr beschäftigt, ist die Frage der Schulschließungen, der Kindergärten, was das für die Familien, für die Kinder vor allem auch bedeutet hat und die Folgen, die das bis heute hat. Ich glaube, mit dem Wissen von heute würde man diese Maßnahmen mit etwas mehr Vorsicht ergreifen."

Spahn war nach der Abwahl der Regierung Merkel im November 2021, seinem persönlichen Verlust des Ministerpostens an Karl Lauterbach (SPD), in der Restphase der Corona-Krise abgetaucht. Im September 2022 erfolgte dann die mehr als profitable Veröffentlichung eines Buches. Titel und Klappentext lauten:

"Wir werden einander viel verzeihen müssen: Wie die Pandemie uns verändert hat – und was sie uns für die Zukunft lehrt. Innenansichten einer Krise." 

Der ntv-Artikel erwähnt abschließend zumindest den steuerpolitischen Skandal des "Masken-Gate" in der Amtsphase von Jens Spahn, ohne ihn jedoch im Interview damit zu konfrontieren. So heißt es eher herunterspielend in der Bedeutung:

"Was einen zentralen Punkt seiner Coronapolitik angeht, bekam Spahn erst jüngst einen Rüffel vom Bundesrechnungshof. Wie der "Spiegel" berichtete, warfen die Finanzprüfer dem CDU-Politiker und dem von ihm damals geleiteten Gesundheitsministerium mangelnde Aufarbeitung, was eine "massive Überbeschaffung von Schutzmasken zu Beginn der Coronapandemie" angeht.

Immerhin geht es um die nachweisliche Steuergeldverschwendung von etwa 6 Milliarden Euro, bei dem kopflosen Einkauf von Gesundheitsmaterial und aktuell der damit verbundenen nun angeordneten, notwendigen Vernichtung dieser Materialien. So titelte die Bild-Zeitung diesbezüglicher Realitäten zu Wochenbeginn:

"Steuerzahlerbund fassungslos – Masken-Skandal kostet dieses Jahr weitere 534 Millionen Euro." 

Spahn fokussiert sich demgegenüber im ntv-Interview auf die "positiven Effekte" in der Corona-Krise. Der aktuell stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wörtlich in seiner Wahrnehmung:

"Am Ende hat das demokratische System sich als das Stärkere erwiesen, eben weil wir die Dinge kritisch diskutieren, weil wir auch Politik korrigieren können. Wir sind unterm Strich gut durch diese schwere Zeit gekommen […] Die Politik der Bundesregierung hat während der ganzen Zeit übrigens 80 bis 90 Prozent an Unterstützung in der Bevölkerung, bei den Bürgerinnen und Bürgern gehabt."

Zum Thema der kontrovers diskutierten Notwendigkeit einer "Corona-Aufarbeitung" appelliert Spahn im Interview nun daran, die Diskussion bei der Aufarbeitung "breit zu führen". Spahn wörtlich in seiner persönlichen Einschätzung:

"Es ging nie darum, Wahrheiten zu verkünden. Die Frage, ob Maske zu tragen ist im Bus, in der Bahn, ist keine Frage von Wahrheit, sondern von Abwägung gewesen zwischen der Freiheit des einen und dem Gesundheitsschutz des anderen. Es gibt diejenigen, denen gingen die Maßnahmen zu weit. Aber es gab auch diejenigen, die hätten sich noch schärfere, klarere Maßnahmen gewünscht." 

Spahn formuliert dann seine Vorstellungen zur inhaltlichen Umsetzung einer gesellschaftlichen wie auch medial-politischen Aufarbeitung:

"Und deswegen darf das weder die rosarote Brille für die Regierung und die Politik werden noch ein Querdenkergerichtshof, sondern wenn wir die Dinge aufarbeiten, dann sollten wir es auch mit der nötigen Breite tun."

Bei einer Aufarbeitung der getroffenen politischen Entscheidungen appelliere er daher an potenziell beteiligte Gruppierungen, "erbittlich zu bleiben" und "nicht unerbittlich zu werden". 

Am 22. April informierte das für die Veröffentlichung federführend verantwortliche Online-Magazin Multipolar in einem Artikel darüber, dass die kommende Gerichtsverhandlung zum Thema der vollständigen sogenannten Entschwärzung der "RKI-Files" seitens des zuständigen Gerichts vertagt wurde. Einem diesbezüglichen Antrag der RKI-Anwälte wurde stattgegeben. Der ursprüngliche Termin am 6. Mai wurde vorerst aufgehoben.

Mehr zum Thema - Corona-Aufarbeitung? Der WDR, Wieler und die RKI-Files

Malaysia: Zehn Menschen bei Helikopter-Zusammenstoß ums Leben gekommen

23. April 2024 um 11:48

Am Dienstagmorgen ist es zu einer Tragödie während eines Probefluges der Königlichen Malaysischen Marine gekommen, teilt die Zeitung Malay Mail mit. Der Unfall ereignete sich auf einem Marinestützpunkt in der Stadt Lumut, 170 Kilometer nordwestlich von Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias. Zwei Militärhubschrauber stießen zusammen, alle zehn Besatzungsmitglieder kamen hierbei ums Leben. Ihre Leichen wurden zur Identifizierung in ein Militärkrankenhaus gebracht.

Einem vorläufigen Bericht zufolge ging ein AgustaWestland AW139-Hubschrauber nach der Kollision mit einem Eurocopter Fennec über einem Stadion nieder. Der Fennec-Helikopter stürzte in ein Schwimmbad ab. Auf den Bildern sind die völlig zerstörten Hubschrauber zu sehen. Die Ursache des Unfalls ist noch unbekannt. Die Kriegsmarine leitet eine Ermittlung ein.

Die Feierlichkeiten zum 90-jährigen Jubiläum der Königlichen Malaysischen Marine sollen im Mai stattfinden.

Mehr zum Thema - Zwei japanische Militärhubschrauber abgestürzt: Ein Toter und sieben Vermisste

China appelliert an USA: In Ukraine "kein Öl ins Feuer gießen"

23. April 2024 um 11:17

Einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA Nowosti zufolge forderte China die Vereinigten Staaten dazu auf, Versuche zu unterlassen, den Konflikt in der Ukraine anzuheizen. Ein Vertreter der Abteilung Nordamerika und Ozeanien im chinesischen Außenministerium soll sich dazu kurz vor dem Besuch von US-Außenminister Antony Blinken in China geäußert haben. Hierbei zitiert RIA Nowosti den Diplomaten wie folgt: 

"Die USA müssen wirklich über ihre Verantwortung in der Ukraine-Krise nachdenken. Sie dürfen kein Öl ins Feuer gießen und dies nicht als Gelegenheit nutzen, um davon zu profitieren."

Ferner forderte der chinesische Diplomat Washington dazu auf, die Lage rund um die Ukraine nicht zu einer Angelegenheit bilateraler Beziehungen zwischen China und den Vereinigten Staaten zu machen.

"Die Ukraine-Frage ist kein Problem zwischen China und den USA. Die US-amerikanische Seite sollte sie nicht zu einem Problem zwischen China und den Vereinigten Staaten machen."

Washington dürfe außerdem nicht die russisch-chinesischen Beziehungen diskreditieren, so der Diplomat weiter. Er mahnte die USA, keine Blockkonfrontation zu provozieren, China nicht zu verleumden und nicht die Verantwortung auf das Land abwälzen.

Laut Angaben aus Peking besucht US-Außenminister Antony Blinken China auf Einladung des chinesischen Außenministers Wang Yi vom 24. April bis 26. April.

Chinas Präsident Xi Jinping hat bei seinem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Peking in der vergangenen Woche erklärt, dass es für eine schnelle Beilegung der Ukraine-Krise notwendig sei, auf Frieden und Stabilität zu achten und nicht auf die Verfolgung eigener Interessen.

Später gab das chinesische Außenministerium bekannt, dass Peking für die rechtzeitige Einberufung einer internationalen Friedenskonferenz zur Ukraine stehe. Diese solle sowohl von Moskau als auch Kiew akzeptiert werden. Zudem solle eine gleichberechtigte Beteiligung aller Parteien sowie eine faire Diskussion sämtlicher Friedensvorschläge gewährleistet werden, hieß es in Peking.

Mehr zum Thema - "Gerechter Friede"? Scholz ist das Problem, nicht die Lösung – Kanzler blitzt in China ab

Zwei Männer bei Messerangriff in Berlin-Lichtenberg schwer verletzt

23. April 2024 um 09:19

Bei einem Messerangriff sind am Montagabend in Berlin-Lichtenberg zwei Männer zum Teil lebensgefährlich verletzt worden. Das berichtet die Berliner Zeitung, die von einem "Streit mit Messern" spricht. Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei war im Einsatz.

Demnach wurde die Gewalttat kurz vor Mitternacht in einer Wohnung in der Harnackstraße verübt. Zunächst wurde ein schwerverletzter Mann im Hausflur im vierten Obergeschoss des Hochhauses aufgefunden. Die Schnittverletzungen des Mannes wurden von Notarzt und Notfallsanitätern erstversorgt, er wurde dann in die Notaufnahme gebracht.

Die herbeigerufene Polizei stürmte das Hochhaus und sicherte die 4. Etage. Weil die Beamten von der Anwesenheit des Täters und weiterer möglicher Opfer in der Wohnung ausgingen, alarmierten sie das SEK.

Während der Absicherungsmaßnahmen bemerkten sie einen weiteren Mann, der mit lebensgefährlichen Verletzungen hinter dem Haus lag. Dieser teilte den Polizisten auf Englisch mit, dass er vom Balkon gestoßen worden sei. Auch diesem Mann waren Schnittverletzungen zugefügt worden. Die Polizisten versorgten ihn und alarmierten einen weiteren Notarzt. 

Schließlich stürmte das SEK die Wohnung mit Blendgranaten. Dort befanden sich keine weiteren Personen. Die Verletzten wurden in das Unfallkrankenhaus Marzahn (UKB) gebracht. Dort sicherten die Polizisten die Rettungsstelle und den Schockraum. Die Ermittlungen zu dem Gewaltverbrechen laufen.

Mehr zum Thema - Messerangriff an Wuppertaler Gymnasium: Mehrere Schüler verletzt

Angebliche Spionage für China: Polizei nimmt Mitarbeiter von AfD-Politiker Krah fest

23. April 2024 um 08:39

Die Polizei hat in Dresden einen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, Maximilian Krah, wegen Spionageverdachts festgenommen. Das berichtet die ARD.

Bei dem in der Nacht verhafteten Mitarbeiter handelt es sich demnach um den 43-jährigen Jian G., einen deutschen Staatsbürger chinesischer Herkunft. Nach Informationen von ARD, RBB und SWR wirft die Bundesanwaltschaft dem Mann geheimdienstliche Agententätigkeit für eine fremde Macht vor. G. soll für den chinesischen Geheimdienst gearbeitet haben.

G. arbeitet als Assistent für den EU-Abgeordneten Maximilian Krah. Er soll sowohl in Brüssel als auch in Dresden leben. In dieser Funktion soll er laut dem Bericht Informationen aus dem Parlamentsbetrieb an das chinesische Ministerium für Staatssicherheit übermittelt haben, laut ARD "für den chinesischen Geheimdienst zweifellos von großem Wert". Außerdem wird  G.vorgeworfen, chinesische Oppositionelle in der Bundesrepublik Deutschland ausspioniert zu haben.

Der Festgenommene soll sich dem Bericht zufolge vor über zehn Jahren deutschen Diensten selbst als Informant angeboten haben. Man habe ihn damals aber für unzuverlässig und einen möglichen Doppelagenten gehalten, weshalb es nicht zu einer Zusammenarbeit kam.

G. kam 2002 als Student nach Dresden und war in der Folge auch als Unternehmer tätig. Zeitweilig war er Parteimitglied in der SPD. Im Zusammenhang mit einer Unternehmensgründung soll er Maximilian Krah kennengelernt haben, der in Dresden als Rechtsanwalt tätig war. Als Krah 2019 für die AfD ins EU-Parlament einzog, stellte er G. als Assistenten ein.

Seit vielen Jahren soll der angebliche Spion in der chinesischen Oppositionsbewegung im Ausland aktiv gewesen sein. Diese Kontakte soll er genutzt haben, um Oppositionelle für den chinesischen Geheimdienst auszuspionieren.

In jüngster Zeit häufen sich angebliche Spionagefälle in der Bundesrepublik. Erst gestern hatte die Bundesanwaltschaft zwei Männer und eine Frau festnehmen lassen, die für China spioniert haben und einen Laser gekauft und ausgeführt haben sollen. Zwischen den beiden Fällen soll es keinen Zusammenhang geben.

Krah ist Spitzenkandidat seiner Partei für die EU-Wahl im Juni 2024 und erfährt derzeit im Wahlkampf besondere mediale Aufmerksamkeit.

Mehr zum Thema - Spionomanie auch in London: Zwei Briten der Spionage für China angeklagt

Russisches Know-how: Roboter erschließen geflutete Minen

23. April 2024 um 07:30

Nahezu ein Drittel der Bergwerke weltweit stehen derzeit unter Wasser. Viele fast unberührte Vorkommen mit großem Potenzial sind also überflutet und der Zugang zu ihnen ist nicht möglich. Doch dank neuer russischer Erfindungen bietet sich nun die Möglichkeit, alte überschwemmte Minen wieder zu öffnen und den Bergbau dort wieder aufzunehmen.

Laut der Zeitung Iswestija wollen Wissenschaftler der Uraler Bergbauuniversität eine einzigartige Innovation verwirklichen: Der Abbau von Rohstoffen in überfluteten Bergwerken und Minen soll künftig mit Hilfe von Robotern erfolgen. Wie Wadim Minin, einer der Autoren des Projekts und Berater des Rektors der Bergbauuniversität, gegenüber der Zeitung feststellte, wurden allein im Ural mehr als 120 Kupfer-, Gold- und Polymetallminen aufgegeben, ohne ihre Erschließung fertiggestellt zu haben. Die Bergwerke wurden aufgegeben, da die erforderlichen Technologien nicht verfügbar waren, so der Wissenschaftler weiter. Jetzt soll sich das ändern und viele Bodenschätze können nun noch doch erschlossen werden. Die Zeitung Iswestija beschreibt:

"'In der überfluteten Zone werden einige der Roboter das Gestein unter Wasser brechen. Andere werden Pumpen einsetzen, um das zerkleinerte Material einzusammeln. Andere werden das Erz durch spezielle Schläuche zu den Unterwasserplattformen oder direkt zu den Aufbereitungsanlagen an der Oberfläche befördern."

Laut Wadim Minin, dem Berater des Universitätsrektorats, werden Ingenieure die Prozesse aus der Ferne steuern, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Außerdem werden viele Prozesse der künstlichen Intelligenz anvertraut werden. So werden die Geräte mit Hilfe von neuronalen Netzen und maschinellem Sehen in der Lage sein, im Wasser zu navigieren und Felsen voneinander zu unterscheiden."

Wie der Wissenschaftler ebenfalls erklärte, werden im Laufe der Projektumsetzung für jedes Bergwerk individuelle technische Lösungen entwickelt. Dabei werden die Experten auf russische Technologien und Ausstattung zurückgreifen. Mit ersten Ergebnissen dieses Projekts rechnen die russischen Wissenschaftler in fünf Jahren, so die Zeitung Iswestija.

Mehr zum Thema - Jahrhundertvorkommen: Russlands Reserven an Seltenen Erden kann Weltbedarf decken

Deutschland lehnt immer mehr russische Asylanträge ab

23. April 2024 um 07:15

Im Zeitraum Januar bis März 2024 ist Russland auf Platz 8 der Hauptherkunftsländer von Asylbewerbern in Deutschland (nach Erstanträgen) vorgerückt. Zum Vergleich: 2022 war Russland noch nicht unter den ersten zehn.

Im Berichtszeitraum wurden 2.044 Entscheidungen über die Asylanträge russischer Staatsangehöriger getroffen, von denen knapp über die Hälfte (1.190 Anträge) "formell erledigt" wurden – was in der Regel bedeutet, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Rahmen der Dublin-Verordnung auf die Zuständigkeit eines anderen EU-Staates verweist. Die Gesamtschutzquote für russische Bürger lag in diesem Zeitraum bei nur 4,6 Prozent. Zum Vergleich: Bei Asylanträgen aus Syrien waren es 86,3 Prozent, aus Afghanistan 71,6 Prozent und aus Somalia 64,3 Prozent.

Damit sinkt die Anerkennungsquote für russische Staatsangehörige in Deutschland kontinuierlich. Im Jahr 2022 lag das Verhältnis von Ablehnungen zu positiven Entscheidungen bei sechs zu vier, heute bei neun zu eins. 

Im September 2023 legte das BAMF als Reaktion auf eine Frage des Bundestags detaillierte Zahlen zu männlichen Asylsuchenden aus Russland im Alter von 18 bis 45 Jahren in Deutschland vor. Demnach wurden seit Februar 2022 rund 3.500 Asylanträge gestellt, von denen nur 90 bewilligt wurden: "Rund 90 Personen erhielten einen Schutzstatus. Bei einem Großteil der Anträge (rund 1.100) ist aufgrund der Dublin-Regelung ein anderer Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig."

In einem gemeinsamen Appell der Vorsitzenden der Partei Die Linke vom April hieß es: "Russische Staatsbürger, die sich nicht am völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine beteiligen wollen, müssen in der EU und Deutschland Schutz bekommen. Die Bundesregierung muss das BAMF anweisen, die Entscheidungspraxis entsprechend abzuändern." Auch außerhalb des Asylverfahrens müssten die Bleiberechtsmöglichkeiten auf EU-, Bundes- und Landesebene gestärkt werden.

Im Jahr 2022 gab es in Russland zwei Auswanderungswellen: im Frühjahr nach Kriegsbeginn und im Herbst nach der Ankündigung der Mobilmachung. Wie viele Menschen ausgewandert sind, lässt sich schwer sagen. Nach unterschiedlichen Schätzungen haben mehr als 800.000 Menschen Russland verlassen. Kasachstan, Armenien und Serbien haben die meisten Flüchtlinge aufgenommen. Viele der Ausgereisten seien inzwischen zurückgekehrt, betont die russische Regierung. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte im vergangenen Jahr, dass Ausgewanderte, die eine klare antirussische Position einnehmen, keine gemeinsame Zukunft mit Russland hätten. Die überwältigende Mehrheit könne jedoch frei entscheiden, wo sie leben will. 

Mehr zum Thema - Asylanträge um 50 Prozent gestiegen – Täglich Anträge von 370 jungen Männern

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Wie es zum Ukraine-Krieg kam: Ex-Berater von Trump rekapituliert

22. April 2024 um 21:43

Der frühere Berater von Donald Trump zu dessen Amtszeit im Weißen Haus und pensionierter Oberst der US-Army, Douglas Macgregor, hat in einem Interview mit einem britischen Journalisten auf prägnante Weise die Entstehung und den Verlauf des Krieges in der Ukraine rekapituliert. Die Zusammenfassung der Ereigniskette, die zum Krieg geführt hat, ist so übersichtlich und jedermann verständlich, dass wir sie dem Leser nicht vorenthalten wollen. 

Dabei geht der US-Amerikaner hart mit der westlichen Propaganda und den in den USA und Europa verbreiteten Narrativen ins Gericht. Der Westen, so Macgregor, habe, angeführt von Washington und London, ein in seinem Ausmaß schockierendes Reich der Lügen errichtet:

"Darauf war ich, ehrlich gesagt, völlig unvorbereitet, so etwas habe ich noch nie gesehen. Wir haben systematisch über alles gelogen, was mit Russland und der Ukraine zu tun hat, und das seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren."

Die Wahrheit ist, sagt der pensionierte Oberst weiter, dass Russland keineswegs der "böse Aggressor" sei. Es habe seine militärische Operation gestartet, um sein Land zu sichern. Der Westen habe in den vergangenen 20 Jahren unermüdlich daran gearbeitet, Russland auf jede erdenkliche Weise zu untergraben und zu schwächen. 

Die Russen hätten sehr deutlich gemacht, dass sie die NATO an ihren Grenzen nicht akzeptieren würden. Sie hätten zwar den Beitritt von Lettland und Estland akzeptiert, aber eine Aufnahme der Ukraine sei unter keinen Umständen zu akzeptieren gewesen. Macgregor:

"Aber sie haben sehr deutlich gemacht, dass die Ukraine, die ungefähr die Größe von Texas hat, niemals Mitglied der NATO werden dürfe. Das stellte einfach eine zu große Gefahr dar. Wir haben es ignoriert."

Einer der Hauptgründe, warum Russland 2014 die Krim annektierte, war laut Macgregor, dass Putin verhindern wollte, dass der Marinestützpunkt in Sewastopol in die Hände der NATO fällt:

"Und denken Sie daran: Wenn er 'NATO' sagt, meint er letztlich die Vereinigten Staaten. Es ist die US-Marine, die in die Häfen der Krim eingelaufen ist. Es sind die US-Streitkräfte, die sich nach Osten an die russische Grenze bewegen. Und wir haben uns entschieden, nicht darüber zu sprechen."

An dieser Stelle erinnert Macgregor an den vorausgegangenen Staatsstreich in Kiew. Diesen hätten die USA "mitorganisiert und durchgeführt". Der Staatsstreich habe Leute an die Macht gebracht, die sonst nicht an die Macht gekommen wären. Und diese Leute seien gewalttätig, antirussisch und feindlich gegenüber den nationalen Sicherheitsinteressen Russlands. Diese vom Westen unterstützten neuen Machthaber hätten 2014 den Krieg im Osten der Ukraine vom Zaun gebrochen:

"Wir haben sie ermutigt, wir haben sie kultiviert, wir haben angefangen, Geld in dieses Ding namens ukrainische Armee zu stecken. Und 2014 begann diese junge Armee sofort mit Angriffen auf ethnische Russen in der Ostukraine, in den sogenannten Regionen oder Oblasten Donezk und Lugansk. In der Zeit zwischen den ersten Angriffen der Artillerie im Jahr 2014 und der Intervention der Russen im Februar 2022 wurden 14.000 Menschen getötet. Sie feuerten Tausende und Abertausende Artilleriegeschosse ab. In der Tat haben sie in den ein oder zwei Wochen vor dem endgültigen Einmarsch der Russen (im Februar 2022) über 2.000 Schuss Artillerie abgefeuert. Und diese wurden alle auf russische Zivilisten abgefeuert."

An dieser Stelle stellt Macgregor klar, dass es sich bei diesen Zivilisten "technisch" um ukrainische Staatsbürger handelte, nur seien es eben ethnische Russen:

"Und natürlich werden diese Russen unterdrückt. Sie wurden praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt: Entweder ihr werdet Ukrainer, hört auf, Russisch zu sprechen, sprecht Ukrainisch, schreibt auf Ukrainisch und nehmt die ukrainische Identität und Kultur an usw., oder wir werden euch bestrafen. Und so sind die Russen in der Ostukraine nun schon seit Jahren Bürger zweiter oder dritter Klasse."

All dies kam in Russland nicht gut an, erklärt Macgregor, und erinnert an die gescheiterten Minsker Abkommen:

"Dann gab es das so genannte Minsker Abkommen, das Russland theoretisch als Möglichkeit präsentiert wurde, den Konflikt zu überwinden und ein gewisses Maß an Zivilität und Frieden in der Ukraine zu wahren. Nun, es hat nicht funktioniert, und es hat nicht funktioniert, wie wir herausgefunden haben, weil Bundeskanzlerin Merkel, die jetzt im Ruhestand ist, und dann später Herr Macron, der Präsident von Frankreich, beide zugegeben haben, dass die ganze Sache ein Schwindel war. Es war einfach ein Mittel, um für die Ukrainer Zeit zum Aufbau ihrer Streitkräfte zu gewinnen." 

Anfang 2022 wurde Russland klar, dass diese große, mithilfe des Westens aufgebaute Armee, die gut ausgerüstet und nach NATO-Standards ausgebildet ist, kurz davor stand, einen Angriff auf Russland zu starten. Einen Angriff mit dem Ziel, Lugansk und Donezk vernichtend zu schlagen und dann die Krim zurückzuerobern. Dazu sagten die Russen: "Nein danke", und intervenierten, rekapituliert Macgregor.

Anschließend an die Analyse der Kriegsursachen geht er auf den bisherigen Kriegsverlauf ein. 

Den großen Fehler Russlands in der Anfangsphase sah er darin, dass Moskau angenommen hat, dass jemand mit Russland verhandeln wollte. Also rückte die russische Armee mit einer "wirklich kleinen Truppenstärke" in die Ukraine vor, nach Angaben des pensionierten Colonels und Militärexperten mit "kaum 90.000" unmittelbar an den Kampfhandlungen beteiligtem Personal. Moskau musste dann nach einigen Monaten erkennen, dass keine Verhandlungslösung erreicht werden kann. Jede Hoffnung auf Verhandlungen war zerstört, nachdem der damalige britische Premier Boris Johnson Kiew besucht hatte und den ukrainischen Präsidenten von der Unterzeichnung des schon paraphierten Friedensvertrags abgebracht hat. 

Schlussendlich hätten sich die russischen Generäle im Sommer 2022 mit Putin getroffen und hätten ihm gesagt, dass man sich auf einen vollwertigen Krieg einstellen müsse:

"Wir haben uns verkalkuliert, die zugrunde gelegten Annahmen waren falsch, es gibt niemanden, mit dem man verhandeln kann."

Daraufhin gab es in Russland eine Teilmobilisierung und die Neuaufrüstung der Armee wurde begonnen. All das wurde nach Einschätzung von Macgregor bis zum Jahreswechsel 2022/2023 weitgehend umgesetzt. Danach habe es einen russischen Offensivversuch gegeben, bei dem aber das Wetter nicht mitgespielt hätte, sodass sich Russlands Armeeführung entschlossen habe, eine undurchdringbare Verteidigungslinie zu errichten und auf die ukrainische Offensive zu warten.

In der Zwischenzeit habe die Ukraine furchtbare Verluste erlitten, über die in den westlichen Medien nie wahrheitsgemäß berichtet wurde. Washington sei sehr besorgt darüber gewesen, dass die Unterstützung der NATO für "diese geisteskranke Idee, auf dem Rücken des ukrainischen Volkes einen Stellvertreterkrieg gegen Russland führen zu können", schwinden würde, wenn das Ausmaß der Verluste öffentlich wird. Macgregor dazu: 

"Die leichte Lösung war zu lügen. Und dann hat man gehorsame Medien, die ideologisch mit den von Neokons und Globalisten beherrschten Regierungen im Westen (besonders in Washington und London) auf Linie sind, was es leicht macht, die Nachrichten so zurechtzuschneiden, dass die Unterstützung nicht abbricht. Es ist leicht die Menschen im Westen, denen noch die Propaganda des Kalten Krieges in den Knochen steckt, zu überzeugen, dass Russen schlecht sind, dass Russen böse sind."

Russland, so Macgregor, habe heute nichts mit der Sowjetunion zu tun, es sei heute sehr religiös und kulturell konservativ. Der US-Oberst weist auch die Narrative über angebliche russische Kriegsverbrechen deutlich zurück:

"Und ich denke, dass die russische Armee sich gut verhält. 90 Prozent der Kriegsverbrechen, derer sie beschuldigt wird, hat sie nicht begangen. Auf der anderen Seite hat sich das ukrainische Militär verbrecherisch verhalten, tötete Menschen in großen Zahlen und feierte sich in nazistischer Art dafür."

Die Zahl der gefallenen Soldaten und Offiziere auf ukrainischer Seite schätzt Macgregor auf "mindestens" 300.000. Er habe auch weitaus größere Schätzungen dazu gesehen. Die Zahl der Gefallenen auf russischer Seite gibt er mit 30.000 Kämpfern an. Diese Angaben beziehen sich auf den Frühling 2023. 

Zu den Aussichten des Krieges sagt Macgregor, dass die russische Armee aktuell darauf warte, dass der Boden trocknet und sich günstige Wetterbedingungen für eine Offensive einstellen.  

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Spionomanie auch in London: Zwei Briten der Spionage für China angeklagt

22. April 2024 um 21:22

Zwei 29 und 32 Jahre alte Männer sind in Großbritannien wegen der mutmaßlichen Spionage für China angeklagt worden. Der Prozess gegen sie soll an diesem Freitag vor einem Londoner Gericht beginnen. Bei den Angeklagten handelt es sich um einen Mitarbeiter des britischen Parlaments und einen Wissenschaftler. 

Laut der Anklagebehörde Crown Prosecution Service (CPS) geht es um mutmaßliche Handlungen der beiden Männer zwischen Ende 2021 und Februar 2023, "die darauf ausgelegt waren oder gewesen sein könnten, direkt oder indirekt für einen Feind nützlich zu sein". Konkrete Einzelheiten zu den Vorwürfen sind bislang nicht bekannt.

Offenbar handelt es sich dabei um die zwei Personen, die von der für Spionageabwehr zuständigen Einheit der britischen Polizei im September 2023 festgenommen wurden. Damals hieß es, dass einer der beiden durch seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Parlament Kontakt zu Abgeordneten der regierenden konservativen Partei gehabt habe, darunter auch zum damaligen Sicherheitsminister.

Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert den Leiter des Anti-Terror-Kommandos bei der Metropolitan Police, Commander Dominic Murphy, mit den Worten:

"Es handelt sich um eine äußerst komplexe Untersuchung von sehr schwerwiegenden Anschuldigungen."

Die chinesische Botschaft in London erklärte, die Behauptung, China versuche, britische Geheimdienstinformationen zu stehlen, sei "völlig frei erfunden". Reuters zitiert die folgende Erklärung eines Sprechers der Botschaft: 

"Wir weisen dies entschieden zurück und fordern die britische Seite auf, die antichinesische politische Manipulation zu stoppen und diese inszenierte politische Farce zu beenden."

Der Fall hatte im September auch für diplomatische Verstimmungen gesorgt. Der britische Premierminister Rishi Sunak warf Peking angesichts der Ermittlungen Einmischung in die parlamentarische Demokratie vor. China wies die Spionagevorwürfe schon damals zurück.

Auch die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Die britische Presse zitiert die Verteidigung eines der Angeklagten damit, dieser beteuere seine "vollkommene" Unschuld. Der Angeklagte, offenbar der Parlamentsangestellte, habe vielmehr sein Berufsleben damit verbracht, andere über die Herausforderungen und Bedrohungen durch die Kommunistische Partei Chinas aufzuklären.

In Deutschland wurden am Montag drei Verdächtige festgenommen, die für China spioniert haben sollen. Den drei deutschen Staatsbürgern werden geheimdienstliche Agententätigkeit und ein Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz vorgeworfen. Sie sollen bei einer Universität ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben haben, in dem es um den Stand der Forschung zu nautischen Motoren gehe.

Warum das per se – ohne Zugang zu geheimen Forschungsprojekten – Spionage sein soll, bleibt vorerst ein Geheimnis der Generalbundesanwaltschaft. Kritiker sprechen von einer regelrechten "Spionomanie", die im Westen ausgebrochen sei. Diese erinnere an Hexenjagden wie zu Zeiten des McCarthyismus in den USA in den späten 1940er- und frühen 50er-Jahren.

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Weltweite Militärausgaben auf neuem Höchststand – USA einsam an der Spitze

22. April 2024 um 21:07

Erneut haben die weltweiten Militärausgaben einen Höchststand erreicht. Bereits zum neunten Mal in Folge übertrafen die Zahlen 2023 die Ausgaben des Vorjahres, wie aus einem neuen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI hervorgeht, der am Montag veröffentlicht wurde.

Die globalen Rüstungsausgaben stiegen demnach in 2023 inflationsbereinigt um 6,8 Prozent auf 2,44 Billionen US-Dollar (rund 2,28 Billionen Euro) – der größte Anstieg im Jahr-zu-Jahr-Vergleich seit 2009.

2022 waren es noch 2,24 Billionen Dollar (rund 2,04 Billionen Euro).

Alle zehn Länder mit den höchsten Rüstungsausgaben erhöhten diese deutlich. Dabei blieben die USA ungeschlagen an der Spitze. Sie kamen mit 916 Milliarden US-Dollar (knapp 860 Mrd. Euro) auf mehr als ein Drittel (37 Prozent) der weltweiten Militärausgaben – etwa das Dreifache des zweitplatzierten China mit geschätzten 296 Milliarden Dollar.

Russland landete auf dem dritten Platz, gefolgt von Indien und Saudi-Arabien, wie bereits 2022. Deutschland rangierte abermals auf dem siebenten Platz der Staaten mit den höchsten Ausgaben – kurz hinter Großbritannien.

Die weltweiten Militärausgaben entsprachen 2,3 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Einer der Hauptgründe für den wiederholten Anstieg ist laut SIPRI die militärische Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine.

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Wie der Westen das Fell des russischen Bären teilen will – 5 Szenarien der Zukunft Russlands

22. April 2024 um 20:42

Von Wiktorija Nikiforowa

Nicht weniger als fünf Szenarien für unsere Zukunft hat der bekannte amerikanische Russland-Experte Stephen Kotkin der Öffentlichkeit vorgestellt. Sein dreibändiges Buch über Stalin, das übrigens voll von wütendem Hass auf die UdSSR ist, wurde bereits originalgetreu ins Russische übersetzt und vom Verlag des Gaidar-Instituts veröffentlicht. Damit wir nicht vergessen, wie wir über unsere Geschichte zu denken haben. Ohne Kotkin sind wir ja aufgeschmissen.

Der Experte geht seit fast einem Jahr mit seinen fünf Szenarien für Russland hausieren, aber in seiner jüngsten Veröffentlichung in der Zeitschrift Foreign Affairs entwickelt er sein Konzept weiter und gibt der amerikanischen Führung Ratschläge, was mit Russland zu tun ist und wie man es auf den von den Amerikanern gewünschten Entwicklungspfad bringen kann. Die Veröffentlichung ist auch für uns interessant, gibt sie doch Einblick sowohl in die Schwächen der Amerikaner als auch in ihre strategischen Ansätze unserem Land gegenüber.

Kotkin wendet sich auch an die prowestlichen Russen, an "die Guten" unter uns. Deshalb zeichnet er das erste Szenario für die Zukunft unseres Landes nach dem Ende Putins als das "russische Frankreich".

Die These vom "zweiten Frankreich" haben wir schon einmal irgendwo gehört. Soweit ich mich erinnere, wurde vor vielen Jahren der Ukraine versprochen, aus ihr ein Frankreich zu machen. Irgendetwas ging dabei offenbar schief. Noch früher sollten Georgien (Tiflis ‒ das georgische Paris) und Armenien (Eriwan ‒ das armenische Paris) zu Frankreich werden. Wie steht es aktuell darum?

Das "russische Frankreich" soll ein militärisch starkes Land sein, das Washington nicht um Geld bittet und trotzdem alle Befehle von jenseits des Ozeans treu ausführt. Klar, dass dies der feuchte Traum Washingtons ist. Wie wir aber an den oben genannten Beispielen der ukrainischen, georgischen und armenischen "Frankreiche" sehen können, endet dies für die betroffenen Länder in hoffnungsloser Armut sowie verlorenen Kriegen, Territorien und Einwohnern. Also nein, auf diese Verlockung fallen wir nicht mehr herein.

Solche Versuchungen konnten in den 1990er Jahren funktionieren, als die ehemalige UdSSR in Trümmern lag und Frankreich vor diesem Hintergrund ein reiches Land zu sein schien. Aber heute liegt die russische Wirtschaft an fünfter Stelle in der Welt, während die französische auf den neunten Platz abgerutscht ist, der Abstand zu unseren Gunsten wird immer größer. Und das kann jeder sehen, auch die prowestlichen Russen. Wenn die sowjetische Mittelschicht den Traum von Europa massiv unterstützte, so hat sie heute die Welt bereist und alles gesehen ‒ sie lässt sich nicht mehr täuschen.

Das zweite Szenario heißt bei Kotkin "Russland in den Schützengräben" ("Russia retrenched"). Es sieht wie ein reines Oxymoron aus. Russland bleibt stark und "autoritär", wird aber von einem wundersamen Herrscher angeführt, der sich selbst zwar als "russischen Nationalisten" bezeichnet, aber aus unerklärlichen Gründen beschlossen hat, sich aus der Ukraine zurückzuziehen und ihr den Beitritt zur NATO zu ermöglichen. Einen, der das Land isoliert hat und es im gesamten postsowjetischen Raum von amerikanischen Militärstützpunkten umzingeln ließ.

Das hört sich wenig logisch an, zeigt aber in Wirklichkeit, welche Art von Marionette die Amerikaner uns gern unterjubeln würden. Es sollte ein Mann sein, der alle Interessen unseres Landes aufgeben würde, der sich selbst aus dem Kampf um die Kontrolle im postsowjetischen Raum ausschalten würde, aber das alles mit patriotischen Phrasen tun würde. Was im Prinzip weder überraschend noch neu ist. Auch der Blogger Nawalny spielte viele Jahre einen russischen Nationalisten.

Das dritte Szenario ist müde Panikmache, dass Russland "Chinas Vasall" wird. Auch dies ist eine lächerliche Utopie. Bisher erlauben es weder die Stärke unserer Wirtschaft, noch der Reichtum unserer Rohstoffbasis, noch die Kampffähigkeiten unserer Armee, noch unsere Atomwaffen irgendjemandem in der Welt ‒ nicht einmal den Vereinigten Staaten selbst ‒ unser Land zu ihrem Vasallen zu degradieren. Warum sollte es China gelingen ‒ bei allem Respekt vor dem Reich der Mitte, natürlich?

Das vierte Szenario ist eine Abwandlung desselben Themas, wonach Russland sich in ein zweites Nordkorea verwandeln wird. 

Schließlich das fünfte Szenario, und das ist der feuchteste Traum der Amerikaner – ein totales Armageddon in unserem Land, Chaos, Rebellion, Zerfall und Krieg aller gegen alle.

Was haben diese fantastischen Szenarien gemeinsam? Die Tatsache, dass jedes von ihnen nur nach unserer Niederlage, und zwar einer totalen Niederlage, auch nur die geringste Chance auf Verwirklichung hat. Und zwar nicht nach einem situationsbedingten Rückzug in der Ukraine, sondern nach einer Niederlage in einem echten Weltkrieg, mit allem, was dazugehört, einschließlich des Austauschs von Atomschlägen.

Ohne eine solche Niederlage taugt Kotkins Argumentation nur als Bewerbung für einen Science-Fiction-Actionfilm über Mütterchen Russland, in dem immer alles brennt, explodiert und schießt, und dann kommt ein blonder russischer Nationalist unter Glockengeläut an die Macht und küsst den amerikanischen Präsidenten (mit Will Smith in der Rolle des amerikanischen Präsidenten).

Interessant ist jedoch, zu welchen Schachzügen Kotkin seinen Gastgebern in der aktuellen Runde des Großen Spiels rät.

Erstens müsse man den richtigen "Nationalisten" in Russland finden, der den Amerikanern alles zu überlassen bereit ist:

"Washington muss auf einen nationalistischen Reset in Russland vorbereitet sein und ihn fleißig fördern."

Zweitens soll versucht werden, Russland von China zu trennen, denn deren Bündnis ist, wie die letzten Jahre gezeigt haben, absolut unschlagbar. Um dies zu erreichen, wird Washington aufgefordert, Peking einzudämmen, ohne auf militärische Maßnahmen zurückzugreifen. Danach solle "das Nixon-Kissinger-Manöver" wiederholt werden. China soll bei der Eindämmung Russlands helfen.

Der wichtigste Ratschlag besteht jedoch darin, endlich die eigenen Probleme Amerikas zu lösen. Billige Hypotheken wie in Russland müssen her, Häuser zu vernünftigen Preisen müssen gebaut werden, denn die schrecklichste Bruchbude kostet aktuell bereits Hunderttausende von Dollar. Nicht weniger als eine Million Mathematiklehrer müssen in zehn Jahren ausgebildet werden, denn die amerikanischen Schüler haben das Rechnen verlernt, während die russischen Schüler inzwischen die Weltolympiaden wie Peanuts knacken. Auch neue Rüstungsgüter sollten hergestellt werden ‒ wiederum, um aufzuholen und Russland zu überholen.

An dem letztgenannten Ratschlag – die aufgestauten internen Probleme zu lösen – können Sie sehen, wie weit die Krise in den USA fortgeschritten ist. BIP-Zahlen können gezeichnet werden, wie man lustig ist, sie täuschen jedoch nicht darüber hinweg, dass in vielen Positionen heute die USA Russland hinterherhinken, nicht umgekehrt. Die ganze Welt kann das sehen. Das Einzige, was diesem dekadenten Staat bleibt, sind die besagten feuchten Träume vom Zusammenbruch und Zerfall Russlands und der Teilung des Fells des nicht erlegten russischen Bären. 

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 22. April 2024 auf ria.ru erschienen.

Mehr zum Thema ‒ Das tragische Schicksal des russischen Volkes. Teil 1: Auf den Straßen von Paris; Teil 2: Die Unseren werden nicht kommen

Schweigeminute für Crocus-Opfer: Moskauer Filmfestival mit Teilnehmern aus 50 Ländern eröffnet

22. April 2024 um 20:22

Mut brauchte auch der herausragende isländische Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Friðrik Þór Friðriksson, der sich in diesem Jahr bereit erklärt hat, den Vorsitz der Jury des Festivals zu übernehmen. Festivalpräsident Nikita Michalkow begrüßte ihn und andere Gäste und Teilnehmer des Festivals und sagte dazu:

"Ich denke, es hat all jene, die zu uns gekommen sind, die ihre Filme mitgebracht haben oder Mitglieder der Jury geworden sind, viel Mut gekostet. Ich bin überzeugt, dass dies genau die Menschen sind, für die erstens die Kunst wichtiger ist als alles andere, und zweitens, für die klar ist, dass das Recht auf unserer Seite ist."

Michalkow bezeichnete das 46. Internationale Filmfestival Moskau scherzhaft als "das unabhängigste und nichtkolonialste" Festival Europas. Auf der Veranstaltung werden mehr als 200 Filme aus 50 Ländern, darunter Deutschland, Österreich, Spanien, Rumänien und Serbien, vorgeführt.

Das Filmfestival Moskau findet vom 19. bis 26. April statt. Der Hauptpreis ist der Goldene Sankt-Georgs-Preis, der an den besten Film des Wettbewerbsprogramms sowie an jenen Sieger verliehen wird, der einen Beitrag zum Weltkulturerbe geleistet hat. Die Preisträger in sieben anderen Kategorien werden mit dem Silbernen Sankt Georg ausgezeichnet. In diesem Jahr kämpfen zehn Filme aus Russland, Deutschland, Serbien, Rumänien, Iran und anderen Ländern um den Hauptpreis des Festivals. Russland wird mit dem Film "Alien" von Iwan Sosnin vertreten sein.

Die Eröffnungszeremonie des Festivals begann mit einer Schweigeminute für die Opfer des Terroranschlags im Konzerthaus Crocus City Hall. Zuerst wurde der Film "Offener Himmel" der mexikanischen Regisseure Mariana und Santiago Arriaga gezeigt. Sie sind die Kinder des berühmten mexikanischen Drehbuchautors Guillermo Arriaga, nach dessen Drehbüchern Alejandro González Iñárritu seine Klassiker "Amores perros", "21 Gramm" und "Babel" drehte, die in verschiedenen Jahren an den Filmfestspielen von Cannes teilnahmen.

Mehr zum Thema - Russische Film-Produzenten könnten auf dem Weg sein, auf Gold zu stoßen

Tucker Carlson: US-Abgeordnete haben Angst, dass Geheimdienste ihnen Kinderpornos unterjubeln

22. April 2024 um 19:44

Kongressabgeordnete stimmen immer wieder für Massenüberwachungsprogramme, weil sie "Angst" davor haben, dass die Geheimdienste "Kinderpornos" auf ihren Computern platzieren könnten, wenn sie sich zu Wort melden. Das behauptet der US-amerikanische Journalist Tucker Carlson.

Carlson trat am Freitag im Podcast von Joe Rogan auf – wenige Stunden, bevor der US-Senat über die Verlängerung von Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) von 1978 abstimmte.

Abschnitt 702, der angeblich geschaffen wurde, um Geheimdiensten wie dem FBI und der CIA die Überwachung der Kommunikation von Ausländern zu ermöglichen, erlaubt diesen Behörden den Zugriff auf "indirekt" gesammelte Daten von Millionen amerikanischer Bürger ohne Durchsuchungsbefehl.

Carlson zufolge haben sich einige Abgeordnete gegen diese Verlängerung ausgesprochen, dies aber nicht öffentlich zugegeben. Gegenüber Rogen erklärte der Journalist:

"Die Leute sagen das nicht, weil sie Angst haben, bestraft zu werden (...) Sie machen sich Sorgen, dass jemand Kinderpornos auf ihre Computer lädt. Die Mitglieder des Kongresses haben Angst vor den Geheimdiensten. Ich stelle keine Vermutungen an. Sie haben mir das gesagt, einschließlich der Leute im [Geheimdienst-]Ausschuss, einschließlich der Leute, die den Geheimdienstausschuss leiten."

Congressmen Are "Terrified Of The Intel Agencies"; Tucker Carlson Warns They'll Frame Them With "Kiddie Porn" @TuckerCarlson #USA https://t.co/LrHH2RZa8C via @truthpukealerts #JoeRogan & Tucker Carlson sat down for a wide-ranging three-hours-plus discussion last week,… pic.twitter.com/bhEf9wODTH

— ⚡️🌎 World News 🌐⚡️ (@ferozwala) April 22, 2024

Und er fügte hinzu:

"Sie haben Angst vor den Behörden (...) Das ist nicht mit der Demokratie vereinbar (...) Es spielt sich vor aller Augen ab, und niemand kümmert sich darum und niemand unternimmt etwas dagegen (...) Ich denke, der Grund dafür ist, dass sie sich bedroht fühlen. Und wenn man sich die Ausschussvorsitzenden ansieht, die diesen Mist Jahr für Jahr zulassen... Ich kenne sie. Und sie alle haben Dinge zu verbergen. Das weiß ich ganz genau."

Abgesehen von der angeblichen Bedrohung durch heimlich platzierte Kinderpornografie behauptete Carlson, es sei "sehr üblich", dass Gesetzgeber "ein Alkoholproblem oder ein seltsames Sexualleben" hätten, was die Behörden leicht aufdecken könnten, wenn diese Politiker sich weigerten, ihre Aufgaben zu erfüllen.

Carlson ist nicht der erste einflussreiche Konservative in den USA, der behauptet, dass gewählte Vertreter erpresst werden. Im Dezember stellte der Republikaner Tim Burchett, Abgeordneter des Bundesstaates Tennessee, die These auf, seine Kollegen hätten einen Antrag auf Veröffentlichung der Namen der Kunden des berüchtigten Pädophilen Jeffrey Epstein abgelehnt, weil sie in Sexualverbrechen verwickelt gewesen seien.

Ungenannte Kräfte in Washington nutzten "den alten Honigtopf", um Politiker zu erpressen und sie zu zwingen, "für verrückte Sachen zu stimmen", sagte Burchett damals dem konservativen Podcast-Moderator Benny Johnson.

Ein Jahr zuvor war ein Nacktvideo des Abgeordneten Madison Cawthorn aufgetaucht, einen Monat nachdem er behauptet hatte, von älteren Kongressmitgliedern zu Drogenorgien eingeladen worden zu sein. Washington, so sagte er damals, sei voll von "sexueller Perversion".

Mehr zum ThemaExperte bei Tucker Carlson: Deutsches NetzDG – ein Werk der CIA?

Helfen die deutschen "Klimaschutzgesetze" dem Klima? Kaum, alles Lüge

22. April 2024 um 19:13

Von Dagmar Henn

Man muss sich schon anstrengen, um nicht wahrzunehmen, dass das Heizungsgesetz und viele weitere Entscheidungen, die unter der Überschrift "Klimaschutz" getroffen wurden, katastrophale Nebenwirkungen haben. Das war auch schon bei Vorläuferregelungen wie der Energieeinsparverordnung (EnEV) seit 2001 bis 2020 in ihren unterschiedlichen Varianten so. Allerdings gibt es einen Punkt, der die ganzen deutschen Maßnahmen selbst dann völlig widersinnig macht, wenn man den Prämissen des Klimaglaubens folgt.

Tun wir einmal so, als wäre das alles wahr – als stünde eine gewaltige Katastrophe bevor, wenn man nicht mit allen Mitteln weniger Kohlendioxid emittieren würde. Welche Konsequenzen hätte das? Nun, da klar ist, dass dafür Eingriffe erforderlich sind, aber ebenso klar, dass öffentliche Mittel begrenzt sind, wäre Kosteneffizienz ein wichtiger Punkt. Wenn schon öffentliche Gelder aufgewandt werden müssen, sollte dies an den Punkten und auf die Weise geschehen, die den größten Nutzen bringen. Und, ist das der Fall?

Interessanterweise waren im Zusammenhang mit der Debatte um die europäischen Gebäudeenergiegesetze zwei Dinge zu erfahren, wenn auch nicht aus den Schlagzeilen. Erstens unterscheiden sich die Bewertungen des Energieverbrauchs von Gebäuden innerhalb der EU weitgehend voneinander, was irgendwie erklärt, warum diese Buchstaben verwendet werden und nicht einfach ein absoluter Zahlenwert in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Das wird einfach so gemacht, weil die Verbraucher schließlich bei Kühlschränken, Staubsaugern und ähnlichen Dingen auf diese Buchstabenkennzeichnung konditioniert wurden und sich gar nicht mehr die Frage stellen, welche Werte sich tatsächlich dahinter verbergen.

Bei Gebäuden jedenfalls unterscheiden sich nach einer Faktenerhebung des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA) die technischen Werte für die einzelnen Stufen extrem. Bei der untersten Kategorie der Energieeffizienzklassen liegt der Wert für Deutschland bei 250 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr (kWh/m²a), in Belgien bei 510 kWh/m²a, und so geht es weiter bis zur Klasse A+, für die ein Gebäude in Deutschland nicht mehr als 25 kWh/m²a verbrauchen darf, in den Niederlanden aber immerhin noch stolze 105 kWh/m²a, mit denen man in Deutschland nur in der Klasse D landen würde.

Dazu gehört eine weitere Information, die im Grunde durch die erste bereits nahegelegt wird, aber die ebenfalls andernorts explizit bestätigt wird: im Vergleich sind nämlich viele Gebäude in Deutschland bereits gut isoliert. Eine Studie aus dem Jahr 2020 der Münchner Heizungssteuerungs-Firma Tado GmbH verglich die Wärmeverluste, die ein Haushalt nach fünf Stunden bei Innentemperaturen von 20 Grad Celsius und Außentemperaturen um den Gefrierpunkt erlitten hat. Hier lag der Wert für Deutschland bei einem Grad Temperaturabsenkung im Innenraum, innerhalb der ausgewählten Ländergruppe nur noch unterboten durch Norwegen mit 0,9 Grad, aber weit übertroffen von Belgien mit 2,9 und Großbritannien mit 3,0 Grad.

Und nun kommen wir zur Frage der Effizienz. Jeder, der sich jemals mit Fragen der energetischen Sanierung befasst hat, weiß, dass schon zu Zeiten der EnEV, etwa im Jahr 2009, die Vorgaben extrem aufwendig und teuer wurden. Tatsächlich ist beispielsweise beim Einbau von Fenstern der entscheidende Schritt der zu einer Doppelverglasung unter Vermeidung von Wärmebrücken um den Rahmen. Wenn man eine Stufe besagter Doppelverglasung durch die nächste ersetzt, ist die relative Einsparung nur noch gering. Bei der Wärmedämmung von Außenwänden oder von Dächern verhält es sich ebenso – es sind die vergleichsweise einfachen und günstigen Maßnahmen, die relativ den höchsten Ertrag bringen.

Die EnEV hatte letztlich fast nur Wirkung auf den Neubau, der ihr unterworfen war. weil die Kosten der dafür erforderlichen Maßnahmen die möglichen Einsparungen bei den Energiekosten weit überschritten. Da sie zu einer massiven Mieterhöhung ohne Gegenwert geführt hätten, wurden sie vielfach schlicht im Bestand der Bausubstanz nicht durchgeführt, was dann ganz nebenbei dazu führte, dass die zuvor üblichen Erhaltungssanierungen auch entfielen, weil man bei ihnen zu eben diesen EnEV-Maßnahmen verpflichtet gewesen wäre. Die aktuelle Reaktion auf das Heizungsgesetz folgt genau diesem bereits bekannten, Schema. Wenn die Erhaltungsmaßnahmen zu teuer werden, finden sie einfach nicht mehr statt.

Nun gibt es allerdings ein seltsames Ergebnis, wenn man all diese Daten miteinander kombiniert und dann noch so tut, als wäre das irgendwie eine gesamteuropäische Aufgabe. Wenn die deutschen Gebäude in der Summe wesentlich besser isoliert sind als die belgischen oder französischen (über die bulgarischen, rumänischen und polnischen war nichts zu finden), und die Kosten für den gleichen angestrebten Nutzen, nämlich die Verringerung der Kohlendioxidabgabe, desto höher liegen je günstiger die Ausgangslage ist, dann wäre es die logische Konsequenz, sich vor allem darauf zu konzentrieren, die Gebäude in Belgien und Frankreich auf den deutschen Standard zu bringen, statt in Deutschland mit allen Mitteln aus den Wärmeverlust um ein Grad Celsius auf nur noch ein halbes Grad zu verringern.

Denn selbst dann, wenn es gelänge (und überhaupt sinnvoll zu realisieren wäre), dass der durchschnittliche Temperaturverlust in Deutschland bei nur noch annähernd null Grad läge, würde das bei Weitem nicht dem Gewinn entsprechen, der durch ein Absenken der französischen, belgischen und niederländischen Verluste an Heizenergie auf das deutsche Niveau erreicht werden könnte. Und das würde auch noch wesentlich weniger kosten.

Wenn die ganze Beschlusslage auf europäischer wie auf deutscher Ebene tatsächlich das Ziel hätte, mit größtmöglicher Effizienz den Ausstoß von Kohlendioxid zu verringern, dann sähe das Ergebnis völlig anders aus als das, was wir vor uns sehen. Die rechtlichen Vorgaben in Deutschland könnten sogar wieder gelockert werden (was Neubau deutlich günstiger machen würde), wenn man nur einen Bruchteil dessen, was an öffentlichen Mitteln derzeit in Deutschland aufgewandt wird, um trotz dieser irrwitzigen Vorgaben einen völligen Kollaps des Wohnungsbaus zu verhindern, in die Wärmedämmung bulgarischer Häuser investieren würde (Belgien und die Niederlande erwecken nicht den Eindruck dringend erforderlicher Zuschüsse).

Es kann also bei dem ganzen Paket gar nicht um den verkündeten Zweck gehen. Schließlich existieren entsprechende Förderstrukturen über die EU schon längst – und sie werden auch weidlich genutzt, um Empfängerländer politisch an die Kandare zu nehmen. Es kann also niemand ernsthaft behaupten, eine Wärmedämmung bulgarischer Häuser mit deutschem Geld über den Umweg durch die EU-Kassen sei nicht machbar. Sowieso schaut man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul.

Verluste bei der Bauwirtschaft in Deutschland müsste man nicht fürchten, denn das Sanierungsgeschäft würde sich normalisieren, sprich: die früher üblichen Erhaltungssanierungen würden wieder stattfinden und der Neubau würde auch günstiger. Das wirft selbstverständlich die Frage auf, warum dann der ganze Unsinn überhaupt getrieben wird, wenn er nicht einmal unter den Prämissen des Klimaglaubens zielführend ist.

Ich vermute, der Zweck ist, die Mieten möglichst hoch zu halten und – auch das ist ein Teil der Geschichte – möglichst viel Geld zu den Banken umzuleiten, die immerhin an jeder Mietsteigerung mitverdienen. Um Mieten oben zu halten, muss man das Angebot an günstigen Wohnraum knapp halten. Und teurere Baukosten sorgen dafür, dass der Neubau teurer wird als der Altbau und schlicht weniger gebaut wird.

Dabei gibt es eine Art Zirkelschluss über die Bodenpreise. Die richten sich nämlich danach, was an Mieteinnahmen erwartet werden kann, was bedeutet: wenn die Mieten nach oben gedrückt werden, steigen auch die Bodenpreise. Das wiederum erhöht die Preise für Neubauten, weil die Bodenpreise Teil der Neubaukosten sind, was die Mieten wieder weiter in die Höhe treibt, was wiederum beispielsweise dazu führt, dass Kommunen auf den örtlichen Mietmarkt nur noch insoweit Einfluss nehmen können, als sie städtische Grundstücke für sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen können, weil alles, in dem Kosten für den Boden enthalten ist, kein sozialer Wohnungsbau mehr sein kann (selbst wenn es noch aus kommunalen Haushalten finanzierbar wäre).

Natürlich hätte jede Andeutung, man wolle mit politischen Mitteln das Mietniveau erhöhen, heftigen Widerstand ausgelöst. Und anfänglich, als man in Deutschland begann, Gebäude besonders zu dämmen (hierbei sprechen wir von den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts), lautete die Argumentation noch, man müsse Energie sparen. Und da man sich noch in einem Bereich bewegte, in dem die Einsparungen die Kosten ausglichen, schien das auch logisch; schließlich war das Gesamtergebnis für die aktuellen Mieter das Gleiche, nur die Verteilung zwischen Miete und Heizkosten änderte sich. Dass sich aber gleichzeitig diese Mietsteigerung – im Gegensatz zu einer Steigerung der Heizkosten – in einer Erhöhung der Bodenpreise niederschlagen würde, daran dachte (fast) niemand.

Und die Banken? Nun, jede größere Maßnahme an irgendeinem Gebäude wird über Hypotheken finanziert, auch die Kosten für Grund und Boden, die mittlerweile mancherorts astronomische Höhen erreicht haben. Jeder Bau, jeder Eigentumstransfer löst ein Geschäft aus, durch das die Banken Zinserträge haben, und nach wie vor ist das Hypothekengeschäft ein bedeutender Teil. Mehr noch, auch diejenigen, die die höheren Mieten zahlen müssen, sind für größere Anschaffungen verstärkt auf die Banken angewiesen, weil ihnen dafür weniger Geld übrig bleibt. Das klingt erst einmal nach nicht viel, aber wir reden hier von Jahrzehnten und von mindestens der Hälfte der Bundesbürger.

Das ist einer der Gründe, warum der Binnenmarkt in Deutschland so ausgedörrt ist. Nebenbei bemerkt, liegt auf den Konsumausgaben auch noch die Mehrwertsteuer, die das gemeine Volk noch zusätzlich zur Lohnsteuer und anderen Verbrauchssteuern zu entrichten hat, während die Höhe der Besteuerung des Anteils des Gesamteinkommens, das bei den Banken und großen Immobiliengesellschaften landet, nur so hoch ist, wie es das Geschick ihrer Steuervermeidungsfachleute unvermeidbar macht. Das setzt eine weitere Spirale in Gang, denn diese somit dem Staat entgangenen Einnahmen müssen irgendwie durch andere ersetzt werden.

Gibt es einen realen Grund, warum die Bodenpreise in den Metropolen so viel höher liegen als vor Jahrzehnten? Den gibt es nicht, denn Deutschlands Fläche ist im Vergleich zu 1980 nicht geschrumpft. Es wurde sogar zusätzliches Bauland ausgewiesen (wobei man nie vergessen darf, dass das in den Metropolen vielfach sogar einfach über eine Erhöhung der Geschossflächenzahl geht). Die Bautätigkeit ist wesentlich geringer, das ist also eigentlich eine sinkende Nachfrage.

Selbst wenn man die Frage außen vor lässt, inwieweit Grund und Boden überhaupt einen Wert darstellen kann, und das Ganze nur unter dem Aspekt von Angebot und Nachfrage als Grundlage der Preisbildung betrachtet, ist die Entwicklung nicht nachvollziehbar – außer man baut künstlich beschränkende Faktoren ein. Das geht beispielsweise über eine kontinuierliche Erhöhung der Baupreise durch neue Auflagen und dann über die erwarteten Mieten oder über eine Verknappung des Angebots durch "Versiegelungsverbote".

Der Trick bei all diesen Eingriffen ist die Langzeitwirkung. Der einzige Grund, warum ein Wirtschaftsminister Robert Habeck mit seinem Heizungsgesetz mittlerweile den gesamten Wohnungsmarkt in ein Chaos verwandelt und die äußerst ungewöhnliche Lage herbeigeführt hat, dass die Mieten weiter steigen – selbst dann, wenn die Immobilienpreise fallen –, ist die Förderung von großem Immobilienbesitz und der Banken. Den kleinen Immobilienbesitzern, die vielleicht ein paar Wohnungen besitzen, oder ein paar Häuser, geht es dabei ebenfalls an den Kragen. Mit dem Klimaschutz jedoch, der angeblich dadurch bewirkt werden soll, hat das Ganze so viel zu tun wie mit dem Komponieren einer klassischen Symphonie.

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Präsident des Landkreistages macht Heuchelei zur Ukraine sichtbar

22. April 2024 um 18:36

Von Dagmar Henn

Da äußert sich der Präsident des Deutschen Landkreistages zur Migrationspolitik, und schon wird daraus eine schräge Schlagzeile gemacht, die man danach skandalisieren kann. Nun schön, Skandale sind die Butter auf dem journalistischen Brot, aber die Hintergründe, warum die Aussagen von Landkreistagspräsident Reinhard Sager wie verdreht wurden, sind schon interessant.

Vorab: Das, was verdreht wurde (und zwar so sehr, dass sich der Landkreistag genötigt sah, den vollen Text des Original-Interviews zu veröffentlichen), war die Aussage, "die Landkreise wollen keine Flüchtlinge aus der Ukraine mehr aufnehmen". Was Sager so tatsächlich nicht gesagt hat. Aber er hat sehr wohl darauf hingewiesen, dass "allein Baden-Württemberg doppelt so viele ukrainische Geflüchtete wie ganz Frankreich" beherberge, die Belastung also mitnichten gerecht verteilt sei. Und er fordert, die Privilegien, die Ukrainer gegenüber anderen Flüchtlingen haben, zu beenden; also nicht länger sofort Bürgergeld zu zahlen, noch dazu ohne jede Vermögensprüfung, sondern sie so zu behandeln, wie alle anderen Flüchtlinge auch.

Eine Forderung übrigens, gegen die es wenige Argumente geben kann. Denn dafür müsste man eine Eigenschaft anführen können, die sie grundsätzlich von allen anderen unterscheidet. Wobei allerdings noch hinzukommt, was Sager nicht anführt, dass andererseits, was die Aufnahme einer Arbeit betrifft, die Ukrainer wieder wie Flüchtlinge und nicht wie Bezieher von Bürgergeld behandelt werden, also nicht verpflichtet sind, eine angebotene Arbeit anzunehmen.

Die Privilegien der Ukrainer gehen übrigens noch ein Stückchen weiter – sie werden nur verpflichtet, in einem bestimmten Bundesland zu bleiben, und mancherorts, wie in Niedersachsen, können Vermieter von Sozialwohnungen sogar außerhalb der offiziellen Vergabemechanismen an Ukrainer vermieten, wenn diese schon einen Aufenthalt nach § 24 Aufenthaltsgesetz haben.

Sager ist Pragmatiker. Seine Probleme sind konkret. Wenn er sagt "etliche Landkreise und Gemeinden sind mit der regulären und irregulären Migration überfordert", dann beruht das auf handfesten Informationen.

Grundsätzlich ist das ganze System der Flüchtlingsversorgung kompliziert. Was daran liegt, dass die gesamte konkrete Organisation von Anfang an bei den Kommunen liegt, sobald sie durch das Verteilsystem dort abgeladen werden. Für die Unterbringung, Verpflegung, aber auch die gesamte Betreuung, einschließlich Integrationsmaßnahmen, sind die Kommunen zuständig. Seit Anfang des Jahres gibt es wieder Bundesmittel pro Kopf, mittlerweile in Höhe von 7.500 Euro jährlich, die aber nicht direkt an die Kommunen fließen, sondern über die Bundesländer.

Da diese 7.500 Euro erkennbar nicht alles abdecken, müssen die Länder in der Regel zuschießen. Allerdings kann das je nach Abrechnungsverfahren dauern, sprich, die Kommunen müssen selbst die Leistungen, die sie später erstattet bekommen, erst einmal vorschießen. Weshalb der Deutsche Städtetag wie der Deutsche Landkreistag in diesem Zusammenhang sehr ähnliche Forderungen erheben.

Sager, der Landkreistagspräsident, ist sich durchaus einig mit dem Geschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy, was die Verlagerung der Asylverfahren an die Außengrenzen betrifft. Dedy erklärte jüngst: "Dass jetzt ein Solidaritätsmechanismus kommen soll, der die Aufnahme von Geflüchteten fair auf die Schultern aller EU-Länder verteilt, ist der richtige Ansatz. Das fordern die Städte in Deutschland seit langem. Denn Geflüchtete angemessen unterzubringen und zu versorgen, fordert uns immer stärker." Wie Sager ist Dedy selbst bezogen auf die Effekte der neuen Regelung skeptisch: "Deutliche Effekte wird es aber von heute auf morgen nicht geben." Sager dazu: "Allerdings dauert die Umsetzung der Beschlüsse noch viele Monate, wenn nicht Jahre." Und bis dahin bleibe das Problem der illegalen Einwanderung erhalten:

"Wenn die Bundespolizei irreguläre Migranten auf deutschem Boden aufgreift, werden sie nicht zurückgebracht, sondern bleiben im Land. Teils für immer, weil Abschiebungen auch nach der Asylreform von Bund und Ländern kaum zunehmen werden. Die Ankündigung von Kanzler Olaf Scholz vom Herbst, der Staat werde 'endlich in großem Stil abschieben', war nichts anderes als eine Beruhigungspille mit bitterem Nachgeschmack, weil sie nicht wirkt."

Was die Zahlen vorerst bestätigen: Von insgesamt etwas über 48.000 Ausreisepflichtigen, die keine Duldung hatten (Gesamtzahl derer mit Duldungen: 193.972), wurden 16.430 im vergangenen Jahr tatsächlich abgeschoben, in 31.770 Fällen scheiterte der Abschiebungsversuch. Was bedeuten würde, allein um die aktuell im Jahr 2023 Abzuschiebenden tatsächlich abzuschieben, bräuchte es drei Jahre. Bis dahin sind aber längst viele neue Fälle aufgelaufen. Und diese 16.430 sind schon "27 Prozent mehr als 2022", wie die Zeit meldete.

Sorge hat die wirkliche Lage vor der Nase, anders als die Berliner Blase, die sich problemlos in ihren Fantasien ergehen kann, jedermann jederzeit aufzunehmen. "Was mich persönlich mit ganz großer Sorge umtreibt: Längst nicht alle Flüchtlinge, die vor acht, neun Jahren gekommen sind, sind integriert oder in Arbeit." Schlimmer noch, es gibt Menschen, die seit neun Jahren in Notunterkünften hausen. Und was die Propagandakampagne der "Willkommenskultur" 2015 abwarf, lässt sich nun einmal nicht beliebig wiederholen:

"Für Unterbringung, Betreuung und Sprachkurse fehlen den Kommunen Wohnungen, Personal, Ehrenamtliche und Geld. Kanzler Olaf Scholz hat die Finanzierung zusammengekürzt, allein für die zurückliegenden zwei Jahre fehlen den Landkreisen und Städten fünf Milliarden Euro bei den Unterkunftskosten. Für die Landkreise ist deswegen völlig klar: Wenn die Zahl der Flüchtlinge nicht schnell deutlich und dauerhaft zurückgeht, werden die Probleme immer größer, und das wird sich rächen."

Ja, Sager wirft die Frage auf, ob es nicht andere Lösungen für die Ukrainer gäbe:

"Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat einst über wetterfeste Unterkünfte im sicheren Westen der Ukraine gesprochen. Vielleicht wäre auch Polen bereit, mehr ukrainische Geflüchtete aufzunehmen, wenn es Unterstützung von der EU gibt."

Und er hat eine eindeutige Vorstellung, wie an der deutschen Grenze verfahren werden sollte:

"Wir Landkreise fordern deswegen einen konsequenten Schutz der deutschen Grenzen, solange die EU-Außengrenzen so löchrig sind. Es braucht mehr und verstetigte Kontrollen, um irreguläre Migranten ohne Asylschutz-Perspektive an der Einreise zu hindern."

Der entscheidende Punkt ist allerdings, dass Sager da eben keine Position als Privatmann von sich gibt, sondern als Präsident des Landkreistages, seine Aussagen also im Grunde die Aussagen der Mehrheit der Landkreise sind. Dahinter steckt nicht eine unterstellte Fremdenfeindlichkeit, sondern Ratlosigkeit angesichts permanenter Überforderung. Die Entscheidungen werden schließlich in Berlin getroffen, wo man gerne mal den Moralischen gibt, aber die konkrete Belastung, von der Suche nach Unterkünften bis zur Beauftragung eines Wachdienstes, von Sprachkursen bis hin zu den Versuchen, bei Konflikten zu vermitteln, liegt bei den Kommunen.

Im März hatte Sager übrigens schon ein anderes Interview gegeben, in dem es vor allem um Arbeitsrechte und -pflichten für Flüchtlinge ging. Und interessant daran ist, dass er zum Beispiel einen Einsatz in Arbeitsgelegenheiten nur in sehr engen Grenzen akzeptiert, und vielmehr reguläre Arbeitsverhältnisse will, aber auch sagt, dass eben Arbeit auch Voraussetzung für Integration ist (und nebenbei zu verstehen gibt, dass es für die Plätze in Sprachkursen oft Wartezeiten gibt). Er sieht die Probleme von der praktischen Seite, ähnlich wie beispielsweise oft auch Boris Palmer. Aber genau das ist der politische Ansatz, der am schärfsten angefeindet wird.

Um auf den Anfang zurückzukommen: Wenn jetzt die Aussagen Sagers unter einer falschen Überschrift vermarktet werden, bedient das ein einfaches Bedürfnis: Es lenkt ab von seiner Forderung, die Privilegien der Ukrainer zu beenden. Das ist allerdings von allen Problemen, die Sager benennt, dasjenige, das am einfachsten zu lösen wäre, denn das ist nicht nur eine willkürliche Entscheidung, dahinter steckt sogar ein gewaltiges rechtliches Risiko – sollte irgendein anderer Kriegsflüchtling eine Klage auf eine gleiche Behandlung einreichen, müsste er mit dieser Klage Erfolg haben, selbst wenn das bis zur europäischen Ebene dauern könnte. Es ist auch nicht nachzuvollziehen, warum und wie Ukrainer höhere Ansprüche haben sollen als Menschen anderer Herkunft in der gleichen Situation, und letztlich sogar als Deutsche, die auf Bürgergeld angewiesen sind. Das anzusprechen ist nur vernünftig.

Aber es tut weh, weil es sichtbar macht, wie sehr die ganze "Solidarität mit der Ukraine" darauf angewiesen ist, eine Sorte von Bessermenschen zu konstruieren, die mehr Aufmerksamkeit, mehr Unterstützung verdient haben als die gewöhnliche Ausgabe des Homo sapiens, seien es jetzt einheimische Wohnungslose oder Flüchtlinge aus Ländern, die nicht gerade eine Stellvertreterarmee des Westens stellen. Schon alleine, weil eine Reaktivierung all der alten Überreste antisowjetischer Propaganda, die geschieht, um Feindseligkeit gegenüber Russland zu schaffen, sonst eben immer auch die Bürger der einstigen ukrainischen Sowjetrepublik mitmeinen würde.

Wobei die Wirklichkeit noch eine Runde perverser ist, weil diese Sonderstellung der Grund ist, sie im fremden Interesse zu Hunderttausenden auf die Schlachtbank zu schicken; ein klein wenig wie eine verzerrte, aber massenhafte Neuauflage des alten europäischen Mythos vom heiligen König, der ein Jahr lang bevorzugt, aber am Ende geopfert werden muss, wobei weder die Ukrainer noch die Deutschen in der Breite begreifen, welch abgründiges Spiel mit ihnen getrieben wird.

Hinter dieser eigenartigen Bevorzugung jedenfalls verbirgt sich unerbittlich die Frage "Warum?", und hinter dieser Frage lauern unzählige weitere Gedanken, die zu den Widersprüchlichkeiten und Absurditäten des ganzen Umgangs mit der Ukraine führen, weshalb es am besten ist, wenn an dieses Thema gar nicht gerührt wird. Da aber ein "Schau da nicht hin" in der Regel das Gegenteil bewirkt, wird in diesem Fall im Interesse der Ablenkung eine vernünftige und tatsächlich für jedermann nachvollziehbare Forderung so weit überdreht, bis sich der eine Teil des Publikums sofort empört der Lektüre verweigert, während der andere vom wirklichen Inhalt enttäuscht wird, und daher den Punkt mit Sprengkraft auch nicht bemerkt.

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"Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen" – Cum-Ex-Chefermittlerin gibt auf

22. April 2024 um 18:07

Noch im Oktober des Vorjahres errang die ambitionierte Kölner Oberstaatsanwältin einen Punktsieg gegen den NRW-Justizminister Benjamin Limbach. Ursprünglicher Plan des Grünen-Politikers war es laut dem Handelsblatt, dass die Cum-Ex-Chefanklägerin nach Plänen von Limbach die Hälfte ihrer Abteilung abgeben sollte. Es hagelte Kritik und so sollte nach revidiertem Vorhaben im Verlauf des Jahres 2024 die Hauptabteilung nun auf insgesamt 40 Planstellen anwachsen, inklusive vier zusätzlichen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten. Alleinige Chefin der Cum-Ex-Ermittlungen blieb dabei Anne Brorhilker. Jetzt erklärte die Anwältin im Rahmen eines WDR-Interviews ihren überraschenden Rücktritt vom Posten als Oberstaatsanwältin und die zudem erbetene Entlassung aus dem Beamtenverhältnis.

Die WDR-Redaktion legt zu der Personalie und Entscheidung Brorhilkers dar:

"Ihre Ermittlungen führten zu ersten Urteilen im Milliarden-Steuerskandal und brachten sogar Olaf Scholz in Erklärungsnot [...] Die 50-jährige Oberstaatsanwältin leitet die deutschlandweit einzige Hauptabteilung für Cum-Ex-Ermittlungen, die bei der Staatsanwaltschaft Köln eigens dafür aufgebaut wurde. Sie und ihre Kollegen ermitteln derzeit gegen mehr als 1.700 Beschuldigte."

In dem Interview möchte sich Brorhilker nicht zur Causa Scholz äußern, da ihr aufgrund laufender Ermittlungen und Verhandlungen jegliche Aussagen oder Andeutungen verboten wären, so Darlegungen im Interview. Der sogenannte Cum-Ex-Skandal beschäftigt sich mit dem justiziablen Agieren von Bankern, Beratern und Aktienhändlern, die sich über Jahre – von der Politik größtenteils gedeckt – "Steuern erstatten ließen, die nie jemand gezahlt hatte", so der WDR darlegend. Die Deutschen Steuerzahler mussten diese kriminelle Energie mit geschätzten zwölf Milliarden teuer gegenfinanzieren.

Brorhilker erklärt in dem Interview zu den Gründen ihres Rückzugs:

"Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird. Da geht es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, und die treffen auf eine schwach aufgestellte Justiz. Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen."

Wenig Vertrauen, bis hin zu purer Enttäuschung, sei im Verlauf der Jahre ihr Verhältnis zur verantwortlichen Politik. So würde ungehindert massiver Steuerdiebstahl stattfinden, da weiterhin keinerlei Kontrollen von Banken und Aktienmärkten stattfänden sowie ausreichendes Personal in der Strafverfolgung akut fehle. Die Anwältin erklärt:

"Wenn keine Kontrolle passiert durch staatliche Organe, dann greifen die Menschen in die Auslagen. Aber wenn da eine Videokamera über der Auslage installiert ist, dann denkt man dreimal darüber nach, ob man zugreift."

Die Politik, so Brorhilkers unmissverständlicher Vorwurf im Interview, habe elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Cum-Ex-Fälle "noch immer nicht hinreichend reagiert." Steuerdiebstähle würden nicht gestoppt. Cum-Ex-Nachfolgemodelle, wie bei einem "Hase-und-Igel-Spiel", würden bekannt sein und erneut geduldet. Die bis dato von Brorhilker angeführte Hauptabteilung Cum-Ex bei der Staatsanwaltschaft Köln ermittelt aktuell gegen mehr als 1.700 Verdächtige. 

Ihre Entscheidung, nun die Staatsanwaltschaft zu verlassen, könne man damit vergleichen, "als wenn ein Arzt entscheidet, nicht mehr länger einzelne Kranke zu behandeln, sondern in die Forschung geht, um eine Therapie zu entwickeln, das Übel quasi an der Wurzel zu fassen", so Brorhilker gegenüber dem WDR erläuternd. Die Gruppe der "Banken-Lobbyisten" stelle weiterhin die größte ihrer Art im Deutschen Bundestag. Sie habe laut Interview in den vergangenen zehn Jahren gemerkt, "wie schwer es ist, Unterstützung für die Cum-ex-Ermittlungen zu bekommen." Behörden und Politik hätten zwar verstanden, dass es angesichts der Milliardenschäden ein wichtiges Thema sei. Die Zuständigkeiten seien jedoch zersplittert geblieben.

"Und es war auch nicht so, dass die Politik da einen Schwerpunkt gesetzt hat." 

❗❗❗Großer Respekt für die Entscheidung von Anne Brorhilker und die offene und ehrliche Kommunikation zu den Hintergründe ihrer Entscheidung. https://t.co/RTIiSoWC6a pic.twitter.com/yOJKU8JOWL

— 𝗧⃥𝘩̸𝗲⃥ 𝗠⃥𝘢̸𝗻⃥ 𝘄⃥𝘩̸𝗼⃥ 𝗹⃥𝘢̸𝘂⃥𝘨̸𝗵⃥𝘴̸ (@real_Gwynplaine) April 22, 2024

Ein WDR-Artikel erinnert an die erfolgreiche und effektive Arbeit der Ermittlerin:

"Die Strafverfolgerin ermittelt seit 2012 Cum-Ex-Fälle. Gemeinsam mit ihrem Team gelang es ihr, Kronzeugen zu gewinnen, die über die verborgenen Geschäfte erstmals auspackten. Ihre Anklage führte 2019 zum ersten rechtskräftigen Urteil. Später brachten die Ermittler den einst in die Schweiz geflohenen 'Mr. Cum-Ex' Hanno Berger in Deutschland vor Gericht. Der Steueranwalt wurde vor dem Landgericht Bonn zu acht Jahren Gefängnis rechtskräftig verurteilt."

Es waren Brorhilkers Ermittlungen zur Hamburger Privatbank MM Warburg, die im Verlauf der Recherchen dann auch Bundeskanzler Olaf Scholz zum juristischen Rapport bestellten. Dies bezogen auf seine fraglichen Privatkontakte als Hamburger Bürgermeister zum leitenden Warburg-Bankchef Christian Olearius. Am 22. April heißt es zu den Ermittlungen gegen Olearius:

"Der frühere Warburg-Bankchef Christian Olearius ist vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit einer Beschwerde wegen der Veröffentlichung von Tagebuchzitaten gescheitert. Das Gericht teilte in Karlsruhe mit, dass die Verfassungsbeschwerde unzulässig sei und nicht zur Entscheidung angenommen werde."

Tagebucheinträge offenbarten im Vorjahr die vor Gericht bedingt glaubwürdig formulierten "Gedächtnislücken" des heutigen Kanzlers Scholz, bezüglich mehrerer nachweislicher Treffen mit Olearius. Der N-TV-Artikel fasst zusammen:

"Der Artikel, den die Süddeutsche Zeitung im September 2020 veröffentlichte, handelte von einer möglichen Einflussnahme der Hamburger Politik – Scholz war dort von 2011 bis 2018 Erster Bürgermeister – auf Entscheidungen der Finanzbehörde. Die Hamburger Steuerverwaltung hatte 2016 auf die Rückzahlung von 47 Millionen Euro durch die Warburg-Bank verzichtet."

Brorhilker wird demnach zukünftig neue leitende Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation "Finanzwende", die sich unter anderem für die "Bekämpfung von Finanzkriminalität" einsetzt. "Die Bewerbung von Anne Brorhilker hat mich überrascht", so der Geschäftsführer Gerhard Schick auf der Webseite der NGO. Schick war selber von 2005 bis 2018 Grünen-Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit Juli 2018 ist er Vorstand des Vereins Bürgerbewegung Finanzwende.

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Varoufakis: "Der deutsche Staat schützt Israel dabei, Kriegsverbrechen zu begehen"

22. April 2024 um 17:41

In einem Interview mit der Berliner Zeitung nimmt der frühere griechische Finanzminister, Yanis Varoufakis, unter anderem zu dem Einreiseverbot gegen ihn Stellung. Varoufakis hatte einen Redebeitrag auf dem Palästina-Kongress in Berlin geplant, war aber mit einem Einreiseverbot nach Deutschland belegt worden. Der Palästina-Kongress war von der Polizei kurz nach Beginn aufgelöst, die Veranstalter im Vorfeld zudem mit Schikanen überzogen worden. 

Varoufakis zeigt sich nach wie vor schockiert über die Ereignisse. Die Polizei habe die Veranstalter über ein Einreiseverbot und ein politisches Betätigungsverbot gegen ihn informiert. Faktisch wurde jedoch lediglich ein Einreiseverbot verhängt. Dennoch ist der Fall drastisch und wirft ein schlechtes Licht auf den Zustand der Meinungsfreiheit in Deutschland.

Varoufakis ist zwar Unterstützer der Boykottbewegung BDS, die durch Boykott des Kaufs von Produkten aus Israel, durch Sanktionen und den Verzicht auf Investitionen in Israel die israelische Regierung zur Änderung ihrer Palästinenser-Politik bewegen will. Die Bewegung wurde vom Bundestag als antisemitisch eingestuft. Diese Einstufung deutet auf eine extreme Verflachung des Diskurses in Deutschland. Varoufakis sieht sich selbst jedoch nicht als Antisemit, sondern als jemand, der sich gemeinsam auch mit Menschen jüdischen Glaubens für das Ende des israelischen Apartheidsregimes einsetzt. 

Der griechische Wirtschaftswissenschaftler und Politiker sieht die Europäer und auch Deutschland in der Verantwortung für die Vorgänge in Gaza. Die Europäer seien Komplizen, da sie angesichts des Unrechts, das den Palästinensern widerfährt, schweigen und nicht protestieren. 

"Wenn ein weißer deutscher Polizist einen Juden in Berlin verhaftet, weil er gegen den Völkermord ist, dann schützt der deutsche Staat praktisch das Recht Israels, Kriegsverbrechen zu begehen, ohne dass das Land Konsequenzen durch das deutsche politische und mediale System befürchten muss."

Nicaragua hat Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Begünstigung von Genozid verklagt. Berlin liefert unter anderem Waffen an Israel. Ein Urteil im Eilverfahren wird in den nächsten Tagen erwartet. 

Mehr zum Thema – Wegen "Antisemitismus": Deutschland erteilt Yanis Varoufakis Einreise- und Redeverbot

US-Atomwaffen in Polen? Moskau stellt Gegenmaßnahmen in Aussicht

22. April 2024 um 17:05

Das russische Militär werde Gegenmaßnahmen ergreifen, wenn die US-Atomwaffen nach Polen verlegt werden, erklärte der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow. Damit reagierte er am Montag auf eine Aussage des polnischen Staatschefs Andrzej Duda, der die Bereitschaft seines Landes zur Stationierung von Atomwaffen angekündigt haben soll. Hierbei zitieren russische Staatsmedien Peskow wie folgt:

"Das Militär wird natürlich prüfen, wenn das umgesetzt wird. Ich denke, dass es auf jeden Fall alle notwendigen Schritte unternehmen wird, um unsere Sicherheit zu gewährleisten."

"Wenn unsere Verbündeten beschließen, im Rahmen der nuklearen Teilhabe Atomwaffen auf unserem Territorium zu stationieren, um die Ostflanke der NATO zu stärken, sind wir dazu bereit", sagte Duda in einem Interview mit der Zeitung Fakt. Diese Frage werde bereits "seit einiger Zeit" zwischen Polen und den USA diskutiert, führte er hierzu aus. "Ich habe dieses Thema bereits mehrmals angesprochen."

Das NATO-Programm "Nuclear Sharing" ermöglicht es den Vereinigten Staaten, ihre Atomwaffen in die Mitgliedsstaaten des Bündnisses zu verlegen. So haben die USA etwa 100 Atomsprengkörper mit einer Sprengkraft von 0,3 bis 50 Kilotonnen in europäischen Ländern sowie in der Türkei stationiert.

Polens Premierminister Donald Tusk sei verwirrt über die Aussage von Präsident Duda, berichtete inzwischen das polnische Nachrichtenportal onet.pl. "Ich müsste die Absichten des Präsidenten gut verstehen", meinte Tusk bei einer Pressekonferenz. In dem Zusammenhang wird er mit den Worten zitiert:

"Ich möchte wirklich, dass Polen sicher und bewaffnet ist, aber ich möchte auch, dass alle Initiativen von den Verantwortlichen sehr gut vorbereitet werden, damit wir alle glauben, dass wir das wollen."

Damit habe der Premier deutlich gemacht, dass Dudas Erklärung nicht mit Regierungsmitgliedern besprochen worden sei, hieß es bei onet.pl. Ferner soll Tusk gesagt haben, dass diese Idee "sehr massiv und sehr ernst" sei. "Ich müsste alle Umstände kennen, die den Präsidenten zu dieser Erklärung veranlasst haben."

Russlands Außenminister Sergei Lawrow betonte in einer Videobotschaft an die Teilnehmer der Moskauer Konferenz zur Nichtverbreitung von Atomwaffen am Montag, dass sich die Lage rund um die internationale Sicherheit beispiellos verschlechtert habe. Hierbei sprach er von einer Krise der Rüstungs- und Abrüstungskontrolle, aber auch von einer kritischen Lage im Bereich der nuklearen Nichtverbreitung. Der Westen stünde am Rande einer direkten militärischen Auseinandersetzung zwischen Atommächten, warnte Lawrow.

Mehr zum Thema ‒ Lawrow: Der Westen hat die Welt an den Rand eines Atomkriegs geführt

Weniger Bürgergeld und Aus für Rente mit 63 - FDP legt "Anti-Ampel-Papier" vor

22. April 2024 um 16:57

In der gefürchteten "Gerüchteküche" des politischen Berlins köchelt schon länger die Mutmaßung, dass die FDP einem vorzeitigen Ende der sogenannten Ampelkoalition nicht vollkommen abgeneigt sei. FDP-Finanzminister Christian Lindner entgegnete diesbezüglicher Unterstellungen Anfang April im ZDF den Zuschauern abschwächend, indem er sich lediglich eine "Mentalitätsreform" der Bürger wünsche, die gleichzeitig Bestandteil eines "guten Haushalts und einer Wirtschaftswende" darstellen könnten.

Nun zitierte am Sonntag die Bild-Zeitung ein zwölf Punkte FDP-Papier "zur Beschleunigung der Wirtschaftswende". Die Kernpunkte sorgten vor allem in den Kreisen der SPD für umgehendes Unverständnis und Ärger. SPD-Chef Klingbeil reagierte zu den Inhalten mit der Feststellung, das "Papier sei ein Irrtum und ein Angriff auf die wahren Leistungsträger im Land". Das Papier wurde nichtsdestotrotz am Montag seitens der FDP-Führung beschlossen.

Der Berliner Tagesspiegel stellte zu den politischen Ereignissen und ersten Reaktionen nach dem Bild-Artikel fest: 

"FDP-Papier bringt Ampel in Bedrängnis: Die Verbindung ist gekappt – Die Koalition entfremdet sich immer mehr." 

Die Bild-Redaktion präsentierte die Eckpunkte des "Anti-Ampel-Papiers". Zusammenfassend heißt es zu den anvisierten Plänen der FDP-Fraktion:

"Die Liberalen wollen unter anderem Jobverweigerern die Leistungen sofort um 30 Prozent kürzen, die Sozialleistungen einfrieren, die Rente mit 63 (für Jüngere mit 65) abschaffen, die Förderung für Windkraft- und Solaranlagen komplett canceln."

Das FDP-Präsidium beschloss demnach laut Bild-Informationen das Papier "mit minimalen Änderungen", um darin inhaltlich zu verankern:

  • Bürgergeld: "Arbeitsverweigerer" sollen mit einer "sofortigen Leistungskürzung von 30 Prozent" rechnen müssen. Der Spielraum für verschärfte Sanktionen müsse ausgenutzt werden, "bis hin zu einer vollständigen Streichung von Leistungen".
  • Sozialleistungen: Das Sozialleistungs-Moratorium soll vorerst drei Jahre gelten, "auch bei der Bürgergeldberechnung müsse strikt die regelbezogene Preisentwicklung berücksichtigt werden". Daraus ergibt sich eine "Nullrunde für 2025".
  • Rente mit 63: "Angesichts des Fachkräftemangels" könne man sich "das Herzensprojekt der SPD nicht mehr leisten". Zudem soll "der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung nach Erreichen der Regelarbeitsgrenze gestrichen werden".
  • Lieferkettengesetz: Die deutsche Regelung gehöre bereits vor Umsetzung des EU-Gesetzes "vollständig ausgesetzt". Die EU-Lieferkettenrichtlinie solle möglichst locker umgesetzt werden. Es sollten "alle Spielräume genutzt werden, um unverhältnismäßige und praxisferne Belastungen für die Wirtschaft zu verhindern".

Als zumutbare Arbeit nennt das Papier demnach explizit auch "sogenannte Ein-Euro-Jobs". Die Berliner Zeitung zitiert aus dem FDP-Papier folgende Pläne:

"Zum Thema Energie heißt es in dem Papier, die Erneuerbaren sollten 'endgültig in den Markt' übernommen und deshalb nicht mehr staatlich gefördert werden. Die EEG-Umlage, über die der Ausbau der Erneuerbaren mitfinanziert wird, müsse gesenkt und schrittweise abgeschafft werden."

Eine erste Kritik erfolgte noch am Sonntag mehrheitlich seitens des SPD-Partners in der Koalition. Deren Parteichef Klingbeil wird mit den Worten zitiert:

"Es ist richtig, dass wir etwas tun müssen, um die Wirtschaft anzukurbeln, Arbeitsplätze hier im Land zu sichern und neue zu schaffen. Dafür tragen wir in der Regierung gemeinsam Verantwortung. Wenn die FDP aber glaubt, dass es der Wirtschaft besser geht, wenn es Handwerkern, Krankenschwestern oder Erzieherinnen schlechter geht, dann irrt sie gewaltig."

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte das Papier laut Tagesspiegel-Zitat "ein Überbleibsel aus der Mottenkiste und nicht auf der Höhe der Zeit". Das Papier samt Vorschlägen habe nichts mit wirtschaftspolitischer Kompetenz zu tun, "sondern mit weiteren Belastungen für die arbeitende Bevölkerung". Die SPD würde daher inhaltlich keinen einzigen Punkt unterstützen, der "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schwächt und den sozialen Gedanken des Grundgesetzes aushebelt", so Mützenich.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert gab zu Protokoll:

"Die SPD lässt nicht zu, dass unser Land mit dem Fingerspitzengefühl von Investmentbankern geführt wird. Grundlage der Ampelkoalition ist und bleibt der Koalitionsvertrag."

Medial wird die Veröffentlichung des FDP-Papiers eindeutig als weiteres eindeutiges Signum gewertet, dass die Liberalen kein weiteres Interesse an der Ampelkoalition hegen und pflegen. Der Tagesspiegel kommentiert:

"Es ist doch mehr Symbolpolitik als echte Wirtschaftspolitik. Das Ziel: Je lauter man unausgesprochen ruft 'Wir wollen hier raus', umso eher verzeihen die eigenen Wähler der FDP das Mittragen von Kompromissen."

Die Grünen haben wiederum die provokativen Vorschläge der Liberalen auf Medienanfragen bis dato nicht kommentiert. BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht wird mit der Feststellung zitiert:

"Die Scheidungspapiere der Ampel sind längst unterzeichnet. Aber für ein Trennungsjahr bis Ende 2025 hat das Land keine Zeit."

Der Linke-Vorsitzende Martin Schirdewan nannte das FDP-Papier "ein Dokument der sozialen Grausamkeit". Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder teilte der Bild am Sonntag mit: "Das ist nichts anderes als eine Scheidungsurkunde für die Ampel". Der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärte wahltaktisch:

"Die FDP muss sich ehrlich machen. Entweder sie steigt aus der Ampel aus oder sie setzt einige notwendige Maßnahmen durch. Da sind einige Punkte drin, die man unter schwarz/gelb schnell umsetzen könnte."

FDP-Präsidiumsmitglied und Spitzenkandidatin für die Europawahl Marie-Agnes Strack-Zimmermann verteidigte die Inhalte des Papiers:

"Es ist der richtige Schritt zur richtigen Zeit. Wenn wir das nicht machen, werden wir auch nicht die Mittel haben, die wiederum für Sicherheit von großer Relevanz sind."

Nach erstem finalem Beschluss zu Wochenbeginn wird nun am kommenden Wochenende auf einem Bundesparteitag der Liberalen in Berlin final seitens der FDP-Delegierten das Papier gegebenenfalls verabschiedet.

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Baustoffunternehmen Knauf zieht sich aus Russland zurück

22. April 2024 um 16:32

Der Familienkonzern mit Sitz im bayrischen Iphofen bestätigte am Montag den geplanten Rückzug, nannte aber keine Gründe:

"Die Knauf-Gruppe hat vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen entschieden, sich nach mehr als 30 Jahren in Russland von ihrem dortigen Geschäft zu trennen."

Man habe vor, "das gesamte Geschäft in Russland inklusive Rohstoffgewinnung, der Produktion und des Vertriebs auf das lokale Management zu übertragen, um die Arbeitsplätze der mehr als 4000 Mitarbeiter auch in Zukunft zu erhalten". Der Schritt stehe unter Vorbehalt der Zustimmung der russischen Behörden.

Ende 2023 hatte die Ukraine Knauf auf die Liste sogenannter "Kriegssponsoren" gesetzt. Die ukrainische Nationale Agentur für Korruptionsprävention teilte mit, der Baustoffhersteller habe allein im Jahr 2022 rund 110 Millionen Euro an den russischen Haushalt überwiesen.

Der Familienkonzern war zuletzt wegen seiner Russland-Geschäfte in die Kritik geraten. Laut einem Bericht des ARD-Magazins "Monitor" beteilige sich Knauf am Wiederaufbau der Stadt Mariupol und halte sich nicht an Sanktionsauflagen. Der Name Knauf sei demnach auf Gipssäcken entdeckt worden. Das Unternehmen betonte, seit Februar 2022 keine Waren mehr nach Russland und auch keine Baumaterialien nach Mariupol zu liefern. "Unsere Produkte gelangen dort über viele verschiedene, von Knauf unabhängige Händler zu den Endkunden. Wir haben keinen Einfluss darauf, wie und wo die Endkunden unsere Produkte verwenden", erklärte eine Sprecherin.

Das Unternehmen ist seit über 30 Jahren in Russland aktiv und verfügt dort derzeit über 14 Produktionsstätten. Darüber hinaus betreibt das Unternehmen ein Werk in der Ukraine. 

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Russland: Meta-Sprecher in Abwesenheit zu sechs Jahren Haft verurteilt

22. April 2024 um 16:31

Ein russisches Militärgericht hat Meta-Sprecher Andy Stone wegen eines Tweets vom März 2022 über die neuen Moderationsregeln von Facebook und Instagram zu sechs Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre Haft gefordert.

Da sich Stone nicht in Russland aufhält, wird die Strafe ab dem Zeitpunkt berechnet, an dem der US-Amerikaner in Russland festgenommen oder an Russland ausgeliefert wird. Das russische Gericht hat Andy Stone außerdem für vier Jahre die Verwaltung von Internetressourcen untersagt. Die Verteidigung will gegen das Urteil Berufung einlegen.

Im März 2022 hatte Stone auf X (damals noch Twitter) mitgeteilt:

"Als Folge der russischen Invasion in der Ukraine haben wir vorübergehend Formen der politischen Meinungsäußerung zugelassen, die normalerweise gegen unsere Regeln verstoßen würden, zum Beispiel gewalttätige Äußerungen wie 'Tod den russischen Invasoren'."

Our statement on what's happening: pic.twitter.com/UQqb3vQeep

— Andy Stone (@andymstone) March 10, 2022

Die russischen Behörden stuften Meta daraufhin als "extremistische" Organisation ein. Stone wurde international zur Fahndung ausgeschrieben. Er war nie in Russland und spricht kein Russisch.

Mehr zum Thema ‒ Aufrufe zu Gewalt gegen Russen: Moskau setzt Meta-Sprecher auf Fahndungsliste

Schwere Kämpfe an Myanmars Grenzregion ‒ Tausende auf der Flucht

22. April 2024 um 16:04

Myanmar kommt weiterhin nicht zur Ruhe. In der seit Monaten umkämpften Grenzstadt Myawaddy haben die Karen-Rebellen nun die Oberhand gewonnen und reklamieren die an der Grenze zu Thailand gelegene Stadt für sich. Das Militär, das seit 2021 die Macht im Land ausübt, antwortete mit schweren Luftangriffen. Tausende flohen vor den Angriffen über die Grenze ins benachbarte Thailand. 

Mitglieder der Karen National Liberation Army (KNLA) sprachen von mindestens 130 Bomben, die über der rund 200.000 Einwohner zählenden Stadt abgeworfen worden seien. Dabei sollen zehn Zivilisten ums Leben gekommen sein. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben derzeit nicht. 

Die KNLA ist der bewaffnete Arm der Karen National Union (KNU), die einen eigenen Staat anstrebt. Die Karen sind eine ethnische Minderheit in Myanmar. Die Militärregierung wirkt den Separationsbestrebungen entgegen. 

Nach thailändischen Angaben sind seit dem Wochenende rund 3.000 Menschen über die Grenze gekommen und suchen in Thailand Schutz. Thailand hat inzwischen die Grenzpatrouillen verstärkt. An der Grenze zwischen Thailand und Myanmar kommt es immer wieder zu Scharmützeln. 

Bereits im Januar kam es im Grenzgebiet zu China zu einem Zwischenfall, bei dem Geschosse aus Myanmar in China niedergegangen waren. Es gab auf chinesischer Seite Verletzte. China setzt sich in der Region für einen Waffenstillstand zwischen dem Militär der autonomen Region Kokang und der Militärregierung in der Hauptstadt Myanmars, Rangun, ein.

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Finanzen: Iran will Zahlungen mit russischen Bank-Karten akzeptieren

22. April 2024 um 15:50

In kommenden Monaten könnte Iran damit beginnen, russische Mir-Bankkarten zu akzeptieren, teilte Rahimi Mohsen mit, der Handelsattaché in der iranischen Botschaft in Moskau. In einem Gespräch mit der Zeitung Iswestija gab er an, dass derzeit ein Pilotprojekt dazu vorbereitet werde. Wie es heißt, ist die Arbeit an den technischen Details im Gange, damit Zahlungen über die Mir-Karte reibungslos abgewickelt werden können. Ferner betonte Mohsen, dass Teheran effektive Handelspartnerschaften mit Moskau pflege.

Vor dem Hintergrund westlicher Sanktionen haben Moskau und Teheran ihre Beziehungen gestärkt. Der Handelsumsatz zwischen den beiden Ländern belief sich im vergangenen Jahr auf vier Milliarden US-Dollar, sagte Michail Chatschaturjan, ein Mitarbeiter der Finanzuniversität mit Sitz in Moskau, gegenüber Iswestija.

Es sei weiteres Potenzial für Wachstum vorhanden, vor allem in den Bereichen Fertigung, Maschinenbau und Transport. Ein Pilotprojekt zur Verwendung der Mir-Bankkarte, die eine russische Alternative zu Visa und Mastercard ist, könnte in Iran ihm zufolge bereits Ende Sommer oder Anfang Herbst starten, so der Experte.

Russische Fachleute stellten auch fest, dass sich die iranische Wirtschaft, die vom Westen seit Jahrzehnten mit Sanktionen unter Druck gesetzt werde, angepasst habe. Wie es heißt, könnte Russland Teherans Erfahrung in dieser Hinsicht nutzen.

Im vergangenen Jahr gaben Teheran und Moskau bekannt, dass sie alle vorläufigen Abkommen für die Anwendung von Mir-Zahlungskarten abgeschlossen hätten. Iran und Russland sollen außerdem vereinbart haben, das Mir-Zahlungssystem mit seinem iranischen Analogon Shetab zu integrieren, um gegenseitige Transaktionen zu ermöglichen.

Derzeit werden die Karten in Abchasien, Südossetien und Weißrussland frei akzeptiert. Sie können mit bestimmten Einschränkungen in Armenien, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Kuba, Venezuela und Vietnam verwendet werden.

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Neue Töne aus der EU: Wird Lohnwachstum jetzt zum Brüsseler Credo?

22. April 2024 um 15:46

Die Europäische Union fällt im internationalen Vergleich immer weiter zurück. Die wirtschaftliche Entwicklung ist schwach und liegt weit unter dem internationalen Durchschnitt. Zentrale Indikatoren wie die Reallohnentwicklung sind alarmierend schlecht. Große Probleme bereitet daher die Binnennachfrage. Das liegt nicht daran, dass die Bürger der EU viel sparen, sondern daran, dass ihnen immer weniger Geld zur Verfügung steht. 

Die Politik der vergangenen Jahre macht sich bemerkbar. Die Warner vor den Folgen der Austeritätspolitik waren nicht gehört worden, marktradikale Hardliner wie Wolfgang Schäuble und die Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich das Verhältnis der Staaten untereinander immer nur als Konkurrenzverhältnis vorstellen konnte, haben sich mit ihren Ideen durchgesetzt ‒ gegen jede ökonomische Vernunft, dafür aber mit griffigen populistischen Formeln, um das Publikum zu ködern.

Vor allem die Euro-Länder stecken in der Konkurrenz-Falle. Mit der Einführung des Euro ist der Wechselkurs kein Regulativ mehr, das unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit ausgleichen könnte. Infolge der deutschen Lohnsenkungspolitik im Rahmen der Agenda 2010 und der vor allem auf deutsches Drängen durchgedrückten Austeritätspolitik blieb nur die interne Abwertung, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Sprich, die Löhne und Sozialstandards mussten sinken. In der EU begann ein Wettbewerb nach unten. Die Binnennachfrage ist daher in der EU chronisch schwach, das Investitionsklima ist schlecht, die EU hat sich selbst abgekoppelt.

Zu der Erkenntnis, dass diese Politik ein Fehler war, kommt nun ausgerechnet Mario Draghi, der zur Zeit der Eurokrise Chef der EZB war und den damaligen Kurs durchpeitschte. Der Blog Lost in Europe zitiert Draghi mit den Worten:

"Wir haben bewusst versucht, die Lohnkosten im Vergleich zueinander zu senken – und in Kombination mit einer prozyklischen Fiskalpolitik hat das unter dem Strich nur dazu geführt, dass unsere eigene Binnennachfrage geschwächt und unser Sozialmodell untergraben wurde."

Schon damals fanden keine inhaltlich orientierten Diskussionen mehr statt. Jeder, der auf den Zusammenhang von Löhnen und Wachstum aufmerksam gemacht hat, wurde verlacht und vor allem in Deutschland aus dem Diskurs ausgegrenzt. Es ging schon in der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts nicht um das bessere Argument und Denken in Zusammenhängen, sondern um die Durchsetzung von Ideologie mit populistischen Schlagworten. In Deutschland hielt man die "schwäbische Hausfrau" für ein makroökonomische Zusammenhänge final erklärendes Beispiel. 

Jetzt merkt man auch in der EU, dass man ökonomische Gesetzmäßigkeiten auch durch festen Glauben an eine wirtschaftspolitische Ideologie nicht aushebeln kann. Mario Draghi geht nun mit der EU und faktisch auch mit der von ihm mitverantworteten Politik hart ins Gericht. 

In seinem Bericht, dessen Veröffentlichung im Juni ansteht, fordert Draghi umfassende Reformen.

Ähnlich sieht das Italiens ehemaliger Ministerpräsident Enrico Letta. Die EU laufe Gefahr, den Anschluss zu verlieren, schreibt er im nach ihm benannten Letta-Bericht, der vor kurzem veröffentlicht wurde. Darin fordert er unter anderem die Stärkung der Verhandlungsposition der Arbeitnehmer. 

"Im Gegenteil müssen die Verhandlungsmechanismen zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitgebern gestärkt werden, wenn wir Unternehmen und hochwertige Arbeitsplätze schaffen wollen."

Das sind ganz neue Töne. Ob sich dies allerdings durchsetzen lassen wird, ist fraglich. Die deutsche Position in der EU ist nach wie vor stark und in Deutschland gilt, dass Sparen grundsätzlich gut und Geld auszugeben grundsätzlich schlecht ist und dass steigende Löhne ein Problem für die Exportwirtschaft darstellen, sie die Inflation treiben und daher politisch zu verhindern sind.  

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Gedanken des Balkonisten: Zufälle gibt's – Merzsche Drohung an China und instantan enttarnte Spione

22. April 2024 um 14:51

Eine Lesermeinung von Mikhail Balzer

Da gab es noch in der letzten Woche verzweifelte Versuche, positive Resümees aus dem faden Chinabesuch des "großen Tross" von Politik und Wirtschaft zu berichten, von dem wenig mehr blieb, als die bekannte "beleidigte Leberwurst" und drei eher belanglose Abkommen. Es gab also noch nicht einmal große außenwirtschaftliche Abschlüsse – oder war dies, ganz entgegen den Forderungen und Drohungen großer deutscher Unternehmen, bereits mit längerer Hand so geplant?

Wieder so ein böser Schelm, der derlei denkt, nein: bitte keine neuen Verschwägerungs*Theoreme! Dann jedoch großes Tamtam des ehemaligen Blackrock-Mitarbeiters, führenden Transatlantikers und jetzigen Kanzlerkandidaten der CDU, der seine aufrütteln-sollende "Mä(e)rz-Rede" nun in den April verlegt hatte; und letztlich hier verbale Vorgaben aus Washington repliziert, also vor multiplen inneren wie äußeren Bedrohungen durch China warnt.

Dies offensichtlich als Replik zu dem gescheiterten Versuch der Regierend*Innen, sich mit "Zuckerbrot und Peitsche" (Pardon: Leberwurstbrot und moralischem Knüppel) korrigierend in China einzuschmeicheln. Also: besser gestern schon, als morgen, solle man sich laut Merzens Ruf zum Aufbruch im Frühling von der krakengleichen chinesischen Wirtschaft fernhalten! Dies allen bereits bestehenden längerfristigen industriellen Verpflichtungen zum Trotz: Gratismut und klimatisch überhitzte Frühlingsluft lassen grüßen!

Und nach außen gerichtet, bedrohe China gar die deutsche Sicherheit, also diesmal nicht am Hindukusch oder in der Ukraine, nein: jetzt sogar auch noch in einer vom Wertewesten als "demokratisch-unabhängig gedachten Republik" Taiwan und im chinesischen Meer (warum um aller Welt heißt es "chinesisches..."?). "Schön gesagt, aber Worte sind geduldig und unsere Taten schneller, lieber Herr Kanzlerkandidat!", so mögen die Wirtschaftsbosse bedeutender Unternehmen, welche in Deutschland durch immer neue Zumutungen der regenbogengrünen Wirtschaftspolitik auf die modernde Halde der Nachhaltigkeit entsorgt werden sollen, gedacht haben …

Doch dann, und solche instantanen Zufälle passieren doch zuletzt unglaublich häufig: da wird heute früh die Enttarnung mutmaßlicher dreier deutscher Wissenschafts- oder Wirtschaftsspione für China verkündet! Immens groß der wohl anzunehmende Schaden durch mutmaßliche Industrie- und Militärtechnik-Spionage. Das ist ja fast so ein Konfetti-Knallbonbon wie das Auftauchen der (wie wir erst jetzt aus "bösen russischen Medien" erfahren haben) geschiedenen Gattin von Alexej Nawalny seinerzeit auf der Münchner Sicherheitskonferenz kurz nach der Bekanntgabe seines Todes.

Und da sind wir schon bei der nächsten, natürlich rein zufälligen zeitlichen Konkordanz: Übrigens ist dieselbe Julia Nawalnaja vergangenen Freitag als vorgebliche Witwe, stellvertretend auch für den verstorbenen Ex-Ehemann mit dem Friedenspreis der Medien (ein böse denkender Eulenspiegel möge ketzerisch ergänzen: "für wertvollsten Gratismut") geehrt worden. Sie, als "die Anführerin des demokratischen Aufbruchs in Russland".

Unbedeutend ist da die Randnotiz, dass diese heldenhafte Lichtgestalt*In ihr aktivistisches Dasein als "bedeutendste Oppositionspolitikerin" außerhalb Russlands betreibt. Früher haben wir als Schüler noch im Geschichtsunterricht gelernt: Es gab schon so einige, in ihrer Bedeutung später völlig abgeflachte Exilregierungen der verschiedensten Länder, warum also nicht jetzt auch in und für, aber außerhalb Russlands? Passend zu derart glorreichen Heroen auch das blutrünstige Narrativ der Jury als Begründung der Preisverleihung (den Wortlaut wiederzugeben, erspare ich dem geneigten Leser).

Eine Preisverleihung, welche interessanterweise im Rahmen des "Ludwig-Erhard-Gipfels" erfolgte. In diesem Kontext natürlich auch interessant: Ludwig Erhard war nicht Friedensforscher oder Freiheitsrebell, sondern promovierter Ökonom und als Wirtschaftsminister Ideengeber der sozialen Marktwirtschaft, welche den "Wohlstand für alle" in der bundesdeutschen Nachkriegszeit gebracht hatte.

Eben jener Wohlstand, der womöglich gerade von den Regierend*Innen für die neuen, moralisch höherstehenden Werte aufgebracht werden muss. Übrigens, und hier schließt sich der magische Zirkel der Zufälle bereits: Die Laudatio des genannten Friedenspreises der Medien hielt kein Geringerer, als eben jener Fels in der transatlantischen Brandung – Friedrich Merz.

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Polen: Präsident Duda erklärt Bereitschaft zur Stationierung von US-Atomwaffen

22. April 2024 um 14:29

Am Montag räumte der polnische Präsident Andrzej Duda ein, dass die Frage der Stationierung von US-Atomwaffen in seinem Land, "schon seit einiger Zeit ein Thema in polnisch-amerikanischen Gesprächen ist". Er erklärte das in einem Interview mit der polnischen Tageszeitung Fakt.

Derzeit haben die USA ihre Atomwaffen in fünf weiteren NATO-Mitgliedsstaaten stationiert: in Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und in der Türkei. Duda erklärte nun zur Bereitschaft Polens: "Ich habe bereits mehrmals darüber gesprochen. ... Ich muss zugeben, dass ich auf Nachfrage unsere Bereitschaft erklärt habe." Als Begründung für diese Haltung nannte er, Russland habe seine Exklave Kaliningrad an der Grenze zu Polen und Litauen "zunehmend militarisiert" und seine Atomwaffen auch in Weißrussland stationiert.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte im vergangenen Jahr angekündigt, taktische Atomwaffen in Weißrussland zu stationieren. Der Nachbarstaat sei auch Moskaus wichtigster Verbündeter. Den Ausschlag für diesen Schritt habe die Entscheidung Großbritanniens gegeben, die Ukraine mit Munition mit abgereichertem Uran zu beliefern. Außerdem wies Putin darauf hin, dass die USA seit Jahrzehnten ihre Atomwaffen in Europa stationiert haben.

Duda erklärte am Montag, Polen habe als NATO-Mitglied bestimmte Verpflichtungen, und "in dieser Hinsicht verfolgen wir einfach eine gemeinsame Politik". Zur Bereitschaft, in Polen US-Atomraketen aufzustellen, machte der polnische Präsident klar:

"Wenn unsere Verbündeten beschließen, Atomwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe auch auf unserem Territorium zu stationieren, um die Sicherheit an der Ostflanke der NATO zu stärken, sind wir dazu bereit."

Der russische Außenminister Sergei Lawrow hatte im Januar gesagt, Moskau betrachte die Atomwaffen der USA, Großbritanniens und Frankreichs als "ein einziges Atomwaffenarsenal, das auf die Russische Föderation gerichtet ist", da die NATO Russland zur "Hauptbedrohung" erklärt habe. Russland trage dieser Realität in seiner Nuklearpolitik Rechnung. Allerdings wurde vonseiten Moskaus auch wiederholt erklärt, dass ein Atomkrieg niemals geführt werden dürfe und dass Russland nie mit dem Einsatz seines Atomwaffenarsenals gedroht habe.

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Der Prozess gegen Björn Höcke: Was alles für Deutschland getan wird

22. April 2024 um 13:56

Von Tom J. Wellbrock

Dieter Hallervorden, kürzlich erst wieder gefeiert und beschimpft wegen seines Gedichtes "Gaza Gaza", hatte vor gefühlten 800 Jahren eine Show namens "Nonstop Nonsens". In dieser Sendung gab es die Rubrik "Der gespielte Witz", die sich großer Beliebtheit erfreute. Die Älteren werden sich unter dem Stichwort "Flasche Pommes" daran erinnern.

Der Prozess gegen Björn Höcke könnte ein solcher "gespielter Witz" sein, oder auch ein "Ewig-grüßt-das-Murmeltier-Witz". Denn Höckes Immunität wurde bereits zum achten Mal aufgehoben. Aus Sicht seiner Angreifer ist dabei kein einziges Mal etwas herausgekommen. Aber diesmal soll es klappen, wäre doch gelacht, wenn man dem Höcke nicht endlich mal gegens Schienbein treten könnte!

Kunterbunter Kindergarten

Einst sang Heino "Schwarz-braun ist die Haselnuss, schwarz-braun bin auch ich", und man kann stundenlang darüber sinnieren, was der blonde Sänger damit gemeint haben könnte. Eigentlich egal, denn strafbar war seine Liedzeile ja nicht. Und darum geht es doch, oder?

Ja. Und nein. Denn es gibt Losungen, die zwar eindeutig den deutschen Hitler-Nazis zugeordnet werden können, die aber nicht strafbewehrt sind, wie wir im "vorwärts" nachlesen können:

"Beide Losungen wurden als Toraufschriften für nationalsozialistische Konzentrationslager benutzt, etwa in Auschwitz ('Arbeit macht frei') oder in Buchenwald ('Jedem das Seine'). Beide Losungen wurden nicht von den Nazis geprägt, sondern gehen auf frühere Ereignisse zurück. Die Verwendung ist nicht strafbar."

Hoppla! Wer hätte das gedacht? Und wer hätte gedacht, dass der kurze Satz "Alles für Deutschland" nicht auf frühere Ereignisse zurückgeht? Gab es tatsächlich vor dem deutschen Nationalsozialismus keine Ereignisse, die diese Aussage geprägt hätten? Man hört, man staunt, man ist verwirrt.

Wer hat Angst vorm braunen Mann?

Ist Höcke ein Faschist? Darauf kommen wir gleich zu sprechen. Jetzt aber sei erst einmal der Grund für den Prozess gegen den AfD-Mann erläutert. Von berufener Stelle auf der Seite "anwalt.de" lesen wir:

"Man verstößt gegen § 86a StGB, wenn man Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verbreitet oder in der Öffentlichkeit verwendet.

Es handelt sich hierbei um sogenannte 'Gefährdungsdelikte', wobei der demokratische Rechtsstaat das vor Gefährdung zu schützende Objekt darstellt. Kann eine solche Gefährdung ausgeschlossen werden, ist auch keine Strafbarkeit gegeben. So wäre beispielsweise eine Hakenkreuzfahne, die in einem fensterlosen privaten Kellerraum an der Wand hängt, nicht strafbar."

Da ist sie wieder, die Gefährdung des Rechtsstaats, neudeutsch auch „Delegitimierung des Staates“ genannt. Höcke hat also durch eine Wahlkampfrede nichts Geringeres als den demokratischen Rechtsstaat gefährdet, als er 2021 "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland" sagte. Diese Einbettung der so verbotenen und so gefährlichen Worte in einen Satz macht die Sache juristisch übrigens ziemlich diffizil. Denn damit entfällt im Grunde der verbotene Charakter. Schauen wir noch einmal bei "anwalt.de" vorbei, wo es heißt:

"Wer bei einer öffentlichen Versammlung lautstark beteuert, Angela Merkel habe in ihrer Amtszeit als Kanzlerin 'immer alles für Deutschland und Europa getan, was ihr möglich war' hat trotz Nutzung des einschlägigen Wortlautes keine NS-Propaganda betrieben, und eine Anklage wegen Verstoßes gegen § 86a StGB ist nicht zu befürchten. Solche Details sind im Falle einer Anzeige – ebenso wie die Absichten des Beschuldigten – genau zu prüfen."

Bei Lichte betrachtet hat Angela Merkel mit ihrer verheerenden, neoliberalen Politik sehr wohl den demokratischen Rechtsstaat gefährdet, die Auswirkungen sind noch heute schmerzhaft spürbar. Merkels Taten erfahren in der heutigen höchst inkompetenten, sich aber zutiefst destruktiv auswirkenden Politik der Ampel ihre logische Fortsetzung, daher gehört eigentlich jeder, der Sätze wie die von "anwalt.de" zitierten ausspricht, unverzüglich vor den Richter gezerrt. Passiert aber nicht, schade.

Der "Meinungs-Faschist"

Ist Höcke ein Faschist? Die Antwort könnte "Jedem das Seine" lauten. Denn laut Staatsrechtler Prof. Volker Boehme-Neßler verhält sich die Sache so:

"Und wenn man ganz genau hinschaut, wird das Gericht feststellen, 'gesichert rechtsextrem', sagt der Verfassungsschutz. Das ist keine naturwissenschaftliche Wahrheit. Das Gericht muss dann sozusagen gucken, was ist da wirklich dran."

Und damit nicht genug. Boehme-Neßler fährt fort:

"Und das Zweite: Man darf Björn Höcke als Faschisten bezeichnen, das ist richtig, da gibt’s auch ein Gerichtsurteil dazu. Wenn man aber juristisch genau hinguckt, heißt das nur, man darf die Meinung äußern, dass Björn Höcke ein Faschist ist. Diese Meinung ist erlaubt, sozusagen. Kein Wunder, wir haben eine sehr, sehr weite, eine sehr große Meinungsfreiheit in Deutschland. Das heißt aber nicht, dass objektiv bewiesen ist, dass Björn Höcke ein Faschist ist."

Autsch! Abgesehen von der Frage, woher der Staatsrechtler die Sicherheit nimmt, die Meinungsfreiheit in Deutschland sei groß, muss man doch einräumen, dass er recht hat, wenn man bedenkt, dass nahezu sämtliche Medien in Deutschland so tun, als sei Höcke nachweislich ein Faschist, obwohl es doch juristisch betrachtet, nur ihre Meinung, also ziemlich unmaßgeblich ist.

Was alles für Deutschland getan wird

Letztlich ist der Prozess gegen Höcke nichts anderes als der Versuch, ihm die anstehende Wahl zu verhageln. Die lechzend geäußerte Forderung, man möge Höcke gleich das Wahlrecht entziehen, muss man ebenfalls unter "Meinung" oder "frommen Wunsch" abtun, denn zumindest bis zur Wahl im September wird daraus nichts, schon deshalb, weil die Justiz ziemlich langsam arbeitet.

Aber das Verfahren gegen Höcke wirft eben auch ein helles Licht auf den tristen Zustand der Demokratie in Deutschland. Der Mann ist bei seinen Wählern ziemlich beliebt, und die Wahrscheinlichkeit, dass er Ministerpräsident in Thüringen wird, ist aufreizend (oder, je nach Perspektive, erschreckend) hoch. Dagegen wird gekämpft, und zwar von den antidemokratischen Parteien, die sich als Retter der Demokratie, des Klimas, der 72 Geschlechter und der Ukraine betrachten. Sie werden nicht aufgeben, sie werden weitermachen und sich noch eine Menge einfallen lassen, bis die Menschen zur Wahlurne trotten, um ihr Kreuz bei wem auch immer zu machen.

Und jetzt noch ein Hinweis zum Schluss, verehrte Leser: Wenn Sie diesen Satz in den Medien oder bei der Wikipedia lesen:

"Björn Höcke (* 1. April 1972 in Lünen) ist ein rechtsextremer deutscher Politiker (AfD)."

Denken Sie immer daran: Es handelt sich nicht um eine gesicherte, naturwissenschaftliche Wahrheit, sondern um eine Meinung. Wenn Sie selbst auch eine haben, beispielsweise zu Annalena Baerbock oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann, seien Sie trotzdem ein bisschen vorsichtig, ob Sie sie öffentlich äußern. Nicht, dass Sie das im vielleicht freiesten Land der Welt nicht dürften, aber … sicher ist sicher, Sie wissen schon.

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Verfassungsschützer warnen vor "TikTokisierung" des Islamismus

22. April 2024 um 13:21

Ein am Sonntag in Potsdam veröffentlichter Sonderbericht des Brandenburger Verfassungsschutzes und die Analyse des Schweriner Innenministeriums für den BfV-Mecklenburg-Vorpommern warnen vor zunehmender Beeinflussung und Manipulation auf das Denken und Handeln von Jugendlichen bei Glaubensfragen in Bezug auf den Islam. "Fundamentalistische Akteure" würden demnach die Reichweite der Kurzvideo-App TikTok bewusst einsetzen, um mit ihren Inhalten ein Millionenpublikum zu generieren. Der Verfassungsschutz erkennt die Gefahr der "'TikTokisierung' des Islamismus".

Der jüngste mediale Aufreger zum Thema "Islamischer Glaube" wurde durch den Fußballspieler Antonio Rüdiger und seinen in einem Instagram-Post gezeigten sogenannten "Tauhid"-Finger ausgelöst, der von Kritikern auch als "Islamisten-Gruß" bezeichnet wird. Die muslimische Tradition verweist durch den Fingerzeig eines Gläubigen darauf, dass "Gott das einzige göttliche Wesen ist, das existiert". Es gilt als ein religiöses Zeichen, das auch im Gebet verwendet wird.

Die in den Verfassungsschutzberichten erwähnten streng gläubigen, oft fundamentalistischen Akteure würden bewusst das Medium TikTok für ihre manipulativen Agitationsvideos auswählen. Der Deutschlandfunk erklärt zusammenfassend zu den jeweiligen BfV-Analysen:

"Laut den Verfassungsschützern üben Prediger mit ihren Videos und Ansprachen Einfluss auf das Denken und Handeln der Jugendlichen aus. Oft setzten sie maßgeblich Radikalisierungsprozesse in Gang. Dem familiären und schulischen Umfeld der Jugendlichen bleibe das vielfach verborgen, da Eltern oder Lehrer TikTok meist nicht nutzen und mit der App nicht vertraut seien."

Als exemplarisches Fallbeispiel präsentierte der ZDF-Moderator Markus Lanz am 18. April in seiner Talksendung einen TikTok-Ausschnitt des salafistischen Predigers Ahmad Armih, alias Abul Baraa, dessen Account aktuell mehr als 300.000 Follower hat. So erklärt der Prediger seinen "Followern" zum Thema "Darf man mit einer Frau schreiben (chatten), wenn man ernste Absichten hat, sie zu heiraten?" in einem TikTok-Video:

"Ja. Machen sie zum Beispiel bei WhatsApp eine Gruppe auf, dann ist in der Gruppe ihr Vater oder ihr Bruder eingefügt. Sodass der Schaitan (Satan, Anm. d. Red.) nicht dazwischenkommen kann. Wenn man weiß, Vater oder Bruder ist mit drinnen, dann wird man sich auch zügeln mit den Gesprächen."

Abul Baraa wird aktuell vom Verfassungsschutz beobachtet:

Nach 50 Minuten bei #Lanz wird der Elefant im Raum benannt: "Das ist Islam."Migrationsexpertin Souad Lamroubal findet das alles offensichtlich ganz normal und unproblematisch. pic.twitter.com/Wv4CKIikom

— Steffen Wasmund (@Steffen_Wasmund) April 19, 2024

Der Brandenburger BfV warnt in seinem Bericht vor einer "Radikalisierung junger Muslime", basierend auf den Inhalten "allen voran salafistischer Influencer", so die Formulierung in dem vorab veröffentlichten Beitrag aus dem Brandenburger Verfassungsschutzbericht 2023, der komplett am 29. April veröffentlicht werden soll. Weiter heißt es laut dem RBB im Bericht zum Phänomen TikTok:

"Zwar sei die Nutzung von sozialen Netzwerken durch Islamisten kein neues Phänomen, betonte die Behörde. Jedoch habe die App TikTok aufgrund ihres "Suchtpotenzials" durch algorithmen-gesteuerte immer neue Videovorschläge "zu einer enormen Dynamisierung" geführt und sei ein "Brandbeschleuniger" für Radikalisierung." 

Der Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern erwähnt in seinem Vorabbericht auch die Gefahr der Mobilisierung durch entsprechende TikTok-Videos. So geschehen bei einer von Islamisten inszenierten Gebetsaktion vor dem Brandenburger Tor in Berlin nach den Hamas-Israel-Ereignissen vom 7. Oktober des Vorjahres.

Ein Bild-Artikel erklärt zum Bericht des BfV-Mecklenburg-Vorpommern:

"Ibrahim El Azzazi, Abul Baraa und andere Prediger – wie Tarek Baé – inszenieren sich in ihren Videos betont jugendgerecht und setzen demonstrativ auf ihre Nähe zu 'Influencern, Rappern oder arabischen Clan-Größen'. Ihr strategisch ausgefeilter Content wirke zwar für Außenstehende 'auf den ersten Blick unverfänglich', fördere aber 'bei Jugendlichen eine Entfremdung von der Mehrheitsgesellschaft sowie den Werten des demokratischen Rechtsstaats', so die Behörden."

Laut Verfassungsschutzbefürchtungen hätte das TikTok-Format ein "besonderes Suchtpotenzial". Die manipulative Realität von Algorithmen schlägt dabei Nutzern immer wieder "neue Videos vor, die genau denen ähneln, die sie sich vorher angeschaut haben". Im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2022 in Mecklenburg-Vorpommern hieß es zu dem Phänomen (Seite 92):

"Stattdessen werden zunehmend öffentliche Debatten aufgegriffen, um islamistische Positionen als alternatives Werteideal zu propagieren. Das Ziel einer solchen Diskursverschiebung besteht darin, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schwächen und die freiheitliche demokratische Grundordnung in Frage zu stellen. Als Alternative präsentieren "islamistische Influencer" ein Gesellschaftsmodell, welches für komplexe (Alltags-)Probleme vermeintlich einfache Lösungsansätze verspricht und damit insbesondere ein jugendliches Publikum zu erreichen versucht."

Zuvor hatten bereits die BfV-Mitarbeiter der Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen in ihren Berichten themenbezogene Entwicklungen thematisiert.

Mehr zum Thema - Aus Angst, muslimische Schüler zu verärgern: Frankreichs Lehrer können ihre Arbeit nicht machen

Pjöngjang: Neue Flugabwehrrakete getestet

22. April 2024 um 12:47

Nach Angaben staatlicher Medien hat Nordkorea eine neue Flugabwehrrakete vom Typ Pyoltsi-1-2 und einen "supergroßen Sprengkopf" für einen strategischen Hwasal-1 Ra-3-Marschflugkörper erprobt. Beide Tests waren Teil regulärer Aktivitäten der Raketenverwaltung der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) und ihrer zugehörigen Verteidigungsforschungsinstitute, meldet die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA.

Inzwischen soll Südkoreas Generalstab bekanntgegeben haben, dass Nordkorea erneut eine nicht identifizierte ballistische Rakete in Richtung des Ostmeeres abgefeuert habe. Wie es heißt, gibt es keine weiteren Details dazu.

Japans Verteidigungsministerium kündigte wiederum an, dass ein Objekt, bei dem es sich möglicherweise um eine von Nordkorea abgefeuerte ballistische Rakete handle, bereits abgestürzt sei. Schiffe würden diesbezügliche Informationen im Auge behalten. Wenn Wrackteile entdeckt würden, müsse man, ohne sich denen zu nähern, die Küstenwache informieren. Wie der japanische Fernsehsender NHK mit Nennung von Quellen in der Regierung berichtete, sei eine mögliche nordkoreanische ballistische Rakete außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone Japans abgestürzt.

Zuletzt meldete Nordkorea am vergangenen Freitag einen Sprengkopftest für Marschflugkörper, aber auch den Start einer neuen Flugabwehrrakete. Die Übungen umfassten den Leistungstest eines überdimensional großen Sprengkopfes für die strategischen Marschflugkörper und den Probestart einer neuen Flugabwehrrakete, berichteten staatliche Medien unter Bezugnahme auf die Raketenverwaltung der DVRK.

Nach eigenen Angaben hatte Nordkorea im März erfolgreich ein Feststofftriebwerk für eine Hyperschall-Mittelstreckenrakete "neuen Typs" getestet. Das Land bezog sich dabei auf ein Waffensystem von strategischer Bedeutung und deutete an, dass die Rakete auch mit einem Atomsprengkopf ausgerüstet werden könnte.

Hyperschallraketen sind besonders schwer abzufangen, da sie sich mit mehr als der fünffachen Schallgeschwindigkeit fortbewegen und sehr manövrierfähig sind. Bei Mach 5 oder höher kann eine solche Rakete die 195 Kilometer zwischen Pjöngjang und Seoul in unter zwei Minuten zurücklegen.

Mehr zum Thema - Nordkorea feuert erneut ballistische Rakete in Richtung Japanisches Meer ab

Israel: Chef vom Militärgeheimdienst tritt zurück

22. April 2024 um 12:29

Der Chef des militärischen Nachrichtendienstes der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (Israel Defense ForcesIDF), Generalmajor Aharon Haliva, hat am Montag dem Generalstabschef, Generalleutnant Herzi Halevi, seinen Rücktritt angeboten. Zur Begründung heißt es laut der israelischen Nachrichtenseite Ynet News, dass er sich in seinem Schreiben als federführender Akteur "der Fehler des Nachrichtendienstes" bezeichnet hat, dies bezogen auf das Hamas-Vorgehen am 7. Oktober. Es sei jedoch noch unklar, zu welchem Zeitpunkt Haliva zurücktreten wird, da die IDF-Verantwortlichen noch "einen Nachfolger finden müssen".

Haliva ist laut israelischer Medieninformationen aktuell auch an den internen Untersuchungen der Armee über "ihr Versagen" im Vorfeld der Hamas-Ereignisse vom 7. Oktober beteiligt, so der Ynet News-Artikel darlegend. Die Auswertungen und Ergebnisse sollen dem Generalstabschef der IDF, Generalleutnant Herzi Halevi, bis Anfang Juni vorgelegt werden. Die IDF bestätigten am 22. April im Rahmen eines X-Posting zu den medialen Gerüchten:

"In Abstimmung mit dem Generalstabschef hat der Leiter des Nachrichtendienstes, Generalmajor Aharon Haliva, darum gebeten, sein Amt niederzulegen, nachdem er als Leiter des Nachrichtendienstes für die Ereignisse vom 7. Oktober verantwortlich war. Der Generalstabschef dankte Generalmajor Aharon Haliva für seine 38 Dienstjahre in den IDF, in denen er sowohl als Soldat als auch als Kommandeur einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit des Staates Israel geleistet hat."

In coordination with the Chief of the General Staff, the Head of the Intelligence Directorate, MG Aharon Haliva, has requested to end his position, following his leadership responsibility as the Head of the Intelligence Directorate for the events of October 7.The Chief of the…

— Israel Defense Forces (@IDF) April 22, 2024

Haliva wird medial mit der Feststellung in seinem Brief zitiert:

"Die IDF unter meinem Kommando haben es versäumt, vor dem Terroranschlag der Hamas zu warnen. Wir haben in unserer wichtigsten Mission versagt, und als Leiter der Direktion Militärischer Nachrichtendienst trage ich die volle Verantwortung für dieses Versagen."

Er werde sein Amt noch so lange ausüben, "bis ein Nachfolger gefunden ist", heißt es weiter in dem Schreiben. Zu den Details seines "Versagens" heißt es in einem Artikel der Times Of Israel:

"Haliva befand sich am 7. Oktober im Urlaub in Eilat (ein Urlaubsort am Roten Meer im Süden Israels). Berichten zufolge wurde er an jenem Morgen gegen 3 Uhr über "gewisse Anzeichen aus dem Gazastreifen" für einen bevorstehenden Angriff informiert, nahm aber nicht an den Beratungen in den höchsten Rängen der IDF über diese Anzeichen teil und war auch telefonisch nicht erreichbar.

Haliva wurde später mit den Worten zitiert, dass er, selbst wenn er an den Beratungen teilgenommen hätte, zu dem Schluss gekommen wäre, dass die Hamas offensichtlich eine Übung durchführe und dass man mit der Angelegenheit bis zum Morgen warten könne. "Es hätte das Endergebnis in keiner Weise verändert", soll er gesagt haben."

Laut den Israel National News war es Haliva, der nachdrücklich die Einsetzung eines staatlichen Untersuchungsausschusses zu den Ereignissen vom 7. Oktober einforderte. Er wird mit den Worten zitiert, dass "jetzt, nachdem mehr als ein halbes Jahr vergangen ist und die Ermittlungen begonnen haben, bitte ich darum, meine Rolle zu beenden und die IDF zu verlassen, nachdem eine Etappe der Ermittlungen abgeschlossen ist".

Zeitnah sollte zudem ein neuer Chef des Militärischen Nachrichtendienstes ernannt werden, so Haliva, der "die hervorragenden Leute im Direktorat in den kommenden Jahren führen wird". 

Mehr zum Thema - Der iranische Angriff auf Israel war erfolgreicher, als es scheint – und dafür gibt es einen Grund 

In eigener Sache: Neue Spiegelseiten für RT DE

22. April 2024 um 12:13

Liebe Leser,

die Zensurbemühungen gegen RT DE halten an. In letzter Zeit bemühen sich staatliche Stellen und Telekommunikationskonzerne wieder sehr, den Zugang zu RT DE zu erschweren und zu verhindern.

Als Ergänzung zu den bekannten, aber zurzeit teilweise unterdrückten Spiegelseiten von RT DE werden wir ab sofort regelmäßig neue Adressen (mirror pages) veröffentlichen. Heute diese beiden:

https://rtnewsde.com

https://rtnewsde.site

Mithilfe dieser "mirror pages" sollten Sie wieder uneingeschränkten Zugang zu RT DE haben. Wir empfehlen, diese Adressen als Lesezeichen zu speichern.

Ebenso besteht die Möglichkeit, über

https://luuul.ru

zumindest einen Teil der Inhalte von RT DE aufzurufen, auch wenn diese Alternativadresse noch nicht alle Features unserer Webseite bietet. An einer Verbesserung dieses Zugangs wird gearbeitet. Wir empfehlen, auch diese Adresse zu speichern.

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Biden fordert Amerikaner auf, zwischen Freiheit und Demokratie zu wählen

22. April 2024 um 11:45

US-Präsident Joe Biden hat seine Anhänger dringend dazu aufgefordert, "Freiheit der Demokratie vorzuziehen". Dies ist der letzte Vorfall in einer langen Reihe von Fauxpas und verbalen Entgleisungen.

Konservative Experten sahen darin einen weiteren Beweis dafür, dass der 81-Jährige für das Amt ungeeignet ist. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania fragte Biden das Publikum am Donnerstag, ob sie ihn bei den Präsidentschaftswahlen im November dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump vorziehen würden. Dabei rasselte er eine Reihe von Schlagwörtern herunter:

"Seid ihr bereit, Einheit über Spaltung zu stellen? Würde über Zerstörung? Wahrheit über Lügen? Seid ihr bereit, Freiheit über Demokratie zu stellen? Denn das ist Amerika",

rief er.

Bidens Satz "Freiheit statt Demokratie" sorgte für Lacher und Applaus in der Menge, aber auch für Spott von konservativen Experten und Meinungsmachern. "Als die Leute besorgt waren, dass Ronald Reagan gegen Ende seiner zweiten Amtszeit kognitiv abbaut, war das nicht annähernd so", schrieb der Conservative Brief auf X.

"Schauen Sie in den Spiegel und fragen Sie sich ehrlich, ob dies der Mann ist, den Sie für weitere vier Jahre an der Spitze unserer Sicherheit, unserer Wirtschaft und unseres Landes sehen wollen."

BIDEN: "Are you ready to choose freedom over democracy? Because that's America!" 🥴 pic.twitter.com/VaiHZhcwLe

— RNC Research (@RNCResearch) April 18, 2024

Biden ist schon lange für solche Ausrutscher bekannt. Im Jahr 2019 wurde er wegen einer Wahlkampfrede verspottet, in der er erklärte: "Wir wählen Einheit statt Spaltung. Wir wählen Wissenschaft statt Fiktion. Wir wählen die Wahrheit über die Fakten." Die Republikaner sind davon überzeugt, dass Bidens kognitive Fähigkeiten nachlassen und sich diese Entwicklung in den drei Jahren im Weißen Haus noch beschleunigt hat. Videoaufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie der Präsident imaginären Personen die Hand schüttelt, sich in der Öffentlichkeit verirrt und Reportern erzählt, er habe sich gerade mit längst verstorbenen Staatsoberhäuptern getroffen, bestärken sie in ihrer Argumentation.

Im Februar entschied der Staatsanwalt des US-Justizministeriums, Robert Hur, Biden nicht wegen des falschen Umgangs mit Verschlusssachen anzuklagen. Seinem Bericht zufolge litt der Präsident unter extremen Gedächtnislücken und verfügte nicht über den für ein Verbrechen erforderlichen "geistigen Zustand der Vorsätzlichkeit". Laut einer Umfrage der Associated Press im vergangenen Monat bezweifeln sechs von zehn amerikanischen Erwachsenen Bidens geistige Fähigkeiten für das Amt des Präsidenten.

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"Spionage für China" – Drei Deutsche festgenommen

22. April 2024 um 10:20

Drei Deutsche sind wegen angeblicher Spionage für China festgenommen worden. Das gab die Bundesanwaltschaft in einer Pressemitteilung vom Montag bekannt. Demnach wurden die Verdächtigen am Montag von Beamten des Bundeskriminalamts in Düsseldorf und Bad Homburg festgenommen. Es handelt sich um zwei Männer und eine Frau.

Ihnen wird vorgeworfen, seit Juni 2022 für einen chinesischen Geheimdienst tätig zu sein. Auch von einem Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz ist in der Erklärung die Rede.

Die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft lesen sich im Einzelnen so:

"Thomas R. fungiert als Agent für einen in China aufhältigen Mitarbeiter des chinesischen Geheimdienstes MSS. Im Auftrag dieser Person beschaffte Thomas R. in Deutschland Informationen zu militärisch nutzbaren innovativen Technologien. Hierzu bediente er sich der Eheleute Herwig F. und Ina F., die von Düsseldorf aus eine Firma betreiben. Diese dient als Medium zur Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit Personen aus der deutschen Wissenschaft und Forschung. So schlossen die Eheleute über ihre Firma ein Kooperationsabkommen mit einer deutschen Universität zum Wissenschaftstransfer."

Vorgeworfen wird den mutmaßlichen Spionen auch die Erstellung einer Studie:

"Gegenstand war in der ersten Phase die Erstellung einer Studie für einen chinesischen Vertragspartner zum Stand der Technik von Maschinenteilen, die auch für den Betrieb leistungsstarker Schiffsmotoren, etwa in Kampfschiffen, von Bedeutung sind. Hinter dem chinesischen Vertragspartner stand der Mitarbeiter des MSS, von dem Thomas R. seine Aufträge erhielt; die Finanzierung des Projekts erfolgte durch staatliche chinesische Stellen. Zum Zeitpunkt ihrer Festnahme befanden sich die Beschuldigten in weiteren Verhandlungen über Forschungsprojekte, die zum Ausbau insbesondere der maritimen Kampfkraft Chinas nützlich sein könnten."

Konkret wird den Beschuldigten lediglich die Anschaffung eines Speziallasers vorgeworfen, der vom MSS bezahlt und dann ohne Genehmigung nach China ausgeführt worden sei, obwohl er der "EU-Dual-Use-Verordnung" unterliege.

Das Verfahren gegen die drei Deutschen gehe "maßgeblich auf Erkenntnismitteilungen des Bundesamts für Verfassungsschutz" zurück. Die Beschuldigten würden am Montag und Dienstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Dieser werde ihnen die Haftbefehle verkünden und über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden.

Das Auswärtige Amt kündigte unterdessen eine "Reaktion" auf den angeblichen Spionagefall an. Ein Sprecher des Baerbock-Ministeriums erklärte am Montag in Berlin, man habe zwar noch keine Ankündigung zu machen, "aber es gilt natürlich, dass wir solche Vorgänge nicht tolerieren werden bei uns". Die China-Strategie der Bundesregierung sei "sehr umfassend", man habe auch solche Gefahren im Blick.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser wertete die Festnahmen als "großen Erfolg" der Spionageabwehr. "Unsere Sicherheitsbehörden sind sehr wachsam", sagte die SPD-Politikerin am Montag:

"Wir haben die erhebliche Gefahr durch chinesische Spionage in Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft im Blick."

Man schaue zudem sehr genau auf diese Risiken und Bedrohungen und habe davor deutlich gewarnt und sensibilisiert, damit überall Schutzvorkehrungen erhöht werden. Der Bereich militärisch nutzbarer innovativer Technologien aus Deutschland sei besonders sensibel:

"Umso wichtiger ist es, hier der Spionage so konsequent zu begegnen, wie es uns in diesem Fall gelungen ist."

Fast parallel zur Veröffentlichung der Presseerklärung der Bundesanwaltschaft erschien im Springerblatt Bild ein Artikel mit der Überschrift "Angst vor Doping-Chinesen in Paris! – Jetzt schaltet sich Nancy Faeser ein".

Die Spionagevorwürfe gegen China erfolgen wenige Tage, nach dem der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz von einem Besuch dort zurückgekehrt ist. Erst in der vergangenen Woche wurde die Festnahme zweier Männer verkündet, die angeblich für einen russischen Geheimdienst spioniert haben sollen.

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"Großartige Nachricht für die Ukraine" – Strack-Zimmermann feiert US-Milliarden für Kiew

22. April 2024 um 09:32

Die FDP-Abgeordnete und Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat den Beschluss des US-Repräsentantenhauses über neue Milliardenhilfen an die Regierung in Kiew überschwänglich begrüßt – und den Europäern gleichzeitig mangelnde Unterstützung vorgeworfen. Der Rheinischen Post sagte Strack-Zimmermann:

"Eine großartige Nachricht für die Ukraine, dass sie diese riesige Unterstützung von den Vereinigten Staaten erhält. Das sollte auch Vorbild für die europäischen Staaten sein. Von den nordischen und baltischen Staaten abgesehen, unterstützt Europa die Ukraine nicht mit dem, was leistbar wäre."

Weiter sagte die Politikerin:

"Wollen wir, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt, sind alle europäischen Staaten aufgerufen, schneller und mehr zu tun. Sich letztlich immer auf die Vereinigten Staaten zu verlassen, ist Europas geostrategischer Lage und moralischem Anspruch nicht würdig."

Ähnlich äußerte sich Strack-Zimmermann am Montag im ARD-Morgenmagazin.

Im Kontext des US-Hilfspakets die richtigen Worte zum Wochenstart von @MAStrackZi 👍 #UkraineGuten Morgen euch allen ☕️🥐 pic.twitter.com/b36lck8qun

— Dieter 🇺🇦❤️‍🔥 (@lefthand_69) April 22, 2024

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat unterdessen vor dem Hintergrund massiver ukrainischer Verluste vehement die Lieferung neuer Luftabwehrsysteme an Kiew gefordert und nannte die Zurückhaltung der Bundesregierung in dieser Frage "unentschuldbar". Röttgen, der wie Strack-Zimmermann fest in transatlantischen Netzwerken verankert ist, sagte ebenfalls der Rheinischen Post:

"Die Ukraine braucht schnell einen massiven Aufbau ihrer Luftverteidigung, um die systematische Zerstörung ihrer Städte und der Energieinfrastruktur durch den russischen Dauerbeschuss abzuwehren. Nötig sind rund zwei Dutzend Patriot-Systeme, in Europa sind rund hundert Systeme vorhanden. Dass Mitglieder der Bundesregierung darüber seit Wochen reden und nicht handeln, ist unentschuldbar."

Die Bundesrepublik verfüge immer noch über neun Patriot-Systeme, genug, um noch ein paar abzugeben:

"Wir können und sollten mehr liefern. Gleichzeitig muss die Bundesregierung für Deutschland Patriot-Systeme sofort nachbestellen, und zwar zur Lieferung, nicht erst in Jahren. Dasselbe gilt für andere Luftabwehrsysteme wie Iris-T. Nur so kann Deutschland mit Erfolg eine Koalition von Staaten zur Luftunterstützung der Ukraine zusammenbringen."

Die Bundesregierung müsse der deutschen Rüstungsindustrie auch Aufträge für Artilleriemunition erteilen und ihr verlässliche Abnahmegarantien geben. Nur dann werde produziert. Der Ukraine gehe auch deshalb die Artilleriemunition aus, weil die Regierung dies nicht längst getan habe. Der frühere Umweltminister sprach in diesem Zusammenhang von einem "schweren politischen Versagen". 

Von dem US-Hilfspaket in Höhe von 61 Milliarden US-Dollar sind etwa 23 Milliarden für die Aufstockung des US-Militärbestands. Da die USA Kiew in der Regel mit Ausrüstung aus ihren Beständen versorgen, kommen diese Mittel zunächst einmal der heimischen Rüstungsindustrie zugute. Der Rest des Pakets ist für weitere militärische Unterstützung und "Finanzhilfe" vorgesehen. Die "Finanzhilfe" wird als Darlehen gewährt.

Mehr zum Thema – Angeblicher Sabotageversuch: Kiesewetter warnt vor "Russland nahestehenden Bürgern"

Zwei japanische Militärhubschrauber abgestürzt: Ein Toter und sieben Vermisste

22. April 2024 um 08:38

Zwei Patrouillenhubschrauber der japanischen Marine sind laut Medienberichten am Sonntag bei einem Übungsflug abgestürzt, wobei ein Besatzungsmitglied ums Leben kam. Die sieben anderen Crewmitglieder würden vermisst. Nach ihnen werde derzeit noch gesucht. Der Absturz ereignete sich nur ein Jahr nach dem Tod von zehn japanischen Soldaten bei einem ähnlichen Vorfall.

Die beiden Mitsubishi SH-60K-Hubschrauber führten am Samstagabend in der Nähe der abgelegenen Izu-Inseln, etwa 500 Kilometer südlich von Tokio, Übungen zur U-Boot-Bekämpfung durch. Gegen 22.38 Uhr brach die Kommunikation mit einem der Hubschrauber ab, etwa 25 Minuten später verlor das Militär auch den Kontakt zum zweiten Hubschrauber, berichtete der japanische Sender NHK.

Die zum Unglücksort entsandten Rettungskräfte "entdeckten Teile der Maschine im Meer". Es wird vermutet, "dass die beiden Hubschrauber abgestürzt sind", sagte der japanische Verteidigungsminister Minoru Kihara am Sonntag vor Reportern. In einer weiteren Pressemitteilung bestätigte der Minister, dass die Leiche eines Besatzungsmitglieds geborgen worden sei und die anderen sieben noch vermisst würden.

"Die Flugschreiber werden derzeit ausgewertet", sagte Ryo Sakai, Stabschef der Japan Maritime Self-Defense Force (JMSDF), gegenüber Reportern und fügte hinzu, dass die Besatzung eines dritten Hubschraubers, der an der Übung teilgenommen hatte, derzeit befragt werde.

Das Unglück ereignete sich etwas mehr als ein Jahr nach dem Absturz eines UH-60JA-Hubschraubers der japanischen Bodenselbstverteidigungskräfte vor der Insel Miyako, etwa auf halbem Weg zwischen der japanischen Insel Okinawa und Taiwan. Zehn Soldaten starben bei dem Absturz. Bis heute ist ungeklärt, ob der Hubschrauber aufgrund eines technischen Defekts oder eines Pilotenfehlers ins Meer stürzte.

Auch die amerikanischen Streitkräfte in Japan waren in den vergangenen Jahren von einer Reihe von Flugzeugabstürzen betroffen. Acht US-Besatzungsmitglieder wurden getötet, als ihr Kipprotorflugzeug V-22 Osprey im Dezember vor der Insel Yakushima abstürzte, und fünf wurden verletzt, als ein Osprey im Jahr 2016 auf einem Riff vor Okinawa eine Bruchlandung hinlegte. Neben den Abstürzen in Japan haben die USA seit 2007 weitere elf Ospreys durch Unfälle und Fehlfunktionen verloren.

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IWF: Russisches Wirtschaftswachstum trotz Sanktionen weiterhin stark

22. April 2024 um 07:30

Die russische Wirtschaft wird auch im Jahr 2024 stetig wachsen, prognostiziert Alfred Kammer, der Leiter der Europaabteilung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Auf einer Pressekonferenz im Anschluss an die Veröffentlichung des jüngsten europäischen Wirtschaftsausblicks der Agentur wies Kammer auf die Widerstandsfähigkeit der russischen Wirtschaft angesichts der weitreichenden Sanktionen hin.

"Was wir für Russland prognostiziert haben, ist tatsächlich ein Wachstum in diesem Jahr, und wir haben auch ein ziemlich starkes Wachstum im letzten Jahr gesehen, das sich durch die wirtschaftliche Aktivität erklärt, die stark geblieben ist, weil die Ölexportmengen gleichgeblieben sind, während die Preise hoch waren", sagte der Analyst.

Kammer zufolge hat das Land einen Aufschwung im Konsum, einen Anstieg der Reallöhne und einen starken Arbeitsmarkt erlebt. Er merkte an, dass ein Großteil des Wirtschaftswachstums auf einen "Investitionsboom" in staatlichen Unternehmen, insbesondere in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung, sowie auf einen Investitionsschub im Zusammenhang mit der Importsubstitution zurückzuführen sei.

"Es gibt nicht viel Unterstützung von der fiskalischen Seite, aber sie war auch da. Der größte Teil der steuerlichen Unterstützung wurde für die Bereiche Sicherheit und Verteidigung bereitgestellt. Das erklärt auch die Anhebung unserer Zahlen für 2023 für Russland und die Wachstumsaussichten für dieses Jahr", so Kammer abschließend.

In der vergangenen Woche hat der IWF seine Wachstumsprognose für die russische Wirtschaft erneut nach oben korrigiert und erwartet nun, dass das BIP des Landes in diesem Jahr um 3,2 Prozent wachsen wird, während er im Januar noch von 2,6 Prozent ausging. Nach den jüngsten Prognosen des IWF liegt Russland beim Wachstum in diesem Jahr vor einer Reihe großer westlicher Volkswirtschaften, darunter den USA (2,7 Prozent), dem Vereinigten Königreich (0,5 Prozent), Frankreich (0,7 Prozent) und Deutschland (0,2 Prozent).

Das russische Wirtschaftsministerium rechnet in diesem Jahr mit einem BIP-Wachstum von 3,6 Prozent, was dem des Vorjahres entspricht. Viele Analysten führen die Widerstandsfähigkeit der russischen Wirtschaft gegenüber den westlichen Sanktionen auf die rasche Ausrichtung des Handels auf den Osten und die Wirtschaftspolitik zurück, mit der die Auswirkungen der Beschränkungen ausgeglichen werden sollen.

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Das größte europäische Gasfeld stellt die Förderung ein

22. April 2024 um 07:15

Die Niederlande haben am Freitag das Gasfeld in Groningen offiziell geschlossen, nachdem die Behörden einem dauerhaften Ende der Bohrtätigkeit in dem Gebiet zugestimmt hatten, um die seismischen Risiken in der nördlichen Region zu begrenzen.

Seit Oktober 2023 hat das Gasfeld nach Jahren der Produktionskürzungen, um das Risiko von dadurch ausgelösten Erdbeben in der Region zu verringern, die über die Jahre Tausende von Gebäuden beschädigt haben, nur noch mit einem Bruchteil seiner Kapazität gearbeitet. Für den Fall eines schweren Winters und mit Blick auf die unsichere internationale Lage in Hinsicht auf den Russland-Ukraine-Konflikt blieben seine elf Quellen aber geöffnet.

Anfang der Woche stimmte der holländische Senat einem Gesetz zu, das das Gasfeld endgültig stilllegt, nachdem die Regierung zugesichert hatte, dass die Produktion nie wieder hochgefahren werde, um die seismischen Risiken in der Region zu begrenzen.

Ursprünglich hatten die Senatoren geplant, das Gesetz bereits vor zwei Wochen zu verabschieden, verschoben aber die endgültige Abstimmung, nachdem mehrere Parteien Einwände bezüglich der Versorgungssicherheit des Landes erhoben hatten.

Dieser Schritt verärgerte sowohl die Regierung als auch örtliche Amtsträger der nördlichen Provinz. Der Bergbauminister Hans Vijlbrief, der sich für die Schließung aussprach, sagte, er werde zurücktreten, sollte es zu einer langen Verzögerung und weiterer Unsicherheit bezogen auf die Erdbebengefahr für die in dieser Region lebenden Menschen kommen. Politiker aus Groningen warfen dem Parlament vor, sich nicht an sein Versprechen zu halten, die Gasbohrungen zu beenden.

Europas größtes Gasfeld, seit 1963 erschlossen, trug viel zur holländischen Wirtschaft bei und weist immer noch große Gasreserven auf. Am Höhepunkt der Produktion vor zehn Jahren lieferte es über 50 Millionen Kubikmeter Gas. Seit 1986 hat das Gebiet jedoch über 1.600 Erdbeben verzeichnet, die 85.000 Gebäude beschädigt haben. Es ist nicht klar, ob ein Ende der Produktion ausreicht, um die seismische Aktivität in der Region zu verringern, da die leeren Höhlen unter der Erde bleiben.

Im Februar hat NAM, gemeinsame Tochter von Shell und Exxon, die das Gasfeld von Groningen betreibt, ein Schiedsgericht angerufen, ob die Regierung für die Schließung der Gasproduktion eine Entschädigung zahlen müsse.

Nach Angaben von Reuters haben die Erträge aus dem Gas für die Niederlande seit Anlaufen der Förderung 363 Milliarden Euro betragen, während die Profite von Shell und Exxon sich im selben Zeitraum auf fast 66 Milliarden beliefen.

Vor Beginn der russischen militärischen Spezialoperation gegen die Ukraine stammte ein Drittel der niederländischen Gasimporte der amtlichen Statistik zufolge aus Russland. 2023 belief sich der Anteil des russischen Erdgases auf weniger als neun Prozent der Importe des Landes. Währenddessen nahm der Anteil von US-Flüssigerdgas zu und erreichte im vergangenen Jahr zwei Drittel der niederländischen Gasimporte.

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Pressesprecher des russischen Präsidenten: Kiew greift gezielt Journalisten an

21. April 2024 um 21:39

Kiews Militär greift bewusst Mitarbeiter russischer Medien im Gebiet des russisch-ukrainischen Konflikts an, erklärte der Pressesprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow. Am Samstag sprach er in der Zeitung Iswestija sein Beileid anlässlich des Todes des Kriegsberichterstatters der Zeitung Semjon Jerjomin aus und sagte:

"Dass die Streitkräfte der Ukraine die russischen Journalisten bewusst zu ihren Zielen machen – ja, so ist das."

Jerjomins Tod sei eine Tragödie und betone, wie gefährlich die Mission der russischen Journalisten an der Front sei, so Peskow weiter.

Zum Zeitpunkt seines Todes war Jerjomin 42 Jahre alt. Er arbeitete im Gebiet der russischen Spezialoperation in der Ukraine seit ihrem Beginn im Februar 2022. Er berichtete unter den ersten Journalisten aus der befreiten Stadt Wolnowacha im März 2022 und veröffentlichte Materialien über Verbrechen des ukrainischen Militärs gegen Zivilisten. Am 19. April starb er während Dreharbeiten an einer Reportage über die Bekämpfung von Drohnen am Frontabschnitt Saporoschje, nachdem eine ukrainische Drohne eine Sprengladung auf sein Team abgeworfen hatte.

Die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, bezeichnete den Angriff auf Jerjomin als Verbrechen und Rache für die Erfüllung seiner beruflichen Pflicht:

"Man kann es nicht anders bewerten als als einen Racheakt für die ehrliche Erfüllung der journalistischen Pflicht."

Seit dem Beginn der Militäroperation in der Ukraine sind bereits mehrere russische Journalisten ums Leben gekommen. So starb im November 2023 im Gebiet Saporoschje der Mitarbeiter des Fernsehkanals Rossija 24, Boris Maksudow, bei einem ukrainischen Drohnenangriff. Zu den weiteren Opfern zählen Rostislaw Schurawljow von der Nachrichtenagentur RIA Nowosti, Oleg Klokow vom Fernsehkanal Tavrija und Alexei Iljaschewitsch vom Nachrichtenportal RuBaltic.

Darüber hinaus deuteten Vertreter der ukrainischen Geheimdienste wiederholt an, Attentate auf russische Medienvertreter auch weit hinter den Frontlinien organisiert zu haben. Bei diesen waren die Journalistin Darja Dugina und der Militärblogger Wladlen Tatarski ums Leben gekommen.

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Wahlumfrage: SPD verliert, BSW legt zu, Linke weiter draußen

21. April 2024 um 21:16

Die SPD verliert erneut in der Wählergunst: Im Sonntagstrend, den das Meinungsforschungsinstitut INSA für die Bild am Sonntag erhebt, kommen die Sozialdemokraten in dieser Woche auf 15 Prozent. Das ist ein Prozentpunkt weniger als in der Vorwoche. Insgesamt kommen die aktuell regierenden Ampel-Parteien in der Insa-Umfrage zusammen auf nur 33 Prozent der Stimmen.

Stärkste Kraft bleibt die Union, die derzeit auf 30 Prozent (unverändert) kommt. Bündnis90/Die Grünen und die FDP konnten ihre Werte aus der Vorwoche (13 Prozent und fünf Prozent) halten. Auch die AfD liegt stabil bei 18 Prozent.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kann sich um einen Punkt verbessern und kommt in dieser Woche auf sieben Prozent. Die Linke kann zwar um einen Punkt zulegen, liegt mit vier Prozent aber weiterhin unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Die sonstigen Parteien können laut der INSA-Erhebung acht Prozent der Stimmen auf sich vereinen.

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Die USA schleichen sich langsam aus dem Ukraine-Konflikt raus

21. April 2024 um 20:50

Von Dmitri Trenin

Das Abkommen von Istanbul – der Entwurf eines Waffenstillstands, der im Frühjahr 2022 zwischen Russland und der Ukraine erzielt werden konnte – ist erneut ins Gespräch gekommen. Allerdings ist dieses Abkommen in der damaligen Fassung zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr relevant und dürfte in Zukunft kaum noch von Nutzen sein. Die Realitäten vor Ort, die Positionen in den Herzen und Köpfen vieler Personen in wichtigen Schlüsselfunktionen haben sich seither völlig verändert.

Dennoch ist es kein Zufall, dass die Debatte über Verhandlungen für einen Waffenstillstand zum selben Zeitpunkt in der Schweiz begann, als dem Westen klar wurde, dass die Ukraine nicht in der Lage sein wird, irgendeine Form von Sieg erreichen kann. Und dabei ist nicht von einem ultimativen Sieg die Rede, sondern von jeglichen bedeutsamen Erfolgen auf dem Schlachtfeld.

Diese Initiative wurde nicht von der Ukraine selbst in die Wege geleitet, sondern von Russlands westlichen Gegnern, mit denen sich Russland mittlerweile tatsächlich im Krieg befindet. Hinter all diesen diplomatischen Manövern steht der Wunsch, einen offensichtlichen russischen Sieg um jeden Preis zu verhindern. Worüber wir jetzt wirklich reden, ist eine Propagandakampagne, weil derzeit im Westen niemand in der Stimmung für ernsthafte Verhandlungen ist.

Lassen Sie mich erklären, was das bedeutet. Aus der Sicht Russlands wären echte Verhandlungen solche, die jene Fragen lösen würden, die ursprünglich zur militärischen Intervention in der Ukraine geführt haben. Wenn diese Fragen nicht gelöst werden können, werden wir in der Zukunft mit einem umfassenderen Krieg konfrontiert sein, vielleicht einem noch schrecklicheren, mit noch schwerwiegenderen Folgen. Oder anders gesagt: Wenn man zu den Waffen greift, dann muss man bereit sein bis zur Neige zu gehen, um eine Lösung für jene Probleme zu erzwingen, die überhaupt erst Anlass für kriegerische Maßnahme waren.

Der Westen versucht einen Sieg Moskaus zu verhindern – und das wird auch ganz offen kommuniziert. Und der Westen versucht dies auf zwei Arten zu erreichen: Der eine Weg besteht darin, Waffen und Geld in die Ukraine zu pumpen. Der andere Weg ist diplomatisch, indem der Anschein erweckt wird, dass man Verhandlungen anstrebt, was letztlich reine diplomatische Propaganda darstellt. Die Idee dahinter besteht darin, Dutzende Staaten zu vereinen, ein Gruppenfoto zu knipsen und psychologischen Druck auf die russische Führung auszuüben. Aber ich bin davon überzeugt, dass sie sich alle Beteiligten sehr wohl darüber im Klaren sind, dass dies alles weitgehend irrelevant ist, sollte Moskau seine erklärten Ziele der Militäroperation nicht erreichen. Andernfalls werden die von Russland erbrachten Opfer, von den Verlusten auf dem Schlachtfeld bis zu zahlreichen anderen Opfer, umsonst gewesen sein.

Gleichzeitig schleichen sich die USA von der ukrainischen Front weg. Washington hat zwar immer noch das letzte Wort, ist aber jetzt, wie Obama zu sagen pflegte, "eine Kraft im Hintergrund". Grundsätzlich tun die USA alles, damit sie im Falle eines direkten Zusammenstoßes mit Russland nicht zu Schaden kommen, während sie bestrebt sind, dass lediglich die Menschen an der Front leiden müssen. Und natürlich sind die USA noch nicht so sehr müde davon, Kiew zu unterstützen, vielmehr liegt es im Interesse der USA, dass sie ihre Ressourcen, die nicht unbegrenzt sind, in verschiedene Richtungen verteilen können. Ja, die Ressourcen der USA sind gigantisch, aber ich wiederhole, sie sind nicht mehr unbegrenzt. Und derzeit ist der Nahe Osten für Washington strategisch sehr viel wichtiger geworden als die Ukraine.

Sie werden vielleicht bemerkt haben, dass ich nicht einmal das Thema China angesprochen habe, ein Thema, das die USA im Hinblick auf ihre Rolle im Weltgeschehen als existenziell betrachten. Bleiben die USA weiterhin die globale Nummer eins oder werden sie zur Nummer zwei degradiert? Für viele in den Korridoren der Macht in Washington wäre ein solches Szenario der reinste Todesstoß.

Derzeit hat Russland die Möglichkeit, ein langes Spiel zu spielen, die Machenschaften im Westen in Ruhe zu beobachten und diese konkret einzuschätzen. Auch deswegen ist es interessant zu beobachten, was derzeit über Verhandlungen gesagt wird – und nicht über das unvermeidliche Geschwätz über eine Niederlage Russlands auf dem Schlachtfeld. Aber diese Art des Geschwätzes ist für Russland lediglich von Vorteil.

Russland weiß, dass man im Westen mittlerweile verstanden hat, dass man Russland nicht besiegen kann und nun versucht, zur nächsten Position des Rückzugs überzugehen. Die Rhetorik im Westen verläuft jedoch immer noch entlang der Linie, dass es unmöglich sein muss, einen russischen Sieg zuzulassen. Für Russland selbst würde ein Teilsieg einer Niederlage gleichkommen. Der Westen würde dadurch in die Position kommen, auf jede erdenkliche Weise die Lage in Russland zu beeinflussen, sollte es Russland nicht gelingen, die erklärten Ziele der militärischen Operation zu erreichen.

Ich denke, die Zeit arbeitet zugunsten von Russland. Warten wir mal ab, was sich in den Vereinigten Staaten abspielen wird, im Zuge des Wahlkampfs für die nächste Präsidentschaft. Und beobachten wir, was nach der Wahl passieren wird. Gleichzeitig muss Russland selbst Fortschritte machen, während seine Gegner mit internen Problemen beschäftigt sind und nachdem ihre strategische Vision für den Nahen Osten, Ostasien und die Ukraine in Turbulenzen geraten ist.

Das sind die echten, und wirklichen Erfolge, die meines Wissens, von der russischen Armee derzeit auf dem Schlachtfeld erzielt werden.

Übersetzt aus dem Englischen.

Dmitri Trenin ist Forschungsprofessor und Institutsdirektor an der Fakultät für Weltwirtschaft und Weltpolitik der Moskauer Higher School of Economics sowie leitender Forscher am Nationalen Forschungsinstitut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen der Russischen Akademie der Wissenschaften.

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Bayern hält Corona-Dokumente unter Verschluss

21. April 2024 um 20:06

Bayerns Landesregierung will keine Dokumente aus der Zeit der Corona-Krise herausgeben, um zu einer Aufarbeitung der Maßnahmen beizutragen. Nach hiesiger Auffassung sei "klar, dass die Staatsregierung für eine weitere Offenlegung von Dokumenten keinen Anlass sieht", heißt es in einer aktuellen Antwort des Gesundheitsministeriums auf Anfrage der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag.

SPD-Fraktionschef Florian von Brunn hatte die Staatsregierung gebeten, "die einschlägigen Akten des Kabinetts, des Gesundheitsministeriums und des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit offenzulegen". Auch das Thema Schulschließungen ist für die Bayerische Landesregierung unter Markus Söder (CSU) kein Thema. Laut dem Ministerium bedürfe es keinerlei nachträglicher Aufarbeitung:

"In der Corona-Pandemie stand der Schutz von Leib und Leben an oberster Stelle. Daher waren aus damaliger Sicht auch die Kita- und Schulschließungen bzw. der Wechselunterricht an den Schulen angemessen und verhältnismäßig."

Das Ministerium verwies in seiner Antwort unter anderem auch auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den entsprechenden Anordnungen. Brunn plädiert hingegen für mehr Transparenz: Auch in Bayern wäre eine Kommission gut, bestehend aus Wissenschaftlern und Vertretern der Politik, ergänzt durch einen Bürgerrat.

"Dass die Regierung Söder sich jetzt weigert, die Akten zu öffnen und alle Maßnahmen immer noch für richtig erklärt, ist da unverständlich", sagte Brunn.

Bayerns Landesregierung verwies ihrerseits auf die vermeintliche "Transparenz" bei der Festlegung der Corona-Verordnungen in einem "demokratisch legitimierten Verfahren": "Der Landtag war in die Entscheidungen eingebunden und hat die Maßnahmen der Staatsregierung mit großen Mehrheiten unterstützt. Die Gesetzes- und Verordnungsregelungen sind jeweils ausführlich amtlich begründet und öffentlich breit kommuniziert worden." Das Ministerium behauptete zudem, die getroffenen Maßnahmen seien in einer Vielzahl von Gerichtsverfahren vor allem auf ihre Verhältnismäßigkeit hin "intensiv überprüft" und in der "deutlich überwiegenden Zahl" als rechtmäßig bestätigt worden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende betonte, er gehe nicht davon aus, dass Entscheidungen in der Corona-Krise leichtfertig getroffen worden seien. Dennoch hätten viele Kinder und Jugendliche durch die langen Schulschließungen psychische Probleme davongetragen, gerade Familien mit Kindern seien stark belastet gewesen.

"Jetzt zu sagen, dass die Schließungen in dieser Form völlig richtig waren, halte ich für nicht gut."

Brunn verwies zudem darauf, dass selbst Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingeräumt habe, dass er die langen Schulschließungen im Nachhinein für einen Fehler halte.

Am Sonntag ergänzte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums, Bayern habe aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt und gehandelt, um sich für die Zukunft zu wappnen.

"Es ist unbestritten, dass die Maßnahmen der Bevölkerung viel abverlangt haben – die Corona-Pandemie war aber eine bis zu diesem Zeitpunkt nie dagewesene Herausforderung. Rückblickende Schuldzuweisungen verkennen die damalige Situation völlig."

Klar sei jedoch: Im Falle künftiger Gesundheitskrisen müsse man verstärkt auf jedwede Belastungen für Kinder achten – etwa wenn es um Kita- und Schulschließungen gehe, so das Ministerium.

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Friedrich Merz: China eine Bedrohung unserer Sicherheit

21. April 2024 um 19:25

Im Nachklang zum China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz, den dieser in Begleitung einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation angetreten hatte, erhebt nun CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz lautstarke Vorwürfe gegen China.

"China verhält sich nach innen immer repressiver und nach außen immer aggressiver. Die Volksrepublik China wird damit zu einer zunehmenden Bedrohung auch unserer Sicherheit."

China unterstütze Nordkorea, aber auch den "Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine". China beabsichtige auch nicht, an "Friedenskonferenzen" teilzunehmen, die von der Schweiz und durch US-Präsident Joe Biden geplant seien. "Dies zeigt, dass Russland und China kein wirkliches Interesse haben an einem Ende des Krieges gegen die Ukraine."

In beiden Fällen handelt es sich um Veranstaltungen auf Grundlage der "Selenskij-Friedensformel", die nicht nur einen Abzug der russischen Truppen voraussetzt und die Rückgabe des Donbass und der Krim an die Ukraine, sondern auch einen Sturz der gerade erst bestätigten russischen Regierung. Aus diesem Grund werden sie nicht nur von China, sondern von vielen weiteren Staaten gemieden.

Die "Repression nach innen" sieht Merz im politischen Einfluss der Kommunistischen Partei Chinas, der auch auf ausländische Unternehmen zunehme. Die Aggression nach außen zeige sich "mit der unverhohlenen Drohung militärischer Gewalt gegen Taiwan, mit dem Ausbau großer militärischer Kapazitäten im Süd- und Ost-Chinesischen Meer."

Eine Erklärung, was das mit deutscher Sicherheit zu tun haben soll, liefert Merz nicht. Aber er droht deutschen Unternehmen, die in China investieren. Seit der massiven Verteuerung der Energiekosten in Deutschland dank der Russlandsanktionen wollen immer mehr deutsche Unternehmen abwandern; allerdings viele davon eher nach China als in die USA. "Wer heute in China investiert, muss das erhöhte Risiko abschätzen. Und die Unternehmen müssen auch früh genug wissen, dass wir nicht bereit wären, Unternehmen zu retten, die ein zu hohes Risiko in Ländern wie zum Beispiel China eingegangen sind."

Letztlich drängt Merz, im Gegensatz zur Deutschen Bundesbank, die in Einschränkungen für Investitionen in China ein erhebliches Risiko sieht, auf ein völliges Einschwenken auf US-Linie. "Wir sollten nicht in einigen Jahren wieder aus der Rückschau sagen, so wie gegenüber Russland: Wir haben das falsch eingeschätzt," erklärte er. Es brauche staatliche Vorschriften für strategisch wichtige Ressourcen und Güter, "damit wir uns nicht wie beim russischen Gas wieder in gefährliche Abhängigkeiten begeben".

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Angesichts seiner Agonie hilft Hysterie dem Westen nicht

21. April 2024 um 18:46

Von Pjotr Akopow

Sergei Lawrow hat ein Talent dafür, das Wesentliche eines Geschehens auf den Punkt zu bringen. Manchmal genügen ihm nur wenige Worte, die dann "bei den Menschen ankommen". Es ist noch nicht bekannt, ob dies bei den Aussagen des Außenministers in seinem Interview mit drei Radiosendern (darunter Sputnik) der Fall sein wird, aber ein Satz daraus verdient besondere Aufmerksamkeit. Und Lawrow hat ihn gleich zu Beginn geäußert, als er auf die Frage antwortete, ob die ständigen Bekundungen des Westens, er werde nicht aufhören, bis Russland eine strategische Niederlage beigebracht wurde, bedeuten, dass der Geruch eines großen Krieges in der Luft liege. Der Minister artikulierte sofort: "Das Schüren des Themas, Russland zu besiegen, und die Betonung der existenziellen Bedeutung dieser Niederlage für die Zukunft des Westens spiegelt weniger eine kriegerische Stimmung als vielmehr Agonie und Hysterie wider."

Lawrow erklärte daraufhin, dass der Westen eigentlich wisse, woher der Wind weht: "In die gleiche Richtung gehen andere Aussagen: 'Wir werden unseren Einfluss verlieren', 'Russland wird die Welt zusammen mit China, Iran, der DVRK [Demokratische Volksrepublik Korea; Nordkorea – Anm. d. Red.] und Syrien neu gestalten'." Dies zeugt nicht von Unsicherheit, sondern ganz im Gegenteil von der Einsicht, dass es sich nicht um einen "Kampf" um den Erhalt der Hegemonie handelt, sondern um die Herausbildung einer neuen multipolaren Weltordnung", wie sie es ohne Zögern nennen.

Für die einen mögen die Worte über die "Agonie und Hysterie" des Westens wie eine Übertreibung erscheinen, für die anderen wie eine gelungene Propagandaaussage, doch in Wirklichkeit stellt Lawrow eine ganz richtige Diagnose. Der Westen ist nicht verrückt geworden, im Gegenteil, man versteht dort sehr gut das Wesen dessen, was geschieht, außerdem ist man immer noch überzeugt von der eigenen Stärke und der Fähigkeit, die eigene Dominanz zu verteidigen, aber gleichzeitig wird man regelmäßig hysterisch vor dem Hintergrund der Agonie.

Die Agonie der bestehenden Weltordnung, die der Westen (nicht mehr geeint wie in den vergangenen Jahrzehnten, sondern vielmehr der angelsächsischen Führung untergeordnet) seit Jahrhunderten aufgebaut hatte, eine Weltordnung, die die Dominanz und Hegemonie der westlichen Zivilisation sicherstellte. Darüber hinaus schien es vielen, dass nur noch wenige Schritte nötig waren, um den Prozess des Aufbaus einer geeinten Menschheit, einer geeinten Welt unter angelsächsischer Führung zu vollenden. Der Prozess der sogenannten Globalisierung sollte dazu führen, dass der Westen einfach keine Rivalen mehr haben konnte, die ihn auch nur potenziell herausfordern könnten, denn die Nationalstaaten würden allmählich aussterben, umhüllt vom Netz der globalen Konzerne. Und gerade in dem Moment, als die "strahlende Zukunft einer geeinten Menschheit" so nahe war, begann alles zu scheitern.

Das Scheitern begann in den späten Nullerjahren – und eine seiner markantesten Erscheinungsformen war die Finanzkrise von 2008. Doch ihre verheerenden Folgen für das Ansehen des Westens in der Welt hätten überwunden werden können, wenn Russland nicht gleichzeitig damit begonnen hätte, "das Wasser zu trüben". Russland, das bereits im Jahr 2007 aus dem Munde Putins erklärte, dass es mit der unipolaren Weltordnung nicht einverstanden sei – und dann begann, seine Rechte und Interessen konsequent zu verteidigen, kehrt zum großen Spiel zurück. Russland wurde praktisch als unbedeutende Macht, als regionaler Akteur abgeschrieben, und plötzlich erhebt es wieder Anspruch auf die Gestaltung der globalen Spielregeln.

Tatsächlich ging es Russland anfangs weniger um die Schaffung einer neuen multipolaren Welt als vielmehr um die Wiederherstellung seines historischen Raumes als großes Russland. Damals, an der Wende der Nuller- und Zehnerjahre, konnte sich der Westen theoretisch noch mit uns einigen, wenn er wollte – indem er unsere Einflusssphäre anerkannte und insbesondere auf seine Ansprüche auf die Ukraine verzichtete. Aber die Angelsachsen haben den Wind der Geschichte nicht wahrgenommen und den Gang der Entwicklung nicht verstanden – es schien ihnen, dass das Problem Russland zutiefst zweitrangig ist, dass es keine Notwendigkeit gibt, ihm irgendetwas zuzugestehen, und dass die Position und die Führung des Westens in der Welt als Ganzes dank der richtigen Neuordnung der Prioritäten und Verbündeten erhalten bleiben wird. Der Westen hat die Zeit und die Gelegenheit verpasst, wenn schon nicht seine Hegemonie zu zementieren, so doch zumindest den Prozess ihres Abbaus zu verlangsamen. Stattdessen haben seine Handlungen nur den Prozess beschleunigt, in dem der Rest der Welt den Beginn der Übergangsperiode, den Beginn der post-westlichen Ära, erkannt hat.

Seitdem hat sich der Prozess der Agonie der atlantischen Vorherrschaft nur beschleunigt, und nach 2022 ist er in eine offene Phase eingetreten. Das bedeutet nicht, dass der Tod (das heißt der Verlust der globalen Hegemonie des Westens) in den kommenden Jahren eintreten wird. Der Prozess kann sich sogar noch ein paar Jahrzehnte hinziehen, aber er ist definitiv unumkehrbar geworden. Von dieser Agonie spricht Sergei Lawrow, nicht nur von der Position des Westens im Kampf um die Ukraine.

Und genau dieses Verständnis von Agonie führt zu Hysterie, denn der Westen selbst hat den Einsatz in Richtung Ukraine erhöht, indem er den Sieg Russlands für absolut inakzeptabel erklärte und die Niederlage der Ukraine mit seiner eigenen gleichsetzte. All diese Erklärungen, wonach das Schicksal der amerikanischen Führungsrolle in der Welt auf dem Spiel stehe, sind nicht nur ein Tribut an die übliche angelsächsische Vorliebe für hochtrabende Erklärungen – sie werden auch zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Man muss jedoch kein Prophet sein, um die Zukunft der atlantischen Ambitionen vorherzusagen: Sie bröckeln in der Tat, der Westen verliert tatsächlich an Boden, es mangelt ihm ganz grundlegend an Munition (und wir sprechen nicht von der Macht des militärisch-industriellen Komplexes, sondern von den Instrumenten der Kontrolle über die Welt). Natürlich kann man mit Hysterie eine Zeit lang seine Kräfte mobilisieren und sogar den Feind verwirren, aber den Lauf der Geschichte oder den Willen Russlands kann man damit nicht ändern.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 20. April 2024.

Pjotr Akopow ist Kolumnist und Analytiker bei RIA Nowosti.

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Hillary Clinton: Trump will "seine Opposition umbringen"

21. April 2024 um 17:54

Hillary Clinton, die Frau, die der Welt durch ihr Gelächter bei der Ermordung Gaddafis im Gedächtnis blieb und die ihr großes Vorbild Madeleine Albright dank ihrer Wahlniederlage 2016 nie einholen konnte, hat sich in einem Interview darüber geäußert, wie Donald Trump ihrer Meinung nach regieren wolle.

Hillary Clinton claims that Trump wants to murder his political opponents and become a dictator like Kim Jong Un in North Korea. Report: https://t.co/AeDFUkcCvw pic.twitter.com/jk24sUk0Lm

— m o d e r n i t y (@ModernityNews) April 20, 2024

"Seine Opposition umbringen, seine Opposition inhaftieren, Journalisten und andere ins Exil treiben, ohne Gegengewichte und Kontrollen regieren, das ist es, was Trump wirklich will."

Trump forme sich nach dem Bild starker männlicher Staatschefs, wie Putin, Xi und Kim Jong-un.

Unter Trump würden sich die USA aus der NATO zurückziehen, weil er "sich nicht um das kümmert, was in Europa passiert". Er wolle auch nicht, "dass wir unsere Feinde überwachen können".

Implizit wiederholt die ehemalige Außenministerin der Vereinigten Staaten noch immer ihre Theorie, sie habe die Wahlen 2016 nur wegen einer angeblichen "russischen Einmischung" verloren. Die damals vorgetragenen Behauptungen erwiesen sich längst als Konstrukte, die im Auftrag der Demokraten in Geheimdienstkreisen erstellt wurden.

Den größten Schaden für das Image von Hillary Clinton richteten damals zwei Dinge an: die Methoden, mit denen sie sich innerhalb der US-Demokraten gegen Bernie Sanders durchsetzte, die aus dem Inneren der Partei veröffentlicht wurden; und ihr rechtswidriger Umgang mit E-Mails des Außenministeriums, die sie auf ihrem privaten Rechner verwaltete (was vor allem deshalb rechtswidrig war, weil sie die Daten auf diese Weise auch löschen konnte, womit diese der parlamentarischen Kontrolle entzogen sind).

Für Hillary Clinton jedoch ist die Ursache für ihre damalige Niederlage sehr einfach. Sie habe schließlich mit Putin verhandelt, und "ich weiß, das ist einer der Gründe, warum er hinter mir her war, weil er wusste, dass ich mit ihm angemessen umgehen würde".

Die Frage, die Clinton nicht beantwortet, ist, warum Trump all die Dinge, die sie ihm unterstellt, nicht bereits 2016 getan hat. Allerdings legt die Tatsache mehrerer ungeklärter Todesfälle im Umfeld der Clintons (von dem vermutlichen "Verräter" der Vorgänge bei der Nominierung der Demokraten bis hin zu Jeffrey Epstein) ebenso wie die juristischen Tricksereien nicht nur gegen Donald Trump und der Zensureifer den Demokraten nahestehender sozialer Medien auch die Überlegung nahe, ob die Politikerin hier ihre eigenen Fantasien auf Donald Trump projiziert.

Dies scheint zumindest die Überzeugung vieler Kommentatoren auf X zu sein. "Sie redet wieder von sich selbst", heißt es da beispielsweise, oder "ein Lehrbuchfall von Projektion" oder "Sie muss in den Spiegel gesehen haben."

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Moskau: Washingtons Unterstützung der Ukraine ist Finanzierung von Terrorismus

21. April 2024 um 17:38

Die Bewilligung von Finanzunterstützung an die Ukraine durch das US-Repräsentantenhaus kommt einer Finanzierung des Terrorismus gleich, erklärte die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa. In einem Beitrag auf ihrem Telegram-Kanal betonte sie, dass weitere Unterstützung der Ukraine, Israels und Taiwans durch die USA die weltweite Krise nur noch weiter befeuere, und führte aus:

"Militärunterstützung des Kiewer Regimes ist direkte Finanzierung von Terroraktivitäten, die von Taiwan ist eine Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten, die von Israel ein direkter Weg zur beispiellosen Eskalation in der Region."

Am Samstag hatte das Unterhaus des US-Kongresses einen Gesetzentwurf bewilligt, der die Bereitstellung von Mitteln im Gesamtwert von 95 Milliarden US-Dollar für die Unterstützung der Ukraine, Israel und Taiwan vorsieht. Zugunsten Kiews wurden dabei 61 Milliarden US-Dollar bewilligt, die für den Kauf von Waffen und Militärtechnik verwendet werden sollen. Am 23. April soll der Senat über das Gesetz abstimmen.

In einer weiteren Erklärung des russischen Außenministeriums merkte Sacharowa an, dass Washington sich immer weiter in einen hybriden Krieg mit Russland hineinziehe. Sie fügte hinzu, dass den USA in diesem Konflikt eine "laute und erniedrigende Niederlage wie in Vietnam oder Afghanistan" bevorstehe.

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Zypern: EU strebt Flüchtlings-Deal mit Libanon an

21. April 2024 um 16:46

Um die Einreise syrischer Flüchtlinge in die EU zu verhindern, wird nach Angaben von Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis nun auch an einem Abkommen mit dem Libanon gearbeitet. "Wir wollen dem Libanon helfen, mit den Flüchtlingen umzugehen, damit nicht noch mehr nach Zypern kommen", sagte das Staatsoberhaupt der EU-Inselrepublik im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Das Paket umfasse nicht nur den finanziellen Aspekt, betonte Christodoulidis. Es gehe auch um die Unterstützung libanesischer Institutionen wie zum Beispiel der Streitkräfte.

Letztere seien ein stabilisierender Faktor für den Libanon. Die aktuelle Situation in Zypern beschrieb Christodoulidis als kritisch. "Ich muss hier die deutlichsten Worte verwenden: Es reicht. Wir sind nicht in der Lage, noch mehr syrische Flüchtlinge aufzunehmen."

Den Angaben des Staatschefs zufolge kamen in den vergangenen zwei, drei Monaten fast täglich Syrer aus dem Libanon in Zypern an. Derzeit seien fast sieben Prozent der Bevölkerung Migranten. Nach Angaben des europäischen Statistikamtes Eurostat hatte die Republik Zypern zuletzt etwa 920.000 Einwohner. Unter anderem um unerwünschte Migration zu verringern, hat die EU zuletzt auch neue Kooperations- und Unterstützungsabsprachen mit Ägypten und Tunesien getroffen. Sie sehen Finanzhilfen für die Länder in Milliardenhöhe vor. 

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Biden: Angereichertes Uran für Kernreaktoren erstmals in USA produziert

21. April 2024 um 16:13

Die USA haben die ersten 90 Kilogramm angereichertes Uran selbstständig produziert. Dies verkündete Präsident Joe Biden auf einer Konferenz in Washington. Der Pressedienst des Weißen Hauses seine Worte zitiert:

"Heute kann ich bekannt geben, dass die Anlage (...) im Süden des Staates Ohio bereits die ersten 200 Pfund dieses starken angereicherten Urans produziert hat."

Biden präzisierte, dass es sich dabei um den Brennstoff für Kernreaktoren handele, der "zum ersten Mal in den USA hergestellt wurde". Der Betrieb, so Biden, "bewegt sich darauf zu, bis Ende des Jahres etwa eine Tonne" angereichertes Uran zu produzieren, was für die Versorgung von 100.000 Haushalten ausreichen würde.

Im Oktober 2023 beantragte Biden beim US-Kongress 2,2 Milliarden US-Dollar für die Erweiterung der Urananreicherungskapazität. Die Investitionen waren erforderlich, um den Betrieb der kleinen modularen Kernreaktoren zu gewährleisten, die in dem Land entwickelt werden. Das Weiße Haus erklärte in einer diesbezüglichen Erklärung, dass die Verbesserung der langfristigen inländischen Urananreicherungskapazitäten eine nationale Sicherheitspriorität sei, da "die Abhängigkeit von russischen Uranquellen ein Risiko für die US-Wirtschaft und die zivile Atomindustrie darstellt".

Nach Angaben von Bloomberg entfielen auf Russland 16,5 Prozent der Uranimporte in die USA im Jahr 2020 sowie 23 Prozent des angereicherten Urans, das für den Betrieb kommerzieller US-Kernreaktoren benötigt wird. Statistiken der US Energy Information Administration zeigten, dass die US-Kernkraftwerke im Jahr 2022 etwa zwölf Prozent ihres Urans aus Russland importierten. Nur Kasachstan und Kanada hatten einen höheren Anteil – 25 Prozent und 27 Prozent.

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"Delegitimierung des Staates" – ein Begriff, der das Programm der Annexion umschrieb

21. April 2024 um 15:43

Von Dagmar Henn

Es ist ein eigenartiger Begriff, dieser neue Vorwurf in den Verfassungsschutzberichten, die "Delegitimierung des Staates". Schon allein, weil es gar nicht so einfach ist, einen Staat zu "delegitimieren", der seiner Verantwortung seinen Bürgern gegenüber nachkommt. Was im Grunde jeder Staat in einem gewissen Maße tun muss, auch wenn er nur im Interesse einer bestimmten Klasse handelt, selbst wenn das Ergebnis nur "Brot und Spiele" lauten sollte.

Denn die letztlich entscheidende Stütze staatlicher Macht sind nicht die "Banden bewaffneter Männer", wie Friedrich Engels einst die Sicherheitsorgane beschrieb, sondern die Kooperationswilligkeit der Beherrschten. Je geringer diese wird, desto größer der Bedarf an Repression. Wie groß oder klein sie ist, hängt aber sehr stark davon ab, ob jene Aufgaben, die im übergreifenden Interesse sind, wie Straßen, funktionierende Stromnetze oder das nötige Bildungswesen, noch erfüllt werden oder nicht.

Allein das Stichwort Stromnetze ruft schon in Erinnerung, wo das Problem liegt. Und demonstriert, wie absurd dieser Vorwurf ist, da schließlich vor allem einer einen Staat delegitimieren kann – der Staat selbst.

Aber jüngst machte mich ein Freund darauf aufmerksam, dass diese Formulierung eine Vorgeschichte hat, und die ist ziemlich interessant. Sie taucht nämlich in einer wichtigen Rede des Jahres 1991 auf, die der damalige Justizminister Klaus Kinkel (FDP) auf dem Deutschen Richtertag gehalten hatte. Und man möge mir die Länge des Zitats nachsehen, sie ist nötig, um den Zusammenhang sichtbar zu machen:

"Sie, meine Damen und Herren, haben als Richter und Staatsanwälte bei dem, was noch auf uns zukommt, eine ganz besondere Aufgabe. Es wird sehr darauf ankommen, wie die in allen Rechtsbereichen auf die Gerichte zukommenden Fragen behandelt werden, ob es vor allem auch gelingen wird, die für die Einheit so wichtige Akzeptanz der gerichtlichen Entscheidungen bei den Menschen zu erreichen. Davon hängt ab, ob der Rechtsstaat in den Augen der Bevölkerung in der Lage ist, mit dem fertig zu werden, was uns das vierzigjährige Unrechtsregime in der früheren DDR hinterlassen hat. … Ich weiß sehr wohl, daß die Gerichte nicht allein leisten können, was aufzuarbeiten ist. Aber einen wesentlichen Teil müssen Sie leisten, alternativlos. Ich baue auf die deutsche Justiz. Es muß gelingen, das SED-System zu delegitimieren. … Politische Straftaten in der früheren DDR dürfen nicht verjähren. … Der Gesetzgeber kann aus rechtsstaatlichen Gründen wegen des Problems der Rückwirkung nicht tätig werden."

Es ist schon interessant, dass er überhaupt diese Frage aufwirft. Denn angeblich war das, was in der DDR stattgefunden hat, ja eine Revolution, und nach einem derartigen historischen Ereignis erübrigt es sich üblicherweise, die Staatsmacht, die davor bestand, überhaupt noch "delegitimieren" zu müssen. Und natürlich sind diese Sätze auch unter dem Gesichtspunkt interessant, dass die Linie, die Kinkel vorgibt (und die dann tatsächlich praktiziert wurde), nichts, rein gar nichts mit einer "Wiedervereinigung" zu tun hat. Schon deshalb, weil eine Vereinigung im Gegensatz zu einer Übernahme eine Gleichheit voraussetzt, die Kinkel durch seine sehr propagandistischen Formulierungen, wie "vierzigjähriges Unrechtsregime", vollkommen negiert.

In dieser Aufforderung an die Richter und Staatsanwälte, bei der gerade die Letzteren ja ihm, dem Justizminister, unterstellt waren, geht es im Kern um Rechtsbeugung. Nachdem 1990 auf durchaus zweifelhafte Weise, siehe den Anschlag auf Oskar Lafontaine und die Morde an Alfred Herrhausen und Detlev Rohwedder, sichergestellt worden war, dass alles unterblieb, was tatsächlich eine Vereinigung kennzeichnet, insbesondere ein Verfassungsgebungsprozess, lautete die nächste Aufgabe, alle Strukturen des anderen deutschen Staates zu kriminalisieren.

Was bei Weitem nicht so einfach war, wie das manchen scheinen mag, die nur die Propaganda seit 1989 kennen. So war die Streichung des Paragrafen 175 StGB, der Homosexualität zur Straftat machte, ebenso ein Nebenprodukt der Tatsache, dass man nicht in allen Punkten hinter das Recht der DDR zurückfallen konnte, wie die Liberalisierung des Paragrafen 218. Das Strafgesetzbuch der DDR war dem bundesdeutschen weit voraus. Und auch wenn es die Westbürger meist ignorierten, waren sich jene der DDR sehr wohl der Tatsache bewusst, dass sich die Voraussetzungen, unter denen die beiden deutschen Staaten sich entwickelt hatten, an vielen Punkten sehr unterschieden. Beispielsweise in den Möglichkeiten der Energieversorgung, die im Westen jahrzehntelang auf der Ruhrkohle beruhte, für die auf dem Gebiet der DDR aber nur die wesentlich energieärmere Braunkohle vorhanden war.

Wäre es zu einer Vereinigung gekommen, man hätte die DDR als historische Tatsache einfach stehen lassen können. Man hätte wahrnehmen können, dass die Frontstellung des Kalten Krieges die Entwicklung beider deutscher Staaten massiv beeinflusst und verzerrt hat. Die Bundesrepublik war beispielsweise der einzige westeuropäische Staat, der keine Diktatur war (wie Portugal und Griechenland bis 1974, Spanien bis 1976), und in dem die kommunistische Partei trotzdem verboten war. Wenn man weiß, wie sehr die französische KP die Nachkriegsgeschichte prägte, oder die italienische (schon einmal "Don Camillo und Peppone" gesehen?), Nachbarländer, mit denen diese Bundesrepublik in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ständig zu tun hatte, dann sieht man, dass die bundesdeutsche Geschichte ein Sonderfall ist. Nicht nur wegen der Hemmungslosigkeit, mit der die Nazielite in den Apparat integriert wurde, sondern auch wegen der Fortsetzung des für die faschistische Ideologie zentralen Antikommunismus.

Ende der 1960er, als sich die Adenauer-Ära endlich auflöste, ging auch dieser Antikommunismus langsam zurück. Wer sich mit der Geschichte der politischen Verfolgung unter Adenauer beschäftigt, weiß, dass diese westliche Republik nur eingeschränkt demokratisch war. Das lockerte sich nun langsam, und erreichte seinen Höhepunkt in der Wahl von Willy Brandt zum Bundeskanzler – der aber ziemlich bald selbst mit Berufsverboten dafür sorgte, dass diese Demokratisierung nicht zu weit ging.

Wenn man es historisch betrachtet, hatte die Teilung in zwei deutsche Staaten die intellektuellen und politischen Traditionen tatsächlich räumlich voneinander getrennt, wie eine moderne Reinszenierung der konfessionellen Teilungen früherer Jahrhunderte. In dem Moment, in dem diese beiden Teile aufeinanderprallten, gab es zwei Möglichkeiten: eine wirkliche Vereinigung, die die mühsame Aufgabe gestellt hätte, den Bürgerkrieg von 1918 endlich zu beenden, die aber mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem neutralen Deutschland geführt hätte; oder aber eine feindliche Übernahme, bei der selbst die Erinnerung an den Übernommenen ausgelöscht werden muss.

Ein Teil der Blindheit gegenüber den Prozessen in der Ukraine beruht auch darauf, dass es in Deutschland nach 1989 völlig normal war, die geschichtliche Erinnerung, die in der DDR gepflegt wurde, auszulöschen. Das Ziel lautete, die DDR mit dem Hitlerfaschismus gleichzusetzen; ein Unterfangen, das allein mit Blick auf die ungeheuren Verbrechen des Letzteren sofort als Monstrosität durchschaubar hätte sein müssen. Dafür musste man selbstverständlich auch die Erinnerung daran tilgen, dass nicht die Bonner, sondern die Berliner Republik von Menschen aufgebaut wurde, die dem Nazismus widerstanden, die ihn bekämpft hatten. Genau aus diesem Grund musste man aus durch die welthistorische Situation bedingten Entscheidungen wie dem "Mauerbau" Geschichten persönlicher Schuld konstruieren und eine Argumentation ständiger moralischer Verfehlung ins Spiel bringen. Und genau aus diesem Grund war es so wichtig, Aufbau und Betrieb dieses anderen deutschen Staates in jedem Aspekt wie ein Vergehen zu behandeln, bis zur völligen Absurdität.

Wie war das beim ersten Pisa-Test, als plötzlich das finnische Schulsystem zum großen Vorbild wurde? Die Finnen hatten nur abgeschaut, das Original war 1990 entsorgt worden, das war nämlich das DDR-Schulsystem. Was sichtbar macht, wie groß die Möglichkeiten gewesen wären, wäre es eine Vereinigung geworden und keine Annexion. Hätte man es zugelassen, dass auf Grundlage der Erfahrungen in beiden Staaten etwas Neues entsteht, und nicht auch noch in der Bundesrepublik des Jahres 1990 die Uhr auf die Adenauer-Jahre zurückgestellt.

Der einzige Grund, "das SED-System delegitimieren" zu wollen, war, dass es legitim war und diese Legitimität auch durch die Annexion nicht einfach verschwand. Was Kinkels Aussage erkennen lässt, ist, dass eine gerichtliche Verfolgung der DDR-Eliten das klitzekleine Problem hatte, dass diese keineswegs willkürlich, sondern nach dem geltenden Recht der DDR gehandelt hatten. Im Endeffekt wurde dann eine Hilfskonstruktion versucht, um gewissermaßen den Geltungsbereich des BRD-Rechts in die DDR hinein auszudehnen – die Angeklagten hätten erkennen müssen, dass das Recht, nach dem sie handelten, Unrecht war.

Aber wir reden schließlich nicht von den Nürnberger Rassegesetzen, deren Urheber Hans Globke es in der BRD zum Chef des Bundeskanzleramts brachte. Wir reden auch nicht von dem Nazirichter Hans Filbinger, der wenige Tage vor Kriegsende noch einen Deserteur zum Tode verurteilte, und der später viele Jahre Ministerpräsident von Baden-Württemberg war. Nicht von einem Theodor Oberländer, der zusammen mit dem Bataillon Nachtigall am Pogrom von Lemberg beteiligt war und später Minister im Kabinett Adenauer wurde. Was auch immer der DDR vorgeworfen werden konnte, war Pillepalle im Vergleich zu diesen Großverbrechern, die die Bundesrepublik geprägt hatten.

Im Umgang mit den Naziverbrechern galt allerdings in der westlichen Republik lange ein Zitat eben jenes Hans Filbinger: "Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein." Kein Nazirichter wurde jemals wegen Rechtsbeugung verurteilt. Übrigens wurden auch all jene Richter, die in der BRD Nazitäter laufen ließen, niemals vor Gericht gestellt. Im Umgang mit der DDR machte man allerdings aus jenen Nazitätern, die es nicht in den Westen geschafft hatten und dort vor Gericht gestellt wurden, ganz schnell politisch Verfolgte. Schließlich wäre ihnen im Westen nichts passiert.

Eine ganze Reihe der Prozesse, die auf Kinkels Aufforderung folgten, scheiterten, weil doch nicht alle Richter sich auf eine übergeordnete Geltung der westlichen Rechtsordnung einlassen wollten und feststellten, dass nach dem Recht der DDR schlicht keine Straftat vorlag. Schließlich ging es in diesen Fällen eben nicht um Verstöße gegen das Völkerrecht, ganz im Gegensatz zu den Naziverbrechen. Auch das gibt Kinkel in seiner Rede zu, dass es eben kein höheres Recht gibt, auf das man zurückgreifen könne. Und dass "der Gesetzgeber aus rechtsstaatlichen Gründen nicht tätig werden" könne. Der "rechtsstaatliche Grund" nennt sich Rückwirkungsverbot.

Die Prozesse gegen Mitarbeiter des staatlichen Apparats waren nur ein Teil dessen, wobei Kinkel die Unterstützung der Richter und Staatsanwälte benötigte. Auch Dinge wie die Strafrenten, also die pauschalen Rentenkürzungen bei allen Staatsbediensteten, waren durchaus heikel, unter anderem, weil selbst Angehörige der SS, die vor der Strafverfolgung geflüchtet waren, lebenslang von der Bundesrepublik eine völlig ungekürzte Rente erhalten hatten. Da war also ein Vorgehen nötig, das mit "kreativer Rechtsprechung" noch sehr vorsichtig bezeichnet ist.

In Wirklichkeit wurde, im Interesse der reinen, unverfälschten Westbindung, deren Früchte das heutige Deutschland genießen darf, das Recht weit über die Schmerzgrenze hinaus gebeugt, als wäre eine zügellose Verfolgung der "zweiten deutschen Diktatur" irgendwie eine Kompensation dessen, dass man die Täter der "ersten deutschen Diktatur" zumeist gar nicht erst vor Gericht gestellt hatte. Es erfolgte das Gegenteil. Beabsichtigt oder nicht, das Resultat war eine gewaltige Stärkung der noch vorhandenen Reste besagter "erster deutscher Diktatur", und hier rede ich nicht von den Neonazigruppen, die von westdeutschen Behörden im Osten aufgebaut wurden. Ich rede vom Antikommunismus, der hätte überwunden werden können, der überwunden werden muss, wenn eine echte deutsche Einheit möglich sein soll.

Diese Delegitimierung des "SED-Regimes" beinhaltete nämlich ganz nebenbei auch die Auslöschung der Erinnerung an den wirklichen antifaschistischen Widerstand in Deutschland, über den man nicht mehr reden kann, weil die Kommunisten ein bedeutender Teil davon waren. Man kann nicht mehr von den Verhaftungen nach dem Reichstagsbrand sprechen, nicht mehr sagen, wer die ersten Opfer der Nazis waren (nämlich die Kommunisten). Man kann nicht mehr von den Spanienkämpfern sprechen, und auch nicht mehr von den Bemühungen um eine antifaschistisch-demokratische Ordnung nach 1945 – noch so ein Moment, an dem ohne gewisse westliche Machenschaften eine ganz andere Entwicklung möglich gewesen wäre. Wenn man liest, wie heute beispielsweise in Berlin die Debatte um das Thälmann-Denkmal in Pankow geführt wird, merkt man, dass es noch immer nicht möglich ist, einen Deutschen zu ehren, der zwölf Jahre lang allen Versuchen der Nazis widerstand, ihn zu beugen, weil er als Kommunist notwendigerweise der Böse sein muss. Kein Wunder, dass das dann im nationalen Nihilismus endet.

Die hemmungslose rechtliche Manipulation, die Kinkel damals einforderte und die er "Delegitimierung des SED-Regimes" nannte, steht heute Pate beim Umgang, den die aktuelle Bundesregierung mit den Bürgerrechten an den Tag legt. Kinkel und Faeser teilen das gleiche Rechtsverständnis, das hemmungslos auf den Erhalt der eigenen Macht zielt. Wenn nun der Begriff der "Delegitimierung des Staates" auf Menschen angewandt wird, denen kein Apparat folgsamer Juristen zur Verfügung steht, die nicht die staatliche Macht kommandieren, wie einst Herr Kinkel, ist das dann die unbewusste Furcht, dass das alte Unrecht sie noch einholen könnte? Oder ist es die Langzeitfolge dessen, dass die Legitimität eines deutschen Staates seitdem nichts mehr mit Erfüllung der Verantwortung zu tun hat, die auf hundertfache Weise nicht erfüllt wird, sondern nur noch mit dem, was der Apparat aufzuzwingen imstande ist?

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Netanjahu: US-Sanktionen gegen Israels Armee "absurd"

21. April 2024 um 14:58

Berichten zufolge planen die USA, eine israelische Militäreinheit, die vor allem aus ultraorthodoxen Juden besteht und gegen die wegen Menschenrechtsverletzungen an Palästinensern ermittelt wird, zu sanktionieren. Premierminister Netanjahu wies die Vorwürfe der USA zurück.

Das US-Nachrichtenportal Axios berichtete am Samstag unter Berufung auf drei anonyme Quellen, US-Außenminister Antony Blinken solle demnächst Sanktionen gegen das Netzah Yehuda Bataillon wegen dessen Taten im Westjordanland verkünden.

In einem Beitrag auf X am Samstag verurteilte Netanjahu die Idee, die israelische Armee zu sanktionieren, und fügte hinzu, dass er mit den US-Behörden im Kontakt stehe, um einer entsprechenden Entscheidung entgegenzuwirken. Zu einem Zeitpunkt, an dem die Armee gegen "terroristische Monster kämpfe", sei diese Absicht "der Gipfel der Absurdität und ein moralischer Tiefpunkt". Er kündigte an, seine Regierung werde "mit allen Mitteln gegen diese Schritte" vorgehen.

Der US-Außenminister war in einer Pressekonferenz in Italien am Freitag nach seiner Haltung zu den israelischen Menschenrechtsverletzungen gefragt worden. "Sie werden die Ergebnisse bald sehen. Ich habe Entscheidungen getroffen; Sie können davon ausgehen, sie in den nächsten Tagen zu sehen", sagte Blinken zu den Journalisten. Er fügte hinzu, dass die USA das Leahy-Gesetz "in ganzer Breite" anwenden und sie Fakten zu dieser Frage gesammelt und analysiert hätten.

Das Leahy-Gesetz – benannt nach seinem Verfasser, Senator Patrick Leahy – untersagt es den Ministerien des Äußeren und der Verteidigung, fremden Armeen und Sicherheitsbehörden militärische Unterstützung zu leisten, die nachweislich massiv Menschenrechte verletzt haben. Sollten diese Sanktionen durchgehen, würde die Militäreinheit von jeglicher US-Ausbildung und materieller Unterstützung ausgeschlossen.

Nach einer der Quellen von Axios beruhte die Entscheidung auf Vorfällen, die vor dem Angriff der Hamas auf Südisrael am 7. Oktober stattfanden. Einer der Fälle, die die Aufmerksamkeit auf diese Einheit lenkten, war der Tod des 78-jährigen Omar Assad im Jahr 2022, der an einem Checkpoint im Westjordanland von Soldaten von Netzah Yehuda festgenommen, mit Kabelbindern gefesselt und geknebelt im Winter auf einem Parkplatz zurückgelassen wurde. Damals schrieb die israelische Zeitung Haaretz, eine Autopsie durch drei palästinensische Mediziner, denen die Verletzungen an seinen Armen und Beinen aufgefallen waren, habe einen Herzstillstand als Todesursache ergeben, der die Folge psychischen Stresses durch physische Gewalt gewesen sei.

Nach Angaben der Zeitung wurde die Einheit im Januar vergangenen Jahres nach einer "vergleichsweise hohen Zahl von Vorfällen", bei denen Soldaten festgenommen wurden, weil sie Palästinenser geschlagen hatten, auf die Golan-Höhen in Syrien versetzt.

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Trainingsplatz der Bundeswehr: Streit um das Gefechtsübungszentrum Gardelegen

21. April 2024 um 14:16

Das Gefechtsübungszentrum der Bundeswehr in Gardelegen gilt als Herzstück für die Ausbildung der meisten Heeresverbände. Nun aber gefährden Rangeleien zwischen dem Haushaltsausschuss und dem Wehrressort den Weiterbetrieb, berichtete SPIEGEL.

Im Gefechtsübungszentrum der Bundeswehr in Gardelegen üben jedes Jahr Dutzende Verbände des Heers, fahren mit Panzern im Gelände oder üben in der extra errichteten Kleinstadt Schnöggersburg den Häuserkampf. Dem Übungsplatz kommt bei der "Forderung nach einsatzbereiten und kriegstüchtigen Streitkräften" eine Schlüsselrolle zu.

In diesen Tagen aber sorgt sich das Heer um die Zukunft des "Prestigeprojekts". Der Hintergrund sind Streitereien zwischen dem Haushaltsausschuss des Bundestags und dem Ministerium. Im Kern geht es um die Frage, wie der neue Betreibervertrag für die Hightech-Anlage, die mit Tausenden Sensoren und modernster Technik zur Überwachung der Manöver ausgestattet ist, geregelt werden soll.

Das Heer wünscht sich, dass der deutsche Ableger der Firma Saab erneut den Zuschlag erhält. Aus Sicht der Militärs hat die Firma den Betrieb als privater Dienstleister in den vergangenen Jahren gut und wirtschaftlich organisiert. Einige Haushaltspolitiker aber bestehen darauf, dass die Truppe den Übungsplatz selbst betreiben soll. Wenn der Streit nicht schnell gelöst wird, droht im schlimmsten Fall ein temporärer Übungsstopp in Gardelegen, denn der Betreibervertrag für die Anlage läuft im August 2026 aus.

Bei der Opposition sorgt der Vorgang für Empörung. "Die Bundeswehr fährt gerade mit Ansage in die nächste Katastrophe", sagte Ingo Gädechens, Haushälter der Unionsfraktion, dem SPIEGEL. Gädechens hat das Übungszentrum erst kürzlich besucht, dort machte das Heer den Abgeordneten auf den Vorgang aufmerksam. Das Problem ist mittlerweile so heikel, dass der Vorgang auch an Verteidigungsminister Pistorius direkt herangetragen wurde.

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